Deutsche Ausgabe des wöchentlichen Pressedienstes lateinamerikanischer Agenturen vom 29. Juni 2004

Inhalt


GUATEMALA

Guatemala

HAITI

KOLUMBIEN

ECUADOR

ARGENTINIEN

PARAGUAY

PARAGUAY-PERU

BOLIVIEN

BOLIVIEN-CHILE

CHILE

LATEINAMERIKA

Der Honduraner Rafael Alegria ist Generalsekretär


GUATEMALA

Anzahl der aus Mexiko abgeschobenen Personen steigt

(San Marcos, 18. Juni 2004, cerigua-poonal).- Die Anzahl der aus Mexiko ausgewiesenen Männer und Frauen, die ursprünglich aus Honduras, El Salvador und vor allem aus Guatemala kamen, steigt täglich. Laut Aura Cifuentes von der Anlaufstelle für Migrant*innen in der Gemeinde El Carmen in Malactán im guatemaltekischen Landkreis San Marcos, seien die meisten Vertriebenen stark unterernährt, was sich nachteilig auf ihre körperliche und geistige Gesundheit auswirke. Die Migrant*innen werden an der Grenze ausgesetzt und müssen von dort zu ihren Herkunftsorten zurückkehren. Cifuentes beklagt, dass viele der Migranten Frauen und Jugendliche sind, die oft Opfer von Gewalt und Missbrauch durch die mexikanischen Migrationsbehörden und die Polizei werden.

Laut Daten, die von der Casa del Migrante (Haus des Migranten) angepasst und vom staatlichen mexikanischen Migrationsinstitut bereitgestellt wurden, hat die mexikanische Regierung im Jahr 2003, 174.180 Zentralamerikaner*innen ausgewiesen. Das sind 63.607 Personen mehr als im Vorjahr. Letztes Jahr wurden 75.780 Guatemaltek*innen, 65.320 Honduraner*innen, 28.570 Salvadorianer*innen, 1.050 Nicaraguaner*innen und 3.460 Personen anderer Nationalitäten zurückgewiesen.

Guatemala

Verfassungsgericht sagt nein zur Entschädigung der PAC

(Guatemala-Stadt, 22. Juni 2004, cerigua).- Das Verfassungsgericht (Corte de Constitucionalidad) hat Entschädigungszahlungen an die ehemaligen zivilen Selbstverteidigungspatroullien (PAC) für rechtswidrig erklärt. Trotz dieser Niederlage vor Gericht präsentierte der Abgeordnete der Patriotischen Partei (Partido Patriota) und Ex-Militärangehörige Otto Pérez Molina eine Gesetzesinitiative, welche die Leistungen legalisieren soll.

Das Gericht erklärte die Zahlung in Höhe von ca. 400 Millionen der PAC als verfassungswidrig. Sie waren vom ehemaligen Präsidenten der Republik Alfonso Portillo der PAC als Entschädigung angeboten und in den Regierungsbeschlüssen 228-2003 und 556-2003 festgelegt worden. Das höchste Verfassungsorgan befand, dass dem ehemaligen Präsidenten keine Entscheidungskompetenz bezüglich der Verteilung der Haushaltsposten der Regierungsperiode 2003-2004 zustand, dies sei verfassungsrechtlich der Legislative vorbehalten.

Mario Polanco von der Gruppe Gegenseitige Unterstützung (Grupo de Apoyo Mutuo GAM) erklärte seine Zufriedenheit mit dem Urteil. Es käme einer Rehabilitation der Opfer des Bürgerkrieges durch die Justiz gleich. Die „Entschädigung“ der ehemaligen PAC Mitglieder war eine Beleidigung, da sie diejenigen, welche Schikanierungen begangen hatten noch prämierte.

Ex-General und Abgeordneter der Patriotischen Partei und ehemaliger Sicherheitsbeauftragter der Regierung Otto Pérez Molina sagte, dass seine Fraktion dem Kongreß eine Gesetzesinitiative präsentieren werde. Diese soll fünf Artikel für die Zahlungen an die ehemaligen PAC Mitglieder enthalten. Er argumentierte, dass das Urteil sich nur gegen die frühere Vorgehensweise richte, nicht aber gegen ein Recht auf wirtschaftliche Entschädigung.

Die Haltung von Pérez Molina wurde von Polanco kritisiert. Er unterstrich, dass die Verfassung Guatemalas deutlich erkläre, dass “ weder ein Guatemalteke noch ein Ausländer einen Anspruch auf Entschädigungsforderungen habe für seine Beteiligung an Unruhen oder anderen bewaffneten Konflikten“.

Als Reaktion auf die Entscheidung des Verfassungsgerichts erklärten die ehemaligen Paramilitärs neue Maßnahmen zu ergreifen. Sie wollen dem Gericht und der Regierung beweisen, dass sie kein Spielzeug sind und bereit seien „bis zum Ende zu kämpfen“ , um das Angebot Portillos in Geld umzusetzen.

HAITI

Keine Hilfe von den Besatzungsstreitkräften für die Notstandsgebiete

(Montevideo, 24.Juni 2004, púlsar).- Das Büro für die Koordination humanitärer Aktionen bestätigte, dass einen Monat nach den Überschwemmungen in Haiti, die Überlebenden immer noch keine Lebensmittel erhalten hätten und Epidemien drohen würden. Doch die anwesenden US-amerikanischen Militärs leiste bei den Hilfsaktionen für die Opfer keinerlei Unterstützung.

Laut der Organisation bekämen die Vereinten Nationen von den USA keine Hubschrauber gestellt, um den Geschädigten Hilfe leisten zu können. Nach dem 2.Juni habe keinerlei Möglichkeit bestanden, ein Luftschiff der Multinationalen Eingreiftruppe zu benutzen, die von der Besatzungsmacht USA geleitet wird. Die Multinationale Eingreifstruppe übertrug die Befehlsgewalt zur Stabilisierung der Situation in Haiti Anfang Juni an die Vereinten Nationen. Der mit der Mission beauftragte brasilianische General Heleno Ribeiro erklärte, dass er keine Kontrolle über die Operation habe.

Ribeiro bekundete seine Machtlosigkeit, Hubschrauber einzusetzen, um Menschenleben der von der Naturkatastrophe betroffenen Bevölkerung retten zu können. Das einzige Mal, dass diese lebensrettende Zusammenarbeit gelang, war am 10.Juni, als das Programm der Welthungerhilfe 15 Tonnen Nahrungsmittel und 600 Liter Trinkwasser in die betroffenen Gebiete schickte. Bis jetzt konnte die Welthungerhilfe nur mit einem Flugzeug der britischen Abteilung für internationale Entwicklung rechnen. Mit ihm konnten in den letzten drei Wochen 200 Tonnen an Nahrungsmitteln verteilt werden.

Das Kinderhilfswerk UNICEF hat täglich 8.000 Nahrungsmittelrationen an Kinder und werdende Mütter verteilt. Die Weltgesundheitsorganisation und ein Team kubanischer Ärzte haben in den Ortschaften Mapou, Fonds -Verretes, Bodari und Thiotte Labore zur Seuchenüberwachung eingerichtet. Durch die Unwetter in den letzten Maitagen, die Lawinen und Erdrutsche verursachten, starben in Haiti mehr als 1700 Menschen und in der Dominikanischen Republik 500 Menschen.

KOLUMBIEN

Präsident Uribe greift Menschenrechtsgruppen an

Von Evandro Bonfim

(Bogota, 18. Juni 2004, adital-poonal).- Die Menschenrechtsorganisation Amnesty International (ai) wehrt sich gegen Angriffe der Regierung von Uribe. In einer Presseerklärung heißt es dazu: "Anstatt auf die begründeten Sorgen der internationalen Gemeinschaft bezüglich seiner Politik einzugehen, zieht es Präsident Álvaro Uribe scheinbar vor, die Aufmerksamkeit der Öffentlichkeit durch Angriffe auf Menschenrechtsgruppen abzulenken.” Bereits seit einiger Zeit sehen sich Menschenrechtsgruppen Angriffen von Seiten der Regierung ausgesetzt, zuletzt auch Amnesty International.

Die neuen Anschuldigungen Uribes beziehen sich auf die Äußerungen von ai zum letzten, grausamen Massaker im kolumbianischen Bürgerkrieg zwischen Armee und Guerillagruppen. Am 15. Juni wurden 34 Bauern und Bäuerinnen in La Gabarra enthauptet. Staatliche Stellen machen die Guerillaorganisation Revolutionäre Streitkräfte Kolumbiens FARC für den Überfall verantwortlich. Die Regierung spricht im Rahmen ihrer "Plan Colombia"-Strategie von einem Kampf zwischen Guerilla und Paramilitärs um Coca-Anbaugebiete.

Die Angriffe auf ai fallen zeitlich mit dem Versuch der kolumbianischen Regierung zusammen, mehr Unterstützung für den Dialog mit paramilitärischen Gruppen und dem geplanten Friedensprozess mit der Guerillaorganisation "Nationales Befreiungsheer" ELN zu finden. Das Abkommen Uribes mit den paramilitärischen Gruppen sieht unter anderem die Schaffung einer Sicherheitszone vor, in der diese weder gerichtlich verfolgt noch verurteilt werden können.

"Amnesty International erwartet von der internationalen Gemeinschaft, dass diese nicht in ihren Bemühungen nachgibt und darauf besteht, dass es nicht zu Straffreiheit für die Verantwortlichen für Menschenrechtsverbrechen kommen darf.", so die ai-Presserklärung.

Am Tag nach dem Massaker stellte Präsident Uribe die Unparteilichkeit Amnesty Internationals in Frage: "Amnesty soll sich aussuchen, mit wem sie sich verbündet. Ob sie sich mit jenen verbündet, die 34 Bauern in La Gabarra enthauptet haben. Ob sie sich mit den Terroristen verbündet, die unsere Polizisten und unsere Soldaten umgebracht haben und ihren Familien Leid und Trauer brachten oder ob sie sich mit den kolumbianischen Behörden verbündet und diese respektiert."

Für ai stellt das Geschehen in La Gabarra "einen verabscheuungswürdigen Akt dar und sollte es sich bewahrheiten, dass die Menschen im wehrlosen Zustand massakriert wurden, so wäre dies eine sehr ernste Verletzung des internationalen Menschenrechts, ein Kriegsverbrechen". Deswegen "fordert ai, dass der Fall eingehend untersucht wird, dass die Verantwortlichen vor Gericht gestellt und die Behörden den Überlebenden und Familienangehörigen der Opfer Schutz gewähren und humanitär versorgen", ganz unabhängig davon, ob hinter der Tat die Guerilla, Paramilitärs oder Soldaten stehen.

Die Anschuldigungen der Regierung dienen unter anderem dazu, Menschenrechtsorganisationen des Landes zu verweisen, die staatliche Menschenrechtsverletzungen in Kolumbien untersuchen. Erst vor kurzem hat Uribe den Teilnehmer*innen der "Internationalen Brigaden für den Frieden" mit der Ausweisung gedroht. Diese sehen sich in den Dörfern, denen sie humanitäre Hilfe bringen, immer wieder Überfällen von Paramilitärs ausgesetzt. "Wieder einmal sehen wir, wie diese Regierung versucht, den Menschenrechtsgruppen die Legitimität abzusprechen, um die tatsächlichen Ausmaße der Menschenrechtskrise im Land und ihre eigene Verantwortung darin zu verbergen.", klagt ai an.

ECUADOR

Chevron Texaco will nicht allein bezahlen

(Montevideo, 18. Juni 2004, púlsar).- Das Unternehmen Chevron Texaco hat Klage gegen seinen ehemaligen Partner, den ecuatorianischen Staatsbetrieb Petroecuador, erhoben. Petroecuador soll demnach Teile die Entschädigungssumme übernehmen, die die Indígenas sowie spätere mestizischen Siedler der Amazonasregion im Rechtstreit mit dem Unternehmen errungen haben. Ricardo Reis, Vizepräsident für die lateinamerikanische

Produktion und Rechtsberater des US-amerikanischen Unternehmens sagte, die Klage sei Mitte Juni in New York öffentlich bekannt geworden und die vorausgegangenen "Urteile sind nicht anfechtbar, sondern endgültig und für beide Seiten bindend".

Das Unternehmen Chevron Texaco, ehemals nur Texaco, war Partner von Petroecuador bei der Ausbeutung von Ölvorkommen in der ecuatorianischen Amazonasregion zwischen 1972 und 1990. Die Indígenas sowie Mestizen der Region erhoben später Anklage gegen Texaco aufgrund der ökologischen Schäden, die an Wäldern und Flüssen verursacht worden waren, und die Todesfälle bei Personen und Tieren und wirtschaftlichen Einbußen zur Folge hatten. Die 30.000 Kläger werfen Texpet, einem Subunternehmen Texacos, vor, während der Ölförderung zwischen 1972 und 1992 18.500 Millionen Gallonen kontaminierte Abwässer in die Flüsse geleitet zu haben. Das transnationale Unternehmen fordert nun, dass sich Ecuador an den zu zahlenden Millionenentschädigungen beteiligt.

ARGENTINIEN

Argentinien verweigert der Europäischen Union Fischereirechte

(Montevideo, 23. Juni 2004, púlsar).- Die argentinische Regierung hat ein Gesuch der Europäischen Union (EU) um Fischereirechte in argentinischen Küstengewässern abgelehnt. Mit diesem Beschluss soll die maritime Fauna geschützt werden, die im letzten Jahrzehnt stark überfischt worden ist.

Die EU hatte bei den Mitgliedsstaaten der südamerikanischen Freihandelszone Mercosur angefragt, das Thema in die Verhandlungen um ein eventuelles Handelsabkommen zwischen den beiden Wirtschaftsblöcken aufzunehmen, dessen Unterzeichnung für kommenden Oktober angesetzt ist. Die argentinische Regierung lehnte den Antrag jedoch aufgrund der Überfischung, die während der von Ex- Präsident Carlos Menem vertretenen Handelsliberalisierung beinahe zur Erschöpfung der maritimen Ressourcen führte, ab. Der Agrarminister Miguel Campos bezeichnete die Erteilung einer Fischereikonzession als unmöglich, da aktuell eine maximale Nutzung der Ressourcen vorliege.

Die Regierung Néstor Kirchners bestätigt, dass die anderen Länder der südamerikanischen Freihandelszone Mercosur die Position Argentiniens unterstützen, und dass weder Brasilien noch Uruguay die Forderungen und intensiven Bestrebungen der Europäer akzeptieren. Hinter dem Blick der Europäer auf die südamerikanischen Gewässer verbergen sich ursächlich große Schwierigkeiten bei der Verteilung von Fischereiquoten innerhalb der EU. Die europäischen Fangflotten sind riesig – wie zum Beispiel die von Spanien – und aufgrund der starken EU-Beschränkungen unterbeschäftigt. Die ablehnende Haltung Argentiniens lässt sich teilweise auf ein 1994 mit der EU geschlossenes Abkommen zurückführen, das großen spanischen Schiffen Zugang zu nationalen Gewässern gewährleistete und eine exzessive Befischung sowie den daraus resultierenden Schwund der Fischbestände zur Folge hatte. Außerdem untersucht die argentinische Justiz derzeit die damaligen Konzessionen auf mögliche Formfehler.

PARAGUAY

Ex-Putschist Lino Oviedo bald vor Gericht

(Montevideo, 18. Juni 2004, púlsar).- Lino Oviedo, einer der umstrittensten Staatsmänner Paraguays, wird am 29. Juni aus seinem brasilianischen Exil in sein Heimatland zurückkehren. Der Präsident des Militärgerichts Porfirio Ramírez versicherte, dass der ehemalige General im Militärgefängnis Viñas-Cue in Verwahrung genommen werde.

Oviedo wurde ins Land geholt, nachdem eine Radioaufnahme öffentlich wurde, in der er seine Anhänger zum Aufstand anstachelte. In der von Radio 1000 ausgestrahlten Aufnahme spricht Oviedo von Aufstand und Verfassungsbruch. Vizepräsident Luis Castiglioni sagte, dass das ehemalige Heeresoberhaupt "die ganze Härte des Gesetztes spüren" werde und Oviedo "sich sehr täuschen werde, sollte er davon ausgehen, wieder das alte und korrupte Paraguay anzutreffen". Der ehemalige paraguayische Militär beschwichtigte hingegen, nur nach Paraguay zurückkehren zu wollen, um seine Unschuld vor Gericht zu beweisen. Oviedo wurde von der paraguayischen Justiz wegen eines Putschversuches im April 1996 zu zehn Jahren Haft verurteilt. Er wird sich auch wegen dem Mord an Vizepräsident Luis María Araña im März 1999 und der Ermordung von sieben Studenten auf der Plaza del Congreso bei Protesten im Jahr 1999 verantworten müssen.

PARAGUAY-PERU

Lehrerstreiks in Paraguay und Peru

(Asunción, 24. Juni 2004, adital-poonal).- Lehrer und Dozenten in Paraguay und Peru streiken für höhere Löhne. Die Lehrkräfte in Paraguay befinden sich seit dem 21. Juni im Streik und fordern neben einer Bezahlung ehrenamtlich arbeitender Lehrer eine allgemeine Gehaltserhöhung von 35 Prozent. Vor allem an kleinen Landschulen arbeiten viele Lehrer unentgeltlich. Die Regierung bot Gehaltszahlungen für diese Lehrkräfte und eine fünfprozentige Erhöhung aller Gehälter an. Die Gewerkschaftsführer der Lehrergewerkschaften UNE (Unión Nacional de Educadores) und FEP (Federación de Educadores del Paraguay) wiesen das Angebot jedoch zurück.

Lediglich zwei Punkte des Regierungsvorschlags, die nichts mit der unmittelbaren Bezahlung durch den Staat zu tun haben, wurden von den Gewerkschaftern akzeptiert. So soll künftig die Zusatzvergütung, die viele Lehrer erhalten, auf die Rente angerechnet werden. Darüber hinaus soll die Frist zur Einschreibung in das Rentenprogramm bis 30. Dezember 2004 verlängert werden. Seit dem Jahr 2000 hat es keine Gehaltserhöhungen gegeben. Die Lehrer werden erneut aus allen Teilen des Landes nach Asunción reisen, um sich auf der Plaza Uruguaya zu versammeln und gemeinsam mit den Gewerkschaftsführern die Protestaktionen fortzusetzen.

In Peru kam es nach mehr als dreitägigen Lehrerstreiks zu schweren Zusammenstößen mit der Polizei. Dabei wurden zwei Lehrer verletzt und 15 Schüler festgenommen. Lehrer aus den elf Landkreisen der Region Ayacucho, die den Streik unterstützen, waren nach Ayacucho gereist und besetzten die Gebäude der lokalen Schulbehörde UGEL (Unidad de Gestión Educativa Local) sowie der für die gesamte Region Ayacucho zuständigen Schulbehörde Dirección Regional de Educación. Außerdem führten sie Demonstrationen und Kundgebungen durch und wollten den Sitz der Regionalregierung besetzen, was aber von rund fünfzig Polizisten verhindert wurde.

In der zentralperuanischen Stadt Huancayo wurden vor den Schulen, die sich dem Streik nicht angeschlossen hatten, Straßensperren errichtet, um die Lehrer zur Teilnahme am Streik aufzufordern. In einigen Fällen wurde dieses Ziel erreicht. Der peruanische Bildungsminister Javier Sota Nadal wies nachdrücklich darauf hin, dass die streikenden Lehrer mit Gehaltseinbußen rechnen müssten. Der unbefristete Streik wird von lediglich einem Flügel der nationalen Lehrergewerkschaft SUTEP (Sindicato Unitario de Trabajadores de la Educación) unterstützt. Der Generalsekretär von SUTEP, Nilver López, lehnte ihn ab. Er hatte einen landesweiten Streik für den 14. Juli angekündigt.

Der Streik richtet sich vorrangig gegen die im Gesetz Nr. 28044 vorgesehene Privatisierung des staatlichen Bildungswesens und fordert von der Regierung die Aufhebung dieses Gesetzes. Eine Privatisierung im Bildungswesen würde die überwiegende Mehrheit der peruanischen Bevölkerung

betreffen, besonders die etwa zwölf Millionen schulpflichtigen Kinder und mehr als 500.000 Beschäftigte des Bildungssektors.

BOLIVIEN

Regierung und Bauern unterzeichneten Einverständnis

(Monteviedeo, 21. Juni 2004, púlsar).- Nach zwei Verhandlungstagen unterschrieben die Regierung und Vertreter der Bauern aus La Paz ein Übereinkommen in acht Punkten. Damit wurde der 21-tägigen Blockade der Nationalstraße 21, die Bolivien mit Peru verbindet, ein Ende gesetzt.

Die Regierung versprach Projekte zur sozialen Absicherung, zur Landreform und zu Menschenrechten zu entwickeln. Es wurde auch eine Übereinkunft unterschrieben, das die Bauern der Region und die Transportunternehmen für die ökonomischen Schäden, die ihnen durch die fast dreiwöchige Blockade entstanden sind, entschädigt. Trotzdem unterstrichen die Bauernführer, dass dieses Übereinkommen nur ein Provisorium sei, weil Themen wie Bildung, Gesundheitsversorgung, Straßenbau, Stromversorgung und Tourismus noch nicht gelöst seien.

Zweiklassenjustiz

(Montevideo, 21. Juni 2004, púlsar).- Führer sozialer Bewegungen in Bolivien bestätigen, dass es im Land eine Zweiklassenjustiz gebe: die offizielle Justiz, die fast immer zu Gunsten der Reichen und Mächtigen urteile, und eine andere, die auf Gemeidebasis für die Armen eingerichtet wurde.

Auf der einen Seite konnte sich Yerko Kukoc, ehemaliger Minister der Regierung Sánchez de Lozada, vor dem Gang ins Gefängnis retten. Er setzte auf die Entschuldigung bei Gericht, die Teil der bolivianischen Gesetzgebung ist. Yerko Kukoc hatte sich für den Raub und die Unterschlagung von mehr als 250.000 US-Dollar verantwortlich erklärt. Der Ex-Minister wird ebenfalls angeklagt, mitverantwortlich für die Tötung von mehr als 80 Bolivianern und Bolivianerinnen während des Volksaufstandes im Oktober 2003 zu sein. Die Justiz will den Fall in einem abgekürzten Prozess zusammenfassen, der rechtlich mit zwei Jahren Gefängnisstrafe enden würde. Laut Stimmen aus den Justizbehörden werde Ex-Minister Kukoc jedoch nicht im Gefängnis landen.

Auf der anderen Seite hat in dem Ort Ayo Ayo eine offene Ratsversammlung aus Gemeindemitgliedern und Bauern die Hinrichtung des ehemaligen Bürgermeisters gerechtfertigt, der zuvor entführt, umgebracht und verbrannt worden war. Die Dorfbewohner hatten Benjamín Altamirano vorgeworfen Gelder der Gemeinde unterschlagen zu haben.

Die Ratsversammlung drohte damit, die Strassen der Hochebene zu blockieren und die Hochspannungsmasten in der Region in die Luft zu jagen, falls der Staat nicht die Mittel für den Landkreis freigebe oder wenn diejenigen Dorfbewohner, die an dem Lynchmord unmittelbar beteiligt waren, ins Gefängnis kommen. "Es wurde für Gerechtigkeit gesorgt", sagten die Bauernführer und erklärten, dass der Ex-Bürgermeister Staatsanwälte, Richter und Polizisten benutzt habe, um seine Gegner und Ankläger verfolgen zu lassen.

Auch in der Ortschaft Magdalena haben Tausende Einwohner das Gefängnis erstürmt, die Zahl der Wachen reduziert und auf einem öffentlichen Platz 20 Minuten lang einen Mann ausgepeitscht, der angeklagt wird, ein 10jähriges Mädchen vergewaltigt zu haben. Die Polizei setzte mit Unterstützung des Militärs Tränengas gegen die Zivilbevölkerung ein und prügelte auf Frauen und Kinder ein, die Gerechtigkeit forderten.

Außerdem warnten in Potosí die Bauernvertreter verschiedener Gemeinden, dass sie wieder auf gemeinschaftlich ausgeübte Justiz zurückgreifen könnten, falls nicht unmittelbar auf die Korruptionsanzeigen gegen einige Bürgermeister reagiert würde.

Auch in Achocalla, einem weiteren Dorf außerhalb von La Paz, droht die Gemeinde dem Bürgermeister damit, dass ihm das Gleiche drohe wie seinem Kollegen aus Ayo Ayo, falls er nicht auf seinen Posten verzichte. Gemeinderatsvertreter aus Achocalla sagten dieses Vorgehen sei ein alter Brauch der Dörfer, die die historische Ungerechtigkeit der öffentlichen Gewalten ertragen müssen.

Die Menschenrechtskommission der Abgeordnetenkammer bemerkte, dass diese Vorkommnisse keine Einzelfälle seien, und dass es mehr als zwei Dutzend ähnlicher Fälle gebe, in denen die Bevölkerung die Justiz selbst in die Hand genommen habe. Die Aktionen der Gemeindevertreter haben die Unterstützung von Felipe Quispe, dem Vorsitzenden der Landarbeitergewerkschaft CSUTCB (Confederación Sindical Unica de Trabajadores Campesinos de Bolivia). "Ich glaube, dass die Schuldigen diejenigen sind, die die Gesetze machen, jene Doktoren, die durch und durch korrumpiert sind und diejenigen die in Straffreiheit entkommen lassen, die das Volk berauben", sagte Quispe.

BOLIVIEN-CHILE

Bolivianische Regierung friert Gaslieferungen nach Chile ein

(Montevideo, 24. Juni 2004, púlsar).- Die bolivianische Regierung unter Carlos Mesa hat beschlossen den Verkauf von Flüssiggas an Chile ab dem 30. Juni wieder einzustellen und zwar solange bis die Forderung nach einem Meereszugang für Bolivien geklärt sei. Die Entscheidung wurde allen Erdöl- und Erdgasunternehmen, die im Land tätig sind durch den Minister für Erdöl und Erdgas Freddy Escobar mitgeteilt. Er erklärte, dass der Beschluss der Regierung, den Export von Flüssiggas nach Chile auszusetzen ein Teil der Strategie "Gas gegen einen Meereszugang" sei. Die Regierung Mesa habe diesen Entschluss gefasst, um die chilenische Regierung dazu zu bringen, die Verhandlungen um einen souveränen Meereszugang für Bolivien wiederaufzunehmen.

Jedoch wurde das Dekret, das den Verkauf von Brennstoffen aussetzt, erst verbreitet, nachdem die Regierung Beschwerden von Abgeordneten über die Erdölfirma Chaco erhalten hatte. Diese exportierte seit 1998 aus Erdöl verflüssigtes Gas GLP(Gas Licuado de Petróleo) in die Region jenseits der Anden. Der Abgeordnete der Partei Nueva Fuerza República Dante Pinto kritisierte, dass die Firma Chaco zwischen Januar und April dieses Jahres 455 Tonnen GLP zu 200 Dollar die Tonne an Chile verkauft hätte, während der Preis im Inland für die gleiche Menge bei 350 Dollar liege.

CHILE

Hungerstreik der politischen Gefangenen beendet

(Montevideo, 24.Juni 2004, púlsar).- Nachdem der chilenische Senat das geplante Begnadigungsgesetz "Ley de Indulto" zurückgewiesen hatte, hoben vier politische Gefangene ihren 74 Tage dauernden Hungerstreik auf. Das Ende des Hungerstreiks wurde unter den Gefangenen abgesprochen, obwohl der Senat ein Gesetzesprojekt der Regierung in seiner Gesamtheit nicht gebilligt hat, welches die Straffreiheit für ungefähr fünfzig Gefangene für Aktionen nach 1990 bedeutet hätte. "Das ist eine gute Nachricht für Chile. Es erlaubt uns hoffentlich vorwärts zu kommen und eine entsprechende Lösung zu finden", sagte der Präsident Ricardo Lagos.

Das Gesetz in der jetzigen Fassung begnadigt nur politische Gefangene, die wegen Delikten die unter das Waffenkontrollgesetz fielen, verurteilt wurden. Für Personen, die Delikte zwischen den Jahren zwischen 1989 und 1998 verübt haben, könnte das Strafmaß um zehn Jahre reduziert werden. 30 politische Gefangene, die mit Hilfe des Antiterrorismus-Gesetzes verurteilt wurden, warten nun auf eine weiter Vorstellung des Begnadigungsgesetzes vor der Verfassungskommission des Senats.

LATEINAMERIKA

Interview mit Rafael Alegria

Der Honduraner Rafael Alegria ist Generalsekretär

Von Rogéria Araujo

(Sao Paulo, 21. Juni 2004, npl).

npl: Hat die internationale Via Campesina-Konferenz, die Mitte Juni im südbrasilianischen Bundesstaat Sao Paulo stattfand, ihre Erwartungen erfüllt?

Rafael Alegria: Es war ein großer Erfolg, sowohl quantitativ wie qualitativ. Über 500 Delegierte aus rund 80 Ländern waren anwesend. Im Zentrum der Diskussion stand die Rolle, die internationale Organisationen wie die Weltbank, der IWF, die Welthandelsorganisation WTO und mittlerweile auch das System der UNO – namentlich die FAO (Ernährungs- und Landwirtschaftsorganisation der UN) und die Unctad (UN-Konferenz für Welthandel und Entwicklung) – inne haben. Unsere Konferenz verurteilte explizit das Wirtschaftssystem, das diese internationalen Finanzorganisationen durchsetzen wollen.

Bei Via Campesina sind wir uns darüber bewusst, dass es inzwischen sehr viele unterschiedliche soziale Bewegungen gibt, von denen einige sogar mit Weltbank und IWF zusammenarbeiten. Mit solchen Gruppen ist eine Allianz für uns ausgeschlossen. Zugleich zeigte sich während der Konferenz, dass unser "Weltweites Netz Sozialer Bewegungen" (Red Mundial de Movimientos Sociales), das vor eineinhalb Jahren in Porto Alegre gegründet wurde, durchaus in der Lage ist, eine gemeinsame Agenda für den Kampf gegen das neoliberale Modell zu formulieren.

npl: Wie beurteilen Sie die Unctad-Konferenz, die zur gleichen Zeit in der Stadt Sao Paulo stattfand?

Rafael Alegria: Wir haben uns von der Unctad-Konferenz mehr erwartet. Sie machte einen ängstlichen Eindruck, offenbar halten die meisten Delegierten eher zur WTO und zu den multinationalen Unternehmen. Angesichts dieses Verhaltens ist die Position der UNO schwer auszumachen, da sie in der Vergangenheit leider eher den Interessen der Industrieländer gedient hat, statt die armen Länder zu unterstützen.

npl: Welche Rolle spielt das Thema Agrarreform bei Via Campesina?

Rafael Alegria: Vor allem in Lateinamerika ist die Agrarreform ein zentrales Problem. In Ländern wie Brasilien, Kolumbien oder Guatemala sind die Probleme des Landbesitzes sogar extrem. Da diese Fragen bislang nicht gelöst wurden, plädieren wir bei diesem Thema für eine kontinentale und darüber hinaus globale Strategie. Bereits vor vier Jahren startete Via Campesina eine globale Kampagne für die Agrarreform, die vor allem eine Unterstützung der Bewegungen im Kampf um Land beinhaltet. Das bedeutet auch Opposition zur Weltbankpolitik, die die Landfrage mittels des Marktes lösen will. Die Frage der Agrarreform ist auch deswegen so wichtig, weil sie nicht nur Kampf gegen Armut bedeutet, sondern auch ein Mittel ist, die Bauern aus der Isolierung, aus der Diskriminierung herauszuholen.

npl: Was unternimmt Via Campesina, damit die Agrarreformen vorangebracht werden?

Rafael Alegria: Zur Umsetzung einer Agrarreform ist der politische Willen der Regierungen notwendig. Aber die meisten Regierungen in Lateinamerika sind neoliberal ausgerichtet, weswegen darf von ihnen keine Initiative in dieser Richtung erwartet werden. Deswegen bauen wir auf die sozialen Bewegungen, die momentan immer stärker werden. Und es ist gelungen, uns auf regionaler, kontinentaler und globaler Ebene zusammenzuschließen. Wir hatten auch auf eine radikal fortschrittliche Agrarpolitik der Regierung Brasiliens unter Präsident Lula gehofft, was aber nicht eintrat. Dennoch, wenn in Brasilien eine Agrarreform versucht wird, kann dies ein Beispiel für andere Länder sein.

Mit Ausnahme von Bolivien in den 50-er Jahren und später Chile gab es in Lateinamerika nie Initiativen von Oben in Richtung Agrarreform. Jeder Schritt in diese Richtung wurde nur durch Mobilisierungen, Widerstand und Besetzungen erreicht. Deswegen halten wir die Strategie der brasilianischen Landlosenbewegung nach wie vor für den richtigen Weg: Widerstehen, besetzen, produzieren.

Herausgeber: Nachrichtenpool Lateinamerika e.V.
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Redaktion in Mexiko: Kristin Gebhardt, Gerold Schmidt, Wolf-Dieter Vogel
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Koordination in Berlin: Birgit Marzinka, Andreas Behn

Übersetzungsteam: Verena Rassmann, Ute Petsch, Uli Dillmann, Thomas Guthmann, Ricarda Franzen, Sylvia Kreuzer, Steffi Ziege, Sebastian Landsberger, René Cofré Baeza, Niklaas Hofmann, Natalie Mutlak, Nicole Heigl, Markus Plate, Mark Schindler, Mareike Hagemann, Lea Hübner, Kristina Vesper, Katharina Braig, Jessica Zeller, Jana Fleschenberg, Ilka Wieland, Henning Alts, Frauke Köhler, Felix Sperandio, Edna Guerrero, David Kobold, Daniel Markus, Christina Klug, Birgit Marzinka, Barbara Walter, Angela Isphording, Anne Demmer, Anja Müller, Andreas Behn

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