Poonal Nr. 784

Deutsche Ausgabe des wöchentlichen Pressedienstes lateinamerikanischer Agenturen vom 25. September 2007

Inhalt


MEXIKO

GUATEMALA

NICARAGUA

COSTA RICA

KOLUMBIEN

ECUADOR

PERU

BOLIVIEN

PARAGUAY

BRASILIEN

URUGUAY


MEXIKO

Gesetz zur Nichtdiskriminierung Transsexueller und Transgender

(Mexiko-Stadt, 14. September 2007, cimac).-Experten haben laut der Nachrichtenagentur NotieSe auf einer Versammlung über die Notwendigkeit diskutiert, der transsexuellen und Transgender-Gemeinschaft in Mexiko alle nötigen Rechte zu garantieren, damit sie als Staatsbürger anerkannt werden und ihre Rechte voll in Anspruch nehmen können. Ausgangspunkt der Diskussion war der Gesetzesvorschlag für die Nichtdiskriminierung der zivilen und Menschenrechte für Transsexuelle und Transgender.

Während der Versammlung verdeutlichte der Abgeordnete der Alternativen Partei (Partido Alternativa), Delio Hernández, die Notwendigkeit eines Gesetzes, das die rechtliche und damit auch geschlechtliche Identität Transsexueller anerkenne, denn in einem modernen Staat dürfe es keine Diskriminierung geben.

Die Gesetzesinitiative sieht vor, dass die Anerkennung der Identität einer jeden Person ein Menschenrecht sein muss. Jeder Mensch habe das Recht auf freie persönliche Entwicklung und eine gesundheitliche Grundversorgung.

GUATEMALA

Kommission gegen Straflosigkeit beginnt ihre Arbeit

(Buenos Aires, 17. September 2007,púlsar).- Von dem spanischen Juristen Carlos Castresana geleitet, beginnen in Guatemala-Stadt die Vorbereitungen, damit die Internationale Kommission gegen Straflosigkeit ihre Arbeit aufnehmen kann. Die Initiative zur Kommission, die auf ein Abkommen zwischen der guatemaltekischen Regierung und der UNO im Jahre 2006 zurückgeht und die am vergangenen 4. September vom guatemaltekischen Kongress durch Ratifizierung bestätigt wurde, wird die Taten krimineller Organisationen untersuchen, die mit staatlichen Institutionen verwoben sind.

Die Ermittlungsergebnisse der Kommission werden juristisch nicht verwertbar sein. Man hofft jedoch, wichtige Fakten zu Tage zu fördern, die den Kampf gegen die Straflosigkeit voranbringen.

Diese Woche wird sich Castresana zu Besprechungen mit dem guatemaltekischen Außenminister Gert Rosenthal, dem Präsidenten des Obersten Gerichtshofes Eliú Higueros und mit dem Generalstaatsanwalt Juan Luis Florido treffen. Der spanische Anwalt war eine der treibenden Kräfte hinter der Anklage vor dem obersten spanischen Gerichtshof gegen den chilenischen Ex-Diktator Augusto Pinochet wegen Genozids, Folter und Terrorismus, die damals in Pinochets Festnahme in London mündete.

Mehr Frauen bitten wegen häuslicher Gewalt um Asyl

(Guatemala-Stadt, 19. September, cerigua-poonal).– Die Zahl der Asylanträge von Guatemaltekinnen, die auf Grund von häuslicher Gewalt v.a. in den USA, und in geringerer Anzahl auch in anderen Ländern um Asyl bitten, nimmt jedes Jahr zu. In 2006 wurden 742 solcher Fälle registriert.

Nach Angaben von Hilda Morales, Vorsitzende des Netzwerks Keine Gewalt gegen Frauen (Red de la No Violencia contra las Mujeres), wurden von den 742 Asylanträgen jedoch nur 90 positiv beschieden. 35 von ihnen durch die Asylbehörde der USA, 47 durch das Einwanderungsgericht, sechs vor einem Berufungsgericht und zwei vor dem Bundeskreisgericht.

In ihrem Bericht verweist Hilda Morales zudem auf jeweils 70 solcher Asylanträge von Frauen aus El Salvador und Honduras, 46 aus Mexiko, 36 aus Kenia, 25 aus Guinea, 18 aus Pakistan und 14 aus China. Jedoch wurden auch hier nicht alle der Anträge angenommen.

Die Frauen flüchteten aus mangelndem Schutz, aus Verzweiflung und Angst, die das Zusammenleben mit dem Peiniger im selben Haushalt mit sich bringe. Allerdings gingen sie mit ihrem Asylantrag auch das Risiko ein, dass dieser abgelehnt und sie nach kurzer Zeit abgeschoben würden, so Morales.

Der Frauenrechtlerin zufolge ist der Anstieg von Asylanträgen von Frauen aus Mittelamerika darauf zurückzuführen, dass in diesen Staaten die Anzahl der Gewalttaten gegen Frauen, die intra-familiäre Gewalt und die Anzahl der Feminizide hoch ist.

Die Genfer Flüchtlingskonvention von 1951 und das UN-Protokoll über die Rechtsstellung der Flüchtlinge von 1967 definieren als Asylgründe die Verfolgung auf Grund von Rasse, Religion, Nationalität, Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe oder politischer Überzeugung. Im Jahr 2002 hatte das Exekutivkomitee des Flüchtlingskommissariats auf Grund der Situation der Frauen Richtlinien über geschlechtsspezifische Asylgründe erlassen.

Länder, die geschlechtsspezifische Asylgründe anerkennen, sind bisher Australien, England und Schweden. Das Europäische Parlament und der Europarat haben auch andere Länder dazu aufgefordert, sich der speziellen Situation von Frauen und Flüchtlingen, die Opfer von Gewalt wurden, anzunehmen.

NICARAGUA

Abtreibung aus medizinischen Gründen strafbar

(Buenos Aires, 14. September 2007,púlsar).- Die Nationalversammlung Nicaraguas hat vor zwei Wochen entschieden, dass jegliche Abtreibung aus medizinischen Gründen strafrechtlich geahndet werden soll. 65 von 92 Abgeordneten stimmten einem entsprechenden Gesetzesentwurf zu.

Das nicaraguanische Zentrum für Menschenrechte (CENIDH) erinnerte seinerseits daran, dass bereits über hundert Frauen verstorben seien, seitdem der Schwangerschaftsabbruch aus medizinischen Gründen verboten worden ist. Frauenrechtsorganisationen zogen sich nach der Entscheidung mit Transparenten mit der Aufschrift „Der säkulare Staat wurde ein mal mehr begraben“ aus dem Parlament zurück. Mónica Baltonado, Abgeordnete der Bewegung für die sandinistische Erneuerung (MRS), verurteilte die rückwärtsgewandte politische Haltung der Abgeordneten, welche die Bestrafung der Abtreibung aus medizinischen Gründen unterstützten und so dem Druck der katholischen und evangelischen Kirchenoberen nachgeben würden. Ungeachtet dessen stimmten 27 der 38 Abgeordneten der sandinistischen FSLN für die Abschaffung des Rechts auf Schwangerschaftsabbrüche aus medizinischen Gründen.

COSTA RICA

CAFTA-Kampagne: Vizepräsident tritt zurück

(Buenos Aires, 14. September 2007,púlsar).- Der Vizepräsident und Minister für Raumplanung von Costa Rica, Kevin Casas, ist am 13. September zurückgetreten, um  Ermittlungen zum sogenannten Memo-Skandal zu ermöglichen. Untersucht werden soll, ob Casas im Rahmen einer Unterstützungskampagne für den Freihandelsvertrag TLC (Tratado de Libre Comercio) mit den USA öffentliche Gelder verwendet hat.

Casas und der Abgeordnete der Regierungspartei Fernando Sánchez wurden angezeigt, nachdem ein von ihnen verfasstes Memorandum an Präsident Óscar Arias an die Öffentlichkeit gelangt war. In dem Papier schlugen die Politiker dem Präsidenten vor, angesichts des Referendums über den Freihandelsvertrag mit den USA am 7. Oktober eine Kampagne zur Befürwortung desselben zu initiieren. Das Memo, das in der lokalen Presse veröffentlicht wurde, empfahl dem Präsidenten, Druck auf die Bürgermeister auszuüben, damit diese die Kampagne “Ja zum Freihandelvertrag” (“Si al TLC”) unterstützen würden. Druckmittel sollte die Drohung sein, die staatlichen Mittel für die Bürgermeister und ihre Gemeinden zu reduzieren. Außerdem riet der Vizepräsident dem Präsidenten, eine Kampagne zu starten, in der Kuba, Venezuela und Nicaragua als Förderer der Kampagne “Nein zum Freihandelsvertrag” heraus gestellt werden sollten.

Die Einwohner von Costa Rica stimmen am 7. Oktober in einem Referendum über die Ratifizierung des Freihandelsvertrags TLC ab. Dieser war in den Jahren 2003 und 2004 von der Dominikanischen Republik, Guatemala, El Salvador, Honduras, Nicaragua und Costa Rica mit den USA unter dem (englischen) Namen CAFTA verhandelt worden. Das CAFTA sieht unter anderem die Aufhebung der Handelszölle und neue Grundlagen für die Arbeitsgesetzgebung und Regelungen des geistigen Eigentums vor.

KOLUMBIEN

Ex-Chef der Paramilitärs gesteht Wahlhilfe für kolumbianische Politiker

(Buenos Aires, 19. September 2007,púlsar).- Hernán Giraldo, ehemaliger Führer der paramilitärischen Vereinten Selbstverteidigungsgruppen Kolumbiens AUC (Autodefensas Unidas de Colombia), gestand vergangenen Dienstag (18. September), sich mit 13 Politikern aus dem Departement Magdalena im Norden Kolumbiens getroffen zu haben, um mit ihnen seine Unterstützung bei den Wahlen in den unter seiner Kontrolle stehenden Gebieten abzusprechen. Giraldo erklärte, im Anschluss daran habe man den Gemeindeführern an der kolumbianischen Karibikküste den Namen des Politikers mitgeteilt, der gewählt werden sollte. Die Politiker seien vor den Wahlen auf die AUC zugegangen. Giraldo präzisierte aber nicht den Zeitpunkt, zu dem das passiert ist.

Der demobilisierte Paramilitär sagte vor der kolumbianischen Staatsanwaltschaft aus, einer der betreffenden Politiker sei Miguel Pinedo, derzeitiger Senatsabgeordneter aus dem Regierungslager. Weiterhin nannte Giraldo die Namen Luis Vives, Alfonso Ramírez, Héctor Rodríguez, Francisco Zúñiga, Trino Luna, José Dávila, Edgardo Vives, Hugo Gnecco, Euclides Gómez, Romualdo Macías und Guillermo Rueda Vesga.

Die Aussage von Hernán Giraldo erfolgte im Rahmen des Gesetzes für Gerechtigkeit und Frieden, das demobilisierten Paramilitärs, die ihre Verbrechen gestehen, im Falle einer Verurteilung Höchststrafen von maximal acht Jahren Haft zusichert.

Geldstrafe für Chiquita wegen Finanzierung von Paramilitärs

(Buenos Aires, 18. September 2007, púlsar).– Ein US-amerikanischer Bundesgerichtshof hat den Bananen-Konzern Chiquita Brands International zu einer Geldstrafe von 25 Millionen US-Dollar verurteilt. Chiquita hatte zugegeben, Zahlungen an die paramilitärischen Vereinten Selbstverteidigungsgruppen Kolumbiens AUC (Autodefensas Unidas de Colombia) geleistet zu haben, um im Gegenzug von diesen militärischen Schutz zu erhalten.

Bereits im vergangenen März hatten sich Staatsanwaltschaft und Konzern auf einen Vergleich geeinigt. Chiquita hatte damals zugegeben, insgesamt 1.700.000 US-Dollar an die AUC gezahlt zu haben. Vor rund zwei Wochen empfahl die Staatsanwaltschaft dem Gericht, den Vergleich anzunehmen, obwohl Chiquita nicht die Namen der Mitarbeiter preis gab, die das Schutz-Abkommen mit den AUC verhandelt hatten.

Der Vergleich stieß in Kolumbien auf heftige Kritik. Innen- und Justizminister Carlos Holguín sagte, „es ist doch erstaunlich, wie leicht man sich in den USA mit ein paar Millionen Dollar Straffreiheit erkaufen kann.“

ECUADOR

Wahl zur Verfassungsgebenden Versammlung beginnt

(Buenos Aires, 17. September 2007, púlsar).– Am 30. September wählen die Ecuadorianer*innen 130 Repräsentant*innen für die Verfassungsgebende Versammlung. Die Regierung von Rafael Correa hofft aufgrund der großen Anzahl noch unentschlossener Wähler*innen darauf, mit ihren Kandidat*innen die Mehrheit in der Versammlung stellen zu können.   Die Einberufung einer Verfassungsgebenden Versammlung war einer der Eckpfeiler im Wahlkampf von Präsident Correa und wurde in einem Referendum am 15. April, in dem sich 81% der Bevölkerung für eine Verfassungsreform aussprachen, abgesegnet.

Den letzten Umfragen zufolge wird das Regierungslager zwischen 42 und 59 von 130 Sitzen in der Versammlung erhalten. Es wird jedoch geschätzt, dass die Anzahl der noch Unentschlossenen bei über 70% liegt. Die Wahlkampagne für die Verfassungsgebende Versammlung, die am 14. August gestartet war, geht am 27. September zu Ende.

PERU

Gemeinden stimmen gegen Bergbauprojekt

Von Víctor Liza Jaramillo

(Lima, 19. September 2007, alc-poonal).- In drei Distrikten des peruanischen Departements Piura im Norden von Peru hat die Bevölkerung laut einer bisher nicht veröffentlichten Umfrage die dortige Präsenz des Bergbau-Unternehmens Majaz mit großer Mehrheit abgelehnt. Die Abstimmung in den Ortschaften wurde von lokalen Führern initiiert und vom Nationalen Büro für Wahlprozesse ONPE (Oficina Nacional de Procesos Electorales) beaufsichtigt.

In allen drei Distrikten lag die Zahl der „Nein“-Stimmen des Referendums bei mehr als 90%. Im Distrikt Carmen de la Frontera stimmten 93 %, in Ayabaca 93,4% und in Pacaipampa sogar 97% mit „Nein“.

Obwohl seitens der peruanischen Zentralregierung bereits im Vorfeld versucht worden ist, die Abstimmung für ungültig zu erklären und das Abstimmungsergebnis keinerlei bindenden Charakter hat, gaben 60% der Bürger*innen in den drei Distrikten ihre Stimmen ab, um ihre Position zum  Bergbauprojekt „Rio Blanco“ des Unternehmens Majaz öffentlich kund zu tun. Nach Aussagen der Bürgermeister aus den Landgemeinden wäre die Wahlbeteiligung noch höher gewesen, hätte Majaz nicht ausgerechnet am Tag der Abstimmung ein Fußball- sowie ein Volleyballturnier veranstaltet.

Mit dem Abstimmungsergebnis in den drei Distrikten wiederholen sich Ergebnisse aus dem Jahr 2002, als sich die Gemeinde Tambogrande bei einer Befragung zu 98% gegen die Ansiedlung der kanadischen Mine „Manhattan“ aussprach.

Die Gemeinden hatten die jetzige Abstimmung initiiert, um darauf hinzuweisen, dass die Ansiedlung von Bergbaufirmen in Peru oftmals mit Umweltverschmutzungen verbunden ist. Traurige Berühmtheit erlangte die im zentralen Hochland von Peru gel
egene Stadt Oroya. Dort baut das Bergbau-Unternehmen Doe Run Bodenschätze ab. Die Stadt hat die höchste Blei-Kontamination des ganzen Kontinents und wurde im Jahr 2006 von der US-Umweltschutzorganisation „Blacksmith Institute“ zu einem der zehn am meisten verseuchten Orte in der Welt erklärt.

Die Abstimmung wurde von 22 Wahlbeobachter*innen aus Ecuador, Bolivien, Spanien, Deutschland, Großbritannien, Kanada und der Schweiz begleitet. Die Nichtregierungsorganisation „Vereinigung für Transparenz“ (Asociación Civil Transparencia), die seit zehn Jahren die Wahlen im Land beobachtet, hatte ebenfalls 20 Wahlbeobachter zur Abstimmung entsendet.

Trotz des überwältigenden Abstimmungsergebnisses, so betonte der Repräsentant der Gemeinden, Magdiel Carrión, sei man zu Gesprächen mit der Regierung bereit. Bei der zukünftigen Entwicklung der Region gäben die lokalen Repräsentanten jedoch der Landwirtschaft und der Viehzucht den Vorrang vor dem Bergbau.

In Peru herrscht seit Jahren ein regelrechter „Bergbau-Boom“, da sich damit Renditen von mehr als 600% erreichen lassen. Die peruanischen Regierungen entschieden sich in den letzten Jahren deshalb dafür, dem Bergbau Priorität einzuräumen. Trotzdem zahlen die Minenbetreiber lediglich freiwillige Abgaben an den Staat, da viele Unternehmen von der Steuerzahlung befreit wurden. So sind die Gemeinden in der Umgebung der Minen denn auch die ärmsten im ganzen Land und gleichzeitig ist der Grad der Umweltverschmutzung dort sehr groß.

BOLIVIEN

Armee soll Brot backen

(Buenos Aires, 19. September 2007,púlsar-poonal).- Der bolivianische Präsident Evo Morales hat am vergangenen Dienstag, den 18. September, die Streitkräfte dazu aufgefordert, sich an der Brotproduktion zu beteiligen. Dadurch soll die Preissteigerung des Nahrungsmittels bekämpft und gegen Preisspekulationen vorgegangen werden.

“Wir bitten die Streitkräfte um ihre Kooperation, und zwar nicht mit der Regierung, sondern mit der Bevölkerung, da wir bisweilen Probleme mit Preisspekulationen haben, wodurch der Brotpreis steigt”, sagte der Präsident, um die Steigerung der Inflationsrate zu erklären, die im vergangenen Juli 6,4 Prozent erreicht hatte.

Morales weihte vor einigen Tagen den ersten Industrieofen im Militärregiment Ingavi in El Alto im Umland der Hauptstadt La Paz ein, in dem 3.500 Brote pro Stunde produziert werden sollen. Zusätzlich beschloss die bolivianische Regierung die zollfreie Einfuhr von 50.000 Tonnen Mehl aus Argentinien, um eine Preisexplosion bei den Grundnahrungsmitteln zu verhindern. Die Regierung kündigte zudem an, den Weizenanbau zu intensivieren, sowie in den Bezirken La Paz, El Alto, Cochabamba und Santa Cruz insgesamt elf neue Industrieöfen zum Brotbacken einzurichten.

PARAGUAY

Wahlbündnis ohne Lino Oviedo

(Buenos Aires, 18 de septiembre 2007,púlsar).- Politische Parteien, soziale Bewegungen und Gewerkschaften, die gegen die Regierungspartei Colorado antreten, haben vergangenen Dienstag in Asunción ein vorläufiges Wahlbündnis unterzeichnet, mit dem der ehemalige Bischof Fernando Lugo als Präsidentschaftskandidat unterstützt werden soll. Lugo gab öffentlich seine Kandidatur für die Christdemokratische Partei bekannt. Neben ihm soll auch ein Kandidat der Liberalen Partei zur Wahl stehen, der aber noch nicht bestimmt wurde.

Zur gleichen Zeit erklärte General Lino Oviedo, Anführer des Putsches von 1996, dass er, nachdem seine Gefängnisstrafe am 6. September in eine Bewährungsstrafe umgewandelt worden ist, die Absicht habe, als Kandidat für die Partei UNACE ins Rennen um die Präsidentschaft zu gehen.

Die wichtigste Tageszeitung Paraguays, “ABC Color”, hatte vor kurzem eine Wahlumfrage veröffentlicht, die Oviedo mit 31,5% der Stimmen anführte, gefolgt von Fernando Lugo mit 27,5%. Lugo war vor der Entlassung Oviedos aus dem Gefängnis der Kandidat mit den besten Aussichten gewesen.

Jetzt muss noch der Oberste Gerichtshof Paraguays entscheiden, ob er die Kandidatur des auf Bewährung freigelassenen Ex-Militärs für die Präsidentschaftswahlen im April 2008 zulässt.

BRASILIEN

Vorläufige Niederlage für gentechnisch verändertes Saatgut

(Rio de Janeiro, 14. September 2007,púlsar- radioagenciaNP).- In der Umweltkommission der Abgeordnetenkammer ist eine Gesetzesinitiative zur Abänderung des „Gesetzes zur Biosicherheit“  (Ley de Bioseguridad) vorläufig gescheitert. Die Gesetzesänderung wollte die Aussaat des gentechnisch veränderten „Terminator“-Saatguts ermöglichen.

Das „Terminator“-Saatgut wurde von dem multinationalen Konzern Monsanto entwickelt. Es besitzt eine besondere Fähigkeit: Es wird nach einiger Zeit unfruchtbar, so dass es für eine zweite Aussaat nicht mehr verwendet werden kann.

Aufgrund der großen Nachteile für die Bauern – sie können das Saatgut im Folgejahr nicht wieder aussäen und sind daher gezwungen, jedes Jahr neue Samen zu kaufen – herrscht weltweit starker Widerstand gegen diese Art von gentechnisch veränderten Samen.

In Brasilien findet das Anliegen großer Biotechnologie-Unternehmen im Kongress Unterstützung durch die im Parlament vertretenen Agrarlobbyisten, die an jedweder Freisetzung von gentechnisch verändertem Saatgut interessiert sind.

Da die Debatte um das Terminator-Saatgut noch von der Kommission für Landwirtschaft- und Viehzucht, die mehrheitlich aus Agrarlobbyisten besteht, geführt werden muss, ist eine Annahme der Gesetzesänderung jedoch weiterhin möglich.

Laut Julián Pérez von der Kampagne „Stoppt Terminator“ (Campaña Terminar Terminador) würde die „Flexibilisierung des Gesetzes in dieser Frage eine wachsende Verwundbarkeit der landwirtschaftlichen Systeme und eine steigende Abhängigkeit der Landwirte und des Landes von ausländischen Konzernen“ bedeuten.

URUGUAY

Die städtische Landlosenbewegung

Von Raúl Zibechi

(Montevideo, 19. Septiember 2007, na-poonal).- Nach einem fast vier Jahrzehnte währenden Kampf um Land und den Aufbau ihrer Häuser, befinden sich die genossenschaftlichen Verbände für Wohnraum durch gegenseitige Unterstützung FUCVAM (Federación Uruguaya de Cooperativas de Vivienda por Ayuda Mutua) nun in klarer Opposition zur progressiven Regierung des Präsidenten Tabaré Vázquez, die die Besetzungen kriminalisiert und die Darlehensvergabe an die Kooperativen erschwert.

Im April verabschiedete das Parlament ein Gesetz, das Gefängnisstrafen zwischen drei Monaten und drei Jahren für die Besetzung von Land vorsieht. Überraschend war, dass die regierende Frente Amplio geschlossen für das neue Gesetz stimmte, obwohl der Minister für Wohnungsbau Mariano Arana sich gegen den Beschluss der Abgeordneten gestellt hatte.

Zwei Monate später wurden fünf Genossenschaftsmitglieder, die ein Stück Land in Punta del Este besetzt hatten, zu Gefängnisstrafen verurteilt, was als erster Beweis einer veränderten Haltung der Regierung gewertet werden kann. „Wir haben es mit Leuten zu tun, die wissen, wie man regiert und wie man die Gremien kontrolliert”, so Daniel de Souza, Generalsekret&au
ml;r FUCVAM.

Auch die vom Wohnungsminister ausgearbeitete Kooperativen-Richtlinie wurde vom Verband scharf kritisiert. Die neue Regelung sieht vor, dass die Wohnungsgenossenschaften eine staatliche Finanzierung nur durch die Teilnahme an einem Bewerbungsverfahren für Kooperationsprojekte (Postulación de Proyectos Cooperativos) erhalten können, das einmal pro Jahr stattfinden wird.

Nach Meinung von Benjamín Nahoum, Architekt und Berater von FUCVAM, kann die neue Regelung ein „ernstzunehmendes Hindernis für die Entwicklung des Kooperativensystems“ bedeuten. „In der Konsequenz ist dieses Verfahren geradezu pervers“, erklärt Nahoum; schließlich sei eine Kooperative mindestens zwei bis drei Jahre mit der Arbeit an einem Projekt beschäftigt. Daher könne man nicht „an einem Konkurrenzwettbewerb teilnehmen“, dessen Bedingungen man zu Beginn des Prozesses nicht kenne.

FUCVAM wurde 1970 zu einem Zeitpunkt gegründet, als sich die sozialen Bewegungen insgesamt im Aufschwung befanden. In ihren Augen ist das, was sich unter der aktuellen Linksregierung abspielt, mehr als besorgniserregend: „Dies ist keine spontane Angelegenheit. Diese Machthaber sind nicht neu. Die Politiker, die jetzt im Wohnungsministerium vertreten sind, regieren Montevideo seit fast 20 Jahren.“

Die Bewegung für die kooperative Erschaffung von Wohnraum durch gegenseitige Unterstützung besteht aus Gruppen von Familien (zwischen 10 und 200), die demokratisch strukturiert sind. Sie kämpfen um ein Stück Land, besetzen oder kaufen es mit Hilfe staatlicher Unterstützung oder durch Zuwendungen von Nichtregierungsorganisationen und errichten darauf größtenteils in Eigenarbeit der Familienverbände ihre Wohnräume.

Frauen und Männer arbeiten gleichberechtigt und widmen dem Bau die gleiche Anzahl an Arbeitsstunden. Entscheidungen bezüglich Planung und Ausführung werden gemeinschaftlich bei der Versammlung der Beteiligten getroffen, und nach der Fertigstellung wird der Wohnkomplex gemeinschaftlich verwaltet. Eigentümerin ist die Kooperative; die Familien haben Wohn- und Nutzungsrecht, ein Verkauf ist jedoch nicht ohne die Zustimmung des Kollektivs möglich.

Die fast 500 in der FUCVAM zusammengeschlossenen Wohngenossenschaften sind das Ergebnis von drei großen Landkämpfen, im Zuge derer die Errichtung von mehr als 20.000 Wohnhäusern erreicht werden konnte. Mehr als 40% der staatlichen Zuschüsse zum Wohnungsbau flossen zwischen 1970 und 1972 in die Hände der Genossenschaften.

Herausgeber: Nachrichtenpool Lateinamerika e.V. Köpenicker Straße 187/188, 10997 Berlin, Tel.: 030/789 913 61 e-mail: poonal@npla.de, Internet: http://www.npla.de/

Redaktion in Mexiko: Kristin Gebhardt, Wolf-Dieter Vogel Tel./Fax.: 0052-55-55541480, e-mail: poonalmex@npla.de

Koordination in Berlin: Eva Völpel

Übersetzungsteam: Alexander Trofimow, Andrea Kaden, Ania Müller, Anna Mielke, Barbara Kus, Benjamin Weber, Bettina Hoyer, Brigitta Kainz, Carolin Gehrmann, Carolina Könn, Christina Klug, Claudia Hecktor, Conny Gritzner, Cornelia Derler, Dietrich von Richthofen, Fabian Klein, Frauke Köhler, Grit Petschick, Henning Alts, Henrike Hochmuth, Ina Soetebeer, Jan Kühn, Jana Fleschenberg, Katharina Braig, Kathrin Fochtmann, Katrin Aue, Kerstin Westerbeck, Kristina Vesper, Lilli von der Ohe, Lui Lüdicke, Mareike Hagemann, Marit Teerling, Nicole Romana Heigl, René Cofré Baeza, Ricarda Franzen, Sebastian Henning, Sebastian Landsberger, Silvia Weber, Steffi Ulrich, Thorsten Mense, Yvonne Stolz

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