Deutsche Ausgabe des wöchentlichen Pressedienstes lateinamerikanischer Agenturen vom 29. August 2006
Inhalt
MEXIKO
GUATEMALA
NICARAGUA
VENEZUELA
PERU
ARGENTINIEN
CHILE
LATEINAMERIKA
MEXIKO
Oaxaca: Ein weiterer Toter und Verhandlungen angekündigt
(Mexiko-Stadt, 23. August 2006, poonal-púlsar).-Als Polizeikräfte am vergangenen Dienstag (22.8.) im südmexikanischen Oaxaca eine von Demonstranten besetzte Radiostation angriffen, wurde ein Mann schwer verletzt. Er erlag später in einem Krankenhaus seinen Verletzungen.
Nach Angaben der Demonstranten griffen Polizeibeamte verschiedener Einheiten Vertreter der Lehrergewerkschaft und des Protestbündnisses APPO (Asamblea Popular del Pueblo de Oaxaca) mit Schusswaffen an. Diese hatten vor dem Gebäude des besetzten kommerziellen Radiosenders La Ley 710 Wache gestanden. Bei dem Angriff starb Lorenzo Sanpablo Cervantes. Cervantes arbeitete als Architekt für das Ministerium für städtische Entwicklung, Kommunikation und öffentliche Bauvorhaben der oaxakenischen Bundesregierung und unterstützte die Forderungen der streikenden Lehrer. Der Gouverneur von Oaxaca, Ulises Ruiz, meinte die Landeshauptstadt sei in den Händen einer „städtischen, subversiven Guerilla“.
Die in der Sektion 22 der Lehrergewerkschaft SNTE organisierten Pädagog*innen begannen am 22. Mai einen Streik mit der Forderung nach höheren Gehältern und Verbesserungen im Bildungssystem. Sie besetzten das historische Zentrum von Oaxaca und richteten sich dort in Zelten ein. Nachdem gegen die Demonstrant*innen am 14. Juni äußerst brutal vorgegangen wurde, solidarisierten sich auch andere Bevölkerungsgruppen mit der Lehrerschaft und erklärten den Gouverneur für abgesetzt. Schon am 10. August starb ein Demonstrant, nachdem auf einen Protestmarsch geschossen worden war.
Die Demonstranten fordern weiterhin den Rücktritt des Gouverneurs des Bundesstaates Oaxaca, Ulises Ruiz. Am Dienstag (29.8.) sollten erste Verhandlungen zwischen Vertretern der Lehrergewerkschaft und der APPO mit dem Bundesinnenministerium beginnen. Diese sollten aber unter Ausschluss von Repräsentanten der Regierung von Oaxaca stattfinden.
Erster zivilrechtlicher Prozess gegen Militärangehörige
(Monclova, 18. August 2006, cimac-poonal).- Diemexikanische Staatsanwaltschaft hat gegen acht Angehörige des mexikanischen Militärs Haftbefehl erlassen. Den Soldaten wird vorgeworfen am 11. Juli diesen Jahres 14 Tänzerinnen und Sexarbeiterinnen in zwei Bars im Sperrbezirk des Ortes Castaños im Bundesstaat Coahuila vergewaltigt zu haben. Damit wird zum ersten Mal in der Geschichte des Landes Mitgliedern des Militärs ein ziviler strafrechtlicher Prozess gemacht. Die Vollstreckung von weiteren Haftbefehlen gegen drei flüchtige Militärs steht noch aus. Den verhafteten Soldaten wird der Prozess wegen Vergewaltigung gemacht, wobei die Untersuchung möglicher Anzeigen wegen Körperverletzung noch aussteht.
Von Soldaten begangene Vergewaltigungen sind in Mexiko nicht Neues. Am 4.Juni 1994 vergewaltigten etliche Militärangehörige drei junge Tzeltal-Frauen im Alter von 12, 15 und 17 Jahren in der Ortschaft Altamiro im Bundesstaat Chiapas. Am 3. Dezember 1997 erstatteten zwei indigene Frauen der Ethnie Tlapaneco aus Zopilotepec und Atlixtac de Álvarez im Bundesstaat Guerrero Anzeige aufgrund Vergewaltigung durch fünf Soldaten. Im Jahr 1997 nahm die Menschenrechtsorganisation LIMEDDH (Liga Mexicana por la Defensa de los Derechos Humanos) aus Oaxaca die Anzeigen von zwölf Frauen auf, die von Soldaten in dem Gebiet von Loxicha vergewaltigt worden waren. Keiner der Fälle wurde gerichtlich verfolgt, da die bundesstaatliche Menschenrechtskommission CEDH (Comision Estatal de Derechos Humanos) damit drohte, es müssten Beweise erbracht werden, andernfalls würden die betroffenen Frauen verhaftet werden.
Am 21. April 1999 wurden zwei Frauen im Stadtviertel Nuevo San José der Gemeinde Tlacoachixtlahuaca im Bundesstaat Guerrero verschleppt und in leerstehenden Häusern von Militärangehörigen vergewaltigt. Am 16. Februar 2002 wurde eine Frau von acht Soldaten des 41. Bataillons der Infanterie in Barranca Bejuco, Acatepec, Guerrero sexuell belästigt. Eine weiter Frau wurde am 22. März 2002 in Barranca Tecuani, Ayutla de los Libres, Guerrero in ihrem eigenen Haus von elf Soldaten vergewaltigt.
Chiapas: Opposition erkennt PRD-Kandidat nicht als neuen Gouverneur an
Von Gerold Schmidt
(Mexiko-Stadt, 28. August 2006, npl).- Alles schon mal gesehen, nur diesmal umgekehrt. Am Sonntag erklärte die Wahlbehörde im mexikanischen Bundesstaat Chiapas nach einer angespannten Sitzung Juan Sabines, den Kandidaten der linksmoderaten Partei der Demokratischen Revolution (PRD), mit nur 6.300 Stimmen Vorsprung zum Sieger der Gouverneurswahlen vom 20. August. Die offiziell unterlegene Revolutionäre Institutionelle Partei (PRI) und die mit ihr in Chiapas kurzfristig verbündete konservativ-klerikale Partei der Nationalen Aktion (PAN) kündigten die Anfechtung des Ergebnisses an. Die den Bundesstaat von 1929 bis 2000 uneingeschränkt beherrschende PRI spricht von einem “unechten Sieg, der Produkt einer von Unregelmäßigkeiten strotzenden Wahlkampagne und dem völligen Fehlen des Gleichheits- und Demokratieprinzips” sei. Sie will notfalls bis zum Bundeswahlgericht gehen, um den Urnengang zu “säubern”. Damit wiederholt sich unter anderen Vorzeichen der Machtkampf, den PAN und PRD auf Bundesebene um das Präsidentenamt führen.
Voraussichtlich aber mit weniger Intensität. Denn in dem Maße, in dem PAN und PRI in Chiapas ihre Proteste radikalisierten, würden sie den zivilen Widerstand des PRD-Präsidentschaftskandidaten Andrés Manuel López Obrador gegen einen Sieg des PAN-Anwärters Felipe Calderón auf Bundesebene legitimieren. Dies kann vor allem nicht im Interesse der PAN liegen. So ist die Forderung einer vollständigen Neuauszählung, wie sie die López Obrador-Anhänger für die Präsidentschaftswahlen vom vergangenen 2. Juli fordern, von der Opposition in Chiapas für das Rennen um das Gouverneursamt nicht lautstark e
rhoben worden. Sich des Dilemmas der PAN bewusst, bot López Obrador vor wenigen Tagen genau diesen Weg als Option in dem südöstlichsten Bundesstaat Mexikos an. Die PRI setzt ihrerseits offenbar auf eine Annullierung der Ergebnisse einzelner Wahllokale oder der Wahl als Ganzes.
Sollte Sabines die Anfechtungen und Proteste überstehen, träte er am 8. Dezember dieses Jahres seine auf sechs Jahre angelegte Amtszeit als Gouverneur von Chiapas an. Erst die Aufstellung seines Gegenspielers José Antonio Aguilar hatte den bei der PRI auf diese Weise nicht zum Zuge gekommenen Sabines kurz entschlossen die Seiten wechseln lassen. Die kommenden Monate in Chiapas werden kaum los gelöst von der Entwicklung auf Bundesebene sein. Dort deutete sich am Wochenende eine weitere Zuspitzung an. In der Erwartung, dass das Bundeswahlgericht letztendlich den Regierungskandidaten Calderón zum Präsidenten erklären wird, rief Andrés Manuel López Obrador in Mexiko-Stadt seine Anhänger unter Berufung auf die Verfassung dazu auf, eigene Institutionen zu gründen. Sie sollten zudem darüber diskutieren, ob auf der von ihm für den 16. September einberufenen Nationalen Demokratischen Konvention ein “legitimer Präsident” oder ein “Koordinater des zvilien Widerstandes” gewählt werde.
Parlamentarische Sonderkommission kritisiert Regierung
(Mexiko-Stadt, 21. August 2006, cimac-poonal).- DieGewalt, unter der mexikanische Frauen zu leiden haben, ist nach Ansicht von Marcela Lagarde y de los Ríos, Vorsitzende der Sonderkommission zur Untersuchung von Frauenmorden des Abgeordnetenhauses und Angehörige der linksliberalen PRD, ein Resultat der Untätigkeit des Staates und daher gleichbedeutend mit institutioneller Gewalt. Mit der Vorlage des Abschlussberichts der Kommission erklärte Lagarde, das mangelnde Interesse und die Nachlässigkeit der Behörden gegenüber der Gewalt gegen Frauen trügen wesentlich dazu bei, dass weiterhin eine eklatante Ungleichheit der Geschlechter ohne garantierte Frauenrechte herrsche.
Wie aus dem Bericht hervorgeht, werden in Mexiko im Jahresdurchschnitt jeden Tag vier Frauen ermordet. Zwischen 1999 und 2005 fielen über 6.000 Frauen und Mädchen einer Tötungsabsicht zum Opfer, 1.205 allein im Jahr 2004. Die angegebenen Zahlen wurden vom Nationalein Institut für Statistik bestätigt. Die in den 32 Bundesstaaten durchgeführten Untersuchungen belegen, dass einige der Mordfälle in engem Zusammenhang mit organisierten Verbrechen stehen: Drogen- und Menschenhandel, Geldwäsche, Pornoringe. Die überwiegende Mehrzahl der Ermordungen ist jedoch auf strukturelle Gewalt zurückzuführen und geschieht innerhalb gesellschaftlich legitimierter Kontexte: in der Familie, bei der Arbeit oder in der Schule.
Wie der Bericht nachweist, geht der überwiegende Teil der Täter straffrei aus. „Nicht nur, dass häufig auf eine angemessene Bestrafung der Täter verzichtet wird. Obendrein erleben Frauen, die einer Gewalttat zum Opfer fallen, eine frauenfeindliche und demütigende Behandlung durch die Institutionen, die für Recht und Gesetz einstehen sollten.“
Mitglieder der Sonderkommission zur Untersuchung von Frauenmorden erklärten, das Ausmaß der Gewalt in Mexiko bedürfe einer stärkeren Betrachtung und Untersuchung aus feministischer Sicht. Informationen verschiedener Altersgruppen sollten dabei helfen, die unterschiedlichen Ebenen der Gewalt gegen Frauen auszuloten. Nach den Ergebnissen der Studie ist die Rate der Ermordungen von Frauen in den folgenden Bundesstaaten besonders hoch: Veracruz (264), Guerrero (114), Michoacán (106), Hauptstadtdistrikt (106) und Puebla (91). Die Zahlen in den Klammern beziehen sich auf die Mordfälle, die untersucht und aufgeklärt sowie eine Verurteilung der Täter nach sich gezogen haben.
Mexikanisches Bundeswahlgericht bestätigt Vorsprung von Calderón – López Obrador sieht Verfassungsbruch
Von Gerold Schmidt,
(Mexiko-Stadt, 29. August 2006, npl).- Zumindest auf juristischem Feld ist der konservative Kandidat Felipe Calderón dem mexikanischen Präsidentenstuhl am Montag ein entscheidendes Stück näher gekommen. Das Bundeswahlgericht bestätigte nach Auswertung von knapp 400 Anfechtungen im Wesentlichen das Wahlergebnis von Anfang Juli. Danach hatte Calderón einen äußerst knappen Vorsprung von 0,58 Prozent bzw. gut 243 000 Stimmen vor dem Linkskandidaten Andrés Manuel López Obrador. Zwar vertagten die sieben Richter die Entscheidung über die offizielle Gültigkeitserklärung der Wahlen. Es wird jedoch nach dem Beschluss von Montag keine Überraschung erwartet. Das Gericht muss spätestens am 6. September die Wahlen abschließend qualifizieren und den Präsidenten ernennen.
Die Forderung der oppositionellen Parteienkoalition von López Obrador nach einer kompletten Neuauszählung “Stimme für Stimme” fand damit endgültig kein Gehör bei den Richtern. Der Gerichtsvorsitzende Leonel Castillo ließ durchblicken, sowohl die Regierungspartei PAN als auch die Koalition hätten bei ihren Anfechtungen in der Mehrheit der Fälle nur “Unregelmäßigkeiten” behauptet, sie aber nicht nachgewiesen. Die vor zwei Wochen abgeschlossene Nachzählung von neun Prozent der Wahlurnen sowie die nachträgliche Annullierung der Ergebnisse einzelner Wahllokale verschoben die Stimmenverteilung nur minimal zugunsten des Linkskandidaten. Dieser und seine Anhänger gehen nach wie vor davon aus, dass das Resultat des Urnengangs vom 2. Juli auf Betrug zurück zu führen ist. López Obrador klagte die Richter in einer ersten Reaktion vor mehreren tausend Anhängern auf dem zentralen Platz der mexikanischen Hauptstadt an, “den Delinquenten, die uns die Präsidentschaftswahl geraubt haben, den Rücken zu stärken”. Mit der Entscheidung werde Verfassungsbruch begangen und einem “Usurpator” der Weg ins Präsidentenamt bereitet. Den zivilen Widerstand, der unter anderem die seit mehreren Wochen andauernde Blockade von Teilen des Zentrums und einer Hauptverkehrsader in Mexiko-Stadt umfasst, will López Obrador fortführen.
Während Felipe Calderón relativ zurückhaltend seine Befriedigung über das Richterurteil äußerte, ging der noch amtierende Präsident Vicente Fox seinen politischen Erzfeind López Obrador frontal an, ohne dessen Namen explizit zu erwähnen. Er rief dazu auf, denjenigen den Weg zu verschließen, die “die Zukunft Mexiko zum Entgleisen bringen wollen…, außerhalb der Realität leben und versuchen, politisch mit Drohungen und Erpressungen zu überleben”.
GUATEMALA
Rückkehrergemeinde Ixtahuacán Chiquito militärisch besetzt
(Guatemala, 22. August 2006, cerigua-poonal).- DerGemeinderat, soziale Organisationen sowie Bürgerinnen und Bürger der Gemeinde Playa Grande, Ixcán, Department Quiché, zeigten die militärische Besetzung der aus zurückgekehrten Flüchtlingen bestehenden Gemeinde Ixtahuacán Chiquito an. In einem offenen Brief an die Ombudsstelle für Menschenrechte PDH (Procuraduría de los Derechos Humanos) und an internationale Organisationen, die sich für die menschlichen Würde einsetzen, kritisierten sie die überraschende und übermächtige militärische Operation, an der sieben Helikopter und drei Militärflugzeuge beteiligt ware
n.
Am 21. August vormittags landeten sieben Militärhubschrauber im Zentrum von Ixtahuacán Chiquito. Schwer bewaffnete Truppen mit schwarz bemalten Gesichtern stiegen aus, besetzten den Fußballplatz und umkreisten die Schule, wobei sie verhinderten, dass die Schulkinder ihre Klassen verließen. Soldaten drangen gewaltsam in Häuser ein, richteten ihre Waffen auf sich dort befindende Frauen und nahmen Arbeitswerkzeug mit. Daraufhin gruben sie in einem in der Nähe der Gemeinde gelegenen archäologischen Zentrum, angeblich auf der Suche nach Waffen, wie es in der Mitteilung hieß.
Die Unterzeichnenden des Briefes verurteilten die militärischen Besetzung, die das friedliche Leben der Familien und ihre Bürgerrechte verletze sowie das Leben und die physische Integrität der Gemeindebewohner gefährde, insbesondere von Frauen, Alten und Kindern. Abschließend bekräftigten die Organisationen und sozialen Akteure, dass sie nicht gegen den Kampf gegen das organisierte Verbrechen seien, die Einschüchterungen und Gewalt gegen die schwächsten Bevölkerungsgruppen jedoch nicht hinnähmen.
Kongress besorgt über Frauenmorde
(Guatemala, 22. August 2006, cerigua-poonal).- DieFrauenkommission des guatemaltekischen Kongresses legte kürzlich einen Bericht über die so genannten Feminizide – den Morden an Frauen aufgrund ihres Geschlechts – vor. Darin wird deutlich, dass es einen alarmierenden Anstieg der Mordfälle gegeben hat. Opfer seien vor allem junge Frauen. Der Bericht deckt zugleich Nachlässigkeiten der Behörden bei den Ermittlungen auf.
Nineth Montenegro, die Vorsitzende der Kommission, sagte, dass allein in diesem Jahr bereits 410 Frauen Opfer von Gewaltverbrechen wurden. 84 von ihnen waren noch minderjährig. Bisher wurden allerdings nur zwölf Personen festgenommen. Nineth Montenegro führt diese Situation auf die grassierende Bürokratie und die Langsamkeit der ermittelnden Behörden zurück. Als Gründe für die zahlreichen Mordfälle wurden Konflikte zwischen Jugendbanden, den sogenannten “maras”, Aktivitäten der Drogenhändler, Beziehungsprobleme, Raubüberfälle oder familiäre Gewalt genannt.
Das Dokument wurde im Rahmen des Besuches des UN-Sonderberichterstatters für illegale und willkürliche Hinrichtungen, Philip Alston, vorgestellt. Alston hält sich in Guatemala auf, um Einblicke in die Gewaltsituation im Land insgesamt zu bekommen.
Die Menschenrechtsorganisation für die Rechte indigener Frauen DEMI (Defensoría de la Mujer Indígena) der Ombudsstelle für Menschenrechte PDH (Procuraduría de los Derechos Humanos) legte zudem ihren halbjährlichen Bericht über Formen und Ausmaß der Gewalt, der Frauen in der Region ausgesetzt sind, vor. Darin betont DEMI, dass Frauen vor allem Opfer sexueller und familiärer Gewalt werden. Die Studie von DEMI listet allein für die Monate Januar bis Mai für die sieben Bezirke, in denen DEMI vertreten ist, 800 Fälle auf, in den Frauen Opfer von Gewalt wurden. Jedoch geht Florencia Cac, die DEMI-Vertreterin in Quetzaltenango, davon aus, dass es zudem eine hohe Zahl nicht bekannter Fälle gibt.
NICARAGUA
Vertrag mit Stromlieferant Unión Fenosa für ungültig erklärt
(Buenos Aires, 24. August 2006, púlsar).- Dienicaraguanische Aufsichtsbehörde CGR (Contraloría General de la República) erklärte den Vertrag mit dem spanischen Konsortium Unión Fenosa, das landesweit seit dem Jahr 2000 für die Stromversorgung verantwortlich ist, für ungültig. Der CGR – Präsident Guillermo Arguello begründete die Entscheidung damit, dass die „Nichterfüllung“ des Vertrages von Seiten des Stromversorgers offensichtlich sei. Arguello, erklärte, dass das Vorgehen gesetzlich auf Artikel 177 des Kontrollgesetzes basiere, das die Institution dazu berechtigt, die Aufhebung jeden Vertrages zu verfügen, der vom Staat unterzeichnet worden ist und der die Interessen der Bevölkerung betrifft.
Der Präsident der Aufsichtsbehörde versicherte, der nächste Schritt sei den Text der Resolution an Generalstaatsanwalt Alberto Novoa, zu schicken, damit dieser die nötigen Konsequenzen einleite. Man werde die Resolution auch an Präsident Enrique Bolaños und Parlamentspräsidenten René Núñez schicken. Arguello wies darauf hin, dass die Staatsanwaltschaft keinen Zivilprozess anstrengen werde, um die Resolution zu einzuhalten, „da die Regierung andere Interessen verfolge als die Bevölkerung“.
VENEZUELA
Opposition benennt Präsidentschaftskandidat
(Lima, 23. August 2006, na).- Die venezolanischeOpposition hat sich am 9. August auf Manuel Rosales als gemeinsamen Präsidentschaftskandidat geeinigt. Rosales, Gouverneur des im Westen des Landes gelegenen, vom Erdöl geprägten Bundesstaat Zulia, soll am 3. Dezember gegen den amtierenden Präsidenten Hugo Chávez antreten. Der 52-jährige ehemalige Lehrer war Gemeinderat, Abgeordneter im Bundesstaat und Bürgermeister von Maracaibo, der zweitgrößten Stadt in Venezuela. Er ist Vorsitzender der Partei „Neue Ära“ („Un Nuevo Tiempo“), seitdem er 1995 die sozialdemokratische „Demokratische Aktion“ („Acción Democrática“) verließ. „Das Rückrat unserer Amtsführung wird das Soziale sein, denn es darf nicht sein, dass ein reicher Erdölstaat eine so arme Bevölkerung hat,“ sagte Rosales.
Auch Präsident Chávez bestätigte am 12. August seine Kandidatur, um für weitere sechs Jahre ins Amt gewählt zu werden. „Heute nehme ich die Verantwortung auf mich, noch einmal der Kandidat des Volkes zu sein“, sagte Chávez. Dieser war im Jahr 1999 zum Präsidenten gewählt worden. Seitdem 2000 eine neue Verfassung verabschiedet wurde, ist Chávez im Amt.
PERU
Indígenas besetzen Erdölanlagen
(Fortaleza, 22. August 2006, adital-poonal).- DieShipibo-Indígenas der Gemeinde Canaan de Cachiyacu in der peruanischen Amazonasprovinz Ucayali (Region Loreto) haben beschlossen, zum zweiten Mal die Erdölförderanlagen des nordamerikanischen Unternehmens Maple Gas friedlich zu besetzen. Die Interethnische Vereinigung für Entwicklung der peruanischen Amazonasregion AIDESEP (Asociación Interétnica de Desarrollo de la Selva Peruana) teilt mit, dass die Indígenas einen hochrangigen Dialog mit den Behörden führen möchten, die dafür verantwortlich sind, dass das Erdölunternehmen in ihr Territorium eindringen konnte. Die Gemeinschaft sei darüber vorher weder informiert worden noch habe sie die Möglichkeit gehabt, frei darüber zu entscheiden.
Die Shipibo betonen, dass Maple Gas ohne jegliche Genehmigung seitens der Gemeinschaft auf ihrem Territorium aktiv sei. Es habe niemals eine Anfrage gegeben, wie sie in der Konvention 169 der Internationalen Arbeitsorganisation ILO vorgeschrieben ist, was eine Verletzung der peruanischen Erdöl- und Erdgasgesetzgebung darstelle. Diese schreibt vor, dass sich der Konzessionsnehmer mit dem Eigentümer des Geländes einigen müsse. Dieser Zustand, der auf die Verantwortungslosigkeit des peruanischen Ministeriums für Energie und Bergbau, des für die Konzessionsvergabe zuständigen staatlichen Unternehmens „Perú Petro“
sowie Maple Gas zurückgehe, halte nun schon seit 1994 an.
Die Fördertätigkeiten auf dem indigenen Territorium haben der Umwelt und damit auch der Gesundheit der dort lebenden Menschen schweren Schaden zugefügt. Die Fische aus dem Fluss Cachiyacu sind mittlerweile für die Bewohner von Canaan ungenießbar, weil sie, ebenso wie die anderen Gewässer und die Böden des Gebietes, ölverseucht sind. Auch sind vier Bewohner von Canaan zwischen 2001 und 2003 aus unbekannten Gründen gestorben, wahrscheinlich an Krankheiten, die mit der Umweltverschmutzung in Zusammenhang stehen.
Die Indígenas hatten lange erfolglos versucht, Staat und Unternehmen zu einem fruchtbaren Dialog zu bewegen. Vor gut einem Jahr sahen sie dann keinen anderen Ausweg, als die Erdölförderanlagen zu besetzen, um so das Unternehmen an den Verhandlungstisch zu zwingen. Der Staat sollte sich verpflichten, Untersuchungen zur Umweltsituation und Gesundheit der im Gebiet des Cachiyacu lebenden Menschen durchzuführen. Bisher ist es nicht zu konkreten Fortschritten gekommen. Das Unternehmen hat keines seiner Versprechen gehalten. Es hat keine ernstzunehmenden Angebote zur Entschädigung der Indígena-Gemeinde wegen der illegalen Nutzung ihres Territoriums gemacht. Auch das Versprechen, die Beziehungen zu den Indígenas zu verbessern, wurde nicht eingehalten. Das Unternehmen ging sogar soweit, die Gemeinschaft und die Regionalregierung damit zu brüskieren, sieben kaputte, aber als neu deklarierte Computer zu „spenden“.
ARGENTINIEN
Indígenas der Provinz Chaco einigen sich mit Regierung
(Buenos Aires, 23. August 2006, alc-poonal).- Nachfünf Wochen Kampf darum, von Regierungsvertretern der Provinz Chaco angehört zu werden, haben die indigenen Gemeinden dieser Region ihren Protest beendet. Sie unterschrieben am vergangenen Samstag eine Vereinbarung mit den Autoritäten. 500 Gemeindevertreter hatten 32 Tage lang vor dem Sitz der Provinzregierung kampiert. In den letzten Wochen waren neun Gemeindesprecher in den Hungerstreik getreten. Die Vereinbarung wurde vom Präsident des Indígenainstituts im Chaco IDACH (Instituto del Aborigen Chaqueño) als Repräsentant der Gemeinden, und von den Ministern für Justiz, Arbeit und Wirtschaft für die Provinzregierung unterschrieben.
Das Abkommen besteht aus neun Punkten und erkennt die in den Jahren 1991 und 1996 erlassenen Dekrete über den Landbesitz der Indigenas an. Und es befugt das IDACH auf gerichtlichem Weg die Beschwerden gegen Lorenzo Heffner, den Bürgermeister von Villa Río Bermejito weiter zu verfolgen. Heffner wird vorgeworfen staatliche Hilfsgüter für die Betroffenen des Hochwassers des Flusses Teuco Bermejito nicht weiter geleitet zu haben.
Die Regierung von Chaco verpflichtete sich die Rechtssache, die noch im Institut für Kolonialisierung bearbeitet wird, zu beschleunigen. Innerhalb von zwölf Monaten sollen individuelle und kollektive Landtitel übergeben werden. Um den Indígenas den Besitz ihres Landes zu sichern, garantierte die Regierung zudem die Umsiedlung lokaler Familien, die derzeit 150.000 Hektar Land der Indígenas bewohnen. Ein weiterer der vereinbarten Punkte war die Ausbildung von zweisprachigen Lehrern und die Schaffung von Stellen für bilinguale, interkulturelle Lehrer sowie die Zusammenarbeit mit dem Institut für ländliche Entwicklung und Wohnraum um Wohnungen für die indigenen Familien zu bauen.
CHILE
Mehr als 200 Festnahmen bei Studenten- und Schülerprotesten
(Buenos Aires, 23. August 2006, pulsar-poonal).- Erneutging die chilenische Polizei gewaltsam gegen eine Demonstration von Oberstufenschülern vor. Die Schüler protestierten gegen die „Langsamkeit“ der Regierung, Vorschläge zur Veränderung des Bildungssystems zu präsentieren. Die Demonstranten marschierten von ihren jeweiligen Schulen aus zum Regierungssitz, um die Präsidentin Michelle Bachelet aufzufordern, die Vereinbarungen umzusetzen, die während der massiven Proteste im vergangenen Mai und Juni erreicht worden waren.
Eine Kommission, die aus rund fünfzig Spezialisten, Schülern, Eltern und Schulbesitzern besteht, und die aus der chilenischen Bildungskrise heraus entstanden ist, soll tief greifende Reformen des Bildungsgesetzes LOCE (Ley Orgánica Constitucional de Educación) formulieren. Das in den letzten Tagen der Pinochet-Diktatur verabschiedete Gesetz hatte die Bildungsverantwortung des Staates dem freien Markt übergeben. Die Schüler*innen fordern das LOCE abzuschaffen und stattdessen das Recht auf Bildung in den Vordergrund zu rücken
Die Proteste vom vergangenen Dienstag fanden in mehreren chilenischen Städten statt, die meisten Verletzten und Festnahmen wurden jedoch in Santiago de Chile registriert.
Festnahmen bei Protestaktion gegen peruanischen Ex-Präsident
(Fortaleza, 21. August 2006, adital-poonal).-Während einer friedlichen Protestkundgebung vor dem Wohnsitz des peruanischen Ex-Präsidenten Alberto Fujimoro wurden in Santiago de Chile Teilnehmer der „Karawane gegen die Straflosigkeit“ festgenommen. Dabei gingen die Polizisten äußerst gewaltsam vor. Die Menschenrechtsorganisation amnesty international prangerte die Vorgehensweise der Sicherheitskräfte an.
Zehn Personen –fünf Peruaner und fünf Chilenen – wurden festgenommen, während sie gewaltfrei vor dem Wohnsitz des ehemaligen peruanischen Staatschefs demonstrierten. Auf Grund der schwerwiegenden Menschenrechtsverletzungen, die während Fujimoris Regierungszeit begangen worden sind, läuft in Chile ein Gerichtsverfahren, in dem dessen Auslieferung angestrengt wird.
Die Aktion wurde von der Koordination gegen die Straflosigkeit organisiert. Die Demonstranten trugen Transparente mit sich, skandierten Parolen und sangen Schmählieder gegen den ehemaligen peruanischen Präsidenten. Es handelte sich um eine friedliche Demonstration mit dem Zweck, noch einmal die schlimmen Menschenrechtsverletzungen anzuprangern, die während der Regierungszeit Fujimoris begangen wurden, und um zu fordern, dass dieser nach Peru ausgeliefert wird, um sich für diese Verbrechen zu verantworten.
Einige der festgenommenen Personen hielten sich als Teilnehmer der „Karawane gegen die Straflosigkeit“ vom 15. bis zum 22. August in Chile auf. Die Karawane war von der peruanischen Hauptstadt Lima aus aufgebrochen, um über die Hintergründe des Auslieferungsverfahren gegen Fujimori zu informieren und aufzuklären. Der Dachverband von Menschenrechtsorganisationen in Peru und die Organisation peruanischer Einwohner gegen die Straflosigkeit organisierten mit Unterstützung von ammesty international Chile diese Initiative.
LATEINAMERIKA
Journalisten leben gefährlich
(Fortaleza, 22. August 2006, adital-poonal).- Laut demLateinamerikanischen Observatorium für Meinungsfreiheit werden derzeitig in Mexiko, Puerto Rico und Venezuela die meisten Attentate gegen Journalisten verübt. Die guatemaltekische Nachrichtenagentur Cerigua informierte kürzlich über einen Vorfall in Mexiko, bei dem Unbekannte auf das Gebäude der Tageszeitung Noticias im südmexikanischen Oaxaca schossen.
Bei dem Angriff wurden vier Personen verletzt. Der Verlagsdirektor Ismael Sanmartín Hernández machte Staatssekretär Jorge Franco Vargas für den Überfall verantwortlich, andere Quellen beschuldigen den Gouverne
ur des Bundesstaates Oaxaca Ulises Ruiz. Der Druck auf die Presse in Oaxaca verschärfte sich weiter als das Protestbündnis APPO (Asamblea Popular del Pueblo de Oaxaca), das seit Wochen gemeinsam mit der Lehrergewerkschaft für die Absetzung des Gouverneurs protestiert, ihre Anhänger dazu aufrief, gegen eine Reihe von Journalisten vorzugehen.
Das Observatorium berichtete auch davon, dass die US-amerikanische Ermittlungsbehörde FBI behaupte, ihre Agenten hätten bei der Durchsuchung eines Wohnkomplexes am 10. Februar 2006 in Puerto Rico keine übermäßige Gewalt angewendet und auch die Rechte der anwesenden Journalisten nicht verletzt. Die Aussage widerspricht Untersuchungen die beweisen, dass mit Pfefferspray gegen Korrespondenten vorgegangen wurde und diese nach eigenen Angaben auch getreten und geschlagen wurden. Die interne Untersuchungskommission des FBI gab trotz des nachweislichen Machtmissbrauchs keinen Kommentar zu den angegriffenen Journalisten ab.
Das Dokument erwähnt auch einen Vorfall in Venezuela. Dort drangen 500 gewerkschaftlich organisierte Arbeiter gewaltsam in das Gebäude der Tageszeitung Diario de los Llanos ein. Sie verwüsteten Büros und griffen den Journalisten Paul Trasolini und einen Wachmann an. Grund des Überfalls war ein Artikel, in dem die angebliche Teilnahme des Gewerkschaftspräsidenten Alexis Avendaño an einer Versammlung erwähnt wurde, in der man die Abschaffung der Gewerkschaftsrechte diskutierte.
Herausgeber: Nachrichtenpool Lateinamerika e.V. Köpenicker Straße 187/188, 10997 Berlin, Tel.: 030/789 913 61 e-mail: poonal@npla.de, Internet: http://www.npla.de/
Redaktion in Mexiko: Kristin Gebhardt, Wolf-Dieter Vogel Tel./Fax.: 0052-55-55541480, e-mail: poonalmex@npla.de
Koordination in Berlin: Birgit Marzinka
Übersetzungsteam: Ricarda Franzen, Sebastian Landsberger, Sebastian Henning, René Cofré Baeza, Nicole Heigl Romana, Marit Teerling, Lui Lüdicke, Lilli von der Ohe, Kristina Vesper, Katrin Aue, Kathrin Fochtmann, Jana Fleschenberg, Jan Kühn, Inga Vietzen, Henrike Hochmuth, Henning Alts, Grit Petschick, Dietrich von Richthofen, Cornelia Gritzner, Cornelia Derler, Claudia Hektor, Christina Klug, Carolin Gehrmann, Brigitta Kainz, Anna Mielke, Ania Müller, Alexander Trofimow;
Bankverbindung: Nachrichtenpool Lateinamerika e.V. Berliner Volksbank, BLZ: 100 900 00, KTO: 7196704005, BIC BEVODEBB, IBAN: DE57 1009 0000 7196 7040 05;
POONAL gibt's online bei www.npla.de, sowie als E-Mail-Abo,. das gegen Überweisung einer einmaligen oder regelmäßigen Spende bei uns zu bestellen ist.
Spenden an uns als gemeinnütziges Projekt sind von der Steuer absetzbar Auf Anfrage (bei finanzen@npla.de) stellen wir gerne Bescheinigungen aus
Nachdruck der Poonal-Artikel mit vollständiger Quellenangabe und gegen Überweisung des entsprechenden Zeilenhonorars erwünscht
Poonal gehört zur Federación Latinoamericana de Periodistas FELAP
Erstellung der Beiträge durch die POONAL-Mitgliedsagenturen:
Actualidad Colombia (Kolumbien)
Adital (Brasil)
Alai (Ecuador)
ALC (Peru)
AlterPresse (Haiti)
Anchi (Chile)
Bolpress (Bolivien)
Cerigua (Guatemala)
Cimac (Mexiko)
Comcosur/Recosur (Uruguay)
Noticias Aliadas (Peru)
NPL (Berlin)
Oficinainforma (Brasilien)
Poonal-Koordinatíon (Mexiko)
Prensa Latina (Kuba)
Púlsar (Argentinien)
SEM (Kuba)
Voces Nuestras (Costa Rica)
Poonal Nr. 732 von Nachrichtenpool Lateinamerika ist lizenziert unter Creative Commons Namensnennung-Weitergabe unter gleichen Bedingungen 4.0 international.
Schreibe einen Kommentar