Deutsche Ausgabe des wöchentlichen Pressedienstes lateinamerikanischer Agenturen vom 25. Oktober 2005
Inhalt
GUATEMALA
NICARGUA
HONDURAS
KOLUMBIEN
PERU
BOLIVIEN
URUGUAY
LATEINAMERIKA
GUATEMALA
Spanische Justiz ermittelt gegen guatemaltekische Menschenrechtsverbrecher
(Fortaleza, 19. Oktober 2005, adital).- Die spanischeJustiz wird Ermittlungen aufnehmen zu Verbrechen wie Völkermord, Folter, Hinrichtungen und Freiheitsberaubung, die zwischen 1978 und 1986 in Guatemala begangen wurden. Der spanische Verfassungsgerichtshof sprach sich für eine gerichtliche Zuständigkeit Spaniens aus, obwohl unter den Opfern der guatemaltekischen Diktatur keine spanischen Staatsbürger waren. Das Urteil folgt Anträgen, die 1999 von der guatemaltekischen Nobelpreisträgerin Rigoberta Menchú beim Obersten Spanischen Strafgerichtshof gestellt wurden. Dabei wird eine universelle Zuständigkeit für Verbrechen gegen die Menschlichkeit ausgesprochen, die unabhängig von nationalen Interessen gültig ist.
Nach Auffassung von Gustavo Meoño, Mitglied der Organisation „Erinnerung Wahrheit und Justiz“, wird die Entscheidung acht Militärs und Zivilisten betreffen, die des Völkermords angeklagt werden. Als Hauptverantwortlicher gilt der ehemalige Ex-Diktator José Efraín Ríos Montt, während dessen Regierungszeit die meisten Fälle dokumentiert wurden.
Der spanische Oberste Strafgerichtshof verurteilte bereits den argentinischen ehemaligen Marineoffizier Adolfo Scilingo zu 640 Jahren Gefängnisstrafe für Verbrechen gegen die Menschlichkeit, die während der argentinischen Militärdiktatur (1976-1983) begangen wurden. Ein weiterer argentinischer Menschenrechtsverbrecher, der Korvettenkapitän Ricardo Miguel Cavallo, ist seit Juni 2003 in Spanien in Haft. Er wird des Völkermords und der Folter während der Zeit der argentinischen Diktatur angeklagt. Der Prozess gegen Cavallo wird vermutlich Mitte November eröffnet werden.
Berufung gegen Auslieferungsgesuch gegen Ex-Präsident Portillo
(Guatemala-Stadt-Buenos Aires, 19. Oktober 2005,cerigua).- Das Gesuch auf Auslieferung des seit 2004 in Mexiko lebenden guatemaltekischen Ex-Präsident Alfonso Portillo, das Mitte Oktober von Richter Víctor Hugo Herrera angeordnet wurde, könnte sich aufgrund einer eingelegten Berufung erneut verzögern. Die Staatsanwaltschaft wirft Portillo vor, unrechtmäßig 15 Millionen US-Dollar in die Militärkasse transferiert zu haben. Von diesem Betrag landeten 4 Millionen US-Dollar auf dem Privatkonto von José Armando Llort Quiteño, dem Präsidenten der Bank „Crédito Hipotecario Nacional“. Quiteño wird beschuldigt dieses Geld nicht angemessen verwendet zu haben.
Portillos Anwälte argumentieren damit, dass der Transfer der Gelder an das Verteidigungsministerium ein Regierungsbeschluss gewesen sei. Jetzt klage die Staatsanwaltschaft Portillo an, obwohl dieser lediglich seine Pflicht als ehemaliger Präsident erfüllt habe und deshalb keine Verantwortung trage. Der Antrag auf Auslieferung wurde schon im Juli von der Staatsanwaltschaft gestellt, jedoch musste das Verfahren aufgrund einer eingelegten Revision eingestellt werden. Trotzdem hatte das Verfassungsgericht das Verfahren wieder aufgenommen und angeordnet, den Prozess weiterzuführen.
Portillos Verteidiger haben Berufung gegen den Haftbefehl eingelegt. Darüber muss nun eine Berufungskammer entscheiden. Falls die Kammer die Berufung genehmigt, würde die Auslieferungsforderung der Staatsanwaltschaft erneut gestoppt. Falls dem Auslieferungsgesuch vor Gericht statt gegeben wird, muss der Antrag noch vom Außenministerium geprüft werden. Die Unterlagen kämen dann zur mexikanischen Botschaft in Guatemala, von wo aus sie den mexikanischen Justizbehörden übergeben würden. Diese werden dann darüber entscheiden, ob die Auslieferung durchgeführt wird oder nicht.
Portillo lebt seit dem 18. Februar 2004 in Mexiko-Stadt, nachdem er Guatemala vermutlich verlassen hatte, um vor der Justiz zu fliehen. Kurz zuvor hatte ihm das Verfassungsgericht die Immunität als Abgeordneter des zentralamerikanische Parlaments entzogen.
NICARGUA
Zentralamerikanisches Freihandelsabkommen mit den USA ratifiziert
(Buenos Aires, 11. Oktober 2005, púlsar-poonal).-Am 10. Oktober ratifizierte die nicaraguanische Nationalversammlung mit 49 Stimmen Ja-Stimmen den Freihandelsvertrag zwischen den Vereinigten Staaten, Zentralamerika und der Dominikanischen Republik. 37 Abgeordnete der oppositionellen „Frente Sandinista de Liberación Nacional“ stimmten gegen das Abkommen. Die 49 Abgeordneten, die für den TLC stimmten, gehören den Parteien „Partido Liberal Constitucionalista“, „Camino Cristiano“ und „Azul y Blanco“ an. Während der sechsstündigen Parlamentsdebatte wurde in 27 Ausführungen die Konsequenzen des Freihandelvertrages erörtert. Die sandinistischen Abgeordneten versicherten, dass das Abkommen für beinahe 200.000 unabhängigen Produzenten von Mais, Reis, Bohnen, Milchprodukten und anderem, negative Folgen haben werde. „Dies wird ein Kreuzweg für unsere Bevölkerung werden“, meinte Roberto González.
Álvaro Fiallos, der Präsident des Verbandes der Land- und Viehwirte UNAG (Unión Nacional de Agricultores y Ganaderos) sagte, dass die Verabschiedung des Freihandelsabkommens „ein angekündigter Tod“ für die nationalen Produzenten sei. Diese könnten mit dem Saystem der Produktionsförderung der Vereinigten Staaten nicht konkurrieren. In dem Verband sind 75.000 Produzenten organisiert. Die UNAG- Vertreter hatten sich schon seit die Präsidenten die Vereinbarung im Mai 2004 unterzeichneten, gegen das Freihandelsabkommen ausgesprochen. Costa Rica ist jetzt der einzige zentralamerikanische Staat, dessen Parlament den Vertrag noch nicht ratifiziert hat.
HONDURAS
Menschenrechtsverbrechen bei der Bekämpfung der Jugendbanden
(Fortaleza, 20. Oktober 2005, adital-poonal).- DasMenschenrechtszentrum CEJIL (Centro por la Justicia y el Derecho Internacional) und die Reflektions- und Investigationsgruppe der Gesellschaft Jesu in Honduras, ERIC (Equipo de Reflexión, Investigación y Comunicación de la Compañía de Jesús en Honduras) kritisierten vor der Interamerikanischen Menschenrechtkommission CIDH (Comisión Interamerica
na de Derechos Humanos) die Menschenrechtsverletzungen staatlicher Behörden bei ihrem repressiven Vorgehen gegen die Jugendbanden, die so genannten Maras. Sie führten zudem aus, dass Maßnahmen gegen die Maras einen umfassenden und nicht allein repressiven Ansatz erfordern würden.
Die beiden Organisationen bezogen sich in ihrer Kritik auf die jüngsten Gesetzesreformen, die es den honduranischen Behörden erleichtern sollen, gegen die Jugendbanden und ihre Anführer vorzugehen. So wurde z. B. der Straftatbestand Mitgliedschaft in einer kriminellen Vereinigung dahingehend verändert, dass nun auch die kontinuierliche Absicht, dieses Delikt zu begehen, darunter fällt und dass auch das Strafmaß angehoben wurde. Zudem wurde die Möglichkeit abgeschafft, dass Personen, die wegen Mitgliedschaft in einer kriminellen Vereinigung angeklagt sind, sich während des Gerichtsverfahrens in Freiheit befinden. Auch die Möglichkeit Hausdurchsuchungen ohne gerichtliche Anordnung durchzuführen oder die Ausdehnung der Frist, die festlegt bis wann ein Festgenommener dem Richter vorgeführt werden muss, um die Rechtmäßigkeit seiner Festnahme zu überprüfen, fallen unter die jüngsten Reformen.
Weil man versuche schärfer gegen die Maras vorzugegehn, komme es zu willkürlichen Verhaftungen von Jugendlichen, egal ob sie in Beziehung zu den Maras stünden oder nicht. Dies habe zu einem deutlichen Anstieg der Gefängnisinsassen in Honduras geführt. Der Druck auf das ohnehin schon zusammengebrochene Strafvollzugssystem in Honduras werde dadurch noch erhöht. Angesicht dieser Tatsachen, kritisierte der CIDH- Berichterstatter für Kinderrechte Paulo Sérgio Pinheiro, dass das Muster willkürlicher Verhaftungen beibehalten werde, welches er bereits während seines Besuches in Honduras vor einem Jahr festgestellt habe. Er fügte hinzu, dass es in den Gefängnissen in Honduras „Hunderte von Menschen gibt, die nicht eingesperrt sein dürften“.
Nach Daten von CEJIL und ERIC, die der Internationalen Menschenrechtskommission zur Verfügung gestellt wurden, sei das Justiz- und Strafvollzugssystem nicht fähig, die institutionellen, sozialen und finanziellen Auswirkungen der geschilderten Gesetzesreformen zu kontrollieren. Zudem werde die Bekämpfung der Maras in Honduras als Wahlkampfthema benutzt. Verschiedene Politiker hätten versucht, durch das Werben für ein noch repressiveres Vorgehen gegen die Jugendbanden, Stimmen zu gewinnen.
KOLUMBIEN
Verfassungsgericht legitimiert Uribes Wiederwahl
(Buenos Aires, 20. Oktober 2005, pulsar).- Derkolumbianische Verfassungsgerichtshof hat eine Reform der Verfassung gebilligt, die die Wiederwahl Álvaro Uribes zum Präsident des Landes im Jahr 2006 erlaubt. Angesichts des Urteils ruft die Linke zur Einheit in der Opposition auf. Manuel José Cepeda, der Präsident des Verfassungsgerichts sagte, dass das Urteil die Wiederwahl des Präsidenten erlaube und bestätigte damit das von der Regierung am 30. November 2004 erlassene Gesetz. Der Verfassungsgerichtshof erklärte damit eine Reform der Verfassung für gültig, die im vergangenen Dezember auf Gesuch der Regierung vom Kongress verabschiedet wurde. Die Reform schafft erneut die Möglichkeit einer Wiederwahl des kolumbianischen Staatsoberhauptes, die seit dem Jahr 1991 verboten war.
Der amtierende Präsident Álvaro Uribe versicherte, dass „die Verabschiedung des Gesetzes mehr Verantwortung gegenüber der Bevölkerung bedeutet und weniger gegenüber der Geschichte“. Sprecher der Linken dagegen werteten das Urteil als bedauerlich und riefen zur Einigkeit auf, um an den Urnen gegen Álvaro Uribe anzutreten. Der Senator des Unabhängigen Demokratischen Pols (Polo Democrático Independiente), Jaime Dussán, bekräftigte, dass „wir bereit sind, die Kampagne für die Einheit der Linken und des Landes mit dem Ziel weiter zu führen, den Präsidenten im Mai abzulösen“. Uribe unterstrich jedoch, dass sein vorrangiges Ziel „ein solidarisches Kolumbien“ sei, „ohne Hass, ohne Ausschluss, in permanenter aber brüderlicher Debatte“.
CIDH soll sich mit Demobilisierung der Paramilitärs befassen
(Fortaleza, 20. Oktober 2005, adital).- MehrereMenschenrechtsorganisationen haben vor der Interamerikanischen Menschenrechtskommission der Organisation Amerikanischer Staaten (CIDH) über den Stand der Demobilisierung der paramilitärischen Gruppen in Kolumbien sowie die Umsetzung des Gesetzes Nr. 975/2005 (Gesetz für Gerechtigkeit und Frieden) berichtet und einen Antrag zur besseren Überwachung des Prozesses gestellt. An der Petition beteiligten sich das Zentrum für Gerechtigkeit und Internationales Recht CEJIL (Centro por la Justicia y el Derecho Internacional) sowie die kolumbianischen Organisationen Solidaritätskomitee für Politische Gefangene (Comité de Solidaridad con Presos Políticos), die Kolumbianische Juristenkommission (Comisión Colombiana de Juristas), das Anwaltskollektiv „José Alvear Restrepo“, die Interdisziplinäre Gruppe für Menschenrechte (Grupo Interdisciplinario por los Derechos Humanos), die Anwaltsvereinigung „Corporación Jurídica Libertad“, die Kommission Gerechtigkeit und Frieden (Comisión Justicia y Paz), die Frauenorganisation „Ruta Pacífica de Mujeres“, sowie die Menschenrechtsorganisationen „Minga“ und „Corporación Reiniciar“.
Im Rahmen der 123. ordentlichen Sitzungsperiode der CIDH erklärten die Organisationen, dass sie sich einer Verhandlungslösung des bewaffneten Konflikts nicht entgegenstellen würden. Sie seien jedoch mit dem derzeitigen Demobilisierungsprozess nicht einverstanden, weil dieser eine Wiederholung der von den paramilitärischen Gruppen begangenen schweren Verbrechen nicht ausschließe und kein Ende der Menschenrechtsverletzungen garantiere. Weiter brachten sie vor der CIDH ihre Besorgnis darüber zum Ausdruck, dass die politischen und ökonomischen Strukturen, von denen die paramilitärischen Gruppen getragen werden, nach wie vor funktionieren. Die Antragsteller erklärten, die Strategie der Regierung zur Lösung des Konflikts verschleiere die Verantwortung mächtiger Kreise in Politik und Wirtschaft, die letzten Endes die großen Nutznießer der paramilitärischen Aktionen seien.
Der Prozess der Demobilisierung von mehr als 10.000 Paramilitärs hat nicht verhindern können, dass in den ersten sechs Monaten dieses Jahres 389 Menschen von paramilitärischen Gruppen ermordet wurden. Die Demobilisierten leugnen, Verbrechen begangen zu haben. Aus einer Mitteilung in der kolumbianischen Tageszeitung „El Tiempo“ geht hervor, dass der Oberste Justizrat (Consejo Superior de la Judicatura) eingeräumt habe, bei den meisten Demobilisierten sei kein Verfahren anhängig. In den Armenvierteln mancher Städte gehe derweil die Rekrutierung von Jugendlichen für die paramilitärischen Gruppen weiter, ebenso die Ermordungen, Todesdrohungen, das Verschwindenlassen, die Anfeindungen und massiven Vertreibungen, berichteten die Organisationen der kolumbianischen Zivilgesellschaft.
Darüber hinaus befänden sich fünf Millionen Hektar Land, das eigentlich an Bauern zurückgegeben werden sollte, noch immer in den Händen der Paramilitärs. Es gebe keine Garantie dafür, dass das Land im Rahmen dieses Demobilisierungsprozesses zurückgegeben werde. Das Gesetz für Gerechti
gkeit und Frieden enthalte keine wirksamen Mechanismen für eine vollständige Aufklärung der Geschehnisse, die Rekonstruktion der Wahrheit, die effektive Teilhabe der Opfer und Durchsetzung ihrer Rechte sowie für eine ernsthafte Anwendung von Recht und Gesetz, so die Antragsteller vor der CIDH.
Des weiteren äußerten sich die Organisationen zur Tätigkeit der OAS-Unterstützungsmission für den Friedensprozess in Kolumbien MAPP/OEA (Misión de Apoyo al Proceso de Paz en Colombia). Die Mission habe ihren Auftrag, die Einstellung der Feindseligkeiten sowie die Respektierung der Rechte der Opfer zu kontrollieren, nicht erfüllt. In Anbetracht aller aufgeführten Tatsachen stellten die Organisationen den Antrag, die Interamerikanische Menschenrechtskommission möge regelmäßig öffentlich zum Stand des Demobilisierungsprozesses, zur Anwendung des Gesetzes für Gerechtigkeit und Frieden sowie zur Tätigkeit der MAPP/OEA Stellung nehmen. Maßstab für die Einschätzung solle das internationale Menschenrecht sein. All dies solle dazu beitragen, den Abbau der paramilitärischen Strukturen zu garantieren und wirksame Schritte zum Frieden in Kolumbien einzuleiten.
Paramilitärs setzen Demobilisierung aus
(La Paz, 19.Oktober 2005, na).- Vor der angedrohtenAuslieferung einer ihrer wichtigsten Führer an die Vereinigten Staaten, erklärten die paramilitärischen Vereinigten Selbstverteidigungsgruppen AUC (Autodefensa Unida de Colombia) am 6. Oktober die Aussetzung des Demobilisierungsprozesses ihrer Mitglieder. In einer Erklärung verkündete die AUC- Führung „die Unterbrechung der Demobilisierungsagenda bis die Regierung die Regeln des Spieles neu definiert und die nötige Garantie anbietet, um das ernsthaft beeinträchtigte Vertrauen im Rahmen der gegenwärtigen Friedensverhandlungen wieder herzustellen“.
Die Entscheidung der AUC ist die Antwort auf die Erlaubnis von Präsident Álvaro Uribe, den Chef der AUC- Verhandlungsgruppe Diego Fernando Murillo, auch „Don Berna“ genannt, in ein Hochsicherheitsgefängnis zu verlegen. Murillo hatte sich unter polizeilicher Aufsicht auf einem bäuerlichen Landgut im Norden des Landes aufgehalten. Uribe hatte Ende September die Auslieferung Murillos, der des Drogenhandels beschuldigt wird, an die Vereinigten Staaten autorisiert. Solange der paramilitärische Anführer an den Verhandlungen teilnimmt, soll die Maßnahme nicht vollzogen werden.
Seit die AUC im Dezember 2002 den Waffenstillstand erklärten, wurden etwa 11.000 Kämpfer demobilisiert. Geplant war, dass bis Ende dieses Jahres 20.000 Paramilitärs ihre Waffen abgegeben.
PERU
Indígenas drohen mit Besetzung von Gaspipeline
(Fortaleza, 18. Oktober 2005, adital-poonal).- Tausendevon Indígenas sind entschlossen, das Hauptbaulager des Gaspipelineprojekts Camisea im Regenwald in der Nähe von Cusco zu besetzen. Die Indigenas haben bisher keine Antwort auf ihre Forderung bekommen, ihnen Anteile der Förderungsabgaben der Gasgesellschaft zuzugestehen. Laut der Agentur Servindi haben Bewohner von Atalaya am 16. Oktober den Flughafen des Ortes besetzt. Die Demonstranten wollten damit die Protestaktionen radikalisieren und verhindern, dass Lebensmittel und Personal ins Camisea- Basislager gelangen.
Nachdem zuvor schon die Versorgung per Flussweg blockiert worden war, wurde das Unternehmen Plus Petrol beauftragt den Transport per Luft und Land zu betreiben. Den Dorfbewohner von Atalaya, größtenteils Indígenas, gelang es jedoch auch die neue Straße zwischen Atalaya und Satipo zu blockieren. Für Plus Petrol gibt es derzeit keine Zugangsmöglichkeit in der Region, in der die umstrittene Gaspipeline gebaut wird. Die Protestaktionen werden von der regionalen Regierung und den lokalen Behörden von Atalaya unterstützt. Die Aktionen begannen am 30. September mit einer Flussblockade. Dabei wurden 31 Barkassen von Plus Petrol lahmgelegt.
Die Indigenas fordern die Zuweisung von 12,5 Prozent der Abgaben der Gasgesellschaft, als Kompensation für die schweren Schäden im Ökosystem der Region Atalaya. Die Bewohner klagen über Umweltverschmutzung und das Schwinden der hydrobiologischen Naturressourcen. Die Verantwortlichen des Ortes Atalaya und der regionale Präsident aus Ucayali erwarten eine Stellungnahme der Zentralregierung bis zum 30. Oktober. Falls diese ausbleibt, würden sie die Besetzung der Anlagen des Gasprojektes durch Tausende Indígenas in Las Malvinas im Cusco, unterstützen.
BOLIVIEN
Durchführung der Wahl im Dezember gefährdet
(La Paz, 19.Oktober 2005, na-púlsar).- Diefür den 4. Dezember geplanten Wahlen werden sich vermutlich verzögern. Grund ist der Streit um die Verteilung der Sitze im Abgeordnetenhaus. Am 22. September hatte das Verfassungsgericht entschieden, dass der Kongress die Sitze entsprechend den Ergebnissen der Volkszählung von 2001 zu verteilen habe. In seinem Urteil hieß es, die westlichen Provinzen La Paz, Oruro und Potosí müssten die Zahl ihrer Abgeordneten im Kongress reduzieren.
Der bolivianische Kongress besteht aus 130 Abgeordneten, die aufgrund demografischer Kriterien berufen werden, sowie 27 Senatoren, drei aus jeder der neun Provinzen des Landes. Statt zusätzliche Parlamentssitze zu genehmigen, ordnete das Verfassungsgericht eine Umverteilung an, wodurch La Paz, Oruro und Potosí ihre Sitze an die Provinzen Cochabamba im Zentrum des Landes sowie an die östliche Provinz Santa Cruz verlieren werden. Nach dem Urteil des Verfassungsgerichts stehen Santa Cruz nun 26 Sitze, statt der bisherigen 22 zu; Cochabamba solle von 18 auf 20 aufstocken. La Paz hingegen soll seine Abgeordneten von bisher 31 auf 29 reduzieren, Oruro von zehn auf neun, und Potosí von 15 auf 12. Mit der Durchführung dieser Neuerung beauftragte Kongressmitglieder widersetzten sich dem Urteil des Verfassungsgerichtes, ohne zu einer Lösung zu kommen, die insbesondere die Provinzen akzeptieren würden, die ihre Sitze abgeben sollen. Eine Umverteilung nach dem Prinzip „3 plus 3“ würde bedeuten, dass die Provinzen La Paz, Oruro und Potosí zugunsten von Santa Cruz auf je eine/n Abgeordnete/n verzichten.
Die Verhandlungen über eine mögliche Einigung scheiterten Anfang Oktober, dabei wurde die Möglichkeit, die für den 4. Dezember geplanten Wahlen zu verschieben, in Betracht gezogen. Soziale und politische Vertreter der von den Kürzungsaufforderungen betroffenen Provinzen erklärten, sie würden im Notfall öffentliche Proteste mobilisieren, während Santa Cruz damit drohte, nicht an den Wahlen im Dezember teilzunehmen, falls das Urteil des Verfassungsgerichtes nicht in die Praxis umgesetzt werde.
Eine dramatische Zuspitzung erfuhr die Situation durch die Ankündigung des Übergangspräsidenten Eduardo Rodriguez, er werde zurücktreten, falls die Wahlen nicht zum geplanten Termin durchgeführt würden. Damit wäre Bolivien führungslos. In einer am 2. Oktober von Rundfunk und Fernsehen übertragenen Rede setzte Rodriguez dem Kongress ein Ultimatum und erklärte, die Präsidentschaft niederzulegen, falls die Wahlen sich verzögerten. “Sollten die für Dezember geplanten Wahlen und damit die Übergabe der Präsidentschaft nicht termingerecht stattfinden, wäre dies eine Zuwiderhandlung gegen den verfassungsrechtlichen Beschluss und den Willen des Volkes, das mich eingesetzt hat. Als Mann von Recht und Ordnung b
in ich daher verpflichtet, an den Obersten Gerichtshof zurückzukehren. Dies ist meine Pflicht, und diese werde ich zu erfüllen wissen“, erklärte Rodriguez, der sein Amt als Präsident des Obersten Gerichtshofs aufgegeben hatte, um die Präsidentschaft des Landes zu übernehmen, nachdem das Abgeordnetenhaus und der Senat auf eine Nachfolge verzichtet hatten.
Durch Blockaden und massive Proteste war der vorherige Präsident Carlos Mesa (2003 – 2005) zum Rücktritt gezwungen worden. Die Unruhen legten sich, als Rodriguez das Amt übernahm Durch die Aussicht auf Neuwahlen hatten sich die ständigen Konflikte, die für das politische und soziale Leben in Bolivien kennzeichnend sind, im Rahmen gehalten. Bis zur Neuwahl des Präsidenten blieb der Ausbruch massiver Protestbewegungen gegen die Regierung aus. Analysten befürchten, dass Rodriguez’ Rücktritt eine schwere Krise auslösen könnte.
Am 20 Oktober kündigte Rodriguez nun an, ein Gipfeltreffen im Regierungspalast einzuberufen, um die Krise zu überwinden und das Stattfinden der Wahlen am 4. Dezember zu garantieren. Stunden zuvor war das Gipfeltreffen von mehreren Abgeordneten gefordert worden. In den vergangenen Wochen hatten Jorge Quiroga und Evo Morales, die bei Umfragen führenden Präsidentschaftskandidaten, bereits ein Treffen gefordert. Da die erfolglosen und zähen Debatten im Kongress das Zustandekommen der Wahlen zunehmend gefährden, waren diese Anregungen bisher ignoriert worden.
Blockaden gefährden Wahlprozess
(Buenos Aires, 19. Oktober 2005, púlsar).-Angesichts der Uneinigkeit über die Sitzverteilung im bolivianischen Parlament hat die Nationalpolizei vor dem Auftreten sozialer Konflikten gewarnt. Diese könnten den friedlichen Ablauf der Wahlen gefährden. Der Kommandant der Nationalpolizei David Aramayo, gab bekannt, dass die Departments Tarija und Potosí weiterhin blockiert werden. Zudem sei in Oruro, La Paz und Potosí der Notstand ausgerufen worden. Dazu kämen Hungerstreiksposten in Santa Cruz, Camiri, Potosí und Cochabama. In Santa Cruz fordert man, die Zahl der Abgeordneten, die das Department im Parlament vertreten, zu erhöhen. In Camiri fordern Arbeiter aus der Erdölbrache die Nationalisierung von Erdöl und Erdgas und die Umstrukturierung der staatlichen Gas- und Erdölgesellschaft YPFB (Yacimientos Petrolíferos Fiscales de Bolivia). In Potosí und Cochabamba liegen den Streiks regionale Forderungen zu Grunde.
Die Blockaden in Tarija werden hauptsächlich vom Bürgerkomitee San Lorenzo, den Kippwagenfahrern des Südens und der Vereinigung für Transport organisiert. Sie fordern von den zuständigen Behörden den Beginn der Straßenarbeiten von Tarija nach Potosí. Der Präfekt des Departments Abel Cortés meinte jedoch, dass die Präfektur nicht die richtige Adresse für solche Forderungen sei. Es liege auch nicht in den Händen der nationalen Verkehrsbehörde (Servicio Nacional de Caminos) oder der bolivianischen Regierung eine Lösung für dieses Problem zu finden. „Das ist eine Entscheidung,“ so Cortés „die vom andinischen Förderverband und der Bank Broe, den Trägern dieses Projektes getroffen werden muss.“
URUGUAY
„Europa: Öffne deinen Agrarmarkt“
Von Simón Ramírez Voltaire
(Berlin, 19. Oktober 2005, npl).- Der uruguayische Präsident, Tabaré Vázquez, hat in Berlin gefordert, den europäischen Agrarmarkt für Produkte aus Südamerika zu öffnen. Was Uruguay und die Länder des Südens brauchten sei „der Abbau von Zollschranken für unsere landwirtschaftlichen Produkte und ein Ende der europäischen Agrarsubventionen“, sagte der Sozialist Vázquez während eines Aufenthaltes in Deutschland. Die Länder des Nordens hätten jahrelang die kleinen und unterentwickelten Länder dazu angehalten, alle „Türen und Fenster“ für den Weltmarkt zu öffnen: „Von uns wird verlangt, Protektionismus, Importquoten und Subventionen abzubauen. Aber die gleichen Länder, die das von uns fordern, betreiben selbst protektionistische Politik und subventionieren ihre Landwirtschaft.“ Bei einem von der Friedrich-Ebert-Stiftung am Dienstag (18.10.) organisierten Publikumsgespräch forderte Vázquez mehr internationale „Handelsgerechtigkeit“. Länder wie Uruguay sollten jetzt Zugang zu den Agrarmärkten bekommen, für Produkte, mit denen sie international konkurrenzfähig seien.
Gleichzeitig warb die Regierung der Mitte-Links-Koalition „Frente Amplio“ bei deutschen Investoren um Vertrauen. Um die größten Probleme seines Landes – Armut und Arbeitslosigkeit – zu lösen, sei es von zentraler Bedeutung, Investitionen in das Land zu holen. Dabei sollten die Rechte der Arbeitnehmer gewahrt bleiben. Mit sechs Prozent Wachstum biete Uruguay gute Bedingungen für ausländisches Kapital und die Regierung werde alles daran setzen „ein gutes Investitionsklima zu schaffen“, sagte Vázquez. Die uruguayischen Exporte stiegen kontinuierlich an und dieses Jahr werde ein Haushaltsüberschuss von 3,5 Prozent erwartet, sagte der uruguayische Finanzminister, Danilo Astori. Mit den internationalen Finanzinstitutionen – Weltbank, Internationaler Währungsfond und Interamerikanische Entwicklungsbank – habe man sich geeinigt. Sie respektierten seine besondere Verpflichtung gegenüber den Armen.
Dazu gehöre auch der „Notfallplan“, mit dem Uruguay sich den großen Herausforderungen stellen wolle. In der ehemaligen „Schweiz Südamerikas“ lebe ein Drittel unterhalb der Armutsgrenze und der Reichtum konzentriere sich in einer kleinen Oberschicht, so der Präsident. Es gehöre zum Ziel seiner „progressiven Regierung“, nicht nur für Wachstum und Arbeitsplätze zu sorgen, sondern auch den Reichtum besser zu verteilen. „Wir wollen zwar Wachstum – aber nicht, damit die Reichen reicher und die Armen ärmer werden“, sagte dazu der Außenminister Reinaldo Gargano. Der Notfallplan ist auf zwei Jahre angelegt und umfasst hundert Millionen Dollar. Vázquez erläuterte, dass damit zunächst Maßnahmen in den Bereichen Gesundheit und Bildung ergriffen worden seien und mit der Verteilung von Baumaterial werde zur Verbesserung der Wohnqualität beigetragen. Er wolle eine Politik der „sozialen Inklusion“ betreiben und die Rechte der Bürger stärken.
Außenpolitisch ist der Gemeinsame Markt des Südens, MERCOSUR, von herausragender strategischer Bedeutung für die uruguayische Regierung – allerdings ohne gegen die geplante Freihandelszone der Amerikas, ALCA, zu arbeiten: „Wir sind nicht gegen den ALCA. Der ALCA ist ein nachfolgender Schritt, den wir gehen können, wenn die Ungleichheit zu den USA nicht so groß ist wie jetzt“, sagte Gargano. Die Neuaufnahme Venezuelas als Vollmitglied in den MERCOSUR im Dezember begrüßte Gargano als wichtigen Schritt für die Gemeinschaft und die Welt. Ein so großes Land mit seinen großen Ölreserven bedeute ein neues Gleichgewicht innerhalb der Wirtschaftsgemeinschaft. Er wisse, dass in Europa eine diffuse Angst vor Venezuela herrsche, aber: „Venezuela stellt keinerlei Bedrohung dar. Im Gegenteil: Vom Freihandel bis zur Demokratie ist Venezuela ein Gewinn für den MERCOSUR – ein Land, dass der regionalen Integration, dem gemeinsame
n Nutzen und der Freiheit verpflichtet ist.“
LATEINAMERIKA
Steigende Angriffe gegen Gewerkschafter
(Fortaleza, 20. Oktober 2005, adital-poonal).- Die Mordean Gewerkschaftern und die Morddrohungen gegen Gewerkschaftsmitglieder steigen nicht nur in Kolumbien, sondern in ganz Amerika an. Zu diesem Schluss kommt der neueste weltweite Berichts der Internationalen Vereinigung Freier Gewerkschaftsorganisationen CIOSL (Confederación Internacional de Organizaciones Sindicales Libres) über die Verletzung gewerkschaftlicher Rechte.
Im Jahr 2004 wurden in der Region 114 Gewerkschafter getötet, 456 erhielten Morddrohungen und 120 wurden Opfer von Folter und Prügel oder wurden verletzt. Weitere 200 Personen wurden verhaftet und fast Tausend Gewerkschafter wurden willkürlich entlassen. Die meisten dieser Vorfälle fanden nach der Durchführung legitimer gewerkschaftlicher Aktionen statt.
Allein in Kolumbien wurde 445 Gewerkschaftsaktivisten mit Ermordung gedroht und 99 wurden ermordet (neun mehr als 2003). Im Department Arauca wurden drei Gewerkschaftsführer kaltblütig von der Armee getötet. Für zwei der Ermordeten, Héctor Alirio Martínez und Jorge Eduardo Prieto Chamusero, hatte die Interamerikanische Menschenrechtskommission seit dem Jahr 2002 Schutzmaßnahmen angeordnet. Das vergangene Jahr war geprägt von den stetigen und immer gewaltsameren Angriffen seitens der Regierung, der Arbeitsgeber und den Gerichten gegen Tarifverhandlungen, das Streikrecht und das Konzept vom sozialen Dialog. Veranstaltungen am Tag der Arbeit, dem 1. Mai, wurden von der Polizei heftig unterdrückt und zwölf Menschen wurden schwer verletzt.
In Guatemala wurden zwei Gewerkschaftsmitglieder ermordet. Einer davon spielte eine wichtige Rolle bei der Bekämpfung der Korruption auf lokaler Ebene. Auf den anderen war schon früher ein Attentat verübt worden und er war mehrfach bedroht worden. Man hatte ihm angedroht seine Tochter zu vergewaltigen, falls er sich weiterhin für Arbeiterrechte einsetze oder die Regierung aufgrund der Drohungen und des Attentats beschuldige. Obwohl öffentlich bekannt war, dass der Gewerkschafter gefährdet ist, hatte die Regierung keinerlei Schutzmaßnahmen angeordnet. Wie auch in vielen anderen Fällen, brachten die offiziellen Untersuchungen seines Todes kein Ergebnis.
Zwei Mitglieder der paraguayischen Landarbeiterorganisation ONAC (Organización Nacional de Campesinos) wurden ermordet, als die Polizei Feuer gegen den Wagen eröffnete, in dem die beiden Bauern zu einer Kundgebung fuhren. Sie wollten gegen die Nutzung toxischer Substanzen in der Landwirtschaft protestieren. In Brasilien wurde ein bekanntes Mitglied der Gewerkschaft der Landarbeiter an seinem Wohnort ermordet. Gilberto Soto, Mitglied der US-amerikanischen Gewerkschaft „International Brotherhood of Teamsters“ wurde getötet, als er El Salvador besuchte um der lokalen Transportgewerkschaft zu helfen, sich zu organisieren.
In der Dominikanischen Republik wurden während Auseinandersetzungen mit der Polizei im Rahmen eines Generalstreiks, der von der Gewerkschaft und anderen Basisorganisationen organisiert wurde, mehrere Personen verletzt und acht Menschen starben. In Haiti gab es auch nach dem Sturz des Präsidenten Jean-Bertrand Aristide im Februar 2004 noch weitere Angriffe gegen Gewerkschafter. Vor Aristides Sturz waren im Januar schon neun Männer und eine Frau während einer Durchsuchung des Büros der Gewerkschaft festgenommen worden. Die zehn Verhafteten blieben einen Monat in Gefangenschaft. Die neue Regierung entließ Lehrer, die an einem Streik teilgenommen hatten. Ein Vertreter der Busfahrergewerkschaft wurde ermordet.
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