Poonal Nr. 736

Deutsche Ausgabe des wöchentlichen Pressedienstes lateinamerikanischer Agenturen vom 26. September 2006

Inhalt


In eigener Sache: In der nächsten Woche

MEXIKO-USA

MEXIKO

GUATEMALA

EL

Arbeitsrechte anerkannt

Jagdeo erneut zum Präsidenten

KOLUMBIEN

BRASILIEN

BOLIVIEN

ARGENTINIEN

CHILE

LATEINAMERIKA


In eigener Sache: In der nächsten Woche

MEXIKO-USA

– US-Parlament verabschiedet Erweiterung der Grenzmauer

MEXIKO

– Massenentlassungen wegen Schließung einer Weltmarktfabrik

GUATEMALA

– Kommission soll Fälle von Verschwundenen ermitteln

– Studie über Morde an Minderjährigen

EL SALVADOR

– Arbeitsrechte anerkannt

GUYANA

– Jagdeo erneut zum Präsidenten gewählt

KOLUMBIEN

FARC fordern politische Lösung

BRASILIEN

– E-Kampagne für Anti-Homophobie-Gesetz

BOLIVIEN

– Neues Schutzgebiet ausgewiesen

ARGENTINIEN

– Historisches Urteil wegen Verbrechen der Militärdiktatur

CHILE

– Freie Abgabe der “Pille danach” gestoppt

LATEINAMERIKA

– UN-Arbeitsgruppe untersucht Einsatz von Söldnern

MEXIKO-USA

US-Parlament verabschiedet Erweiterung der Grenzmauer

(Buenos Aires, 15. September 2006, púlsar).- Das US-Repräsentantenhaus verabschiedete ein Gesetz zur Errichtung weiterer Sperranlagen an der mexikanischen Grenze, um den Strom der Einwanderer besser kontrollieren zu können. Mit 238 Ja-Stimmen und 138 Nein-Stimmen billigten die Gesetzgeber die Initiative der Republikaner zur Errichtung eines doppelten Zaunes an der Grenze auf einer Länge von 1.200 Kilometern. Die Gesetzesinitiative ist Teil einer breit angelegten Kampagne der Republikaner, die sich gegen die Legalisierung der zwölf Millionen Einwanderer ohne Papiere richtet, die in den USA leben und arbeiten.

Vor einer Woche scheiterten die Bemühungen die US-Einwanderungsgesetze zu reformieren, da sich Senatoren und Mitglieder des Repräsentantenhauses nicht einigen konnten. Der Entwurf sieht auch vor, dass das Ministerium für Innere Sicherheit das Grenzgebiet mit Hilfe modernster Technik wie Bodensensoren, automatischen Flugzeugen und Kameras überwacht und kontrolliert. Auf Grund des andauernden Konflikts zwischen Republikanern und Demokraten über die Reform der Einwanderungsgesetze wird die Diskussion über dieses Thema voraussichtlich nach den Wahlen am 7. November fortgesetzt werden.

MEXIKO

Massenentlassungen wegen Schließung einer Weltmarktfabrik

Von Lourdes Godínez Leal

(Mexiko-Stadt, 15. September 2006, cimac-poonal).- Circa 1.800 Beschäftigte werden im kommenden November ihre Stelle verlieren, wenn die textilverarbeitende Weltmarktfabrik Monclova Internacional, ein Tochterunternehmen des transnationalen Konzerns Sara Lee, in Coahuila ihre Tore schließen wird. 80 Prozent der Angestellten sind Frauen und 50 Prozent davon sind alleinerziehend. Nach Angaben der Arbeiterinnen begründete der Generaldirektor des Unternehmens Lauro Pesqueira die Entscheidung mit dem Umzug des Unternehmens nach Zentralamerika und Asien. Dort seien die Produktionskosten niedriger.

Die Entlassungen werden in mehreren Schüben erfolgen. 500 Angestellte sollen schon am kommenden Dienstag (19.9.) entlassen werden, während die restlichen noch auf weitere Entscheidungen des Unternehmens warten. „Aber ab Mitte November wird niemand mehr im Unternehmen beschäftigt sein“, so die Nichtregierungsorganisation SEDEPAC (Servicio, Desarrollo y Paz).

Jetzt sind einige der Arbeiterinnen mit der Forderung nach Entschädigungszahlungen wegen arbeitsbedingten Krankheiten an das Unternehmen herangetreten. Einige der Frauen mussten sich bereits bis zu vier Operationen unterziehen und arbeiten immer noch für das Unternehmen. Vor diesem Hintergrund sei es ungerecht, dass „die Arbeiterinnen ihr Leben für die Maquila riskieren und die nun nicht zahlen will“, so die Arbeiterinnen. Unterdessen seien bereits vier Klagen auf Präventivpfändung eingegangen, so Elizabeth Robles von SEDEPAC. Damit soll verhindert werden, dass sich das Unternehmen absetzen kann, bevor es jede einzelne Entlassung geregelt und die ausstehenden gesetzmäßigen Entschädigungen gezahlt hat.

Im vergangenen August hatten die Monclova-Arbeiterinnen aus der Abteilung, die Ärmel für Sara Lee produziert, angezeigt, die Tagesproduktion sei von 114 Dutzend Ärmel pro Stunde auf 144 Dutzend pro Stunde angehoben worden. Gleichzeitig sei der Lohn um bis zu 50 Prozent gekürzt worden. Beklagt wurde auch, dass der wöchentlich Lohn vor der Anhebung der Stückzahl 800 Pesos (ca. 57 Euro) betrug. Durch die 50prozentige Lohnkürzung blieben jetzt nur noch 400 Pesos ( ca. 28 Euro). Es gäbe aber auch Frauen, die wöchentlich nur 40 Pesos verdienen würden, da die Löhne an die individuelle Leistung gekoppelt seien. Käme eine Arbeiterin der angestrebten Stückzahl nicht nach, würde der Lohn nicht voll ausgezahlt.

Nach dem Bekannt werden der Situation verurteilte das in London ansässige Zentrum für Unternehmen und Menschenrechte (im Englischen: Bussines & Human Rights Resource Centre) die Menschen- und Arbeitsrechtsverletzungen des transnationalen Unternehmens und veröffentlichte diese Kritik auch in der mexikanischen Presse. Im Namen der Unternehmens antwortete Lauro Pesqueira, dass die Arbeitsbedingungen gut seien und man um das Wohl der Angestellten besorgt sei und außerdem „sind die Löhne wettbewerbsfähig und entsprechen den Standards, denn wir bemühen uns einen guten Arbeitsplatz zu bieten“:

GUATEMALA

Kommission soll Fälle von Verschwundenen ermitteln

(Buenos Aires, 21. September 2006).- Guatemaltekische Abgeordnete unterstützen die Schaffung einer nationalen Kommission, um die Fälle von während des Bürgerkrieges verschwundenen Personen zu untersuchen. Es wird geschätzt, dass zwischen 1966 und 1992 im Land 50.000 Personen verschwanden. Dies gab Mirna Ponce, Präsidentin der Menschenrechtskommission des Kongresses, während eines Treffen mit einer Arbeitsgruppe der UNO, die diese Thema verfolgt, bekannt.

Ponce führte aus, dass die Kommission von Repräsentanten der Ombudstelle, der UN-Vertretung in Guatemala und verschiedenen Organisati
onen der Zivilgesellschaft gebildet werden soll. „Das erzwungene Verschwinden war die wie eine Staatspolitik ausgeführte Praxis während des Krieges. Aber die Übergangsregierungen haben nach der Unterzeichnung der Friedensvereinbarungen keinerlei Willen demonstriert, um die Verantwortlichen zu ermitteln und zu bestrafen“, meinte Ombudsmann Sergio Morales. „Wir sind die Nation mit der höchsten Zahl gewaltsam Verschwundener weltweit. Auf uns folgt Argentinien“, erklärte Mario Polanco von der Menschenrechtsorganisation „Gruppe für Gegenseitige Unterstützung“ und präzisierte die zwischen 1966 und 1993 erfassten Fälle auf 45.000.

Während des Bürgerkrieges starben150.000 Menschen. Die am stärksten betroffenen Departments waren Quiché, Alta Verapaz, San Marcos, Chimaltenango, Huehuetenango, Guatemala, Petén und Sololá.

Studie über Morde an Minderjährigen

(Guatemala-Stadt, 19. September 2006, cerigua).- Die Kinderhilfsorganisation Casa Alianza führt eine Studie über gewaltsame Tode von Kindern und Jugendlichen unter 18 Jahren durch. Darin wird eine vorläufige Zahl von etwa 32 Fällen pro Monat genannt, wie Héctor Dionisio,  Repräsentant des juristischen Bereichs der genannten Organisation, angab. Dionisio erklärte, dass die Untersuchung in Kooperation mit der Ombudstelle für Menschenrechte PDH (Procuraduría de los Derechos Humanos) durchgeführt werde, da es unabdingbar sei, die genaueren Umstände der Verbrechen und ihrer Ursachen herauszufinden.

Es sei Besorgnis erregend, dass die Medien täglich über Gewalttaten an Jugendlichen berichteten, die angeblich mit den Maras genannten Jugendbanden in Verbindung stünden oder von Mädchen, die sexuell missbraucht und gefoltert würden, ohne dass der Staat ein Aktionsprogramm umsetze, um die Zahlen zu reduzieren, bekräftigte Dionisio. Es seien  ermordete Babys und kleine Kinder unter fünf Jahren gefunden worden, die in vielen Fällen allein deshalb umgebracht wurden, um ihre Eltern leiden zu sehen. Nichtsdestotrotz habe die Regierung keine ernsthafte Untersuchungen eingeleitet, um die Schuldigen zur Verantwortung zu ziehen, fügte der Experte hinzu.

Nach Meinung von Dionisio haben sich die Regierungsvertreter bisher darauf beschränkt, einen Gesellschaftssektor zu kriminalisieren, der Opfer der Ineffizienz des Staates geworden sei und sofortige Unterstützung brauche, um sich von den Gruppen des organisierten Verbrechens zu lösen und sich entwickeln zu können. Abschließend sagte der Vertreter der Kinderhilfsorganisation, dass, falls der Staat keine effektiven Methoden ergreife, um die Verbrechen auszumerzen, man die Situation als soziale Säuberung beschreiben müsse, die eine der verletzlichsten Gruppen der guatemaltekischen Bevölkerung betrifft.

EL

Arbeitsrechte anerkannt

Jagdeo erneut zum Präsidenten

(Lima, 20. September 2006, na).-.Der Präsident von Guyana, Bharrat Jagdeo, hat am 2. September sein zweites fünfjähriges Mandat angenommen. Jagdeo von der Progressiven Volkspartei PPP (Partido Popular Progresista) gewann die Wahl vom 28. August mit 54,6 Prozent der Stimmen. Die Wahlbeteiligung betrug 65 Prozent. Im Vergleich zu den Wahlen vom Jahr 2001 bedeutet dies einen Rückgang um 22 Prozent. Wenngleich diese Wahl auch eine der ruhigsten und friedvollsten seit mehr als einem Jahrzehnt war, so spiegeln die Wählerstimmen auch diesmal wieder die ethnische Spaltung innerhalb des Landes wider. Die indo-asiatische Mehrheit Guyanas hält zu Jagdeo, und die afro-guyanesische Bevölkerung zu dem Oppositionskandidaten Robert Corbin, Vorsitzender der Partei Nationaler Volkskongress (Congreso Nacional del Pueblo), die Guyana in den Jahren 1964 bis 1992 regierte. Er erhielt 34 Prozent der Stimmen.

„Die Wahlergebnisse lösen leider nicht das Problem der ethnischen Spaltung des Landes, das in Guyana tief verwurzelt ist. Tag für Tag wird dadurch das politische Leben blockiert, wodurch das Land lediglich die Karikatur einer gesunden Gesellschaft ist,“ so ein vor kurzem veröffentlichter Bericht des Forschungszentrums „Council on Hemispheric Affairs“(COHA), das seinen Sitz in Washington hat. Abgesehen von der ethnischen Spaltung wird sich Jagdeo, der direkt nach seinem erneuten Amtsantritt zur nationalen Einheit aufrief, der Gewalt, der hohen Kriminalitätsrate und dem blühenden Drogenhandel in seinem Land stellen müssen.

Seit der Regierungszeit von Cheddi Jagan (1992-1997) und seiner Ehefrau Janet Rosenberg (1997-1999) ist „die Zahl der Fälle von organisiertem Verbrechen im ganzen Land stark angestiegen. Laut der Meinungen einiger Analysten ist dieser Anstieg auf die ethnisch bedingten Spannungen in Guyana zurückzuführen“, meint das Forschungszentrum COHA. Die Wahlen, die ursprünglich bereits für den 3. August geplant waren, mussten aufgrund der wenige Monate zuvor verübten Morde an Landwirtschaftsminister Satyadeow Sawh und dem Fernsehmoderator Ronald Waddell, verschoben werden.

KOLUMBIEN

FARC fordern politische Lösung

(Fortaleza, 18. September 2006, adital).- Der Repräsentant der Internationalen Kommission der Revolutionären Streitkräfte Kolumbiens FARC (Fuerzas Armadas Revolucionarias de Colombia ), Raúl Reyes, hat einen Brief an die in Havanna tagenden blockfreien Länder gesandt, in dem er um Hilfe für eine politische Lösung des sozialen und bewaffneten Konflikts in Kolumbien bittet. Der Guerrillero zählt darin die enormen Reichtümer des südamerikanischen Landes auf und stellt klar, dass diese im Friedenszustand 104 Millionen Menschen ernähren könnten.

In dem Schreiben weist Reyes die Verantwortung der Guerrilla für die Gewalt im Land zurück. Er meint Präsident Álvaro Uribe kenne die Vorschläge seiner Organisation für die Wiederaufnahme der Gespräche über eine so genannte „Gemeinsame Agenda für den Wandel“, die ein anderes und neues Kolumbien möglich mache. Ebenso gebe es im Rahmen des internationalen Rechts realisierbare Vorschläge für ein humanitäres Abkommen. Der Brief endet mit der Erklärung der Bereitschaft der bewaffnet kämpfenden Organisation, Delegationen auszutauschen, um die Vorschläge für einen Friedensprozess zu erklären.

„Wir sind bereit Delegationen zu Gesprächen über unsere Vorschläge für die politischen Auswege mit den Regierungen in ihren Ländern zu entsenden, wenn wir mit gewissen Garantien von ihrer Seite aus rechnen können. Ebenso sind wir bereit ihre Delegierten in unseren Lagern zu empfangen, um ihnen unsere Version des internen Konflikts darzustellen und ihnen unsere Anstrengungen und Vorschläge mit dem Ziel eines definitiven und anhaltenden Friedens zu erklären“, erklärte der Guerrillero.

BRASILIEN

E-Kampagne für Anti-Homophobie-Gesetz

(Fortaleza, 18. September 2006, adital-poonal).- Die brasilianische Vereinigung der Lesben, Schwulen und Transgender ABGLT (Associação Brasileira de Gays, Lésbicas e Transgêneros) hat die brasilianische Bevölkerung zur Teilnahme an einer virtuellen Kampagne aufgerufen. Mit der Aktion soll Druck auf das Parlament ausgeübt werden, damit das Gesetzesprojekt Nr. 5.003/01 umgesetzt wird, das Homophobie unter Strafe stellt. Dieses Projekt wurde von der Abgeordneten Iara Bernardi der regierenden Arbeiterpartei PT (Partido dos Trabalhad
ores) eingebracht. Es wäre das erste Bundesgesetz, das Homosexuellen Schutz vor Diskriminierung und Übergriffen bieten würde.

Bereits mehr als 8.000 E-Mails wurden in Ablehnung des Gesetzes an den Nationalkongress verschickt, aber nur 430 E-Mails sprachen sich dafür aus. „Wir waren in der Lage, drei Millionen Menschen zur Parade in São Paulo zusammenzubringen. Deswegen bin ich mir sicher, dass Schwule, Lesben, Transvestiten und Transgender an ihren Arbeitsplätzen, Schulen, Universitäten und Mailing-Listen in der Lage sein werden, genügend Unterstützung zu finden, um die Mailboxen der Parlamentarier mit E-Mails im Sinne des Anti-Homophobie-Gesetzes zu füllen“, sagt Leo Mendes, Schatzmeister der ABGLT. Alle Interessierten können sich direkt über die Webseite der ABGLT (www.abglt.org.br) an der Kampagne beteiligen, indem sie eine Unterstützerliste unterschreiben.

Das Gesetzesprojekt bestimmt und sieht Strafen vor für Vergehen, die aus der Diskriminierung oder Vorurteilen zu Rassen, Hautfarben, Ethnien, Religionen, Abstammung, Gender, Geschlecht sowie geschlechtliche bzw. Genderorientierung hervorgehen. Auf diese Weise könnte das bereits im dritten Artikel der brasilianischen Verfassung festgelegte Ziel „das Wohl aller zu mehren, ungeachtet aller Vorurteile zu Abstammung, Rasse, Geschlecht, Hautfarbe, Alter und jede andere Form der Diskriminierung“, in dem sogar einige dieser „anderen Formen“ später weiter spezifiziert werden, eine Handlungsgrundlage erhalten.

BOLIVIEN

Neues Schutzgebiet ausgewiesen

(Lima, 20. September 2006, na).- Die bolivianische Regierung hat am 15. August den Beschluss verabschiedet, ein Gebiet innerhalb des Nationalparks Madidi zur „unantastbaren Zone mit absoluter Schutzwürdigkeit“ zu erklären. In dem Territorium an der Grenze zu Peru wohnt ein abgeschieden lebendes, indigenes Volk.

Der Beschluss 48, der vom Nationalen Dienst für Schutzgebiete SERNAP (Servicio Nacional de Àreas Protegidas) gefasst wurde, verbietet auf dem geschützten Territorium alle Aktivitäten, die der Suche, Ausbeutung und Förderung von Bodenschätzen jeglicher Art dienen, einschließlich des Schürfens nach Mineralien und der Erdölgewinnung.

Der Nationalpark Madidi ist mit einer Größe von 19.000 Quadratkilometern eines der weltweit wichtigsten Biosphärenreservate. Er umfasst den gesamten Verlauf des Flusses Colorado bzw. Pukamayu, die Quellen und den oberen Verlauf des Flusses Heath bzw. Sonene und fast die Gesamtheit des Verlaufs der Flüsse Enajena und Enatawa. Der Nationalpark Madidi grenzt an Schutzgebiete in Peru wie den Nationalpark Bahuaja Sonene und das Naturschutzgebiet Tambopata. Außerdem ist er Teil wichtiger ausgewiesener biologischer Schutzkorridore wie dem Vilcabamba-Amboró, der von der Gebirgskette Vilcabamba in Zentral- Peru bis zum Nationalpark Amboró in Zentral- Bolivien verläuft.

ARGENTINIEN

Historisches Urteil wegen Verbrechen der Militärdiktatur

(Fortaleza, 21. September 2006, adital-púlsar-poonal).- Zum ersten Mal hat die argentinische Justiz rechtlich anerkannt, dass es während der letzten Militärdiktatur in Argentinien einen Völkermord gegeben hat. Der ehemalige Generaldirektor der Polizeiuntersuchungsstelle Miguel Osvaldo Etchecolatz wurde aufgrund seiner Verantwortlichkeit für Verbrechen gegen die Menschlichkeit während der letzten Diktatur in Argentinien einstimmig zu lebenslänglicher Haftstrafe verurteilt. So wie von den Klägern gefordert, hat das Tribunal Oral Nº 1 in La Plata in dem Urteil vom 19. September anerkannt, dass die von Etchecolatz begangenen Entführungen, Folter und Morde Teil eines systematischen Plans zur Auslöschung von Regierungsgegnern innerhalb des Staatsterrorismus waren. Man hofft, dass dieses Urteil einen Präzedenzfall schafft, der die Form der Aufarbeitung von Diktaturverbrechen verändern wird.

Die Opfer der Militärdiktatur und deren Angehörigen betrachten dieses Urteil als positiv, auch wenn es nicht so ausfiel, wie sie es sich erhofften. Man hatte erwartet, dass Etchecolatz für Völkermord verantwortlich gemacht werde; er wurde jedoch nur für einzelne Diktaturverbrechen verurteilt. Man wies ihm die Beteiligung an sechs Morden und zwei Fällen von Entführungen und Folter in den Jahren von 1976 und 1983 nach.

Marcela, Mitglied der Gruppe H.I.J.O.S (Hijos por la Identidad y la Justicia contra el Olvido y el Silencio, Kinder für die Identität und Gerechtigkeit, gegen Schweigen und Vergessen), in der sich Kinder von Verschwundenen organisiert haben, erklärte bei der Urteilsverkündung, „man sollte nicht vergessen, dass dieser Fortschritt weder der Regierung noch dem Rechtsapparat zuzuschreiben, sondern das Ergebnis eines 30jährigen hartnäckigen Kampfes für Gerechtigkeit ist.“

CHILE

Freie Abgabe der “Pille danach” gestoppt

(Montevideo, 15. September 2006, comcosur).- Die chilenische Justiz hat nun die Bemühungen der Regierung gestoppt, an jugendliche Mädchen die „Pille danach“ gratis abzugeben. Hauptstreitpunkt ist die in der Regierungsinitiative vorgeschlagene Regelung, dass die Eltern des Mädchens nicht in die Entscheidung eingebunden werden müssten. Juan Antonio Espina, einer der Anwälte der die Aufhebung der Initiative seitens der Justiz durchgesetzt hatte, meinte dazu: „Wir sind nicht gegen die Verteilung der Pille, wir sind aber entschieden dagegen, dass die Eltern bei dieser Entscheidung übergangen werden. Die Eltern müssen auf alle Fälle einbezogen werden.“

Die Initiative war vor allem von der amtierenden sozialistischen Präsidentin Michelle Bachelet vorangetrieben worden. Sie geriet dabei in deutlichen Konflikt mit der katholischen Kirche. Die umstrittene „Pille danach“ wäre laut der Regierungsinitiative an alle Jugendlichen, die älter als 14 Jahre sind, abgegeben worden, ohne dass die Eltern hätten einbezogen werden müssen. Regierungssprecher Ricardo Lagos Weber bekräftigte, dass man die Initiative trotz des Gerichtsentscheides weiter vorantreiben werde, da alle Argumente für diese Politik sprächen. In Chile ist die Abtreibung immer noch, egal unter welchen Umständen, verboten.

Bisher wurde die Pille in Apotheken gegen Rezept verkauft und in öffentlichen Krankenhäusern abgegeben, sofern die Zustimmung der Erziehungsberechtigten vorlag. Der Streit um die Neuregelung dauert inzwischen mehr als zwei Jahre an. Die Gesundheitsministerin Mara Soledad Barra kündigte bereits an, dass man gegen das Urteil vorgehen und Rechtsmittel einlegen werde. Sie bekräftigte zudem, dass nie in Frage gestellt wurde, dass die Eltern Anteil an dem sexuellen Leben ihrer Kinder haben sollten. Studien hätten jedoch belegt, dass Jugendliche darüber jedoch nicht in ihren Familien sprechen würden.  Dann sei es Aufgabe des Staates, die Jugendlichen entsprechend zu informieren.

LATEINAMERIKA

UN-Arbeitsgruppe untersucht Einsatz von Söldnern

(Lima, 20. September 2006, na).- Immer mehr Lateinamerikaner würden von privaten Sicherheitsunternehmen als Söldner angestellt und zum Kampf in die Konfliktregionen anderer Kontinente entsendet, kritisiert die UN-Arbeitsgruppe, die den Einsatz von Söldnern untersucht. Nach ihrem Besuch in Honduras und Ecuador erklärte sie, dass man in Lateinamerika festgestellt habe, dass „die Anzahl an B&uu
ml;rgern steigt, die von Tochterunternehmen multinationaler Unternehmen angestellt werden, die als juristische Person in einem Land registriert sind und Dienstleistungen in Drittländern bereitstellen“.

Private Militär- und Sicherheitsunternehmen haben Hunderte von Söldnern in Chile, Ecuador, Honduras, Kolumbien und Peru angestellt und sie in den Irak geschickt, der von US-Truppen und seinen Alliierten militärisch besetzt ist. Man schätzt, dass es im Irak 25.000 Söldner gibt. Sie stellen die zweite Besatzungskraft nach den US-Truppen dar, noch vor den britischen Soldaten. Nach Angaben des Government Accountability Office, ein Untersuchungsorgans des US-Kongresses ,sind seit 2003 Verträge mit privaten Sicherheitsunternehmen im Wert von 766 Millionen US-Dollar abgeschossen worden.

Amanda Benavides aus Kolumbien und José Luis Gómez del Prado aus Spanien, zwei der fünf Experten der Arbeitsgruppe, die im Jahr 2005 von der UN-Menschenrechtskommission geschaffen wurde, begannen am 21. August ihren fünftägigen Besuch in Honduras. Sie besuchten zwischen dem 28. August und dem 1. September Ecuador und werden danach ihre Arbeit in Chile und Peru fortsetzen.

Die Sicherheitsunternehmen rekrutieren hauptsächlich ehemalige Militärs und Polizisten. Sie versprechen ihnen ein gutes Einkommen, Versicherungen und Arbeitsgarantien, die in vielen Fälle nicht erfüllt werden. Viele der Söldner kommen verletzt zurück, andere kehren nie zurück. Seit Beginn des Irakkriegs im März 2003 sind 428 Söldner aus verschiedenen Regionen der Welt gestorben und weitere 4.000 wurden verletzt.

Benavides erklärte, dass für die Sicherheitsunternehmen drei Faktoren in den jeweiligen Ländern für die Rekrutierung wesentlich seien: Arbeitslosigkeit und Unterbeschäftigung (die Leute werden mit den angebotenen Löhnen angelockt, obwohl sie wissen, dass sie in unsichere Gebiete mit hohem Risikofaktor gehen), der Migrationswunsch der Bevölkerung und die Schwäche der nationalen Gesetzgebung, die die Rekrutierung erleichtern.

Laut Angaben der UN-Mitarbeiter brachen zwischen August und Oktober 2005 aus Honduras 218 Honduraner, 105 Chilenen und 18 Nicaraguaner in den Irak auf und wurden dort als „Sicherheitspersonal“ eingesetzt. Im April kamen einige Honduraner zurück. Sie klagten über schlechte Behandlung und eine Änderung ihrer Tätigkeit. Momentan seien 60 Honduraner im Mittleren Osten. Das US-amerikanische Rekrutierungsunternehmen „Your Solution“ sei seinen Vertragsbedingungen hinsichtlich Bezahlung, Versicherung und ärztlicher Versorgung nicht nachgekommen. Die Honduraner, die ursprünglich als Sicherheitspersonal für Anlagen und Konvois mit humanitärer Hilfe angestellt wurden, endeten als Kriegskämpfer und setzten großkalibrige Maschinengewehre ein.

Nach Gesprächen mit Regierungsstellen erklärte die Arbeitsgruppe, dass der honduranische Staat wegen unterlassener Hilfestellung bei Problemen seiner Staatsbürger im Irak verantwortlich zu machen sei. Die UN-Mitarbeiter erfuhren zudem, dass die 105 rekrutierten Chilenen, die als Söldner im Irak tätig sind, eine militärische Ausbildung in Honduras erhielten.

In Ecuador wurde im August 2005 bekannt, dass das Sicherheitsunternehmen EPI & Security, das von dem US-Amerikaner Jeffrey Shippy geleitet wird und nicht im Handelsregister eingetragen ist, Ecuadorianer und Kolumbianer für Auslandseinsätze mittels Zeitungsanzeigen angestellt hatte. Nachdem die Behörden auf den Fall aufmerksam wurden, floh ein ehemaliger Feuerwehrmann, der bei der US-amerikanischen Firma DynCorp auf dem Militärstützpunkt angestellt war. Die Richter konnten bis jetzt keinen Fortschritt in der Klärung des Falles vorweisen. Die UN-Arbeitsgruppe empfahl Ecuador sich der Internationalen Konvention gegen Rekrutierung, Einsatz, Finanzierung und Ausbildung von Söldnern aus dem Jahr 1989 anzuschließen und die Untersuchungen weiter zu verfolgen.

Entsprechend ihres Mandats soll die Arbeitsgruppe neue gesetzliche Richtlinien entwickeln, damit „die Rechtslücke bekannt wird, in der sich militärischen Sicherheitsfirmen und multinationalen Unternehmen, die im Bereich Sicherheit operieren, bewegen. Die Grauzone, in der diese Unternehmen agieren, muss beseitigt werden”, erklärte Benavides.

Herausgeber: Nachrichtenpool Lateinamerika e.V. Köpenicker Straße 187/188, 10997 Berlin, Tel.: 030/789 913 61 e-mail: poonal@npla.de, Internet: http://www.npla.de/

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