Deutsche Ausgabe des wöchentlichen Pressedienstes lateinamerikanischer Agenturen Nr. 279 vom 27. Februar 1997

Inhalt


MEXIKO

ARGENTINIEN

EL SALVADOR

HAITI/DOMINIKANISCHE REPUBLIK

BOLIVIEN/PERU

KOLUMBIEN

KUBA

GUYANA

URUGUAY

GUATEMALA

HONDURAS/LATEINAMERIKA

NICARAGUA

BOLIVIEN

ECUADOR


MEXIKO

Drogenkorruption bringt Ärger mit den USA

(Mexiko-Stadt, 26. Februar 1997, Poonal).- Einen der „traurigsten Momente, die ich als Präsident der Republik erlebt“ habe, nannte Mexikos Staatschef Ernesto Zedillo vor wenigen Tagen die Verhaftung des obersten Drogenbekämpfers des Landes. Von der persönlichen Befindlichkeit des Präsidenten abgesehen, erlebt die mexikanische Regierung sicherlich einen der schwierigsten außenpolitischen Momente der vergangenen Monate. General Jesús Gutiérrez Rebollo, jetzt wegen des „begründeten Verdachtes“ auf Zusammenarbeit mit dem Drogenkartell der mexikanischen Grenzstadt Juárez in einem Hochsicherheitsgefängnis, war erst im Dezember 1996 mit der Zustimmung von Zedillo zum Chef der Nationalen Drogenbekämpfungsbehörde (INCD) ernannt worden. Statt den Drogenhandel unnachgiebig zu bekämpfen, ließ er sich den bisherigen Informationen nach wohl schon seit geraumer Zeit vom „Herrn der Himmel“ kaufen. Dieser heißt mit bürgerlichem Namen Amado Carillo Fuentes und beherrscht auf Erden das erwähnte Kartell von Juárez. Die USA möchten seiner seit längerem habhaft werden.

Nun hat der Drogenskandal das Verhältnis Mexikos zu seinem nördlichen Nachbarn gerade in den Tagen nachhaltig gestört, in denen die Clinton-Regierung über eine Art Drogendiplom für 32 Länder entscheidet, darunter Mexiko. Die Vergabe dieses Zertifikats von US-Gnaden bescheinigt dem jeweiligen Land wirkungsvolle Anstrengungen zur Drogenbekämpfung und eine bereitwillige Zusammenarbeit mit den USA. Wer das Diplom nicht erhält, muß wie in der Vergangenheit Kolumbien mit Kreditkürzungen und Handelsbeschränkungen durch die USA rechnen. US-Präsident Clinton ist per Gesetz verpflichtet, die Entscheidung spätestens am 1. März bekanntzugeben. Angesichts des Nordamerikanischen Freihandelsabkommens (NAFTA) und den vielfältigen Beteuerungen freundschaftlicher Beziehungen war an dem Zertifikat für Mexiko bis vor wenigen Tagen kein Zweifel geäußert worden. Zuletzt verstärkte sich in den USA der Druck einflußreicher Kongreßabgeordneter von Republikanern und Demokraten auf die Regierung, das Drogendiplom nicht an Mexiko zu vergeben. Der mexikanische Außenminister Gurría nannte diesen Fall bereits vorsorglich eine „Ohrfeige“. Andererseits äußerte US- Außenministerin Albright, es läge im „nationalen Interesse“ der USA, eine Kompromißlösung zu finden.

Die mögliche Zusammenarbeit von mexikanischen Drogenbekämpfer*innen und Drogenhändler*innen gefährdet auch die Arbeit der Agenten der US-Drogenbekämpfungsbehörde DEA, die im Norden Mexikos tätig sind. Wenn die Vorwürfe gegen General Gutiérrez stimmen, dürfte der Herr der Himmel über ihre Tarnung informiert sein. Die für Mexiko peinliche Situation wird von den USA für den Versuch stärkerer Einflußnahme genutzt. Von der nordamerikanischen Presse erhobene Vorwürfe, die die Familie des ehemaligen Präsidenten Carlos Salinas sowie die amtierenden Gouverneure der Bundesstaaten Sonora und Morelos mit Drogengeschäften in Verbindung bringen, sind dabei weitere Munition. Ein offizieller Forderungskatalog der USA wird bisher dementiert. Es ist aber kein Geheimnis, daß sie bestimmte Wünsche haben. So möchten sie unter anderem ihr Kontingent der derzeit in Mexiko operierenden 38 oder 39 Agenten zur Drogenbekämpfung erhöhen. Die Agenten sollen Waffen tragen dürfen und Diplomatenstatus genießen. Ebenso sind die USA an einer noch bereitwilligeren Auslieferungspraxis vonseiten Mexikos interessiert. Und sie wollen das Land zum Eintritt in eine multinationale Kraft zur Drogenbekämpfung bewegen.

Gegen all dies hat sich Mexiko bisher mit dem Hinweis auf seine Souveränität gesträubt. Dieser Widerstand ist durch die jüngsten Ereignisse in eine schwächere Position geraten. Die mexikanischen Autoritäten suchen ihre Verteidigung in der Flucht nach vorne. In der INCD gibt es weitere Verhaftungen, 36 Mitarbeiter des Generals Gutiérrez wurden entlassen. Auf unteren Ebenen haben Bundesstaatsregierungen mehrere hundert Polizisten gefeuert, die zum großen Teil in der Drogenbekämpfung eingesetzt waren. Der Bundesstaatsanwalt Jorge Madrazo gibt zu, daß sich das gesamte Justizsystem niemals in einer so schweren Krise befand. Präsident Zedillo kündigt an, die Korruption werde zukünftig „ohne Wankelmut“ bekämpft werden. Ob dies die USA zufriedenstellt, ist zweifelhaft. Möglicherweise wird Bill Clinton von seinem ersten Staatsbesuch in Mexiko am 11. und 12. April Vereinbarungen mitbringen, gegen die sich die Mexikaner lange gesträubt haben.

ARGENTINIEN

Schweigeminute für Cabezas

(Buenos Aires, 24. Februar 1997, pulsar-Poonal).- Die Vereinigung der Pressemitarbeiter*innen von Buenos Aires (UTBA) und die Vereinigung der argentinischen Bildreporter*innen (AGRA) riefen zu einer landesweiten Schweigeminute auf, um die Abscheu gegenüber dem Verbrechen an José Luis Cabezas auszudrücken. Seine Ermordung geschah vor einem Monat, ohne daß der Fall bisher aufgeklärt wurde. Unter dem Motto „Vergeßt Cabezas nicht“ verlangen die argentinischen Bürger*innen eine gründliche Untersuchung in einem von 700 ungelösten Fällen von Angriffen gegen die Presse.

Entlassungfonds

(Bünos Aires, 25. Februar 1996, pulsar-Poonal).- Die argentinische Regierung setzte den sogenannten Fonds für Arbeitsumwandlung offiziell ein. Der Fonds ist ein Instrument, daß die Entlassung oder Versetzung von mehr als 20.000 staatlichen Beschäftigten innerhalb eines Jahres verwalten soll. Im Rahmen des als zweiter Staatsreform bezeichneten Programmes haben die verschiedenen öffentlichen Behörden die Möglichkeit, dem Fonds die Listen von Arbeiter*innen zu präsentieren, die sie als entbehrlich ansehen. Die genauen Regelungen legten Wirtschaftsminister Roque Fernández und Arbeitsminister José Armando Caro Figueroa in einer gemeinsamen Resolution fest. Darin ist vorgesehen, daß die Behörden dem Fonds die Entlassungslisten innerhalb von fünf Tagen vorlegen müssen. Sind die staatlichen Beschäftigten auf diesen Listen vermerkt, haben sie kein Recht mehr, an ihren Arbeitsplatz zu gehen und hängen vom Fonds ab. Die Regierung wird in dieses Programm zur Staatsverkleinerung 550 Millionen Dollar investieren, um die Entlassenen zu bezahlen. Diese haben die entfernte Möglichkeit, an eine andere Stelle versetzt zu werden. Aber alle erhalten Kurse, wie sie das erhaltene Geld in Kleinunternehmen investieren und es verwalten können. Ein sehr ähnliches Verfahren, aber in kleinerem Maßstab fand unter dem Namen „Kündigungskauf“ Anwendung in Ecuador. Heute sind die davon betroffenen Ecuadoreaner*innen in ihrer Mehrheit mittellos.

EL SALVADOR

FMLN wehrt sich

(San Salvador, 23. Februar 1997, pulsar-Poonal).- Die ehemalige salvadoreanische Guerilla dementiert Beschuldigungen, sie verkaufe Waffen an lateinamerikanische Aufständische. Sie klagte im Gegenzug die Regierungspartei ARENA an, eine Verleumdungskampagne gegen die Nationale Befreiungsfront Farabundi Marti (FMLN) zu beginnen, um deren Sieg bei den Kommunal- und Parlamentswahlen am 16. März zu verhindern (die Meinungsinstitute sehen die Ex- Guerilla auch nach einer dritten landesweiten Umfrage in der WählerInnengunst vorn; die Red.). ARENA-Politiker*innen behaupten, die FMLN habe sich durch Waffenverkäufe an die Zapatistische Armee der Nationalen Befreiung (EZLN) in Mexiko und die Revolutionäre Bewegung Tupac Amaru (MRTA) Gelder für ihre Wahlkampagne besorgt.

HAITI/DOMINIKANISCHE REPUBLIK

Streit um Deportation hatianischer ArbeiterInnen

(Port-au-Prince, 23. Februar 1997, pulsar-Poonal).- Die Behörden der Dominikanischen Republik wollen erneut mit Massenausweisungen haitianischer Bürger*innen beginnen, die sich ohne legalisierte Dokumente in ihrem Land befinden. Nach einer Regierungsentscheidung sollen täglich 600 Haitianer*innen deportiert werden. Gespräche zwischen dem haitianischen Außenminister Fritz Longchamps und dem dominikanischen Botschafter Eladio Knipping über das Problem erbrachten nicht die erhoffte Einigung. Guy Alexandre, der haitianische Botschafter in der Dominikanischen Republik forderte seine Regierung auf, angesichts der Form, in der ihre Bürger*innen nach Haiti zurückgeschickt würden, aktiv zu werden. Oft werden die Haitianer*innen im Nachbarland auf der Straße verhaftet und es wird ihnen nicht erlaubt, irgendwelchen persönlichen Besitz mitzunehmen. Stattdessen werden sie sofort zur Grenze gebracht. Von Dezember 1996 bis Mitte Februar dieses Jahres deportierte die Dominikanische Republik 14.000 Haitianer*innen. Darunter waren auch Personen mit einer legalen Aufenthaltsgenehmigung.

BOLIVIEN/PERU

Auswirkungen der Geiselkrise

(La Paz, 20. Februar 1997, pulsar-Poonal).- Zum ersten Mal seit dem Beginn der Besetzung der japanischen Botschaft in Peru durch ein Kommando der Revolutionären Bewegung Tupac Amaru (MRTA) hat die bolivianische Regierung offiziell zugegeben, daß die Guerilla einen Gefangenenaustausch vorgeschlagen hat. Im Gegenzug für die Freiheit des festgehaltenen bolivianischen Botschafters Jorge Gamuccio verlangt die MRTA die Freilassung ihrer vier in Bolivien inhaftierten Mitglieder. Ein Funktionär des Außenministeriums des Andenlandes erklärte nun, daß diese Forderung zu Anfang der Botschaftsbesetzung gestellt wurde. Er drückte die Besorgnis der Regierung über den psychologischen Zustand von Gamuccio aus. Der Botschafter leidet zudem an Diabetes und Bluthochdruck. Dennoch lehnt Bolivien zumindest offiziell die von der MRTA vorgeschlagene Vereinbarung ab. Deren vier inhaftierte Mitglieder wurden im Rahmen der Untersuchungen über die Entführung des Unternehmers Samuel Doria Medina festgenommen.

KOLUMBIEN

Beinahe 8000 Morde im Departement Antioquia in 1996

(Bogotá, Februar 1997, ac-POONAL).- Im Departement Antioquia wurden im vergangenen Jahr 7 898 Menschen ermordet. Dies geht aus einem Bericht des „Volksbildungsinstitut IPC“ in Medellín hervor. Der Bericht trägt den Titel: „Gewalt und Menschenrechte in Antioquia 1996; Analyse und Empfehlungen“. Allein in Medellín wurden dem IPC zufolge beinahe 5000 Menschen ermordert, die Bananenanbauregion Urabá wurden 1177 Morden im Jahr 1996 registriert. „Die politische Gewalt ist weiterhin die Hauptursache für die Morde“, heißt es in dem Bericht. „Es steht fest, daß acht Aktivist*innen der Union Patriotica UP, zwölf Milizionäre der FARC, ein Polizeiinspektor, zwei Lehrer, 17 Mitglieder der Bewegung 'Hoffnung, Frieden und Freiheit', ein Soldat, ein liberaler Stadtabgeordneter, eine indigene Führungsperson und ein Verwalter eines Landwirtschaftsbetriebes ermordet wurden.“ Im Bericht werden 36 Massaker mit insgesamt 255 Toten aufgeführt. Auch der interne bewaffnete Konflikt verschärfte sich: „1995 wurden 328 bewaffnete Aktionen, 1996 dagegen 345 vom IPC registriert. (…) Das wichtigste Faktum für das Jahr 1996 ist jedoch die signifikante Präsenz und Ausweitung der illegalen parastaatlichen bewaffneten Organisationen, insbesondere der 'Selbstverteidigungsorganisation von Córdoba und Urabá – ACCU'. Diese paramilitärische Organisation ist in fast allen Regionen Antioquias und selbst auf dem Stadtgbiet in Medellin präsent und entwickelte ähnliche Taktiken wie die Guerilla.“ Nach Aussagen der Menschenrechtsorganisationen Antioquias hat sich die Menschenrechtslage 1996 durch die Bildung der 'ländlichen Sicherheitskooperativen CONVIVIR' verschlechtert. In Antioquia sind offiziell 58 CONVIVIR registriert und 112 Gesuche sind in Bearbeitung. Die Gefahr von Machtmißbrauch durch die CONVIVIR ist evident; so nehmen sie z.B. gemeinsam mit der Armee an Aufstandsbekämpfungsaktionen teil. Professoren der „Universität Antioquia“ bestätigten die Präsenz der ACCU in dieser Ausbildungsstätte, aus der 1996 die Schwester eines Guerillaführers entführt wurde. Im Bericht werden 99 Fälle gewaltsamen „Verschwindenlassens“ von Personen aufgeführt. 21 Personen wurden später ermordet aufgefunden, 6 tauchten lebend wieder auf und 72 sind weiterhin „verschwunden“. Die Praxis des „Verschwindenlassens“ kam am häufigsten in den Gemeinden Mutatá, Carmen de Viboral und San Roque vor, mit je 24, 16 und 12 Fällen. Viele Familien sind aus der Gemeinde San Roque geflohen, nachdem sie Todesdrohungen erhalten haben. In den Orten Nutibarra und Murrí in der Gemeinde Frontino wurden rund 1000 Bauern und Bäuerinnen und 2000 Indígenas durch die ACCU unter Todesdrohungen zum Verlassen ihrer Orte gezwungen.

Menschenrechtslage im Chocó Hilfs- und humanitäre Organisationen haben Notprogramme gestartet, um den durch die Präsenz der ACCU aus dem Norden des Chocó Vertriebenen zu Hilfe zu kommen. Oberst Paulino Coronado, zuständiger Kommandant der Luftwaffe im Chocó, meinte demgegenüber: „Es gibt kein Wiederaufkommen der 'Selbstverteidigungsgruppen'. (…) Tatsache ist, daß es in der Region des San Juan-Flusses ruhig ist und seit August ebenso in der Region des Alto Baudó-Flusses. Die Bevölkerung dankt uns. Dies ist sehr befriedigend.“ Auch General Rito Alejo del Río, Kommandant der 17. Brigade in Urabá, behauptet, die Lage habe sich entspannt, Investoren kämen zurück in die Region: „Im Jahr 1996 besuchten 79 von insgesamt 120 Eigentümern von Bananenplantagen Urabá. 1995 machten dies nur 22 Eigentümer. Zudem ist die Produktivität pro Hektar gestiegen.“ Gloria Cuartas, Bürgermeisterin von Apartadó, dagegen befürchtet weitere Eskalationen. Es gebe „jetzt einen selektiven Plan für Ermordungen“, äußerte sie, die Hauptbetroffenen seien die Bewohner*innen von Stadtvierteln sind, in denen die UP Einfluß habe. So wurden z.B. allein im Januar 1997 in diesen Stadtteilen 48 Morde registriert.

„Sicherheitskooperativen“ CONVIVIR entziehen sich staatlicher Kontrolle

Am 14. Februar 1997 wurde ein wichtiges Forum zur Menschenrechtslage in ländlichen Gebieten abgehalten. Der neue Verteidigungsminister Guillermo Alberto González und die Landwirtschaftsministerin Cecilia López wiesen übereinstimmend auf die Gefahr der „ländlichen Sicherheitskooperativen CONVIVIR“ hin, da sich diese der staatlichen Kontrolle entziehen könnten. Der Präsident des Landwirtschaftsverbandes SAC betonte die Notwendigkeit, die Situation auf dem Land zu verbessern, da „die industrialisierten Nationen bei ihren Handelsbeziehungen die Einhaltung der Menschenrechte mitberücksichtigen könnten“. Als Resultat des Forums wurde eine „Nationale Menschenrechtskommission für den ruralen Bereich“ geschaffen, der soziale -, indigene -, Bauern- und staatliche Organisationen angehören, die gemeinsam Auswege aus der schwierigen Situation suchen wollen.

Heftige Gefechte im Departement Cundinamarca

(Bogotá, 21. Februar 1997, ac-POONAL).- 16 Soldaten starben bei Gefechten zwischen der Armee und der Guerillaorganisation FARC. in San Juanito, zwei Autostunden von Bogotá entfernt an der Straße nach Villavicencio. Einheiten der FARC hatten eine mobile Armeebrigade angegriffen. Nach Aussagen des Armeechefs Manuel José Bonnet haben sich die Truppen nicht aus dem Gebiet zurückgezogen, sie behaupteten vielmehr die Kontrolle über die Region, die nach Bonnet ein strategisch wichtiger Korridor des Führungsstabs der FARC sei. Die Armee bombardierte mehrere Dörfer, was zur Vetreibung von 300 Familien nach Villavicencio führte. Obwohl die Informationen über die Ereignisse unvollständig sind, wurde von offizieller Seite von 16 getöteten Soldaten gesprochen.

Lebenszeichen der gefangenen Soldaten Am 6. Februar erhielten die Mütter der seit dem Überfall auf die Militärstation Las Delicias gefangenen Soldaten Lebenszeichen von ihren Söhnen: handgeschriebene Briefe von jedem einzelnen. Dies wurde zu einem Zeichen der Hoffnung und zu einem Faktor zur Wiederaufnahme von Gesprächen über eine mögliche Freilassung der von der FARC gefangengehaltenen 70 Soldaten – davon 60 Soldaten der Basis Las Delicias und 10 kürzlich im Chocó gefangengenommene Marinesoldaten. In den Briefen schreiben die Soldaten, daß sie gut behandelt würden. Verschiedene von ihnen drücken die Angst aus, bei ihrer Rückkehr vor Militärgerichte gestellt zu werden. Sie dankten den Müttern für die Bemühungen um ihre Freilassung und äußerten die Hoffnung, daß die Regierung bereit sei, ein Abkommen über ihre Freilassung abzuschließen. Der Verteidiger José Fernando Castro zweifelte Echtheit des Videobandes an, welche General Harold Bedoya als Lebenszeichen der Soldaten der Öffentlichkeit präsentiert hatte und angeblich bei einer Aktion gegen die FARC erbeutet worden sei. In Wirklichkeit sei diese Videoaufzeichnung bei früheren Übungen vor dem Angriff auf Las Delicias gemacht worden. General Harold Bedoya dementierte die Beschuldigungen des Anwalts heftig.

Streik beendet, Regierung akzeptiert Lohnerhöhungen

(Bogotá, 20. Februar 1997, ac-POONAL).- Regierung und Gewerkschaften haben sich auf eine Lohnerhöhung von 17 Prozent geeinigt und damit den einwöchigen Streik von rund 800 000 Arbeiter*innen im ganzen Land beendet. Die Lohnabkommen bedeuten für den Staat zusätzliche Ausgaben in Höhe von 115 Mio. US-Dollar.

Am Montag, den 17. Februar 1997 haben die streikenden Staatsangestellten und die Regierung in zentralen Fragen eine Einigung erzielt. Die wichtigsten Punkte des Kompromisses sind: Lohnerhöhung um 17 Prozent; Einreichung eines Gesetzesprojektes, das die Aushandlung von Gesamtarbeitsverträgen für Staatsangestellte und die Einreichung von Forderungskatalogen regeln soll; die Regierung verpflichtet sich zur Ausarbeitung eines Gesetzesvorschlages, mit dem von der Sonderjustiz angeklagten Führungspersonen sozialer Organisationen ein fairer Prozess garantiert werden soll. Die Gewerkschaften verfolgten mit dem Streik auch politische Ziele, so den Stopp der Privatisierungen und die Entkriminalisierung des sozialen Protests. Am Streik, der am 11. Februar begann, beteiligten sich rund 800'000 Angestellte u.a. von Ecopetrol, Lehrer*innen, Beamte der Kontrollbehörden, der staatlichen Berufsausbildung, der Landbank, des Fernmeldeunternehmens Telecom. Der Streik legte das gesamte Land lahm. Der öffentliche Transport kam zum Erliegen, Universitäten und Schulen blieben geschlossen. In den wichtigsten Städten des Landes führten die Arbeiter*innen Protestkundgebungen durch. In Bogotà füllten sie den Bolívar-Platz, wobei es zu vereinzelten Zusammenstößen mit der Polizei kam, die jedoch die Kundgebungen kaum beeinträchtigten. Am 13. Februar wurde eine Kundgebung auf dem Bolívar-Platz durchgeführt, die noch besser besucht war. Nachdem die Gewerkschaften den Arbeitsminister Orlando Obregón, der früher Präsident der Einheitsgewerkschaft CUT gewesen war, als Verhandlungsführer abgelehnt hatten, übernahmen Innenminister Serpa und Finanzminister José Antonio Ocampo die Verhandlungen. Die Lohnverhandlungen gestalteten sich äußerst schwierig. Die Regierung bot die einmalige Zahlung von 500 000 Pesos (500 US$) und eine Lohnerhöhung von 13 Prozent an. Die Gewerkschaften dagegen forderten eine der Teuerung angepaßte Lohnerhöhung. Die Regierung stellte sich lange Zeit stur mit dem Hinweis, angesichts der wirtschaftlichen Schwierigkeiten sei der finanzielle Spielraum ausgeschöpft. Schließlich stimmte sie doch einer 17prozentigen Lohnerhöhung zu, die Mehrausgaben von 115 Millionen US-Dollar bedeuten werden. Im Gegenzug kündigte sie die Kürzung sozialer Investitionen an.

Nur die LehrerInnengewerkschaft FECODE verhandelte über einmalige Zahlungen. Dies führte zu scharfen Zusammenstößen zwischen den Führungsleuten von FECODE und einigen departementalen LehrerInnenverbänden, welche dieses Abkommen als sehr nachteilig beurteilten. Die Gewerkschaft von TELECOM erreichte ein Abkommen, in dem die Nicht-Privatisierung garantiert wird, es wurde aber vereinbart, daß sich TELECOM der internationalen Konkurrenz öffnen muß. Mit der staatlichen Erdölgesellschaft ECOPETROL wurde ein Teilabkommen erreicht. Die Regierung verpflichtete sich, Ecogas nicht zu privatisieren. Die Lohnverhandlungen in diesem Bereich laufen noch. Der Direktor von ECOPETROL drohte mit der Militarisierung der Raffinierien, falls die Arbeit nicht wiederaufgenommen werde.

Debatte über wirtschaftliche Notstandsmaßnahmen

(Bogotá, 20. Februar 1997, ac-POONAL).- Vor gut einem Monat hat die kolumbianische Regierung den wirtschaftlichen Notstand ausgerufen. Die Diskussion über diese Massnahme dauert an. Das Verfassungsgericht hat sein Urteil über die Verfassungsmässigkeit der erlassenen Sonderdekrete noch nicht gefällt, doch haben sich etliche Expert*innen über die Notwendigkeit und den Sinn der Maßnahmen geäußert. Die ehemalige Co-Direktorin der Nationalbank, Maria Mercedes Cuéllar, meinte, die Maßnahmen seien unnötig und falsch gewesen, denn sie beeinflußten nicht die Ausgabenpolitik, sondern nur die Außenverschuldung. Die Regierung nutze die Verhängung des Notstandes nur dazu, bis 1998 politisch über die Runden zu kommen. Demgegenüber forderte der Direktor der Aufsichtsbehörde, Jaime Bernal Cuéllar, das Verfassungsgericht auf, die ergriffenen Maßnahmen abzusegnen, sie seien in der aktuellen Situation notwendig. Es gilt als wahrscheinlich, daß der Kongreß, der seit dem 14. Februar zu mehreren außerordentlichen Sitzungen zusammentrat, die Sonderdekrete annimmt und ihnen Gesetzescharakter verleiht. Die wichtigsten Maßnahmen sind: – Besteuerung von Außenkrediten mit einem Satz von einem bis acht Prozent. – Maßnahmen zur Eindämmung der Steuerhinterziehung, z. B. sollen die Steuer- und Zollbehörden polizeiliche Kompetenzen bekommen. – Erhöhung der Stempelgebühren von 0,5 auf 1 Prozent für öffentliche und private Dokumente. – Besteuerung des Kabelfernsehens und der von ausländischen Unternehmen angebotenen Dienstleistungen. Die Regierung sah aber von der Erhebung der Mehrwertsteuer für Werbung und Zeitungen ab. – Begrenzung der Steuervergünstigungen auf maximal 60 Prozent; heute sind 100 Prozent Steuervergünstigungen möglich. – Gesetzliche Beschränkung der Steuervergünstigungen für Investitionen in der von einem Erdrutsch heimgesuchten Region des Paéz-Flusses.

Institute erwarten höheres Wirtschaftswachstum

(Bogotá, 18. Februar, ac-POONAL).- Nach Vorhersagen des Verbands der Nationalen Finanzinstitute ANIF und dem Entwicklungsbüro Fedesarrollo wird 1997 wirtschaftlich besser ausfallen als 1996. Beide Institutionen erwarten ein Wachstum des Bruttoinlandproduktes (BIP) von 3,5 Prozent für 1997, im vergangenen Jahr war die Wirtschaft um drei Prozent gewachsen. Gründe für diesen Optimismus sind die Senkung der Zinssätze, der Aufschwung im Nachbarland Venezuela und die dadurch gestiegene Nachfrage nach kolumbianischen Produkten, der zunehmende Export von Erdölprodukten und der sogenannte Mini-Kaffeeboom. Tatsächlich kam es seit Beginn dieses Jahres zu zwei wichtigen internen Preiserhöhungen für Kaffee. Auch der internationale Preis hat angezogen und ist weiterhin steigend, was für die seit Jahren gebeutelten Kaffeeproduzenten ein Hoffnungszeichen bedeutet.

Der Streik im öffentlichen Dienst*

(Bogotá, 17. Februar 1997, alai-Poonal).- Wie alle Regierungen Lateinamerikas ist auch die von Ernesto Samper durch eine harte Anwendung der neoliberalen Anpassungspolitik gekennzeichnet. Während seiner Präsidentschaftskampagne stellte Samper die Radikalität des Neoliberalismus infrage, einmal an der Macht, beschleunigt er dessen Entwicklung. Seine Politik zielt auf die Verkleinerung des Staates und die Schwächung seiner sozialen und wirtschaftlichen Funktionen. Die Regierung will Lohnbegrenzungen, die Privatisierung strategischer und rentabler Staatsunternehmen sowie den Abbau der Arbeitsplätze und der Versorgung mit kollektiven staatlichen Dienstleistungen trotz des Protestes der Arbeiter*innen und der Kämpfe der Indígenas, Campesinos und Siedler*innen (pobladores) durchsetzen.

Dabei werden vom herrschenden Machtblock bestimmte Instrumente bevorzugt: die physische Vernichtung von Persönlichkeiten aus der ArbeiterInnen- und Volksbewegung und die Kriminalisierung der Proteste. Das Establishment sieht jede oppositionelle Aktivität aus diesem Bereich als terroristisch oder zerstörerisch an. Wirtschaftliche Erpressung ist ein weiteres Mittel, um die soziale Basis der Gewerkschaftsbewegung zu schwächen. Die kürzlich erfolgte Verhaftung von 20 Gewerkschaftsführern der Ölarbeiter ist nur ein Ausdruck dieser Knebelpolitik. Das Establishment weiss genau, daß mit der Ausschaltung der Köpfe der Volksbewegungen und der Zersplitterung ihrer Kämpfe der Weg für den Neoliberalismus freigemacht werden kann.

Der Staatsterrorismus hat sich zu einem Instrument der Anwendung neoliberaler Politik gewandelt. In einem Masse, daß er seine Unterdrückungsfunktionen gestärkt und ausgeweitet hat, indem beispielsweise das Budget für die Streitkräfte erhöht wurde, eine Anklagejustiz ohne Angesicht (vgl. die Poonalbeiträge zu Maßnahmen der „Terrorismusbekämpfung“ in Peru; die Red.) institutionalisiert wurde, während die sozialen und wirtschaftlichen Funktionen des Staates auf ein Minimum zugehen. Vor dem Streik der Staatsbeschäftigten gingen die Kämpfe der Arbeiter*innen isolierte, getrennte Wege, ohne die Fähigkeit, landesweite Forderungen aufzustellen. Dann, wenn die Regierung den Eindruck hatte, es könnten mehrere Konflikte zusammenkommen, entschied sie sich für die Unterdrückung gegenüber den einen und die Verhandlungen mit den anderen.

Der Aufruf zum Streik

Der Aufruf zu einem landesweiten Streik der Staatsbeschäftigten ist ein aus der Not geborenes Kind. Die gezeigte Schäche der Gewerkschaftsbewegung und die geringen Chancen, die neoliberale Politik getrennt zu neutralisieren und anzuhalten, waren die Erzeuger. Für die kolumbianische Gewerkschaftsbewegung war der Aufruf zu einer landesweiten Aktion eine Angelegenheit von Leben oder Tod. Ihr blieb keine andere Wahl. Der Rückgang des gewerkschaftlichen Organisationsgrades, mit derzeit 4,5 Prozent der Gesamtheit der Arbeiter*innen einer der geringsten in Lateinamerika, ist ein Hinweis darauf, in welchen komahaften Zustand die Staatspolitik die Gewerkschaften gebracht hatten. Die Initiative ging von den Gewerkschaftsorganisationen Fenaltrase, Fenansitrap und der Gewerkschaft der Ölarbeiter aus, die – unter anderen – die Beschäftigten des staatlichen Sektors vereinen. Auf nationalen Versammlungen wurde für den 11. Februar als Streiktag gestimmt.

Die Hauptgründe schaffte die Regierung, indem sie Lohnerhöhungen auf maximal 13 Prozent begrenzte, obwohl die Inflation 1996 mit 31 Prozent weit darüber lag. Dazu kamen die Ankündigungen, die staatlichen Strom-, Öl- und Kommunikationsunternehmen zu privatisieren sowie soziale Investitionen im Rahmen des zu Jahresanfang verkündeten Sozial- und Wirtschaftnotstandes zu kürzen. Auf die Entscheidung, mit dem landesweiten Streik der Staatsbeschäftigen voranzugehen, der die Unterstützung anderer Gewerkschaftsverbände bekam, reagierte die Regierung sofort, indem sie den Streik als terroristisch und von der Guerilla angestiftet bezeichnete. Zugleich verbreitete sie die These von der gewerkschaftlichen Irrationalität, die mit ihren maßlosen Forderungen die Krise des Landes vertiefe. In dem Versuch, den Zusammenhalt der Arbeiter*innen und ihrer Organisationen zu schwächen, nannte sie die Gewerkschaftsführer*innen, die der regierenden Liberalen Partei angehören, „opportunistisch“. Der Arbeitsminister, ein ehemaliger liberaler Gewerkschaftsfunktionär erklärte die „Unvernunft“ der von der „dunklen Hand des Terrorismus“ geführten Arbeiter*innen als Grund für die Streikankündigung. Damit wollte die Regierung den Protest politisch einkreisen und ein militärisches Vorgehen gegen ihn rechtfertigen. Gleichzeitig sollte damit einem Dialog und möglichen Vereinbarungen mit den Dachorganisationen der Arbeiter*innen eine Absage erteilt werden.

Erste Auswertung

Die erste Bilanz des Streiks bringt positive Ergebnisse für die kolumbianische Volksbewegung. Die Regierung will dies herunterspielen. In einer Anspielung noch am selben 11. Februar äußerte sich Präsident Samper in folgender Weise: „Wir werden weiter auf der Hut sein. Die Sicherheitsmaßnahmen bleiben bis zu einem neuen Befehl bestehen. Die öffentlichen Sicherheitsorgane werden weiter überwachen, um die Ruhe der Bürger*innen im ganzen Land zu garantieren.“ Der Präsident bemerkte ausserdem, an diesem Tag seien Terrorismus und Opportunismus geschlagen worden. Die produktiven Aktivitäten hätten nur in Bogotá, Medellín und Barrancabermeja eingeschränkt werden müssen. Richtig ist, daß das ganze Land völlig militärisiert wurde. Die Arbeiter*innen sahen sich Erpressungen gegenüber, im Falle der Streikteilnahme entlassen zu werden. Die Streitkräfte entwarfen einen Kriegsplan mit Durchsuchungsaktionen in Stadtvierteln, um einzuschüchtern.

Die Arbeiter*innen haben ihre eigene Einschätzung. Wilson Borja, Vorsitzender des Nationalen Dachverbandes der Arbeiter*innen im Staatsdienst (Fenaltrase) schätzt den Streik als Erfolg ein. Nur einige Arbeiter*innen wie die des Transportministeriums und der Nationalen Statistikbehörde (DANE) hätten nicht teilgenommen. Borja hob die Solidarität von nicht gewerkschaftlichen Organisationen der Gesellschaft hervor. Gewerkschaftsführer Luis Eduardo Garzón von der Einheitszentrale der Arbeiter*innen (CUT) nimmt folgendermaßen Stellung: „Wir sagten, es würde ein Streik des öffentlichen Dienstes sein und es hat so gut wie der gesamte staatliche Sektor teilgenommen. Wir sagten, er würde diszipliniert ablaufen und so war es. Die Regierung versicherte, wir seien Terroristen und wir zeigten, daß wir es nicht sind. Außerdem haben wie die Solidarität von verschiedenen Gruppen erfahren wie die des Transportgremiums. Sie haben die Arbeit nicht vollständig niedergelegt, aber teilgenommen. Wenn wir von Perspektiven sprechen, gibt es zwei Wege: Wir verhandeln eine Übereinkunft (s. Poonal 278) oder wir rufen zu einem grösseren Streik auf.“

Obwohl die Regierung alle Mittel benutzt, die positiven Seiten des Streiks nicht zu sehen, halten wir ihn für einen Schritt vorwärts im Widerstand gegen den Neoliberalismus. Er ist eine wichtige Lehre. Wenn feste Absichten und Bewusstsein sich zusammenfinden, dann ist es möglich, die übermächtig erscheinende neoliberale Politik zu durchbrechen.

*(Dieser Artikel wurde noch während des Streiks geschrieben, von dessen Ende Poonal in der Ausgabe 278 bereits kurz berichtete.)

KUBA

Zigarettenwährung

Von Elsy Fors

(Havanna, 25. Februar 1997, prensa latina-Poonal).- Der kubanische Ministerrat hat nach Erhöhungen im Mai 1994 wieder eine Preissenkung für frei verkaufte Filterzigaretten verfügt. Die bisherigen Preise von 10 Pesos und 10,50 Pesos für die zwei gehandelten Marken wurden auf 7 Pesos und 7,60 Pesos (nach dem offiziellen Wechselkurs äquivalent zum Dollar) pro Schachtel mit 20 Zigaretten gesenkt. Die 1971 eingeführte Zuteilung von Zigaretten für 2 Pesos und 2,50 Peso pro Schachtel wird beibehalten. Mit dieser Maßnahme will die Regierung die Versorgung der älteren und der schlechter verdienenden Raucher*innen garantieren. Von den zehn Millionen Kubaner*innen sind schätzungsweise vier Millionen Raucher*innen. Da aber an 7,8 Millionen Personen Zigaretten und Zigarren ein festes Kontingent zu den Niedrigpreisen verteilt wird, hat sich der Tabak für die Nichtraucher*innen in eine beachtenswerte zusätzliche Einnahmequelle durch den Weiterverkauf verwandelt. Mit dem Beginn der Wirtschaftskrise und dem Einfrieren der Löhne verringerte sich die Zahl der Raucher*innen, aber nicht die Zahl der [privat] weiterverkauften Zigaretten.

Eine Untersuchung des Zentrums für soziopolitische Studien errechnete für die Nichtraucher-Familien einen jährlichen Gewinn zwischen 37 und 57 Millionen Pesos durch den Weiterverkauf. Die Ziffer wird noch fast verdreifacht durch den Verkauf von Zigaretten, die die Konsument*innen nicht über die Quoten bekommen, sondern die ihnen von den Beschäftigten der staatlichen Läden zu deren eigenem Profit verkauft werden. Im Rahmen des Sanierungsprogrammes für die öffentlichen Finanzen Kubas spielte der Tabak eine nicht unwesentliche Rolle. Mit der Einführung des Programmes im Mai 1994 wurden unter anderem die Preise für Zigarren, Zigaretten und alkoholische Getränke deutlich erhöht. Diese faktische Steuer half, den zu hohen Währungsumlauf im Land innerhalb von zweieinhalb Jahren um fast 2,5 Milliarden Pesos zu reduzieren. Allerdings hat die Wirkung abgenommen. Während 1994 nach Angaben der Zeitung „Granma“ im Monatsdurchschnitt noch 16,8 Millionen Schachteln im freien Verkauf von den Raucher*innen nachgefragt wurden, waren es 1995 nur noch 7,3 Millionen Schachteln. Im vergangenen Jahr sank diese Zahl noch einmal auf monatlich 4,5 Schachteln im Durchschnitt. Durch die nun erfolgte Preissenkung erhofft sich die kubanische Regierung unter dem Strich höhere Steuereinnahmen.

Arbeitslosigkeit trifft Frauen und Jugendliche

(Havanna, 12. Februar 1997, pulsar-Poonal).- Der Anstieg der Arbeitsplätze nach der wirtschaftlichen Erholung 1996 hat unter den Frauen und den jungen Leuten das Problem der Arbeitslosigkeit noch nicht gelöst. Angaben des Ministeriums für Arbeit und soziale Sicherheit zeigen, daß die jungen Frauen, die 30,5 Prozent der weiblichen Arbeitskraft auf der Insel ausmachen, am meisten betroffen sind. Zugleich versichert eine Untersuchung des Studienzentrums über die Jugend (CEJ), die in den Jahren 1994 und 1995 durchgeführt wurde, daß für 71 Prozent der arbeitslosen kubanischen Jugendlichen die Arbeit keinen ökonomischen Anreiz bot. „Zuletzt belohnte der Lohn weder die Arbeit noch diente er dazu, die lebensnotwendigen Produkte zu kaufen“, unterstreicht Lidya González, Spezialistin des CEJ. Ende 1996 waren 8 Prozent der offiziell vier Millionen zählenden Erwerbsbevölkerung auf Kuba ohne Arbeit. Die Behörden hoffen jedoch, daß im Zuge der wirtschaftlichen Erholung die Arbeitsplatzzahl weiter steigt, vor allem im Privatsektor.

GUYANA

Moon-Sekte macht mobil, I

(Georgetown, 12. Februar 1997, pulsar-Poonal).- Eine Gruppe von 121 jungen Frauen, die von der Moon-Sekte geschickt wurden, mußten Guyana nach einer Regierungsentscheidung verlassen. Gegen die Anwesenheit der Frauen, in der Mehrzahl Japanerinnen, hat es starken Widerstand in der Bevölkerung gegeben. Die Sektengesandten kamen seit November vergangenen Jahres in kleinen Gruppen ins Land und gaben an, ihre Arbeit unter den Armen und Bedürftigen Guyanas durchführen zu wollen. Sie richteten sich in der Hauptstadt ein und begannen, in die Straßen auszuschwärmen. Die Dinge nahmen einen unangenehmen Verlauf für die Moon-Sekte als Dennis Saloman, ihr Repräsentant in Guyana, die Verlängerung der Aufenthaltsgenehmigung um ein Jahr für die Missionarinnen beantragte. Die staatlichen Behörden wiesen dieses Ansinnen zurück. Die Erinnerung an den kollektiven Selbstmord, den 914 Mitglieder der US-Sekte unter der Führung von Jim Jones im Jahr 1978 in Guyana begingen, ist noch frisch. Die Moon-Sekte, an deren Spitze der 76jährige koreanische Prediger Sun Myung Moon steht, wurde 1954 gegründet und kontrolliert grosse Investitionen in der Welt. In Brasilien baut die Sekte beispielsweise ein Zentrum im Wert vom 100 Millionen Dollar.

URUGUAY

Moon-Sekte macht mobil, II

Von Carina Gobbi

(Montevideo, Februar 1997, fempress-pulsar).- Am 27. Dezember informierte die Wochenzeitung „Brecha“ darüber, daß die Mission von 4.200 Japanerinnen, die Sun Myung Moon nach Montevideo schickte, nicht nur darin bestand, die Erlösungsbotschaft des koreanischen Sektenführers zu verbreiten. „Jede einzelne der 4.200 Missionarinnen, die nach Montevideo kam, realisierte eine barmherzige Tat, die sie sicher dem Gott der Wiedervereinigung ein Stück näher brachte“, kommentierte der Journalist Samuel Blixen. „In langen Schlangen, die sicher die Aufmerksamkeit der gewöhnlichen Kund*innen auf sich gezogen haben werden, defilierten die Japanerinnen mit Bußfertigkeit und Disziplin an den Kassenschaltern der Banco de Crédito vorbei und zahlten, jede einzeln, 25.000 Dollar auf das Konto einer Aktiengesellschaft, Cami II.“ Der Journalist schließt spitz: „Die Autoritäten der Banco de Crédito werden sicherlich den Empfehlungen der Zentralbank gefolgt sein, nach denen der Ursprung von Geldeinzahlungen höher als 18.000 Dollar überprüft werden soll. Die Quellen von BRECHA versichern, daß es sich um eine der grössten – und originellsten – Geldwäschereien der jüngsten Zeithandelt.“

Der koreanische Prediger Sun Myung Moon ist in Uruguay hinlänglich bekannt. Bereits vor einiger Zeit, zu Beginn der 80er, richtete er seine Augen auf dieses kleine Land. Er kaufte eine Bank (die Banco de Crédito), ein Fünf-Sterne-Hotel (das Victoria Plaza), eine Druckerei, eine Tageszeitung,… Aber 1996 war das Jahr der vollständigen Landung. Ende des Sommers kam Moon zusammen mit seiner Ehefrau nach Uruguay, um dort zu leben. Damals wurde bekannt, daß viele uruguayische Politiker*innen und Führungspersönlichkeiten zum Sitz der von Moon geführten Einigungskirche in den USA gereist waren. Dort konnten sich diese Leute von den guten Absichten des Predigers überzeugen: die Familie vor den Lastern des ausgehenden Jahrhunderts zu verteidigen.

Mehrere dieser in die USA eingeladenen Gäste gründeten in Uruguay die „Vereinigung für die Rettung der Neuen Nation“. Diese Organisation wurde der Öffentlichkeit in einer luxuriösen Feier in dem Fünf-Sterne-Hotel der Sekte präsentiert. Die „Vereinigung der Familie für den Weltfrieden“ und die „Vereinigung der Frau für den Weltfrieden“ sind die weiteren zwei Landungsschiffe auf dem Kontinent, die bereits ihre Vertretungen in Uruguay haben. Im November kam die Offensive Moons in Richtung Uruguay einen weiteren Schritt voran. Außer der Gründung einer Tageszeitung im nahe gelegenen argentinischen Bünos Aires brachte er die 4.200 Japanerinnen ins Land. Sie sollen die Verkünderinnen seiner Erlösungspredigt auf dem ganzen Kontinent sein. Und sie kamen, so wurde gesagt, um Glaubensbekenntnisse mit ihren uruguayischen Gleichgesinnten auszutauschen und sich auszubilden, um auf die Wege Amerikas auszuschwärmen. Mehrere Tage lang versammelten sie sich in geschlossener Gesellschaft in einem Stadium Montevideos. In Gruppen, die durch ihre reine Präsenz Aufsehen erregten, sah man sie auch durch die zentralen Straßen der Hauptstadt spazieren.

Die örtliche katholische Kirche protestierte energisch angesichts der Nachgiebigkeit, die die uruguayische Regierung gegenüber dem Ansturm der Moon-Sekte zeigte. Doch der Prediger fuhr fort, Land und Hotels zu kaufen. Weder der Protest der katholischen Autoritäten noch das Verschwinden von fünf Japanerinnen und der Selbstmord einer Frau, die sich von einem hohen Stockwerk des Victoria Plaza stürzte, wo sie zusammen mit anderen Missionskolleginnen wohnte, beeindruckten ihn. Genauso wenig Wirkung zeigten die von der katholischen Kirche in Montevideo verbreiteten Anschuldigungen von 42 Frauen aus verschiedenen Ländern Lateinamerikas und der Karibik, die an einem „Kongreß über die Frau, die Familie und den Frieden“ teilgenommen hatten (einer der zehn Kongresse, die die Sekte 1996 in Uruguay organisierte). Die Frauen gaben an, Anfang November 1996 von Moon persönlich unter Druck gesetzt und bedroht worden sein, nachdem sie seinen Diskurs und die Ziele des Treffens kritisiert hatten. Eine der Hauptbeschuldigungen nicht nur von Kirchenseite gegen Moon ist es, daß unter der vordergründigen Erklärung, die fundamentalen menschlichen Werte verteidigen zu wollen, in Wahrheit nur Anhänger*innen für die religiöse Bewegung gewonnen werden sollen.

Finanzparadies

(Montevideo, 18. Februar 1997, comcosur-Poonal).- Die Wochenzeitung „Brecha“ veröffentlichte einen umfangreichen Bericht über die Geldwäscherei brasilianischen Kapitals in Uruguay. Nach der Untersuchung diente eine Wechselstube in Montevideo zwei Jahre lang als Schutzschild für gigantische Gelder, die aus Brasilien abgezogen und „weißgewaschen“ wurden, um danach in den internationalen Finanzkreislauf gegeben zu werden. Brecha nennt die Banco de Montevideo als „Clearingstelle für Abertausende von Banküberweisungen, die von Brasilien aus angeordnet, aber von einer Geschäftsstelle [in Montevideo] durchgeführt wurden“. Die Zeitschrift hat ebenso „hunderte Unternehmer*innen, Repräsentant*innen von multinationalen Konzernen, Währungshändler*innen, Bankleuten und Politiker*innen“ ausgemacht, „die Dollars auf Konten in den USA, der Schweiz, Deutschland, Frankreich und Spanien einzahlten, deren Überweisung in Brasilien verboten und strikten Kontrollen unterworfen war“.

GUATEMALA

Wahrheitskommission mit Tomuschat an der Spitze eingesetzt

(Guatemala-Stadt, 22. Februar 1997, cerigua-Poonal).- Die dreiköpfige sogenannte Wahrheitskommission, die die Verbrechen in dem 36jährigen internen Krieg Guatemalas untersuchen soll, ist seit dem 22. Februar vollständig. Neben dem Vorsitzenden, dem deutschen Juristen Christian Tomuschat, gehören die Indígena- Aktivistin Otilia Ines Cux de Coti und der Jurist Alfredo Ballsels Tojo der Kommission an. Tomuschat, dessen Ernennung schon länger feststand, gab die beiden weiteren Namen am Freitag bekannt. Ihre Arbeit wird die Kommission allerdings erst in zwei Monaten aufnehmen.

Cux de Coti wurde von Tomuschat mit dem Einverständnis der Regierung und der Revolutionären Nationalen Einheit Guatemalas (URNG) ausgewählt. Sie ist Diplom-Pädagogin und Mittelschulehrerin und studierte an der staatlichen Universität San Carlos (USAC). Im guatemaltekischen Kongreß setzte sie sich stark für die Verabschiedung der Konvention 169 der Internationalen Arbeitsorganisation (ILO) über die Rechte der Indígena-Völker ein. Ballsels Tojo ist der Kandidat, der aus einem Dreiervorschlag der Rektoren der fünf Universitäten des Landes hervorging. Er ist ein Anwalt, der sein Studium wie Cux de Coti an der USAC absolvierte. Er war Vorsitzender der Vereinigung der Universitätsstudent*innen (AEU) und Studentenvertreter vor dem Obersten Universitätsrat. Unter vorherigen Regierungen hatte er verschiedene Posten im Justizapparat inne. Die Vorbereitungen für den Arbeitsbeginn der Kommission liegen in den Händen des UNO-Funktionärs Fernando Castañon, der zuvor in verschiedenen Bereichen der Vereinten Nationen mit Rechtsangelegenheiten betraut war.

Menschenrechtsorganisationen gehen davon aus, daß die Arbeit der Wahrheitskommission sehr passiv sein und die Straflosigkeit eher fördern wird. Sie hat keine Befugnis, individuelle Schuldzuweisungen auszusprechen, sondern darf nur Institutionen als Verantwortliche benennen. Den späten Arbeitsbeginn begründete Tomuschat auf einer Pressekonferenz mit notwendigen Vorbereitungsmaßnahmen. Ursprünglich sollte die „Kommission zur historischen Aufklärung der Vergangenheit“, wie ihr offizieller Name ist, am Tag der Unterschrift unter das endgültige Friedensabkommen ihre Untersuchungen aufnehmen. Das wäre der 29. Dezember 1996 gewesen.

EGP will sich auflösen

(Colotenango, 16. Februar 1997, cerigua-Poonal).- Die Strasse zu dem Dorf Tojlate ist ein tiefer und lehmiger Pfad, der hoch in die Bergkette der Cuchumatanes, einer Hochburg des Guerillaheeres der Armen (EGP), führt. Am 16. Februar gingen 168 EGP-Abgesandte aus dem ganzen Land diesen Weg, um über das Schicksal ihrer Organisation in Friedenszeiten zu bestimmen. Die Tagesordnung der dritten und letzten EGP-Zusammenkunft wies nur einen Punkt auf: die Auflösung der Guerilla-Organisation. Nach 25 Jahren bewaffneten Kampfes – solange bestand die EGP, die 1982 zusammen mit drei weiteren Gruppen die Revolutionäre Nationale Einheit Guatemalas (URNG) bildete – entschlossen sich die Mitglieder einstimmig für den vorgeschlagenen Schritt.

„Dies zeigt den guten Willen der ehemaligen Aufständischen, den Kampf mit politischen Mitteln weiterzuführen“, erklärte EGP- Chefkommandant Rolando Morán auf einer anschließenden öffentlichen Zeremonie. Als Teil der Veranstaltung holten vier Mitglieder das EGP-Emblem vom Flaggenmast auf dem Dorfplatz und hißten statt dessen die Fahne der URNG. Moran rief die Ex-Rebell*innen dazu auf, der politischen Partei der URNG beizutreten, die offiziell gegründet werden wird, wenn alle vier bewaffneten Guerillagruppen formell aufgelöst sind. Zu den eingeladenen Gästen gehörten neben Vertreter*innen der anderen URNG-Gruppierungen auch eine Delegation der Nationalen Befreiungsfront Farabundi Marti (FMLN) aus El Salvador.

Spanische Polizeihilfe

(Guatemala-Stadt, 14. Februar 1997, cerigua-Poonal).- Das erste Kontingent von 49 Mitgliedern der spanischen Zivilgarde kam in Guatemala an. Die Spanier sollen Guatemalas neue zivile Polizeikräfte in der Hoffnung ausbilden, daß damit Straffreiheit und Menschenrechtsverletzungen verringert werden. Im Rahmen der Friedensvereinbarungen zwischen Regierung und Guerilla ist vorgesehen, die drei bestehenden Polizeikräfte – berüchtigt für ihre Inkompetenz, Korruption und menschenrechtsverachtende Einstellung – aufzulösen. An ihre Stelle soll die Nationale Zivilpolizei (PNC) treten und für die öffentliche Sicherheit sorgen. Die spanische Ausbildungsdelegation umfaßt nach Auskunft ihres Polizeioberst Antonio García Martin Experten in Ballistik, Untersuchungstechniken, der Identifizierung Verdächtiger, Aufstandsbekämpfung und Kontrolle von Menschenmengen. Bis zum Jahr 2000 sollen 20.000 Mitglieder der PNC die Ausbildung durchlaufen. Menschenrechtsverteidiger*innen haben die Befürchtung geäußert, die Laster der Vorgängerorganisationen könnten die neue Polizeikraft trotz der Ausbildung infizieren. Der guatemaltekische Kongreß hat vor wenigen Tagen mit einem Gesetz die Bildung der PNC genehmigt. Die Kritiker*innen führen jedoch an, daß die Gesetzgebung den Geist der Friedensvereinbarungen verletzt. Mitgliedern der Streitkräfte wird es nicht verboten, Posten in der neuen zivilen Institution zu übernehmen.

Telefontarife explodieren

(Guatemala-Stadt, 17. Februar 1997, cerigua-Poonal).- Mit einer Aktion, die von ihren Gegner*innen als krasser Versuch, internationale Investoren reich zu machen, bezeichnet wird, erhöhte die Guatemaltekische Telefongesellschaft (GUATEL) die Telefongebühren am 15. Februar um durchschnittlich 2,500 Prozent (in Worten: zweitausendfünfhundert!; die Red.). Während GUATEL- Direktor Alfredo Guzman verspricht, die neuen Tarife würden das staatliche Unternehmen wettbewerbsfähiger machen und befähigen, die Linien auszuweiten, sprechen die Kritiker*innen von Strafgebühren, die die Dienstleistung für die meisten Guatemaltek*innen außer Reichweite rücken. Zuvor zahlten private Nutzer*innen eine monatliche Grundgebühr von 4 Quetzales (66 US- Cent) für 600 Minuten (Orts-)Gespräche. Jetzt müssen sie 104 Quetzales (17,30 US-Dollar) für denselben Service bezahlen. Das ist ein Viertel des monatlichen Mindestlohns auf dem Land.

Gewerkschaftsführer*innen meinen, die neuen Gebühren spiegelten die Politik von Präsident Alvaro Arzú wieder, internationales Kapital anstelle der arbeitenden Guatemaltek*innen zu begünstigen. Die neuen Tarife zielten darauf ab, den internationalen Investoren einen komfortablen Gewinn zu sichern, wenn die Telefongesellschaft im Verlauf dieses Jahres verkauft werden, so Julian Melchor, der Sprecher der Allgemeinen ArbeiterInnenzentrale Guatemalas (CGTG). Für internationale Gesellschaften und andere Kunden, die häufig in andere Länder telefonieren, hat GUATEL freundliche Nachrichten. Den explosionsartigen Erhöhungen der Ortsgespräche stehen Preisreduzierungen von 50 Prozent für die internationalenFerngespräche gegenüber.

HONDURAS/LATEINAMERIKA

CLAI für Frieden und gegen ungerechte Wirtschaftsmodelle.

(San Pedro Sula, 24. Februar 1997, alc-Poonal).- Der Lateinamerikanische Kirchenrat (CLAI) definierte auf seiner Jahrestagung die Organisation als „Instrument der Hoffnung, die offen gegenüber der Einheit ist und für die Suche eines Friedens mit Gerechtigkeit auf dem Kontinent arbeitet“. Der Frieden dürfe den Konflikten jedoch nicht ausweichen oder sie verschleiern. In diesem Kontext unterstrich CLAI-Generalsekretär Felipe Adolf die Beteiligung der Kirchen an der Pastoralaktion für den Frieden in Guatemala, Kolumbien und Peru. Für dieses Programm gibt es drei Jahre lang Unterstützung von deutschen Kirchen und Organisationen in Höhe von ungefähr 950.000 Dollar. CLAI-Präsident Walter Altmann hob die Arbeit der lateinamerikanischen Kircheninstitution bezüglich der Verteidigung der Menschenrechte und der Anklage von Wirtschaftsmodellen, die auf der Ungerechtigkeit, Ungleichheit und Marginalisierung beruhen, hervor.

NICARAGUA

Gegen katholischen Pflichtunterricht

(Managua, 19. Februar 1997, alc-Poonal).- Sowohl Abgeordnete der evangelischen Partei Christlicher Weg wie der Nationalen Sandinistischen Befreiungsfront (FSLN) haben das Präsidium der nicaraguanischen Nationalversammlung aufgefordert, Bildungsminister Humberto Belli vor das Parlament zu zitieren. Er soll sich zu den Plänen äußern, die katholische Erziehung zu einem Pflichtfach in den staatlichen Schulen zu machen. Die evangelischen Abgeordneten bezeichnen das Vorhaben als offene Verletzung des Verfassungsartikels 14, der das Land als weltlichen Staat definiert. Minister Belli wies bisher nur gegenüber der Parlamentskommission für Bildung und Kultur die Anschuldigung zurück. Er dementierte, für den 3. Februar zu einem Treffen mit Lehrer*innen gerufen zu haben, auf dem er die Benutzung katholischer Texte für das am 17. Februar angefangene Schuljahr empfohlen haben soll. Die Erklärungen des Minister und seine Versprechen, die Trennung von Staat und Kirche zu respektieren, überzeugten die Abgeordneten jedoch nicht. Darum soll er nach Meinung von Christlicher Weg und Sandinisten noch einmal vor dem Gesamtparlament Rede und Antwort stehen. Belli gilt als Schützling des Kardinals Miguel Obando y Bravo.

BOLIVIEN

Häftlingsproteste

(La Paz, 25. Februar 1997, pulsar-Poonal).- Ein am vergangenen Donnerstag begonnener Hungerstreik im Hochsicherheitsgefängnis von Chonchocoro hat sich ausgeweitet. Inzwischen haben sich etwa 1.200 Haftinsassen aus vier weiteren Gefängnissen dem Protest angeschlossen. Drei Häftlinge nähten sich die Lippen zu. Der Protest richtet sich gegen die Defizite im Justizsystem. Sie fordern den zügigeren Beginn der Gerichtsprozesse und wenden sich gegen die Überfüllung der Haftanstalten. Vertreter von Regierung und Justizwesen sprechen derzeit mit den Gefangenen von Chonchocoro, um eine Lösung des Konflikts zu finden. Die ungesunden Verhältnisse in den bolivianischen Gefängnissen sind alarmierend. Zudem verbringen viele der Verhafteten Jahre dort, ohne daß ihnen ein ordentlicher Prozeß gemacht wird.

ECUADOR

Bucaram traf Altersvorsorge

(Quito, 25. Februar 1997, pulsar-Poonal).- Nach den Informationen von Innenminister Cesar Verduga besaß der abgesetzte Präsident Abdalá Bucaram ein Privatkonto, auf das Staatsgelder überwiesen wurden. Dabei soll es sich um 30 Millionen Dollar handeln. Laut Verduga existieren jedoch noch weitere Konten, auf denen Millionen Dollar verschwanden. Die Zentralbank Ecuadors wird alle Schecks, die von dem Präsidentenbüro in den vergangenen sechs Monaten eingelöst wurden, übergeben, um die Überprüfung der gesamten abgezogenen Geldsummen zu ermöglichen.

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