Poonal Nr. 520

Deutsche Ausgabe des wöchentlichen Pressedienstes lateinamerikanischer Agenturen vom 30. April 2002

Inhalt


ARGENTINIEN

BRASILIEN

EL SALVADOR

CHILE

GUATEMALA

URUGUAY

NICARAGUA

PANAMA

PARAGUAY

LATEINAMERIKA


ARGENTINIEN

In Argentinien formiert sich eine neue Jugendbewegung Einst unpolitische Kids treiben den Protest gegen das korrupte System voran

Von Walter Catelli und Natalia Aresti

(Buenos Aires, 28. April 2002, npl).- Über Argentinien kreist der Pleitegeier. Kein Tag vergeht ohne neue Hiobsbotschaften. Die Banken haben geschlossen, Sparguthaben werden in wertlose Staatsanleihen umgetauscht, Krankenhäuser haben keine Medikamente mehr und selbst wer noch Geld hat, kann damit kaum was kaufen, da vielerorts die Versorgung zusammengebrochen ist.

Kinder und Jugendliche leiden am schwersten unter der wirtschaftlichen Situation – und das schon seit Jahren. Jeder fünfte ist arbeitslos, 60 Prozent leben unter der Armutsgrenze. Sie werden immer mehr an den Rand der Gesellschaft gedrängt, ohne Gesundheitsversorgung, Ausbildungsplatz und die Möglichkeit, sich weiter zu entwickeln. Viele rutschen in die Kriminalität, Drogenkonsum oder Prostitution ab.

Angesichts dieser Situation konnte nicht verwundern, dass die Jugendlichen bei den landesweiten Protesten gegen die Wirtschaftspolitik im vergangenen Dezember ganz vorne mitmischten. Das gewalttätige Vorgehen der Polizei während der Großdemonstration in Buenos Aires am 20. Dezember 2001 war der Tropfen, der das Fass zum Überlaufen brachte. Die ehemals apolitische Generation der Zwanzigjährigen ging erstmals auf die Barrikaden – mit Erfolg: Noch am gleichen Tag trat Präsident Fernando De la Rua zurück und die Vorherrschaft einer korrupten Politikerkaste samt ihrer neoliberalen Wirtschaftsdoktrin war in Frage gestellt.

Inzwischen wird deutlich, dass der Dezember auch die Geburtsstunde einer neuen Jugendbewegung gewesen ist. Fast 20 Jahre lang hatte die Linke Argentiniens im Dornröschenschlaf gelegen. Zu verheerend hatte die Militärdiktatur (1976-1983) unter den Oppositionellen gewütet: 30.000 Verschwundene und Tausende im Exil sind die traurige Bilanz des siebenjährigen Terrors. Die Kinder der Widerständler hatten die Lektion ihrer Eltern gelernt: sich bloß nicht politisch engagieren und womöglich die Welt verändern wollen. Ihrer Wut und Frustration über die immer bedrückenderen Verhältnisse im Land ließen die Kids auf Rockkonzerten oder beim Fußball freien Lauf

Der Protest vom 20. Dezember und auch die Demonstrationen danach wurden erstmals weder von den traditionellen Parteien noch von den Gewerkschaften getragen. Der Widerstand organisierte sich spontan, ohne hierarchische Organisation. Der einzige gemeinsame Slogan war ein an die Regierung gerichtetes „Haut alle ab und kommt nie wieder“. Bei dieser neuen Demonstrationskultur blieben viele der alten Politaktivisten in der hinteren Reihe zurück. Diego Sztulwark, Dozent an der Universität von Buenos Aires, beobachtete, wie Jugendliche vielerorts die Regie übernahmen: „Einem Freund von mir, er ist 45 Jahre alt und kämpfte früher im bewaffneten Widerstand, sagten die Jugendlichen am 20. Dezember: 'Ey Alter, geh besser nach hinten, hier wird's zu heiß für dich'. Da wurde ihm klar, dass er mit dieser neuen Situation nicht umzugehen wusste, trotz seiner militärischen Ausbildung und seiner jahrzehntelangen politischen Erfahrung,“ erinnert sich Sztulwark.

Das Fehlen einer klaren politischen Zielsetzung und die Straßenkampfdynamik der jugendlichen Demonstranten wird sowohl von rechts als auch vom linken Spektrum kritisiert. Die Art der Organisation dieser neuen Bewegung ist eine andere als die der Linken in den Siebzigerjahren. Im Vordergrund steht, dass alle unterschiedlichen Gruppen als Teil der Bewegung anerkannt werden: Es gibt Arbeitslose, Studenten, Rock- oder Fußballfans, Angestellte, Punks… Sie wissen noch nicht so richtig, was sie wollen, klar ist nur, dass sie es leid sind, an den Rand der Gesellschaft gedrängt zu werden und zuzusehen, wie ihr Land immer schneller in die Katastrophe abgleitet.

Ein Symbol dieser Jugendbewegung sind die „motoqueros“, die Mopedkuriere der unabhängigen Gewerkschaft simeca. Etwa zwanzig von ihnen rasten während der Straßenschlacht am 20. Dezember auf ihren Mopeds – die argentinische Flagge in der Hand – unermüdlich zwischen den beiden Fronten hin und her, bargen Verletzte, überbrachten Nachrichten, verfolgten gewalttätige Polizisten. Zwei von ihnen verloren bei diesem spontanen Einsatz das Leben. Nun haben sich auch diese bislang unpolitischen Jugendlichen dem Kampf gegen das neoliberale Wirtschaftsmodell Argentiniens verschrieben.

„Ich glaube wir sind dabei, einen neuen Weg einzuschlagen“, sagt der junge Musiker Ernesto Rossi. „Es gibt neue Gedanken, neue Aktionen und neue Ideen in Bezug auf den politischen Kampf. Wir nehmen Dinge aus der Vergangenheit, aber wir geben ihnen eine neue Logik,“ versucht Ernesto das zu umschreiben, was die neue Jugendbewegung ausmacht, die für viele im leidgeplagten Argentinien einen Hoffnungsschimmer darstellt.

 

Umfrage zum Verkauf argentinischen Bodens

(Santa Cruz, 24. April 2002, recosur-poonal).- Das Gutachterunternehmen Giacobbe y Asociados ist dabei, in Chubut und drei weiteren Provinzen Argentiniens eine Umfrage durchzuführen. Die Bürger*innen werden gefragt, ob sie bereit wären, nationales Territorium in Zahlung zu geben, um mit dem Erlös einen Teil der Auslandsschuld des Staates zu tilgen. Der Bogen enthält 30 Fragen, die 1500 Personen in verschiedenen Orten gestellt wurden.

In einem Gespräch mit dem Sender Radio 21 in Santa Cruz erklärte der Inhaber des Umfrageunternehmens, Jorge Giacobbe, der Fragebogen sei von einem europäischen Unternehmen erstellt worden. Die Firma sei daran interessiert, zu wissen, „was für Überlegungen die Argentinier anstelllen, bevor sie sich für eine Investition entscheiden“. Giacobbe weigerte sich den Namen seines Auftraggebers zu nennen. Als Grund nannte er die Wahrung des Berufsgeheimnisses.

Dem stehen jedoch Befürchtungen entgegen, nach denen die Umfrage auf strategisch-politische Themen abzielt. Sie diene eher der Einschätzung der Landes- und Provinzregierung, als dass sie die Interessen eines privaten Unternehmens im Blick habe, das Absichten hege, sich in Argentinien niederzulassen, um seine Produktion dorthin zu verlegen. Dies veranschaulichten folgende Beispiele: „Wären Sie damit einverstanden, dass Argentinien die Rechte über seine Territorien in der Antarktis abgibt, um auf diese Weise seine Auslandsschulden komplett abzuzahlen? Wären Sie damit einverstanden, dass Chubut Teile seines Territoriums abtritt, um damit die Schulden der Provinz zu begleichen? Wie stehen Sie zu dem Vorschlag, Argentinien wirtschaftlich einem Funktionär des IWF oder einer anderen internationalen Organisation zu unterstellen? Haben Sie angesichts der Krise, die das Land derzeit durchmacht, den Wunsch, das Land zu verlassen?“

 

BRASILIEN

Regierung verschärft Maßnahmen gegen Landlosenbewegung MST Der MST erklärte den April zum Monat der Mobilisierung

(Rio de Janeiro, April 2002, oficina de informacoes-poonal).- Sechs Jahre nach dem Massaker an 19 Landlosen in Eldorado de Carajás im Bundesstaat Pará fanden im April vielen Aktionen der Landlosenbewegung Movimento dos Trabalhadores Rurais Sem Terra (MST) statt. Der MST nahm damit seine politische Offensive zur Durchsetzung von Landreformen wieder auf. In den letzten Monaten hatte die Regierung durch verschiedene Maßnahmen versucht, schlechte Stimmung gegen die Bewegung und deren Forderung nach Agrarreformen zu schüren.

Am 5.April gab es einen Protestmarsch von Buritis im Bundesstaat Minas Gerais in die Hauptstadt Brasilia. Vorher sollte in Buritis auf dem Gut Córrego da Ponte, dem Eigentum zweier Söhne des Präsidenten, eine kleine Protestaktion stattfinden, die jedoch eskalierte. Am 8. April sollte die Demonstration ihr Ziel erreichen, weil sich an diesem Tag der Urteilsspruch vom Prozess der Carajás zum sechsten Mal jährte.

Die Landlosenbewegung Movimento Sem Terra nutzte den Monat, um an die Bedeutung der Frage nach Landreformen zu erinnern. Es waren bis zu 300 Besetzungen in den 23 verschiedenen Bundesstaaten geplant, in denen der MST aktiv ist, so deren Führer. Mit dieser Dichte an Aktionen gibt die Bewegung eine Antwort auf den scheinbar recht erfolgreichen Versuch der Regierung, die Aufteilung von Land, die Niederlassung der Landarbeiter und eine politische Einflussnahme der Bewegung MST zu verhindern.

Die Regierungsoffensive geht in drei Richtungen: wirtschaftlich, durch Zurückhalten von Krediten; in den Medien durch einen denunzierenden Tonfall besonders der konservativen Zeitungen; und rechtlich, durch Gesetzesänderungen und den Einsatz repressiver Maßnahmen gegen die Menschen, die für Landreformen kämpfen.

Die Regierung kürzte sämtliche Mittel für die Inbesitznahme von Land sowie für bereits niedergelassene Landarbeiter. Von 1995 bis 1997, der ersten Amtszeit des amtierenden Präsidenten Ferndando Henrique Cardoso, stiegen die Haushaltsmittel für die Unterstützung von Landbesetzungen von 1,3 Milliarden auf zwei Milliarden Reais, während diese seit der zweiten Amtsperiode des Präsidenten stetig abnahmen. Im Jahr 2001 betrugen sie nur noch 996 Millionen Reais. Das besondere Kreditprogramm für die frisch niedergelassenen Kleinbauern (Procera), das es seit 1986 gab, wurde bereits 1998 gestrichen.

An die Stelle dieses Programms rückte ein anderes Projekt zur Kreditvergabe, das nationale Programm zur Stärkung familiärer Landwirtschaft, Programa Nacional de Fortalecimento da Agricultura Familiar (Pronaf). Dieses Hilfsprogramm der Regierung dient allgemein der Unterstützung von Kleinbauern durch Finanzierung kleiner Landtitel. Es ist jedoch an strengere Kriterien gebunden.

Über die Medien initiierte die Regierung einige Kampagnen, um gegen die Landlosenbewegung schlechte Stimmung zu verbreiten. Für Kontroversen sorgte die Zahlung von Mitgliedsbeiträgen an das MST, das dadurch in den Ruf geriet, öffentliche Gelder für Verbrechen zu missbrauchen. Diesen Vorwürfen folgten Untersuchungen der Agrarbehörde für Landbesiedlung und Verteilung, Instituto Nacional De Colonisacao e Reforma Agraria (Incra), woraufhin einige Kooperativen, die als „verdächtig“ eingestuft wurden, Gelder gestrichen bekamen.

In der letzten Zeit weitete die Regierung ihre Maßnahmen gegen die Bewegung aus. Sie versucht nicht nur, die Zahl der Landbesetzungen möglichst gering zu halten, sondern ist dazu übergegangen, die Rechte der Landlosen zu beschneiden und Verfahren gegen sie einzuleiten.

Bei den meisten Verhaftungen wurden die Aktivisten des Raubes von Privateigentum und der Bildung von Räuberbanden beschuldigt, eine Form der Kriminalisierung von Landbesetzungen. In drei Entscheidungen lehnte der Oberste Gerichtshof diese Interpretation ab und bekräftigte, dass die Besetzung von Land, um eine Enteignung zu erwirken, kein Raubdelikt sei. „Die Judikative gab der Exekutive in diesem Fall keinen Freifahrtsschein für ihre eigenen Interessen“, bekräftigte Nei Strozake von der Menschenrechtskommission des MST.

Die Regierung versucht nun, rechtliche Maßnahmen mit wirtschaftlichen zu verknüpfen, indem sie etwa Landbesetzern jeglichen Bezug öffentlicher Gelder untersagt oder verhindert, dass die Besetzungen zur Enteignung der jeweiligen Ländereien führen und somit als Druckmittel Erfolg haben. Die rechtliche Grundlage für den rigiden Umgang mit Landbesetzern wurde 2000 durch die Verabschiedung eines provisorischen Artikels 2183 geschaffen.

So wurde erreicht, dass ein verlassenes Grundstück erst zwei Jahre ungenutzt bleiben muss, bis es für landwirtschaftliche Zwecke beansprucht werden kann. Diese Frist kann zudem verlängert werden, wenn es zu Zwischenfällen kommt. Laut der Verordnung darf auch jeder Gruppe, die „irgendwie direkt oder indirekt“ mit der Besetzung zu tun hat, das Betreten des Grundstücks verboten werden.

Am 3.April legten die Arbeiterpartei Partido de los Trabajadores (PT) und die Landarbeiterorganisation Conferencia Nacional dos Trabalhadores na Agricultura (Contag) vor dem Obersten Gerichtshof Widerspruch ein. Das Urteil fiel mit sieben zu drei Stimmen zugunsten der Regierung aus. Der PT und die Contag wenden ein, dass die Verfassung einen solchen Artikel, der Enteignung von unbewohntem Land verbietet, nicht vorsehe.

Die Regierung drängte auf eine schnelle Durchführung der Abstimmung, um sich das politische Klima zu Nutze zu machen, das durch die Landbesetzung auf Ländereien der Präsidentensöhne in Buritis gegen die MST geschaffen wurde, so die Tageszeitung Folha de Sao Paulo.

Der MST wird das Vorgehen der Regierung nicht auf sich ruhen lassen. „Natürlich hat sich die Regierungsoffensive auf die Basisarbeit ausgewirkt. Es ist nun viel schwieriger, einen Marginalisierten von einer Landbesetzung zu überzeugen, besonders weil er durch die Regierungskampagne eingeschüchtert ist“, gibt Rogério Mauro vom Verbund der Landreformkooperativen Brasiliens (Congrab) und verantwortlich für die Landbesetzungen zu.

„Aber das ist nur ein vorübergehender Effekt. Das kann die Bürger erschrecken oder beruhigen, aber so lange die Armut nicht verschwindet, wird wieder und wieder mobilisiert und wir werden immer stärker werden“. Um diese Mobilisierung voranzutreiben, hat die Landlosenbewegung den April, Monat des Massakers von El Dorado dos Carajás, zu einer Zeit des Kampfes erklärt.

 

Guaraníes drohen mit Selbstmord

(Campo Grande, 21.April 2002, comcosur-poonal).- 300 Mitglieder des Volkes der Guaraní-Caiovas sind bereit, kollektiven Selbstmord zu begehen, wenn sie von den Schutztruppen der Hacienda Fronteira vertrieben werden. Die Hacienda liegt in der Gemeinde Antônio João, an der Grenze zu Paraguay, ganz im Süden des brasilianischen Bundesstaats Mato Groso do Sul.

Nach Aussage von Pedro Franco, Regionalverantwortlicher der Nationalen Indianer-Stiftung Funai, befinden sich in dem Lager einige Fässer mit Pflanzengift. Die Besetzer*innen seien bereit, sich damit das Leben zu nehmen. Seit drei Jahren besetzen die Guaranís diesen Ort. Sie sind der Meinung, dass das Land ihren Vorfahren gehört habe und deshalb nicht im Besitz von Großgrundbesitzern sein könne. Seit Beginn der Besetzung sind sie schon mehrere Male von der Räumung bedroht worden. Diesmal liegt jedoch ein vom Bundesgericht dafür festgelegter Termin vor.

 

EL SALVADOR

Was ist aus dem Friedensabkommen geworden? Eine Bilanz, zehn Jahren nach Ende des Bürgerkrieges

Von Edgardo Ayala

(San Salvador, 18. April 2002, na-poonal).- Zehn Jahre nach der Unterzeichnung der Friedensverträge mit der Guerrilla versucht die Regierung, den Friedensprozess für abgeschlossen zu erklären. Damit entfesselte sie einen Streit um die Frage, ob die Verträge erfüllt wurden oder ob Verpflichtungen offen geblieben sind.

In einer Gedenkfeier zum zehnten Jahrestag der Unterzeichnung der Verträge, die am 16. Januar im Landkreis Perquín in Morazán, einem der am stärksten von dem bewaffneten Konflikt betroffenen Bezirke, stattfand, erklärte Präsident Francisco Flores den Friedensprozess für abgeschlossen. Abgeordnete der ehemaligen Guerrilla-Organisation Frente Farabundo Martí para la Liberación Nacional (FMLN), Gewerkschaften und andere Sektoren der Zivilgesellschaft sind sich einig, dass der Prozess in keiner Weise als abgeschlossen gelten kann, so lange die schwerwiegenden Probleme fortbestehen, die den Bürgerkrieg entfesselten. Dieser hatte zwischen 75 000 und 80 000 Opfer gefordert und materielle Verluste von mehr als einer Milliarde US-Dollar verursacht.

Nach Zahlen des UN-Entwicklungsprogramms (UNDP) sind 51,2 Prozent der Bevölkerung arm. Nach den Erdbeben, die das Land zu Anfang des vergangenen Jahres verwüsteten, verschlimmerte sich die Situation. In einem Bericht, den die Abordnung des FMLN der UNO vorstellte, wurde die Tatsache hervorgehoben, dass die den verwundeten ehemaligen Kämpfern zugesagte Unterstützung noch nicht umgesetzt wurde. Diese liege zum Teil daran, dass dafür ein Fonds von 30 Millionen US-Dollar eingerichtet werden müsste. Vor Monaten war vereinbart worden, die Zahl der Begünstigten der Wiedereingliederungsprogramme von 7 000 auf 10 000 auszuweiten.

Außerdem bemängelte der FMLN, dass das Abkommen über wirtschaftlichen Fragen, das die Bildung eines Wirtschafts- und Sozialforums vorsah, nicht erfüllt wurde. Im Gegenteil: dieser Punkt sei praktisch von der Tagesordnung verschwunden. Besagtes Forum arbeitete nur ein paar Monate nach der Unterzeichnung der Abkommen, danach wurde es wegen interner Differenzen aufgelöst.

Ein anderer unerfüllt gebliebener Punkt ist die Verteilung von Agrarbesitz über 254 Hektar Land an ehemalige Kämpfer. In zehn Jahren sind nur 39 000 Personen begünstigt worden, während 350 000 noch warten.

Der FMLN kritisierte besonders hart die Amtsführung der Nationalen Zivilpolizei (PNC), die als beispielhaft für die Umsetzung der Abkommen galt, weil sie den Wandel von einer finsteren Gliederung verkörperte, die während der Kriegsjahre Menschenrechtverletzungen beging, und später die Integrität des Menschen respektierte. Aber die Verwicklung einiger Beamter in Verbrechen verschlechterte das Bild der PNC zunehmend.

Der Abgeordnete Shafik Handal, Fraktionsvorsitzender des FMLN im Kongress, räumte ein, dass „in den vergangenen zehn Jahren der Staatsterrorismus und die Repression nicht mehr Methode sind, und das ist etwas Positives“. Dennoch bestand er darauf, dass die Verpflichtungen, in denen soziale und wirtschaftliche Verbesserungen für die Bevölkerung vereinbart wurden, nicht eingelöst worden seien.

In diesem Zusammenhang verteidigte die Regierung den von ihr verfolgten Weg für die wirtschaftliche Erholung des Landes und prophezeite, die im vergangenen Jahr eingeführte Dollarisierung werde El Salvador an die Spitze des Wachstums in Zentralamerika bringen. Daten des UNDP zeigen, dass zwischen 1992 und 2000 die Analphabetenrate von 30 auf 17 Prozent und die Kindersterblichkeit von 41 auf 35 Kinder je 1 000 Geburten sank.

Die Exporte der Maquiladoras stiegen von 796 Millionen US-Dollar im Jahr 1992 auf 2,5 Milliarden Dollar im Jahr 1999. „Das sind hervorragende Erfolge“, sagte William Pleitez, Beamter des UNDP. Aber er räumte ein, dass „die Armut weiterhin ein riesiges Problem ist, und es gibt den Reichtum“. Laut UNDP ist das Einkommen der reichsten 20 Prozent der Bevölkerung 18 Mal höher als das der ärmsten 20 Prozent. Das Friedenszentrum CEPAZ mit Sitz in San Salvador ist der Ansicht, dass es keinen dauerhaften Frieden in El Salvador geben wird, so lange die Gründe für den bewaffneten Konflikt nicht ausgeräumt werden.

 

CHILE

Armee schützt Verantwortliche für Menschenrechtsverbrechen

Von Alejandra Matus

(Montevideo, 21. April 2002, comcosur-poonal).- Eine hoher Funktionär im Verteidigungsministerium bestätigte, dass die beiden Brigadiers im Ruhestand Jaime Lepe Orellana und Miguel Krassnoff Marchenko als Zivilisten im Dienste der Armee stehen und so ihre Rente aufbessern. Das Ministerium missbilligte inzwischen diesen Vorgang und forderte „Maßnahmen“.

Jaime Lepe Orellana war die rechte Hand des ehemaligen chilenischen Diktators Augusto Pinochet und bekleidete hohe Ämter in der Armee. Nachdem Verbindungen seiner Person zum Fall des 1976 ermordeten spanischen Staatsbürgers Carmelo Soira bekannt geworden waren, wurde er aus der Armee entlassen.

Ganz ähnlich liegt der Fall von Miguel Krassnoff Marchenko, der wegen des Verschwindenlassens einiger politischer Häftlinge aus dem berüchtigten politischen Gefängnis „Villa Grimaldi“ in Santiago de Chile angeklagt war und ebenfalls aus der Armee entlassen werden musste. Lepe Orellana ist zur Zeit als Berater beim Kommando für Militärindustrie tätig und Krassnoff ist noch immer der Geschäftsführer des Militärhotels für Offiziere, obwohl er seit November letzten Jahres unter Arrest steht.

Die Armee hat mittlerweile verlauten lassen, dass sie „Verständnis für die Sicht des Ministeriums habe“. Das Referat für Öffentlichkeitsarbeit verweigerte jedoch die Weitergabe von Informationen oder eine Stellungnahme zu dem Fall. Die anonyme Quelle im Verteidigungsministerium bestätigte, dass diese Praxis legal sei, „sie aber im Widerspruch zu der von der Armee am runden Tisch gezeigten Bereitschaft zur Kooperation bei der Aufdeckung von Menschenrechtsverletzungen stehe“.

„Ein alltäglicher Vorgang“, so die Quelle, die nicht namentlich genannt werden will. Viele vorzeitig aus der Armee entlassene Offiziere kämen in den Genuss solcher Anstellungen, und der Umstand, in Menschenrechtsverbrechen verwickelt gewesen zu sein, sei dabei kein Hindernis.

 

GUATEMALA

Untersuchung über die Entführung eines Journalisten gefordert

(Guatemala-Stadt, 19. April 2002, cerigua-poonal).- Guatemaltekische sowie internationale Presseorgane verurteilen die Entführung und widerrechtliche Verhaftung des Journalisten David Herrera, die diesen dazu veranlasste, sich ins Exil zu begeben. Die Journalisten fordern die sofortige Untersuchung der Hintergründe dieses neuerlichen Übergriffs auf guatemaltekische Journalisten.

Herrera wurde am 10. April beim Verlassen seines Büros von vier Männern mit Militärhaarschnitt angegriffen und widerrechtlich verhaftet. Er wurde gezwungen, in seinen Mietwagen einzusteigen und an einen unbekannten Ort gebracht.

Wie Herrera berichtet, drohten seine Entführer, ihn umzubringen, wenn er ihnen nicht „das Material“ aushändige. Damit waren nach Meinung des Journalisten Aufzeichnungen von Interviews zu Menschenrechtsfragen gemeint, die er einige Tage zuvor geführt hatte.

Die Kommission für Pressefreiheit der Vereinigung Guatemaltekischer Journalisten (APG) verurteilte die Entführung Herreras. Die Organisation beklagte, dass sich die Vergangenheit wiederhole, unter Anwendung derselben Methoden, mit denen während des bewaffneten internen Konflikts paramilitärische Gruppen vorgegangen waren.

Die bedeutendste Vereinigung der Journalisten forderte von der Regierung Alfonso Portillos eine unverzügliche Untersuchung des Falles und die Bestrafung der Verantwortlichen. Nationale und internationale Journalistenverbände forderten zu Stellungnahmen und Solidaritätserklärungen auf.

Inzwischen startete Amnesty International (ai) einen dringenden Aufruf. Die Menschenrechtsorganisation wandte sich an Präsident Portillo und das Sicherheitsministerium, um eine sofortige Untersuchung zu erwirken. Zudem sollten die notwendigen Maßnahmen zum Schutz von Journalisten und sonstigen Personen ergriffen werden, die bei ihrer legitimen Arbeit Nachforschungen zum Thema Menschenrechte anstellen.

Amnesty machte darauf aufmerksam, dass Journalisten, und besonders diejenigen, die sich mit Menschenrechtsbelangen oder Korruption befassten, oftmals Drohungen und Übergriffen ausgesetzt seien. Außerdem sei die Pressefreiheit bei den Bemühungen um einen dauerhaften Frieden in Guatemala von großer Bedeutung.

Herrera war in Guatemala Korrespondent für verschiedene ausländische Medien. Er musste das Land verlassen, wobei ihn die UN-Beobachtungskommission in Guatemala (Minugua) und das Internationale Komitee zum Schutz von Journalisten unterstützte.

 

URUGUAY

Mysteriöse Morde in den Gefängnissen

(Montevideo, 20. April 2002, comcosur-poonal).- Seit Ende März, als der Inspektor José Sande Lima die Leitung des Gefängnisses von Libertad – besser gesagt das, was nach verschiedenen Meutereien davon übriggeblieben ist – übernahm, begingen vier Häftlinge „Selbstmord“.

Die ersten zwei Fälle ereigneten sich im sonntäglichen Morgengrauen des 7. Aprils. Nach gerichtlichen Erkenntnissen starben die Männer praktisch zur selben Stunde. Am 13. April wurde der dritte Gefangene leblos gefunden und am 18. April entdeckte man den Vierten. Im letzten Fall wurde gerichtlich aktenkundig, dass „die durch die Erhängung verursachten Verletzungen, die das Opfer am Hals aufweisen, nicht mit der Art, wie er aufgehängt war, übereingestimmt haben. Aus diesem Grund nimmt man an, dass er von seinen Mithäftlingen dort hingebracht wurde.“

Dieselbe Spur verfolgen die Behörden bei den drei früheren Todesfällen. Allerdings geht man hier nicht davon aus, dass es eine vorhergehende Erhängung gab. Die weiteren beiden Toten dieses Jahres wurden von ihren Kameraden vor dem Amtsantritt von Sande Lima gelyncht. Trotz allem kann im Moment noch durch keinen Anhaltspunkt darauf geschlossen werden, dass die vier letzteren Erhängten Ergebnisse gefängnisinterner Racheakte waren. Deswegen muss auch die Möglichkeit in Erwägung gezogen werden, dass es sich um aussergerichtliche Hinrichtungen gehandelt habe.

Inspektor José Sande Lima hat eine lange Geschichte der Beteiligung in den Repressionsorganen während der Diktatur. So wird er vom argentinischen Dichter Juan Gelmán vor dem spanischen Richter Baltasar Garzón angeklagt, vom Verschwinden seiner Schwiegertochter Maria Claudia und seiner Nichte, die im Jahr 2000 in Uruguay ausfindig gemacht wurde, gewusst und darüber geschwiegen zu haben. Er war während der Diktatur ein wichtiges Mitglied in den vier polizeilichen Geheimdiensten und arbeitete mit anderen Polizeibeamten zusammen, die ebenfalls beschuldigt wurden, die Menschenrechte verletzt zu haben: der schon verurteilte Hugo Campos Hermida, die Kommissare Boris Torres, Ricardo Zabala und Washington dos Santos und der Offizier Ricardo Medina.

Nach verschiedenen Ermittlungen und Anzeigen waren diese Beamten des Innenministeriums, gemeinsam mit dem Beamten Sande, Teil der Repressionsapparate Uruguays. Sie entführten, folterten und mordeten im Zeichen der Operation Kondor.

Zurück zu heute: Innerhalb von elf Tagen starben in einem Gefängnis, dass Polizeibeamte nicht betreten, vier Häftlinge, ohne das Sande etwas hätte machen können, um es zu verhindern. Das dokumentiert das chaotische Klima, das an diesem Ort herrscht, ohne dass sich die Behörden darum kümmern. Die Gefängniswärter machen weiter, ohne die Situation unter Kontrolle zu haben. Das schlechte sanitäre Versorgung hält weiter an. Dieses wurde vergangene Woche vom Innenministerium vor der Menschenrechtskommission angezeigt.

Die Gefangenen leiden an AIDS, Krätze und Tuberkulose, und man fürchtet, dass eine Hepatitis-Epedemie ausbrechen könnte. In diesem Jahr starben in den Gefängnissen Uruguays bereits elf Personen, sechs davon in dem Gefängnis Libertad, drei in Comcar, eine im Gefängnis Rivera und eine andere in Paysandú.

 

NICARAGUA

Frauengruppen laden Kardinal Obando vor

(Managua, 17.April 2002, sem-poonal).- Nicaraguanische Frauen-Nichtregierungsorganisationen (NGO) haben Kardinal Obando eine Vorladung zu einem Termin geschickt. Er soll Beweise für das angebliche Komplott gegen ihn vorlegen. Im letzten Monat hatte Obando behauptet, dass Regierungsvertreter während einer Reise in den Vatikan von Papst Johannes Paul II die Absetzung des Kardinals gefordert hätten. In einer Presseerklärung bezichtigen die Frauenorganisationen die Geschichte des Geistlichen als „Fiktion“.

Die nicaraguanischen Feministinnen ziehen den Vergleich zu einem vermeintlichen Komplott im vergangenen Jahr, wo Kardinal Obando behauptet hatte, dass die Feministinnen ihn „eliminieren“ wollten. Im April 2001 hatten feministische Organisationen von der katholischen Kirche verlangt, ihre Meinung zu Themen wie Sexualität und Reproduktion zurückzuhalten, da diese in die Kompetenz des Staates fallen würden und dieser schließlich laizistisch sei.

Später sprach Kardinal Obando von einem Komplott „gegen jene, die das Leben verteidigen und gegen Abtreibung kämpfen“. Er behauptete, Beweise zu haben, weigerte sich aber, diese zu vorzulegen.

Nach Meinung der Frauenorganisationen geschieht diesmal dasselbe wie letztes Jahr. Auch hier gibt Obando weder die Namen der Verantwortlichen für das neue Komplott, das „den Diener von seiner Aufgabe entfernen soll“. Noch lieferte er andere Beweise. Die Frauen-NGO sind nicht bereit, sich länger mit Geschichten abspeisen zu lassen und fordern deshalb den Kardinal auf, endlich Beweise zu liefern, und zwar für beide Beschuldigungen.

 

PANAMA

Militärcamp wird zum Tourismus-Projekt Wo einst General Noriega Rekruten ausbildete, empfangen Indigenas Ökotouristen

Von Larry Luxner

(Changuinola, 17. April 2002, npl).- Wenn in Hollywood wieder einmal ein Kriegsfilm gedreht werden sollte, wäre Wekso – eine Ruinenstadt mitten im Dschungel Panamas – durchaus als Schauplatz zu erwägen. Zwischen riesigen Bäumen, reißenden Flüssen und umgeben von den unwirklichen Geräuschen des Regenwaldes finden sich die Reste einer verlassenen Militärbasis. Die wenigen Zementhäuser und die Schlafbaracken sind wie die Trainingsanlagen in der Umgebung vom wuchernden Grün bedeckt.

In diesem entlegenen Winkel der panamaischen Provinz Bocas del Toro ließ General Manuel Noriega 1983 ein 125 Hektar großes Militärareal samt Überlebens-Ausbildungscamp errichten. Der damalige starke Mann Panamas nannte diesen Stützpunkt kurz Panajungla. Sechs Jahre lang unterrichteten panamaischen und US-amerikanische Ausbilder hier Soldaten aus über zehn lateinamerikanischen Staaten. Zeugenberichten zufolge soll es oft sehr brutal zugegangen sein: Die jungen Rekruten wurden per Hubschrauber eingeflogen und mussten sich zuerst einmal 60 Tage nur mit einer Machete bewaffnet im Urwald durchschlagen. Viele kamen nie zurück, andere überlebten das harte Training oder die Einsamkeit nicht.

Nicht diese unmenschliche Praxis besiegelte das Schicksal von Panajungla, sondern das Ende der guten Beziehungen zwischen Noriega und Washington. Aus dem einstigen CIA-Mann wurde der meistgesuchte Drogenhändler der Region. Als die USA 1989 in Panama intervenierten und den General in die Vereinigten Staaten brachten, verließen Noriegas Soldaten das Ausbildungscamp.

Noch heute ist am Eingang des Areals die Inschrift „Gott und der Urwald beschützen uns“ zu lesen. Doch statt Soldaten sind hier jetzt Indigenas der Naso-Gemeinden am Werk: Zusammen mit Beratern der Umweltorganisation Conservacion Internacional (CI) haben sie begonnen, aus den Ruinen ein Projekt für Ökotourismus und traditionelle Heilkunst zu entwickeln. Die zumeist ausländischen Besucher, so der Plan, sollen die Einkünfte der Naso-Gemeinden aufbessern, während zugleich eine Schule errichtet wird, in der drei Medizinmänner 30 Studenten in traditioneller Medizin und der Nutzung lokaler Heilpflanzen unterrichten.

Von Vorteil für das Ökoprojekt ist, dass die Ruinenstadt Wekso mitten in den 207.000 Hektar Regenwald an der Grenze zu Costa Rica liegt, die – immerhin zehn Prozent des Territoriums Panamas – Ende der 80-er Jahre zum Naturschutzgebiet erklärt wurde. „Es hat fast zwei Jahre gedauert, bis wir mit den Naso über die Umsetzung des Projektes einig wurden,“ erinnert sich Manuel Ramirez, Leiter von CI in Zentralamerika. Derzeit leben rund 3.300 Naso-Indigenas in elf Gemeinden, die von dem König Tito Santana regiert werden, dem wohl einzigen amtierenden Monarchen Lateinamerikas. Die Gespräche waren so langwierig, weil der König die einzige Verbindung der Naso zur Außenwelt ist, und er sehr darauf bedacht ist, ihre Interessen zu vertreten.

„Die Einzigartigkeit von Wekso liegt in der Kombination von drei Elementen: Der Nationalpark, die Ruinen einer Survival-Schule und eine Konzeption, die auf die Interessen einer Indigena-Gemeinde ausgerichtet ist,“ begründet Sabrina Bini den Optimismus, Ökotouristen bis in diesen abgelegenen Dschungel zu locken. Zudem sei dies die erste Initiative in Zentralamerika, bei der ein Unternehmen dieser Art ausschließlich von Indigenas geleitet wird, erklärt die italienische Anwältin, die das Projekt im Auftrag der Umweltaktivisten von CI berät.

Um nach Wekso – was in der Nano-Sprache soviel wie „Ort wo der Baum wächst“ bedeutet – zu gelangen, fliegen die Touristen von Panama-Stadt aus erst mal 90 Minuten nach Changuinola. Weiter geht's im Bus über Sandpisten ans Ufer des Teribe-Flusses, von dort noch mal gut eine Stunde im Motorkanu bis an den Pier von Wekso. Hier gibt es nur recht einfache Unterkünfte, zumeist strohbedeckte Hütten mit Hängematten oder Pritschen. Durchschnittlich kostet der Aufenthalt inklusive Transport und Verpflegung gut 50 US-Dollar. Dafür erleben die Besucher den Regenwald hautnah und erfahren den Kontrast zwischen einem Militärcamp und den Naso-Gemeinden, von denen sie verpflegt werden.

Bini hofft, dass spätestens in einem Jahr mindestens 20 Touristen monatlich das Projekt besuchen werden. Dann wäre auch die Ausbildung der Mitarbeiter von ODESEN, der Naso-Institution, die das Gesamtprojekt leitet, abgeschlossen. CI konnte das panamaische Tourismusinstitut dazu bewegen, vor Ort Kurse für Englisch, Betriebsleitung und ökologischen Tourismus zu finanzieren. Doch zugleich befürchten einige in den Gemeinden, dass es zu viele Touristen werden könnten. Falls bestimmte Gemeinden mehr besucht werden als andere, könne es zu Streitigkeiten kommen. Dennoch: „Ich glaube, dass der Tourismus helfen wird, den bescheidenen Lebensstandart unserer Familien zu verbessern,“ hofft Raul Quintero, einer der neun Mitarbeiter von ODESEN.

 

PARAGUAY

Ex-Präsident Wasmosy muss ins Gefängnis

(Asunción, 18. April 2002, na-poonal).- Ein paraguayischer Richter verurteilte am 12. April den ehemaligen Präsidenten Juan Carlos Wasmosy (1993-98) zu vier Jahren Gefängnis wegen der illegalen Transaktion von Staatsgeldern, um den Konkurs einer Privatbank im Jahre 1997 abzuwenden.

Wasmosy verstieß gegen das Gesetz, als er die Weiterleitung von 20 Millionen US-Dollar von der staatlichen Bank zur sozialen Sicherung, dem Instituto de Prevensión Social (IPS), an die Entwicklungsbank genehmigte. Ursprünglich hatte die IPS lediglich die 20 Millionen Dollar weitergeleitet. Wasmosy aber veranlasste außerdem, dass 80 Prozent der Aktienanteile gekauft wurden. Bei dem Vorgang verlor der Staat an die 40 Millionen Dollar.

Richter Jorge Bogarín verurteilte den ehemaligen Finanzminister Juan Carlos Facetti zu 2 1/2 Jahren Gefängnis. Der ehemalige Wirtschaftsminister Ubaldo Scavone wurde dagegen freigesprochen. Obwohl das paraguayische Gesetz vorsieht, dass Gefängnisstrafen von unter fünf Jahren auch in eine Geldbuße oder einen Hausarrest umgewandelt werden können, bestand die Staatsanwaltschaft darauf, dass der ehemalige Mandatsträger Wasmosy seine Strafe im Gefängnis absitzen soll.

 

LATEINAMERIKA

Wo Menschenrechtler ermordet werden 90 Prozent aller Fälle finden in Lateinamerika statt

(Montevideo, 21. April 2002, recosur-poonal).- Im Jahr 2001 wurde Lateinamerika Zeuge von 30 der weltweit 34 zur Anzeige gebrachten Morde an Menschenrechtlern. Somit fanden 90 Prozent aller Fälle im vergangenen Jahr in dieser Region statt, teilte Hina Jilani, die stellvertretende UN-Generalsekretärin, mit.

Die aus Pakistan stammende Jilani bestätigte, dass insgesamt 160 Angriffe gegen Menschenrechtler zur Anzeige gebracht wurden, wobei es sich bei 118 um Mitglieder von Nichtregierungsorganisationen (NGO) handelte.

Hina Jilani brachte zudem ihre Sorge darüber zum Ausdruck, dass in 53 der 160 Fälle Polizeibeamte direkt an den Übergriffen beteiligt waren. Zudem bestehe oft Einverständnis zwischen Polizisten verschiedener Länder und den Mördern bzw. Folterern der Menschenrechtsaktivisten.

„In diesem Zusammenhang ist die Straflosigkeit bei Verstößen gegen die Menschenrechte ein schwerwiegendes Problem, vor allem bei denen, die nicht von Staatsorganen begangen wurden“, sagte die Stellvertreterin Kofi Annans. Ebenso erklärte sie: „Die Behörden haben ein nicht akzeptables Maß an Toleranz gegenüber den Aktivitäten bewaffneter Gruppen, Paramilitärs, Sicherheitsdiensten und bewaffneten Milizen gezeigt.“

32 der angezeigten Fälle richteten sich gegen Anwälte, 22 gegen Gewerkschafter, 20 gegen Aktivisten für die Wahrung der Rechte der indigenen Bevölkerung und elf gegen Journalisten. Zudem werden die Aktivitäten von Bauernverbänden, Umweltschützern, sowie von Verteidigern religiöser, ethnischer und geschlechtspezifischer Minderheiten, ebenso wie die von Studenten, Lehrern und Intellektuellen, aber auch Parlamentariern, die sich für Menschenrechte einsetzen, unterdrückt, beklagte Hina Jilani.

Insgesamt wurden im letzten Jahr 34 Menschenrechtler ermordet. Acht von ihnen fielen Attentaten zum Opfer, zehn verschwanden und sieben wurden gefoltert. Jinali fügte hinzu, dass sich jedoch die Verfolgung von Menschenrechtlern, insbesondere von NGO-Mitgliedern, nicht auf die so genannten Entwicklungsländer beschränke.

Nach dem 11.Septemmber hätten viele Länder wie z.B. die USA, Russland, Großbritannien, Australien, Indien, Pakistan, Thailand, Nepal und andere ihre Antiterrorismusgesetzgebung ausgeweitet. Dies habe zur Konsequenz, dass die Menschenrechtsstandards, die von NGO in aller Welt verteidigt würden, erodiert seien.

 

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