Deutsche Ausgabe des wöchentlichen Pressedienstes lateinamerikanischer Agenturen Nr. 262 vom 16. Oktober 1996
Inhalt
KOLUMBIEN
BOLIVIEN
MERCOSUR
MEXIKO
GUATEMALA
NICARAGUA
ARGENTINIEN
KUBA
KOLUMBIEN
Erklärung der Nationalen Indígena-Koordination Kolumbiens (ONIC)
zu den Verhandlungen mit der Regierung
(Bogotá, Oktober 1996, alai-POONAL).- Seit dem 25. Juni, an dem die Compañeros Wayuu den Sitz der Behörde für Indígena- Angelegenheiten in Bogotá besetzten, haben wir Indígena-Völker Kolumbiens eine Reihe von Protestaktionen in allen Regionen des Landes unternommen: friedliche Besetzungen in der Hauptstadt, in Uribia, Monteria, Cali, Quibdo, Puerto Carreno, Mocoa, Ibaque und Pereira; Blockaden der Rumichaca-Brücke in Nariño, der Straßen von Quibdo nach Medellín und von Mocoa nach Puerto Asís; Versammlung von mehr als 5.000 Indígenas auf der Panamericana in der Provinz Cauca sowie weitere Mobilisierungen. Wir wollen unsere Rechte auf Leben, Autonomie, Kultur und Territorium verteidigen.
Am 9. August endeten die Aktionen, denn es gab Abkommen mit der Regierung über Zeitplan und Budget für die Rechtstitel auf Land und eine ständige Gesprächsrunde des Staates mit den Indígena- Völkern und -Organisationen, um die bürokratischen und gesetzlichen Entscheidungen abzustimmen, die uns betreffen. Außerdem wurde eine Menschenrechtskommission der Indígena-Völker vereinbart. Sowohl die Gesprächsrunde wie die Menschenrechtskommission werden von der kolumbianischen Bischofskonferenz, der Interamerikanischen Menschenrechtskommission (CIDH) und der Internationalen Arbeitsorganisation (ILO) beobachtet werden. Die Regelungen zur Grenzziehung und Verwaltung unserer Territorien als Bestandteile der Republik wurden genauso verschoben wie die Änderung von Normen in der Agrarreform, die die Rechtstitelvergabe für unser Land behindern. Die Regierung weigerte sich, überhaupt einen Dialog über diese Themen zu eröffnen.
Regierung unnachgiebig Von Beginn an waren die Antworten der Landesregierung auf unsere Forderungen ausweichend. Dies trotz der enormen Mobilisierung und der unterstützenden Stimmen, die wir vom kolumbianischen Volk, den nicht-offiziellen Menschenrechtsorganisationen, der Presse, von Gouverneuren und Provinzparlamenten beispielsweise auf Putumayo, Tolima, Guajira und Valle und von der Kirche erhalten haben. Dazu kamen hunderte von Botschaften aus dem Ausland. Unser Kampf richtet sich darauf, von der Regierung und dem Staat die verfassungsmäßigen und gesetzlichen Verpflichtungen gegenüber den Indígena-Völkern einzufordern. Bisher werden diese nicht nur nicht eingehalten, sondern ständig verletzt. Die Regierung schob die Gespräche solange wie möglich hinaus, um unserer Bewegung den Schwung zu nehmen und sie in der physischen Erschöpfung enden zu lassen. Doch die Unterstützungsaktionen nahmen mit jedem Tag zu.
Um einen Ausweg für die friedlichen Besetzungen an verschiedenen Orten im Land möglich zu machen, akzeptierten wir die grundlegende Forderung (nach Landtiteln und -markierung; die Red.), später zu diskutieren. Die Verhandlung der anderen Themen war ebensowenig einfach. Die Regierung setzte sie auf unerfindlichen Gründen mehrmals aus, als wir zu wesentlichen Punkten wie dem Schutz unserer wirtschaftlichen, sozialen und kulturellen Integrität angesichts von Arbeiten, Projekten, Erforschungen und Ausbeutung von Naturschätzen in unseren Territorien kamen. Ohne irgendein Argument gegen unsere Vorschläge versuchten sie, diese abzuweisen oder sie in ihrem Grundgehalt zu verändern.
Die Schlußabkommen
Am 9. August 1996, nach 45 Tagen landesweiter Mobilisierung und einer 36tägigen Besetzung des Sitzes der Bischofskonferenz wurden die Dekrete 1396 zur Schaffung der Menschenrechtskommission der Indígena-Völker und 1397 für die Bildung der Nationalkommission für die Indígena-Territorien und die Ständige Gesprächsrunde mit den Indígena-Völkern und -Organisationen erlassen. An der Gesprächsrunde nehmen außer den zuständigen Regierungseinrichtungen drei Vertreter*innen der Indígena- Organisationen sowie eine Person für jede der fünf Großregionen, aus denen das Land besteht, teil. Dazu kommen die indigenen Senatoren und ehemaligen Mitglieder der Verfassungsversammlung. Die Nationalkommission für die Indígena-Territorien hat die gleiche Zusammensetzung, wobei Senatoren und Mitglieder der Verfassungsversammlung den Status von ständigen Gästen haben. In den Dekreten ist festgelegt, daß bei jeder Arbeit, jedem Projekt, jeder Erforschung oder Ausbeutung (von Naturschätzen) in Indígena- Territorien eine vorherige Abstimmung mit den betroffenen Völkern und Gemeinden erfolgen muß. Bevor die Erlaubnis erteilt wird, werden Untersuchungen über den wirtschaftlichen, sozialen und kulturellen Einfluß auf die Völker und Gemeinden durchgeführt. Die Erlaubnis wird nicht erteilt, ausgesetzt oder widerrufen, wenn die Völker oder Gemeinden geschädigt werden könnten oder geschädigt werden.
Die erwähnten Abkommen sind wichtig für die Indígena-Völker. Aber für uns ist klar, daß es gerade mal zwei Dekrete sind, die die Liste der Regelungen verlängern können, die unsere Rechte anerkennen und schützen, die aber nicht angewendet werden. Dennoch werden wir mit unserer Präsenz, Organisation, Aktivität undMobilisierung dafür arbeiten, daß sie unserer Sache dienen, insbesondere der Verteidigung unserer Leben, Territorien und Kulturen. Doch es bleiben verschiedene Dinge anhängig.
Perspektiven der Indígena-Völker
Wir wissen heute, daß das Haupthindernis für die Ausübung unserer Rechte das Interesse der transnationalen Konzerne in den Bereichen Öl, Gas, Mineralien und Biotechnologie ist. Die Regierung ist mit ihnen verbündet, damit sie frei in unsere Territorien kommen können, um die Ressourcen zu plündern, die dort vorhanden sind. Darum war es so schwierig, mit der Regierung einige einfache Dekrete zu verhandeln, die allein die Mechanismen zum Inhalt haben, wie unsere verfassungsmäßigen und gesetzlichen Rechte wirklich angewendet werden können. Darum bleibt uns Indígena- Völkern und -Organisationen die Aufgabe, wachsam zu sein, um die Gültigkeit und Erfüllung der Abkommen zu erreichen. Denn bezüglich unserer Territorien gibt es viele Interessen, deren Vertreter*innen wie bisher versuchen werden, uns mit dem Ziel zu spalten, unsere Organisationen zu schwächen und so eine landesweit vernehmbare Verteidigung unserer Rechte, die unser Leben bedeuten, zu verhindern.
Die landesweite Organisation muß garantieren, daß die geschaffenen Kommissionen zusammen kommen und ihre Mission erfüllen. Die Aufgabe wird nicht einfach sein aber wir müssen mit der Hilfe aller Indígena-Gemeinden und -Organisationen, der Nicht- Regierungsorganisationen und der übrigen sozialen Gruppen weiterkommen, die uns während der nationalen Mobilisierung und bei anderen Gelegenheiten unterstützt haben. Genauso müssen wir ein großes Bündnis mit allen Kolumbianer*innen, den indigenen, sozialen und Menschenrechtsorganisationen, den Bäuer*innen und Industrie- Arbeiter*innen bilden, damit wir zusammen unsere Naturressourcen und die nationale Souveränität verteidigen. In Zeiten der Globalisierung der Wirtschaft und des Neoliberalismus befinden sich diese in großer Gefahr. (Text von der POONAL-Redaktion gekürzt)
Neue Guerilla
(Mexiko-Stadt, 8. Oktober 1996, POONAL).- In Kolumbien ist nach Angaben der offiziellen Streitkräfte eine neue Guerillabewegung mit dem Namen Revolutionäre Armee des Volkes (ERP) aufgetaucht. Sie soll in den Provinzen Bolívar und Sucre mit einer Stärke von etwa 350 Mann operieren und eine Abspaltung der Nationalen Befreiungsarmee (ELN) sein. Von neutraler Seite ist die Existenz der ERP bisher noch nicht bestätigt worden. Die Revolutionären Streitkräfte Kolumbiens (FARC), die stärkste im Land aktiven Guerillagruppen, hält unterdessen immer noch 67 Soldaten in ihren Händen, die sie bei einer Überraschungsoffensive im August gefangennahm. Die Übergabe der Gefangenen ist nach den Angaben der FARC bisher gescheitert, weil die Bundesarmee nicht bereit sei, sich aus einer breiten Zone in der Provinz Caquetá zurückzuziehen. Aus mehreren Regionen Kolumbiens wurden in den letzten Tagen wieder Gefechte zwischen Guerilla-Einheiten und den offiziellenMilitärs gemeldet.
BOLIVIEN
Agrargesetz verabschiedet
(Mexiko-Stadt, 12. Oktober 1996, POONAL).- Nach neuntägiger Debatte verabschiedeten die Abgeordneten der Regierungsmehrheit die umstrittene Neufassung des Agrargesetzes. Während die Regierung von einem „ausgeglichenem“ Gesetz spricht, wird es von fast allen anderen gesellschaftlichen Gruppen kritisiert. Die Opposition und sogar einige Regierungsabgeordnete nahmen aus Protest gegen die ständigen Änderungen im Gesetzestext nicht an der Abstimmung teil. Die Unternehmer*innen beschwören die Gefahr von Enteignungen, um Land an Campesinos zu vergeben. Evo Morales, der Anführer der Koka anpflanzenden Kleinbäuer*innen dagegen sieht in dem Gesetz eine „offenkundige Begünstigung des Privatunternehmertums und des Großgrundbesitzes“. Eine Textpassage untersagt den Campesinos ausdrücklich das Recht auf Landbesetzungen. Zahlreiche Campesinos hatten nach Fußmärschen von mehreren hundert Kilometern in den vergangenen zwei Wochen in der Hauptstadt La Paz für ihre Landrechte protestiert. Das neue Agrargesetz enthält vor allem kaum Regelungen, die den schon Jahre währenden Konflikt zwischen Regierung und Koka-Bäuer*innen entschärfen könnten. Nur die Indígena-Völker des bolivianischen Amazonasgebietes zeigten sich zufrieden. Ihnen bewilligte die Regierung Eigentumstitel für Gemeindeland.
MERCOSUR
Gewerkschaften üben Schulterschluß
(Mexiko-Stadt, 12. Oktober 1996, POONAL).- Die Gewerkschaftszentralen von Argentinien, Brasilien, Uruguay und Paraguay haben in Sao Paulo einen gemeinsamen Plan gegen die wirtschaftliche Globalisierung, die Arbeitslosigkeit und die niedrigen Löhne in der Region angekündigt. Sie erklärten, im kommenden Jahr könnte es den ersten übergreifenden Generalstreik in den Ländern des Gemeinsamen Marktes des Südens (Mercosur) geben. Kurzfristiges Ziel sind nach den Angaben der Koordination der Gewerkschaftszentralen des Südgürtels Protestaktionen während des Treffens der Mercosur-Staatschefs am 17. Dezember in der brasilianischen Stadt Fortaleza. Die Gewerkschaften rechnen mit der Unterstützung ihrer Kolleg*innen aus Chile und Bolivien. „Der Mercosur muß für die Völker sein, die Gesellschaft hat das Recht, seinen Weg zu beeinflussen“, äußerte Francisco Gutiérrez von der argentinischen CGT.
MEXIKO
PRI verliert in Guerrero an Boden
(Mexiko-Stadt, 13. Oktober 1996, POONAL).- Eine Woche nach den Gemeinde- und Parlamentswahlen im Bundesstaat Guerrero stehen die Endergebnisse so gut wie fest. Obwohl die regierende Revolutionäre Institutionelle Partei (PRI) mit fast 50 Prozent der Stimmendeutlich an erster Stelle lag, wurde der Ausgang als Überraschung gewertet. Die linksoppositionelle Partei der Demokratischen Revolution (PRD) konnte mit 37 Prozent ein Ergebnis erzielen, das ihr nach enttäuschenden Ergebnissen bei ähnlichen Wahlen in den vergangenen Monaten kaum jemand zutraute. Der neue Parteivorsitzende Manuel López Obrador könnte eine Trendwende in der WählerInnengunst bewirkt haben. Mit der Mehrheit in 19 Rathäusern regiert die PRD zukünftig mehr als dreimal soviele Gemeinden in Guerrero wie bisher. Für die PRI kommt das Ergebnis angesichts der speziellen Situation in dem Bundesstaat, der über Jahrzehnte hinweg fast als Besitzstand der Familien Figueroa und Massieu angesehen wurde, trotz der satten Mehrheit im Parlament einer kleinen Katastrophe gleich. Ebenso mußte die rechtskonservative Partei der Nationalen Aktion (PAN), die sich in Umfragen vor der PRD sah, mit nur gut 8 Prozent Stimmenanteil einen herben Rückschlag hinnehmen. Die Wahl selbst verlief äußert ruhig – eine weitere Überraschung. Die Guerilla der Revolutionären Volksarmee (EPR) hatte im Vorfeld der Wahlen angekündigt, keine Aktionen zu unternehmen. Das Gesamtergebnis des 6. Oktober wird allerdings durch die Wahlenthaltung von 60 Prozent relativiert.
Konjunktur für die Zapatisten
(Mexiko-Stadt, 14. Oktober 1996, POONAL).- Am Mittwoch, 16. Oktober, machen die Zapatistische Armee der Nationalen Befreiung (EZLN) und die Vermittlungskommission des mexikanischen Parlaments in San Cristóbal einen erneuten Versuch, den ausgesetzten Verhandlungen zwischen Rebellen und Regierung neues Leben einzuhauchen. Die Zapatisten brachen die Gespräche Anfang September einseitig ab, weil sie jegliche Hoffnung auf substantielle Fortschritte verloren hatten. Jetzt werden die Chancen auf einen Neubeginn nicht so schlecht eingeschätzt. Die Haltung der Regierung in den vergangenen Tagen deutet auf eine größere Flexibilität hin. Der klarste Hinweis ist die Anwesenheit von Comandante Ramona in Mexiko-Stadt seit vergangenem Freitag. Die schwerkranke weibliche Symbolfigur der Zapatisten ist das erste Mitglied der EZLN, das ganz offiziell außerhalb des Bundesstaates Chiapas mit Sicherheitsgarantien der Regierung reisen kann. Kurz zuvor hatten die staatlichen Autoritäten noch indirekt damit gedroht, die Haftbefehle gegen die EZLN-Führung wieder in Kraft zu setzen. Kein Zapatist dürfe seine Füße außerhalb des Bundesstaates Chiapas setzen, es sei denn, zur abschließenden Unterschrift eines Friedensabkommens, lautete die Devise noch bis Mitte vergangener Woche.
Ramona kam zum Abschluß des Nationalen Indígenakongresses, zu dem die Zapatisten aufgerufen hatten, in die Hauptstadt. Am 12. Oktober war sie auf der Demonstration zum 504. Jahrestag der „Entdeckung“ Amerikas durch Kolumbus die Hauptrednerin. Vor mehreren tausend Personen erklärte sie: „Ich bin der erste von vielen Schritten, den die Zapatisten zum Hauptstadtdistrikt und zu allen Orten Mexikos hin machen“. Ihr Auftreten fand ein Echo, das bei vielen Medien die Berichterstattung über das Interkontinentale Treffen gegen Neoliberalismus und für eine menschliche Gesellschaft im Lacandonen-Urwald Anfang August übertraf. Um die Person der kaum 1,40 Meter grossen Comandante Ramona haben sich seit dem Aufstand der Zapatisten mindestens ebenso viele Geschichten gesponnen wie um den Subcomandante Marcos. Zwischendurch wurde sie mehrmals totgesagt. Ramona soll Krebs haben und leidet an Nierenversagen. Sie wird voraussichtlich längere Zeit in Mexiko-Stadt bleiben, um sich behandeln zu lassen. Derzeit wohnt sie in Räumlichkeiten des Dominikanerordens im Kulturzentrum der Autonomen Nationaluniversität. Von Seiten der Regierung sind keine Fristen für eine Rückkehr der Zapatistin nach Chiapas gesetzt worden. Für Beobachter ist die relativ tolerante Einstellung der mexikanischen Machthaber nicht unbedingt Anzeichen für einen grundsätzlichen Sinneswandel. Unter Umständen brauchen sie nur eine Atempause und bevorzugen daher augenblicklich eine Befriedungsstrategie.
GUATEMALA
MINUGUA auch nach Friedensschluß im Land
(Guatemala, 14. Oktober 1996, cerigua-POONAL).- David Stephen, der Leiter der UNO-Mission zur Internationalen Überprüfung der Menschenrechte in Guatemala (MINUGUA) hat erklärt, daß seine Institution nach dem für Dezember vorgesehenen endgültigen Friedensschluß zwischen Regierung und Guerilla weiter im Land bleiben wird. Das aktuelle Mandat der Minugua läuft Ende des Jahres aus. Sowohl guatemaltekische Regierung als auch die Revolutionäre Nationale Einheit Guatemalas (URNG) haben sich jedoch ihren Verbleib im Land ausgesprochen, damit die Mission die Erfüllung der Friedensabkommen überwachen kann.
Unterdessen gab der von der UNO entsandte Moderator der Friedensgespräche, der Franzose Jean Arnault bekannt, seine Aufgabe ende mit der Unterschrift unter das endgültige Friedensabkommen. Arnault informierte weiterhin, daß Regierung und Guerilla die Gespräche über die Wiedereingliederung der URNG in das zivile politische Leben am 16. und 17. Oktober in Mexiko weiterführen werden. Das dieses Thema abschliessende Abkommen wird nach dem bisherigen Zeitplan im November in Madrid unterschrieben werden.
Ein Jahr nach dem Massaker von Xaman
(Coban, Alta Verapaz, 9. Oktober 1996, cerigua-POONAL).- Mit Gebeten, einer religiösen Mayazeremonie und einem Protesttag gedachten die Mitglieder der Gemeinde „La Aurora 8. Oktober“ des Massakers, das vor einem Jahr in ihrem Ort von Soldaten begangen wurde und als Massaker von Xaman bekannt wurde. Damals brachte die Armee 11 Menschen aus der Gemeinde, die aus zurückgekehrten Flüchtlingen besteht, um. Trotz der Anstrengungen, die Schuldigen zu bestrafen, ist der Prozeß gegen die beteiligten Soldaten kaum voran gekommen. Die Angehörigen und Freunde klagten auf der Protestveranstaltung den schleppenden Prozeßverlauf an. Vor Gericht stehen insgesamt 26 Militärs. Die Anklage lautet auf außergerichtliche Hinrichtung von neun Erwachsenen und zwei Kindern sowie auf 24 versuchte Hinrichtungen. Es ist das erste Mal, daß solch eine Anklage vor ein guatemaltekisches Gerichtgekommen ist und das erste Mal, in dem Armeemitglieder sich vor einem zivilen Gericht verantworten müssen. Die Kläger*innen sind jedoch auf zahlreiche Hindernisse gestoßen. Beweisstücke wie Kleidungsgegenstände der Opfer verschwanden. Die Armee hält Waffen, die bei dem Massaker benutzt wurden, zurück. Im Mai dieses Jahres ordnete der später entlassene Richter Victor Hugo Jiménez die Freilassung von acht angeklagten Soldaten an. Die Tageszeitung „El Gráfico“ berichtet in ihrer Ausgabe vom 9. Oktober 1996, daß der Leutnant Camilo Lacan Chaclan, der die Militärpatrouille bei dem Massaker anführte, inzwischen wieder Truppen kommandiert – in derselben Region. Die Friedensnobelpreisträgerin Rigoberta Menchu, die in dem Fall als Nebenklägerin auftritt, erklärte: „Ich bin beschämt über die guatemaltekische Justiz.“ Der Menschenrechtsbeauftragte Jorge García Laguardia schloß sich dem Unmut über die Verzögerungen im Prozeß an. Er sprach außerdem von einem Mißbrauch des Berufungsrechtes durch die Verteidigung der Soldaten.
Angriff auf Polizeistation
(Santa Lucía Cotzumalguapa, Escuintla, 8. Oktober 1996, cerigua- POONAL).- Eine aufgebrachte Menschenmenge attackierte am 5. Oktober die Polizeistation von Santa Lucía und versuchte, sie in Brand zu stecken. Hunderte der wütenden Ortsbewohner*innen umstellten das Gebäude und verlangten von der Polizei die Herausgabe eines Mannes, der wegen sexuellen Mißbrauchs von Kindern Stunden zuvor gefangen genommen wurde. Als die Polizei sich weigerte, legten die Menschen Feuer an das Gebäude. Während der Unruhen konnten sowohl der vermutliche Sexualstraftäter sowie weitere acht Häftlinge entfliehen. Mehrere Schußwaffen der Polizei wurden entwendet. Mehr als 300 Soldaten der örtlichen Armeekaserne zerstreuten die Menge und patrouillieren nun in den Straßen. Angel Conté, der Chef der Nationalpolizei, spricht von „professionellen Agitatoren“, die hinter diesem Aufruhr und zwei ähnlichen Vorgängen stecken sollen. Bereits im März 1994 und im Februar 1996 legten wütende Einwohner*innen von Santa Lucía Feuer an die Polizeistation und versuchten, dort inhaftierte Personen zu lynchen. Der Vorfall 1994 erregte besonderes Aufsehen, weil es sich bei der vermeintlichen Kriminellen um eine US-Bürgerin handelte. Sie wurde – nach offiziellen Angaben fälschlicherweise – beschuldigt, einheimische Kinder entführt zu haben. Die Gewalt gegen Kinder hat in Guatemala immer heftige Reaktionen hervorgebracht. Die Regierung von Präsident Alvaro Arzú nutzte dies dazu, die Todesstrafe wieder einzuführen und zu vollstrecken (siehe dazu auch die folgende Nachricht; die Red.).
Todesstrafe kein Schutz für Kinder
(Guatemala-Stadt, 8. Oktober 1996, cerigua-POONAL).- Die Erschießung von zwei Männern am 13. September, die ein vierjähriges Mädchen vergewaltigt und ermordet hatten, hat nicht die von den Verfechter*innen der Todesstrafe erhoffte Wirkung gehabt. Innerhalb von 48 Stunden starben vier Minderjährige inverschiedenen Teilen des Landes einen gewaltsamen Tod. Am 7. Oktober töteten zwei Männer die dreijährige Neftaly de Jeus Rivas in einem kleinen Dorf der Provinz Santa Rosa mit Macheten. Zuvor hatten sie vergeblich versucht, die Mutter des Kleinkindes zu vergewaltigen. Am selben Tage wurde in der Provinz Izabal der Körper der siebenjährigen Mario Lucero Jacome gefunden, die ebenfalls durch Machetenhiebe ermordet wurde. Ein Motiv für diese Tat ist nicht bekannt. Am 6. Oktober tauchten in einem Vorort von Guatemala-Stadt die gefolterten Körper zweier Jungen auf.
Es handelt sich nicht um isolierte Fälle. Seit der Hinrichtung von Pedro Castillo und Roberto Girón als Strafe für den brutalen Mord an der kleinen Sonia Alvarez García sind die Nachrichten über ermordete Kinder in den Tageszeitungen des Landes alarmierend häufig. Vergewaltigung, Folter und Entführung von Kindern scheinen an der Tagesordnung zu sein. Die Verbrechen geschehen sowohl in den ländlichen Provinzen wie in der Hauptstadt und ihrer näheren Umgebung. Die neugegründete Gruppe „Verwandte und Freunde gegen Verbrechen und Kidnapping“ gab bekannt, daß die Zahl der Kindesentführungen konstant geblieben ist. Nur die Wahrscheinlichkeit, daß die Kinder nach Zahlung des Lösegeldes freigelassen würden, sei geringer geworden.
NICARAGUA
Unsichere Prognosen
(Mexiko-Stadt, 15. Oktober 1996, POONAL).- Wenige Tage vor den Präsidentschaftswahlen scheint der Ausgang des Rennens zwischen Daniel Ortega und Arnoldo Alemán ungewisser denn je. Zwar sehen die meisten Umfragen den rechtsgerichteten Ex-Bürgermeister von Managua vorn, doch auch ein Sieg des sandinistischen Ex- Präsidenten, der vor wenigen Monaten noch scheinbar aussichtslos zurücklag, wird nicht mehr ausgeschlossen. Zusätzliche Spannung entsteht durch die Tatsache, daß die Entscheidung doch schon im ersten Wahlgang fallen könnte. Da anderen Kandidat*innen kaum größere Stimmenanteile zugeschrieben werden, könnten entweder Ortega oder Alemán die erforderlichen 45 Prozent plus eine Stimme schon am Sonntag erreichen.
ARGENTINIEN
Möglichkeiten für ein neues politisches Bündnis
Von Dafne Sabanes Plou
(Buenos Aires, 11. Oktober 1996, alai-POONAL).- Die Opposition in Argentinien beginnt, sich stärker als bisher zu formieren, um der regierenden Partido Justicialista unter Präsident Carlos Menem entgegenzutreten. Menem setzt eisern eine neoliberale Wirtschaftspolitik gemäß den Wünschen des Internationalen Währungsfonds und der Weltbank durch. Doch jetzt wird im Land schon auf die Senats- und Abgeordnetenwahlen Ende 1997 geblickt. Sie werden als Stimmungsbarometer eingeschätzt, welche Chancen das Regierungsprojekt noch für die Präsidentschaftswahlen von 1999 hat. Sieben Jahre nach dem Amtsantritt der Regierung Menem sind die Anzeichen für den Niedergang der Popularität des Präsidentenund seines Wirtschaftsprojektes nicht zu übersehen. Die durchschnittlichen Imagewerte von Menem sind in den vergangenen Wochen auf 15 Prozent gefallen, so niedrig wie zu keinem Zeitpunkt zuvor. Erreicht haben dies die Arbeitslosigkeit von 17 Prozent, die Rezession mit der Schließung von 30.000 kleinen Geschäften im ganzen Land und der Bankrott kleiner und mittlerer Unternehmen aufgrund einer übermäßigen Öffnung des Marktes für ausländische Produkte und die zunehmende Armut.
Mitte Juli verlor Menem eine der Hauptfiguren seiner Regierung, den Wirtschaftsminister Domingo Cavallo. Dieser war der ideologische Mentor des Wirtschaftsprogrammes, bei dem Privatisierung und die Öffnung gegenüber transnationalen Konzernen obenan standen. Auch wenn die persönliche Beziehung zwischen beiden nicht die besten waren, so war der Minister doch ein kämpferischer, intelligenter und draufgängerischer Mann, der mit der Opposition und Kritiker*innen in den eigenen Reihen absolut geschickt umzugehen wußte. Aber der neue Minister Roque Fernández ist eher ein Technokrat mit niedrigem Profil als ein Politiker, und es ist Menem, der die Argentinier*innen von den Wohltaten einer „Anpassung der Anpassung“ überzeugen muß, die die Verhandlungen mit den internationalen Bankinstitutionen erfordern. Die Aufgabe ist alles andere als einfach. Nach dem Fehltritt vom 30. Juni, als mit Fernando de la Rúa von der oppositionellen Union Cívica Radical mit deutlichem Vorsprung an die Spitze des neuen autonomen Stadtstaates Buenos Aires gewählt wurde, kann Menem seine eigenen Reihen nicht mehr von den Vorzügen seines Programmes überzeugen. In einer im ganzen Land über Fernsehen verfolgbaren umstrittenen Rede an die eigenen ParteifühererInnenno erklärte der Präsident, daß „der Feind lauert“. Die politischen Beobachter*innen interpretieren diese Äußerung als nicht so sehr auf die Opposition gerichtet, sondern auf die Mitglieder der Partido Justicialista, die gegen weitergehende Privatisierungen und und die Staatsanpassung aufbegehren. Für das kommende Jahre sind 30.000 Entlassungen aus dem öffentlichen Dienst vorgesehen. Nicht alle Parteimitglieder wollen diesen Plänen wie bisher blind zustimmen.
Stromausfall und Generalstreik
Die Opposition begann mit einer einfachen, aber durchschlagenden Maßnahme, auf sich aufmerksam zu machen. Unión Cívica Radical und Frente para un País Solidario (FREPASO, Bündnis für ein solidarisches Land) organisierten am 12. September einen fünfminütigen „Stromausfall“, bei dem ab 20 Uhr für fünf Minuten im ganzen Land die Lichter ausgeschaltet werden sollten. Gleichzeitig sollten die Menschen ihren Protest durch Töpfeschlagen zum Ausdruck bringen. Der Erfolg der Aktion war aufsehenerregend. Der Energieverbrauch in den großen Städten ging um 70 Prozent zurück, nur die öffentlichen Laternen blieben an. Die Menschen zeigten mit ihrem friedlichen und lauten Protest, daß die Bevölkerung wichtige Änderungen in der Wirtschaftspolitik wünscht, die eine Umkehr der aktuellen Situation bewirken.
Der bedeutendste Widerspruchsakt war jedoch der 36stündige Generalstreik, den der Gewerkschaftsdachverband CGT ausrief und der von der gesamten Opposition unterstützt wurde. Die CGT zählt historisch zu den Verbündeten der Regierungspartei seit den Tagen des Peronismus. 70 Prozent der ökonomisch aktiven Bevölkerung schlossen sich dem Generalstreik an. In den Stadtzentren öffnetezwar eine Mehrheit der kleinen Geschäfte, in den Vororten hatte jedoch kaum ein Laden auf. Der Personen- und Gütertransport wurde weitgehend lahmgelegt. Es war der erste Generalstreik in sieben Jahren Menem, der so ein großes Echo fand. An der Auftaktkundgebung vor dem Sitz der Regierung an der Plaza de Mayo nahmen etwa 80.000 Menschen teil.
Trotz der sichtbaren Bedeutung der Aktionen änderte Präsident Menem seinen gewöhnlichen Tonfall nicht und äußerte sich verächtlich über die Reaktionen auf seine Regierungspolitik. Der „Stromausfall“ habe überhaupt keine Wirkung gehabt, den Generalstreik nannte er „touristischen Streik“. Um zu zeigen, daß er die Regierungszügel noch in der Hand hat, kündigte er gleich noch eine neue Flexibilisierung des Arbeitsmarktes an. Diese bedeutet nichts anderes als die totale Schutzlosigkeit der Arbeiter*innen. Als Bewunderer Südostasiens besteht der argentinische Präsident darauf, das Wirtschaftsmodell einiger dieser Länder zu adoptieren. Dabei interessiert es ihn nicht, ob die Bedingungen dafür in Argentinien gegeben sind.
Einigungsbemühungen der Opposition
Die Gespräche zwischen den wichtigsten Oppositionsparteien, der Unión Cívica Radical und der FREPASO über eine mögliche Wahlallianz 1999 haben bereits begonnen. Es ist die Rede davon, für die Senats- und Abgeordnetenwahlen im kommenden Jahr noch mit eigenen Listen anzutreten, um die Kräfte einzuschätzen und danach eine gemeinsame Wahlstrategie für den Kämpf um das Präsidentschaftsamt zu entwerfen. Eine erste Umfrage, die die in Buenos Aires erscheinende Tageszeitung „La Nación“ veröffentlichte, ergab eine Zustimmung von gut 45 Prozent der Hauptstadtbewohner*innen zu einem Parteienbündnis gegen die Regierung Menem. Ebensoviele der Befragten wünschten eine solche Allianz allerdings schon für das kommende Jahr. Für das Landesinnere liegen ähnliche Untersuchungen noch nicht vor.
Derzeit bleiben die populärsten Oppositionsfiguren Fernando de la Rúa, der neue Hauptstadtregent, und die Senatorin Graciela Fernández Meijide von der FREPASO. Meijide saß der Verfassungsversammlung vor, die die Statuten für die erste Regierung des Stadtstaates Buenos Aires entwarf. Beide Personen können schon seit längerem mit der Sympathie der Hauptstädter*innen rechnen. Bisher zeichneten sie sich bei der Ausübung ihrer politischen Tätigkeit durch Transparenz aus. Die Verfassungsversammlung, in der die beiden Oppositionsparteien zusammen die Mehrheit bildeten, war ein Versuchsfeld für ein mögliches Bündnis. Die übereinstimmenden Ansichten waren zahlreich. Das neue Status, das ohne die Einmischung von Interessencliquen zustande kam, legt die Grundlagen für eine Demokratie, die eine aktive Beteiligung der Bürger*innen fordert. Vor der Opposition liegt noch ein weiter Weg. Nach sieben Jahren, in denen Carlos Menem scheinbar nach Belieben ohne ernsthafte Gegenspieler*innen und durchsetzbare Alternativen regieren konnte, hat sie aber eine neue Qualität gewonnen.
KUBA
Teures Öl
Interview mit dem stellvertretenden Wirtschaftsminister
(Havanna, 15. Oktober 1996, prensa latina-POONAL).- Die kubanischen Wirtschaftseinrichtungen gingen bei ihren Planungen für den Energieverbrauch in diesem Jahr von Ölpreisen um die 135 Dollar pro Tonne aus. Doch in weniger als einem Monat stieg der Ölpreis auf über 175 Dollar pro Barrel und es ist noch nicht abzusehen, wie er sich weiter entwickeln wird. Für Prensa Latina sprach Eduardo Jimenez García mit dem Vizeminister für Wirtschaft und Planung, José Gonzalez Francés, über die Auswirkungen auf die kubanische Wirtschaft.
Bedeutet der Preisanstieg weniger Ölimporte als vorgesehen?
Der Gesamttreibstoffverbrauch wird den Vorausschätzungen trotz allem entsprechen. Denn das Wirtschaftswachstum wird bei etwa fünf Prozent liegen, wie wir es angenommen haben. Aber das wird zweifellos sehr viel mehr kosten.
Wieviel teurer wird es, unsere Produkte fertigzustellen?
Das liegt an der Abhängigkeit von diesem Treibstoff. Bei der Nickelproduktion erhöhen sich die Kosten beispielsweise um 10 Prozent. Entscheidend ist auch die Art des Verbrauchs: Diesel, Heizöl, Benzin, Kerosin. So haben wir einen durchschnittlichen Dieselpreis von 165 Dollar für dieses Jahr erwartet. Jetzt kostet der Barrel 206 Dollar. Im Tourismussektor werden hauptsächlich Diesel und Benzin verbraucht, deren Preise mehr als andere Ölprodukte gestiegen sind. Die Energiekosten erhöhen sich dort um 15 Prozent. Beim Nickel wird im wesentlichen Heizöl benötigt, das im Vergleich am wenigsten im Preis angestiegen ist.
Welche Auswirkungen gibt es auf die Stahlproduktion?
Sie befand sich schon mit den vorherigen Preisen in einer sehr schwierigen Lage und jetzt muß sie sich verteuern, denn Antillana (kubanisches Stahlunternehmen) hat einen sehr hohen Energieverbrauch. Andere ausländische Stahlproduzenten erhöhen automatisch ihre Preise. Aber wir können nicht im selben Ausmaß verteuern, wie das Öl gestiegen ist. Unser Unternehmen setzt sich dem Wettbewerb auf einem Markt aus, wo es Stahl mit höherer Qualität gibt und außerdem Kredite und andere Kauferleichterungen gewährt werden.
Auch wenn das so ist, werden die kubanischen Exportprodukte nicht dennoch teurer werden?
Wir können kaum die Preise so heben, daß wir den Kostenanstieg kompensieren. Diese Bewegungen werden in dem Maße möglich sein, wie unsere exportfähigen Güter dem Wettbewerb standhalten können. In vielen Fällen ist die Wettbewerbsfähigkeit nicht sehr hoch. In der Tourismusindustrie, die sich zu entwickeln beginnt, können wir die Preise nicht anheben. Das Linderungsmittel kann nur in einer größeren Effizienz gefunden werden.
Welche Konsequenzen könnten sich für die kubanische Wirtschaft ergeben, wenn die aktuellen Ölpreise bestehen blieben? Wir müssen uns darauf vorbereiten, daß die Preis hoch bleiben und auf dieser Grundlage für das kommende Jahr planen. Aber selbst so bleiben Zucker und Nickel an der Börse gehandelte Produkte, und wir müssen uns nach dem Weltmarkt richten. Beim Tabak haben wir mehr Freiheit, neue Preise festzulegen, um über den Verkauf den Kostenanstieg auszugleichen. Doch wir können nicht willkürlich handeln, um nicht die Nachfrage absacken zu lassen. Logischerweise schädigt die Situation uns sehr. Der Preis der Produkte, die wir am nötigsten brauchen, steigt, und wir sind dagegen in vielen Fällen gezwungen, unsere Produkte zu denselben oder geringfügig höheren Preisen zu verkaufen.
Wird die Zuteilung von Benzin und Kerosin verringert werden?
Die finanzielle Lage Kubas ist schwierig. Die neuen Preise für Treibstoff, der einen Großteil der Importe ausmacht, verschlimmern sie. Eine Auswirkung auf die Benzinzuteilung wird unvermeidlich sein. Dazu kommt die Tatsache, daß im Dezember die Zuckerernte beginnt. Die knappen Mittel, die für den Rest des Jahres zur Verfügung stehen, müssen im beträchtlichen Ausmaß dafür eingesetzt werden. Die Zuteilungsmöglichkeiten für andere Bereiche sind begrenzt. Es ist daher nicht möglich, eine Besserung zu erwarten. Für jedes Privatauto gibt es abhängig vom Wagentyp in bestimmten Monaten Benzinzuteilungen. In diesem Jahr ist nur viermal Benzin zugeteilt worden. Ich kann nicht versichern, daß für die verbleibenden Monate noch eine weitere Zuteilung geben wird. Was das Kerosin angeht, so wird sehr wenig ausgehändigt. 75 Prozent der kubanischen Familien kochen mit Kerosin. Vor Jahren wurde die tägliche Nachfrage mit 1.800 Tonnen kalkuliert. Für dieses Jahr hatten wir eine Zuteilung von 1.000 Tonnen vorgesehen. Aber bisher blieb es bei etwa 650 bis 700 Tonnen täglich. Zum Jahresende wird das ähnlich wie jetzt aussehen.
Wird der Preis für das gegen Devisen verkaufte Benzin steigen?
Bisher sind die Preise nicht angehoben worden. Das ist etwas, was für das kommende Jahr überdacht werden muß.
Es gibt die Befürchtung, daß die erhöhten Ölpreise mehr Stromausfälle mit sich bringen.
In den vorhergehenden Jahren waren die Stromausfälle hauptsächlich den geringen Mitteln für die Instandhaltung der Stromwerke zu verdanken. Das drückte die Produktion. Es gab aber auch Momente, in denen es an Öl fehlte. 1994 lag die Stromproduktion bei 40 Prozent der möglichen Kapazität. Heute beträgt sie 60 Prozent, da mehr Mittel für die Instandhaltung bereitgestellt wurden. Im Rahmen der Ölimporte ist dem Brennstoff für die Stromerzeugung Vorrang eingeräumt worden.
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