Poonal Nr. 418

Deutsche Ausgabe des wöchentlichen Pressedienstes lateinamerikanischer Agenturen Nr. 418 vom 4. Februar 2000

Inhalt


ECUADOR

KARIBIK

MEXIKO

GUATEMALA

HONDURAS/NICARAGUA

PANAMA

KOLUMBIEN

BOLIVIEN

LATEINAMERIKA

PERU

URUGUAY

VENEZUELA

ARGENTINIEN

BRASILIEN


ECUADOR

Ehemaliger Präsidentschaftskandidat verteidigt rebellische Militärs

(Quito, 1. Februar 2000, pulsar-Poonal).- Der frühere Präsidentschaftskandidat Jacinto Velásquez wird eine Anwaltsgruppe leiten, die die Verteidigung der rebellischen Militärs während des Volksaufstandes vom 21. Januar übernimmt. Die Anwälte argumentieren, die Soldaten hätten weder ein Delikt, geschweige denn einen versuchten Staatsstreich begangen. In dem Moment, in dem sie den Nationalkongress betreten hätten, habe keiner von ihnen Waffen getragen. Die Absicht sei es gewesen, die Indígenas zu unterstützen, die das Parlament besetzten.

Falls dies ein Verbrechen sei, so „müssten 97 Prozent der Ecuadorianer verurteilt werden, die versicherten, das Jamil Mahuad ein Nichtsnutz war“, erklärte Velásquez. Die Ehefrau des Oberst Lucio Gutiérrez, der sich mit den Indígenas verbündete, forderte die sofortige Freilassung ihres Mannes. Der Dachverband der Indígena-Organisationen Ecuadors (CONAIE) will nationale und internationale Foren organisieren und dort unter anderem für die Freilassung der verhafteten Militärs eintreten. Verschiedene andere Organisationen haben sich ähnlich geäußert.

Umfragen in den fünf größten Städten des Landes zeigen, dass etwa 80 Prozent der Bevölkerung gegen die Bestrafung der Aufständischen sind. Eine Mehrheit spricht sich ebenfalls für eine Auflösung des Parlamentes und Neuwahlen aus. Mit dem neuen Präsidenten Gustavo Noboa sind demnach 51 Prozent einverstanden, seine Glaubwürdigkeit ist allerdings um zehn Prozent geringer. Die CONAIE hat auf ihrer Versammlung am vergangenen Wochenende beschlossen, Noboa eine Schonfrist von sechs Monaten zu geben. Über die Wirtschaftspolitik soll es nach den Vorstellungen des Dachverbandes am 21. Mai eine Volksbefragung geben. An diesem Tag finden in Ecuador Regionalwahlen statt. Falls Gustavo Noboa mit dem Volk regieren wolle, müsse er sich in der Realität bewegen, so CONAIE-Präsident Antonio Vargas. Das Land habe bereits gesehen, wie die Politiker die Posten unter sich aufteile und sei auch Zeuge, wie die Abgeordneten sich überall ein Stück vom Kuchern sichern wollten.

Strenger Katholik ist neuer Präsident Ecuadors

Von Stefanie Kron

(Berlin, 28. Januar 2000, npl).- „Ich bin nie einbezogen worden, wenn Präsident Jamil Mahuad über Lösungen für die schweren Probleme des Landes nachgedacht hat“. Mit diesen Worten begann Gustavo Noboa, am vergangenen Samstag vom Militär als neuer Präsident Ecuadors „inthronisiert“, seine Amtsantrittsrede. Der 61- jährige Jurist und bisherige Vizepräsident des südamerikanischen Landes distanzierte sich damit zwar von seinem Vorgänger, der am vergangenen Wochenende nach einem 24 stündigen Aufstand in der Hauptstadt Quito gestürzt worden war.

Doch als der ehemalige Gouverneur der Provinz Guavas sein Regierungsprogramm verkündete, wurde deutlich, dass kein politischer Kurswechsel in der umstrittenen Wirtschaftspolitik seines Vorgängers zu erwarten sein wird. Er werde an dem Programm zur Einführung des Dollars und Abschaffung des Sucre als Landeswährung festhalten, verkündete der strenge Katholik. Einziger Unterschied war Noboas Versprechen, verstärkt die Korruption zu bekämpfen.

Die angekündigte Dollarisierung hatte in den vergangenen zwei Wochen zu einem explosionsartigen Anstieg der Lebenshaltungskosten um das Dreifache geführt. Dies löste – initiiert von dem etwa 3 Millionen Mitglieder zählenden Dachverband indigener Organisationen CONAIE – landesweit eine massive Protest- und Streikwelle aus, die schließlich zum Sturz Mahuads führten.

Der parteilose Noboa gilt als integer, wortkarg und besonnen. In der Öffentlichkeit machte sich der Vater von sechs Kindern beliebt, als er 1998 und 1999, nachdem das Klimaphänomen El Niño die ecudorianische Küstenregion völlig zerstört hatte, die Wiederaufbauarbeiten koordinierte und dabei hohe Summen internationaler Hilfe adquirieren konnte.

Misstrauisch muss stimmen, dass Noboa im Verteidigungsministerium und nicht im Kongress vereidigt wurde. Die ecudorianische Armeeführung gilt als eigentlicher Sieger der Rebellion. Verteidigungsminister und Armeechef Carlos Mendoza hatte sich vergangenes Wochenende zunächst an die Spitze einer Junta der Aufständischen gesetzt. Kurze Zeit später machte Mendoza einen Rückzieher, erklärte die Junta für illegal, ließ Gutiérrez verhaften und setzte der revoltierenden Bevölkerung Noboa als neuen Staatschef vor.

Die Indígena-Bewegung spricht von Verrat und erklärte, sie werde Noboa nicht als Präsidenten anerkennen und die Proteste weiter fortsetzen, bis „wirkliche soziale und ökonomische Reformen duchgesetzt“ seien, so CONAIE-Präsident Vargas. Noboa verkündete, er werde bis zum regulären Ende der Amtszeit des gestürzten Mahuad im Jahre 2003 im Amt bleiben. César Gaviria, Präsident der Organisation Amerikanischer Staaten (OAS) und US-Präsident Clinton begrüßten die „Wahl“ des neuen ecuadorianischen Präsidenten und die „Wiederherstellung der verfassungsmäßigen Verhältnisse“ in Ecuador.

KARIBIK

Gestörtes Verhältnis zur Presse

(1. Februar 2000, na/ips-Poonal).- Journalisten aus dem Karibikraum haben die Verschlechterung des Verhältnisses zwischen ihnen und den Regierungen der Region beklagt. Anlass ist unter anderem die Anklage gegen zwei Journalisten in Granada. Den beiden wird Verleumdung und aufrührerische Tätigkeit vorgeworfen. In Santa Lucía soll die Regierung ebenfalls harte Maßnahmen gegen die Presse vorbereiten. Nach einem Gesetzesvorschlag durch die jamaikanische Regierung können Jounalisten mit bis zu zehn Jahren Gefängnis und 25.000 US-Dollar bestraft werden, wenn sie Informationen veröffentlichen, die aus der Kommission gegen die Korruption durchsickern. George John, Mitglied des internationalen Exekutivkommitees des Journalistenverbandes im Commonwealth, rief die Presse der Region dazu auf, „zusammenzuarbeiten, damit die Versuche der Regierungen, die Medien zu kontrollieren, mißlingen.“

MEXIKO

Ungleicher Handel

(Mexiko-Stadt, 1. Februar 2000, na/ips-Poonal).- Dem Freihandelsabkommen zwischen Mexiko und der Europäischen Union (EU) fehlen Bestimmungen zum Schutz von der durch die Liberalisierung gefährdeten Teile der Gesellschaft. Diese Sorge drückt die Kopenhagener Initiative für Zentralamerika aus. In der Inititive sind verschiedene europäische Entwicklungshilfeorganisationen zusammengefasst, die zu den Themen Handel, Menschenrechte sowie ökologische und soziale Entwicklung arbeiten. Nach Meinung der Intitiative fehlen dem Freihandelsabkommen „eindeutig notwendige Mechanismen und Zielsetzungen, um allen Sektoren der mexikanischen Gesellschaft mit dem freien Handel Vorteile zu verschaffen. Es ist notwendig, den Randgruppen und anderen gefährdeten Gruppen Sicherheit zu gewährleisten.“ Die EU hat im Jahr 1998 Güter im Wert von 9,6 Milliarden US-Dollar nach Mexiko exportiert, während Mexiko nur für 4,1 Milliarden US-Dollar in die EU exportierte. Das Abkommen, das am 18. Juni letzten Jahres geschlossen wurde, muß noch von einigen der 15 Mitgliedsstaaten der EU sowie dem mexikanischen Senat ratifiziert werden.

Guerilla solidarisiert sich mit streikenden Studenten

(Mexiko-Stadt, 31. Januar 2000, pulsar-Poonal).- Das Revolutionäre Volksheer (EPR) hat seine Haltung zum seit fast zehn Monaten andauernden Streik der Studenten an der Nationalen Autonomen Universität Mexikos (UNAM) geäußert. Falls die „polizeilich-militärischen Feindseligkeiten“ gegen die Streikbewegung nicht aufhörten, behalte sich die Guerilla „das Recht vor, entsprechend zu agieren“. Die Regierungshaltung bezeichnet das ERP als „Verschwörung“ gegen die öffentliche Universität. Die Gruppe stellt sich hinter den Forderungskatalog der Studenten und unterstützt einen demokratischen Universitätskongress. Eine vom Rektor organisierte Befragung unter den Studenten, bei der sich eine Mehrheit der Teilnehmenden für ein Ende des Streiks und der UNAM-Besetzung aussprach, akzeptiert das ERP nicht, sondern weist auf „Geschenke und Stimmenkauf“ hin. Die großen Medien werden beschuldigt, zu lügen und die Information über den Streik zu manipulieren.

In den vergangenen Tagen hat es wiederholt gewalttätige Konfrontationen zwischen den streikenden Studenten und ihren Gegnern gegeben. Dabei handelte es sich in mehreren Fällen um offenbar von Regierung und Universitätsbehörden gesteuerte Provokationen. Die nicht mit dem Streik einverstandenen Studenten wurden von sogenannten „Porros“ angeführt, bezahlte Randalierer. Im Gefolge der Zusammenstöße schritt erstmals auf zur Universität gehörendem Gelände Bundespolizei ein. Dies ist ein Verstoß gegen die Autonomiebestimmungen der Universität, die Armee- und Polizeipräsenz auf dem Campus nicht zulässt. Kritiker werfen der Regierung vor, sie lasse den Konflikt bewusst eskalieren, um so eine gewaltsame Beendigung der UNAM-Besetzung durch staatliche Sicherheitskräfte vorzubereiten und zu rechtfertigen.

Gläubige ohne ihren Pastor

Von John Ross

(Mexiko-Stadt, 31. Januar 2000, na-Poonal).- Diego Pérez Pérez hat bereits mehrere Väter verloren. Sein leiblicher Vater starb bei dem schrecklichen Massaker von Acteal am 22. Dezember 1997. Damals brachten Paramilitärs 45 Tzotzil-Indígenas von der Organisation Las Abejas um. Diese christliche Gemeinschaft lebt vor allem von der Honig- und Kaffeeproduktion. Acteal liegt inmitten chiapanekischen Hochlandes. „Das ist alles, was ich noch von ihm habe“, sagt Pérez und zeigt ein Polaroid-Foto von einem grauhaarigen Campesino mit einem Sombrero auf dem Kopf, wie er zu Festlichkeiten aufgesetzt wird.

Als die mexikanischen Behörden Pater Michel Chanteau aus dem Land wiesen, verlor Pérez kurz darauf seinen zweiten Vater. Der französische Geistliche, Vertrauensperson des Bischofs von San Cristóbal, Samuel Ruiz, hatte 32 Jahre in Chiapas gelebt. Er wurde des Landes verwiesen, weil er öffentlich erklärt hatte, dass seiner Meinung nach die mexikanische Regierung für das Massaker von Acteal verantwortlich sei. Die Regierung wollte damit, so Chateau, einen der zivilen Stützpunkte der Nationalen Zapatistischen Befreiungsarmee (EZLN) vernichten.

Pérez, 29 Jahre alt und Kaffeepflanzer, erzählt, dass er seinen dritten Vater im vergangenen November verloren hat. Das war, als Samuel Ruiz, „el tatic“, wie der rührige Bischof der Diözese von San Cristóbal von den Tzotziles in ihrer Sprache bezeichnet wird, zurücktrat. Ruiz erreichte mit 75 Jahren das obligatorische Rentenalter. Der Verlust von „Don Samuel“, wie Ruiz auch genannt wird, wurde jedoch gemildert: Die Gemeinde hoffte darauf, dass Weihbischof Raul Vera López die Nachfolge von Ruiz antreten würde. Vera hatte sich von Mal zu Mal radikaler als Verteidiger der Rechte der Ureinwohner einen Namen gemacht: Er sollte der neue „tatic“ sein. Am 30. Dezember gab der Vatikan jedoch bekannt, dass Vera nach Saltillo im Bundesstaat Coahuila, nahe der Grenze zu den Vereinigten Staaten, versetzt werden würde.

Während Pérez von der Anhöhe, auf der viele Tzotziles vor zwei Jahren umgebracht wurden, auf die gegenüberliegende Seite des langgezogenen Tales blickt, erinnert er sich an die Messe, die Vera zum einjährigen Gedenken an das Massaker gehalten hatte. „Er kam, um unsere Wunden zu heilen und uns in unserer Trauer Trost zu spenden. Und jetzt wird er von uns getrennt. Wir fühlen uns wie Waisen“, sagt er dabei.

Die Nachricht, dass Vera nicht die Nachfolge von Ruiz antreten würde, schlug in der Diözese wie eine Bombe ein. Gleichwohl Samuel Ruiz seine Loyalität gegenüber dem Heiligen Stuhl bestätigt, fragte er sich doch, ob Papst Johannes Paul II von der mexikanischen Regierung und der machthabenden Revolutionären Institutionellen Partei (PRI) beeinflußt worden sei. Er kritisierte auch die Boulevardpresse, die ihn oftmals als Anführer der aufständischen EZLN-Guerilla darstellte.

In den stark besuchten Messen, die in der Friedenskathedrale von San Cristóbal am 2. Januar abgehalten wurden, versuchte Pater Felipe Toussaint, die Gläubigen zu beruhigen: „Es wäre ein schwerer Fehler, die Versetzung von Raul Vera so anzusehen, als würde die Diözese damit ihre Mission, die Armen und Indígenas zu begleiten, aufgeben“, sagte er. „Vielleicht ist es jetzt an der Zeit, sich wieder auf seinen Glauben zu verlassen,“ meinte ein einflußreicher Händler aus San Cristóbal dagegen. Auch aus dem Norden von Chiapas wurden Reaktionen bekannt. Marcos Albino, Anführer der paramiltärischen Gruppe „Frieden und Gerechtigkeit“, die als Urheber eines Attentats auf Ruiz und Vera im November 1997 angesehen wird, bedauerte, dass auch trotz des Fehlens der beiden Bischöfe „ihr Samen gesät“ sei.

Ebenso wie Ruiz betonte die Führung der mexikanischen katholischen Kirche ihre „absolute Loyalität“ gegenüber der Entscheidung aus Rom. Der apostolische Nuntius, Justo Mullor, wertete die Versetzung von Vera als eine „Beförderung“, weil das Einzugsgebiet der Diözese geografisch gesehen das größte sei. Doch hauptsächlich besteht das Gebiet aus Wüste. „Raul Vera verdient eine ruhigere Diözese“, sagt Mullor.

Der Nuntius bestand außerdem darauf, dass die Regierung keinerlei Einfluss auf die Versetzung von Vera gehabt habe. Dabei haben die mexikanischen Behörden während der letzten Jahre mehrfach ausländische Geistliche festgenommen, die Ruiz nahestanden. Einige wurden, wie Chateau, ausgewiesen. Im Sommer letzten Jahres hielt sich die mexikanische Außenministerin, Rosario Green, sechs Stunden im Vatikan auf. Vermutlich, um gegen die Ernennung von Vera als neuem Bischof von San Cristóbal zu intrigieren.

Einige Beobachter wie der italienische Journalist Giannie Mina bezweifeln indes, dass die Regierung des Präsidenten Ernesto Zedillo genug Macht hätte, um auf derart wichtige Entscheidungen der Kirche Einfluß zu nehmen. Wie Mina in der Zeitschrift Proceso erklärte, ist es wahrscheinlicher, dass konservative Mitglieder der mexikanischen Kirchenführung der Kirche die Versetzung von Vera ausgeheckt haben.

Am ehesten verantwortlich wäre zum einen der emeritierte Bischof von Zacatecas, Javier Lozano, der derzeit ein hohes Amt im Vatikan bekleidet. Außerdem die mächtige Clique, dem der Erzbischof von Mexiko-Stadt, Norberto Rivera, Bischof Juan Sandoval aus Guadalajara und Bischof Onésimo Cepeda aus dem großen Haupststadtvorort Ecatepec angehören. Diese sehen kein Problem darin, Kandidaten der PRI zu segnen, obwohl das Gesetz dies verbietet.

Vera kam 1995 als unerwünschter Hilfsbischof zu Don Samuel. Seine Ankunft in Chiapas war ursprünglich von den Gegnern des streitbaren Bischofs gutgeheißen und begrüßt worden. Aber bald schon hatte Vera die Seiten gewechselt und machte die Arbeit von Ruiz mit zu der seinigen.

Der Rückschlag, den Veras Weggang aus der chiapanekischen Diözese bedeutet, lässt sich mit den Händen greifen. Auch für das Menschenrechtszentrum Fray Bartolomé de Las Casas würde die Ernennung eines konservativen Bischofs großen Schaden bedeuten. Die Direktorin des Zentrums, Marina Jiménez, erklärt zur Arbeit des Zentrums: „Der Respekt vor den Menschenrechten ist die Basis dafür, die Armen und die indigene Bevölkerung zu begleiten. Wir tragen unsere Erfahrungen in die Kirche, und die Kirche bietet uns Schutz und moralische Autorität. Aber wenn wir uns von der Diözese trennen müssen, um unsere Mission zu erfüllen, werden wir das tun.“ Und sie fügt hinzu: „Raul Vera wegzuschicken, das stärkt die Aggression derer, die sich der Arbeit des Zentrums entgegenstellen. Es bringt uns in die Gefahr tätlicher Angriffe.“

Der Papst hat die Rücktrittserklärung von Ruiz noch nicht akzeptiert. Dabei handelt es sich erfahrungsgemäß um einen Prozess, der sich lange hinziehen kann. Vera beispielsweise ersetzt einen Bischof, der vor drei Jahren seinen Rücktritt erklärte. Trotz des Hin und Hers der kirchlichen Ernennungen sehen einige Beobachter starken Widerstand gegen den Abschied von Vera voraus, der vielleicht bis zur Abspaltung der 42 indigenen Pfarreien von der Diözese führen kann. „Der Vatikan muß genau überlegen, welche Konsequenzen diese Enscheidung hat,“ sagt Marina Jímenez. „Die Bevölkerung hat sich verändert. Sie hat nun die Fähigkeit, zu reagieren und denjenigen, der hierher gesandt wird, für die realen Probleme zu sensibilisieren.“

In den Bergen über San Cristóbal, dort, wo Las Abejas von der „heiligen Erde“ Acteals sprechen, nimmt dieser Widerstand bereits Form an. „Wir sind dabei, dem Papst einen dringenden Brief zu schreiben. Darin drücken wir aus, dass wir gegen diese Entscheidung sind,“ sagt Pérez. „Wir beten für die Rückkehr von Raul, und dafür, dass Don Samuel die Erlaubnis erhält, weiterzumachen. Wir wollen, dass unsere tatics zurückkehren.“

„Gott hat uns nicht verlassen“ – Interview mit Bischof Raul Vera

Von Barbara Fraser

(Lima, 31. Januar 2000, na-Poonal).- Das Interview wurde bereits im vergangenen Jahr auf einer Konferenz zum Thema Versöhnung und Gewalt in Lima geführt. Zu diesem Zeitpunkt stand noch nicht fest, das Raul Vera in eine andere Diözes versetzt werden würde.

Wie würden sie die Situation in Chiapas charakterisieren?

Es herrscht immer noch ein Phänomen vor, ein System von Unterdrückung und gewaltsamem Zugriff auf die Gebiete, von denen bekannt ist, dass dort natürliche Ressourcen vorhanden sind. Die Rechte der Bevölkerung, basierend auf der Umverteilung des Reichtums, werden verletzt. Vor dem Hintergrund des Ausschlusses und der Vernichtung, die das neoliberale kapitalistische System produziert, gibt es nun einen Aufstand. Eine Reaktion von Teilen der Armen und von Teilen derer, die betroffen sind. Dabei handelt es sich um die große Mehrheit. Es herrscht ein Krieg mit niedriger Intensität.

Woran kann man den Krieg niedriger Intensität erkennen?

Die Anwesenheit des Militärs ist viel deutlicher geworden. Die paramilitärischen Gruppen haben sich vervielfältigt. Es herrscht in vielerlei Hinsicht Kriegszustand. Das schließt auch psychologische Kriegsführung gegen uns, die Bischöfe, ein. Gegen unsere Häuser, unsere Familien. Wir erhalten Drohanrufe. Ein anderer Aspekt sind die permanenten Militärbewegungen, Aufklärungsflüge, Konvois, die die Eroberung von Dörfern vortäuschen, etc. Eine andere Art ist der Einsatz der Kommunikationsmedien, um Verleumdungen und Fehlinformationen aller Art im ganzen Land über uns zu verbreiten. Es gibt Zeitungen, die sich zeitweise nur dieser Tätigkeit widmen, und es gibt Leute, die Geld erhalten und dann falsche Erklärungen veröffentlichen. Wir leben wirklich im Kriegszustand.

Wie hat die katholische Kirche reagiert?

Wir als Kirche glauben, dass mit Versöhnung gearbeitet werden kann. Es ist ein andauernder Prozess, bei dem Werte wie Wahrheit und ein Gefühl für Gerechtigkeit, Liebe und die Fähigkeit zu vergeben und zu teilen, wachsen. Man spricht von Konflikten zwischen katholischen und evangelischen Gemeinden.

In dem pastoralen Brief, den wir zu Weihnachten 1998 veröffentlichten, prangerten wir die traurige Realität an. In dieser Realität wird auch die Religion benutzt, um Konfrontationen zu provozieren. Die Gemeinden werden von den politischen Parteien beeinflusst. Einige der religiösen Gruppen und Führer sind ebenfalls beeinflusst worden. Auch der Versuch von verschiedenen christlichen Konfessionen, einen Kirchenrat zu bilden, wird gestört. Für den gesamten Bundesstaat Chiapas haben wir einen Religionsrat. Dort gab es Leute, die versuchten, ihn zu zerstören. Später ist uns klar geworden, dass sie für das Innenministerium arbeiteten.

Welche Wirkung hat diese Situation auf das Verhältnis zwischen Staat und Kirche gehabt?

Es gab Veränderungen in dem Verhältnis zwischen Staat und Kirche. Doch es wird nicht respektiert, was das Recht für die Kirche vorsieht. Wir dürfen beispielsweise keine ausländischen Katechisten haben, die Regierung verweigert ihnen die Aufenthaltspapiere. Dabei ist die Kirche eine universelle und missionarische Institution. Außerdem hat die neu geschaffene Unterbehörde (des Innenministeriums; die Red.) für die Beziehungen Staat-Kirche überhaupt keine Kompetenzen.

Sämtliche Probleme, die wir haben – von den Behörden geförderte oder provozierte Schließung von kirchlichen Gebäuden, Ausweisung von Geistlichen und Ordensangehörigen, die Attacke auf die Menschen, die sich in pastoraler Arbeit betätigen und die Verleumdungen aller Art ausgesetzt sind – können bei der Unterbehörde nicht gelöst werden. Eigentlich für die kirchlich-staatlichen Angelegenheiten vorgesehen, erklärt sie sich für nicht zuständig. Es gibt eine Reihe von Dingen, bei denen wir früher mehr Freiheiten hatten, und bei denen sie uns heute kontrollieren.

Welche Hoffnungen haben Sie angesichts dieser Aussichten?

Grund zur Hoffnung haben wir wegen der christlichen Bevölkerung. Chiapas ist eine Bevölkerung, die sich vom Evangelium aus organisiert. Die Bedeutung des Glaubens dieser Leute, die Bedeutung des Evangeliums, haben einen sehr tiefen Bezug. Es gibt viele Leute, die bereit sind, ihr Leben für ihren Glauben zu geben. Einfach weil sie eine tiefe Überzeugung haben und wissen, dass es der wirkliche Sinn des Lebens ist.

Unsere Bevölkerung leidet, aber gibt nicht auf. Sie ist bereit, sich auf eine würdige Weise dem absurden Druck gegenüber zu stellen, die dieses schreckliche neoliberale System auf sie ausübt. Ein weiteres Zeichen, dass wir sehen, sind die gestärkten Strukturen unserer Kirche in Chiapas trotz allem, was unternommen wird, sie zu zerstören.

Natürlich ist die Steigerung des Alkoholismus und der Prostitution, die mit der Militärinvasion zu uns gekommen ist, besorgniserregend. Das ist etwas, was dieses militärische System mit sich bringt. Trotzdem, hinsichtlich der Strukturen und der pastoralen Erfahrungen, sehen wir, Gottseidank, dass wir stärker werden.

Verlieren die Menschen angesichts der Gewalt nicht die Motivation?

Es scheint, das alles, was getan wird, um ihnen die Moral zu nehmen, genau das Gegenteil bewirkt. Da ist beispielsweise der Fall Acteal, bei dem es sich zweifellos darum handelte, einem Volk die Hoffnung zu nehmen, es einzuschüchtern. Es war ein Akt des Terrorismus, was dort getan worden ist. Heute ist Acteal ein Ort der Hoffnung, ein Wallfahrtsort, wo wir alle die Kraft wiederfinden, weiterzumachen. Und wir sind der festen Überzeugung, das Gott uns nicht verlassen hat. Eine weitere Quelle der Hoffnung liegt in der mexikanischen Zivilgesellschaft. Dass sie sich deutlich ihrer Rechte bewußt wird. Es gibt eine Begeisterung für die politische Beteiligung. Uns scheint es, als sei die Gesellschaft viel reifer geworden.

5.000 Indígenas würdigen Bischof Samuel Ruiz

(San Cristobal, 26. Januar 2000, pulsar-Poonal).- Mehr als 5.000 Indígenas aus allen Landkreises des Bundesstaates Chiapas sowie zahlreiche inländische und ausländische Gäste feierten vor der Kathedrale von San Cristobal den 40. Jahrestag von Bischof Samuel Ruiz an der Spitze der Diözese. Nicht erschienen war der päpstliche Nuntius Justo Mullor. Er sagte seine Teilnahme verärgert ab, nachdem die Vikare der Diözese den Vatikan heftig wegen seiner Politik in Chiapas kritisiert hatten.

Aufgestoßen ist dem Kirchenhierachen wahrscheinlich auch die Weihung von mehr als 100 Diakonen und ihrer Ehefrauen in der Diözese durch Samuel Ruiz und Weihbischof Raul Vera. Feierlich veranstaltet und streng an das Kirchenrecht gehalten, kann diese Maßnahme durchaus als Absicht der Bischöfe gewertet werden, ihre pastorale Linie vor dem Verlassen der Diözese zu stärken. Bis auf wenige Ausnahmen handelt es sich bei den neuen Diakonen ausschließlich um Indígenas. In der Mehrheit sind es Tzeltales und Tzotziles, aber auch Tojolabales, Zoques und Choles befinden sich unter den Geweihten. Sie haben eine teilweise bis zu 15jährige Ausbildung in der Diözese hinter sich.

Wahrscheinlich keine andere Diözese der Welt hat so viele indigene Diakone wie San Cristóbal, wo es insgesamt etwa 400 sind. In Lateinamerika überschreitet ihre Zahl außerhalb Mexikos nicht 100, in den übrigen Diözesen des Landes sind insgesamt nicht mehr als zehn Indígenas zu Diakonen geweiht worden.

GUATEMALA

Trauriger Jahrestag – 20 Jahre Massaker in spanischer Botschaft

(Guatemala-Stadt, 31. Januar 2000, cerigua-Poonal).- Die in Spanien eingereichte Klage der guatemaltekischen Friedensnobelpreisträgerin Rigoberta Menchú gegen die Militärs und Regierungsfunktionäre ihres Landes geht auf zahlreiche Menschenrechtsverletzungen ein. Zu den schlimmsten gehört das Niederbrennen der spanischen Botschaft am 31. Januar 1980 durch Armee und Polizei. Dabei kamen 35 Menschen um, unter anderem der Vater Menchús.

Damals besetzten um elf Uhr morgens Mitglieder aus Indígena-Organisationen und Gemeinden der Hochlandprovinz Quiché sowie einige Studenten den diplomatischen Sitz Spaniens. Sie wollten so Druck auf die guatemaltekische Regierung ausüben, die Repression gegen die Orte der Indígenas zu stoppen. Zuvor waren sie bei fast allen Organisationen und staatlichen Institutionen in der Hauptstadt mit ihren Forderungen auf taube Ohren gestoßen.

Vom spanischen Botschafter Maximo Cajal verlangten die Besetzer, die Situation im westlichen Hochland Guatemalas international bekannt zu machen. Cajal hatte gerade ein Treffen mit drei Anwälten. Es handelte sich um den früheren guatemaltekischen Außenminister Adolfo Molina Orantes, den Ex-Vizepräsidenten des Landes, Eduardo Cáceres Lenhoff sowie Mario Aguirre Godoy, Professor an der Jurafakultät der Universität von San Carlos.

Der Botschafter sicherte von Beginn an zu, die Forderungen an seine Regierung und die befreundeter Länder weiterzugeben. Er bat die Besetzer, die Botschaft zu verlassen, um „unnötige Gewalt“ zu vermeiden. Doch das Militärregime und General Lucas García gab den Besetzern keine Chance. Ein Kommando der vom Militär kontrollierten Nationalpolizei griff die Botschaft überraschend an und setzte sie vollständig in Brand.

Bis auf Cajal, der wie ein Wunder entkam, verbrannten alle Personen, die sich in dem Gebäude befanden. Obwohl „der Botschafter wiederholt versucht hatte, mit dem Innenminister und dem Generaldirektor der Polizei in Kontakt zu treten, erhielt er keine Antwort auf seine Bitten, die Sicherheitskräfte sollten nicht intervenieren und sich aus der Umgebung der Botschaft zurückziehen“, heißt es in einem offiziellen Bericht der spanischen Regierung zu dem Massaker.

Sowohl in dem vor knapp zwei Jahren veröffentlichten Bericht der Kommission zur historischen Aufklärung sowie in dem von der katholischen Kirche verfassten Projekt zur Wiedererlangung der geschichtlichen Erinnerung, finden sich Angaben von Ärzten, die damals die Leichen autopsierten, dass die Militärs weißen Phospor bei ihrem Angriff benutzten. Die guatemaltekische Regierung verkündete dagegen 1980 der Welt, die Besetzer hätten sich selbst verbrannt.

HONDURAS/NICARAGUA

Der Grenzstreit geht weiter

(Tegucigalpa, 28. Januar 2000, pulsar-Poonal).- Die honduranische Regierung hat in Managua offiziell Protest wegen des militärischen Alarmzustandes eingelegt, den Nicaragua wegen der Differenzen über die Meergrenzen zwischen beiden Ländern ausgerufen hat. Der stellvertretende Außenminister Tomás Arita Valle erinnerte daran, dass der Streit auf dem diplomatischen Feld gelöst werde und an einen militärischen Weg nicht zu denken sei. Honduras hat auch bei der Organisation Amerikanischer Staaten (OAS) eine Beschwerde wegen der nicaraguanischen Drohgebärden vorgebracht.

PANAMA

Panamas Luft soll sauberer werden

(Panama, 1. Februaar 2000, na/ips-Poonal).- Um die Verschmutzung zu reduzieren, haben Umweltschutzgruppen in Panama-Stadt eine Kampagne für den Gebrauch von bleifreiem Benzin gestartet. Nach Einschätzung der Umweltbehörden werden 90 Prozent der Luftverschmutzung in der Stadt von Autos verursacht. Nach einem Gesetz von 1996 werden importierten Fahrzeugen bereits Katalysatoren abverlangt, und ab 2002 soll nur noch bleifreies Benzin gestattet sein. Dennoch beklagen die Umweltschutzgruppen die steigende Verschmutzung der Luft. Nach ihren Angaben sind daran vor allem die älteren Fahrzeuge, der Zuwachs an Verkehr und der Abbau des öffentlichen Transports schuld. Die Gesundheitsbehörden meldeten einen Anstieg von Erkrankungen der Atemwege. Diese Erkrankungen zählen zu den vierthäufigsten Todesursachen in Panama.

Mehrheit wegen des US-Abzugs noch nicht den Tränen nahe

(Panama-Stadt, 31. Januar, pulsar-Poonal).- Eine Cid-Gallup-Umfrage in Panama über die Folgen des endgültigen Abzugs der US-Truppen aus dem Land hat ergeben, dass sieben von zehn Einwohnern dieser Tatsache keine weitere Bedeutung zumessen. Drei von zehn Personen erklärten allerdings, die Auswirkungen zu spüren, da sie in der einen oder anderen Form ökonomisch von der Militärpräsenz profitierten. Es wurde auch Befürchtungen laut, das Land werde unsicherer oder ausländische Kräfte könnten versuchen, den Frieden in Panama zu gefährden. Der von einigen vorausgesagte schnelle Zusammenbruch der einheimischen Wirtschaft ohne das Geld der nordamerikanischen Soldaten ist aber ausgeblieben. Einen Monat nach dem vollständigen Truppenabzug scheint es der Wirtschaft weder besser noch schlechter zu gehen.

KOLUMBIEN

Bewaffnete Minderjährige

(Bogotá, 1. Februar 2000, na-Poonal).- Nach Angaben der kolumbianischen Ombudsstelle werden in allen bewaffneten Konflikten Kolumbiens Jugendliche eingesetzt. Sowohl Guerilla, paramilitärische Gruppen sowie andere Milizen rekrutieren Jugendliche unter 18 Jahren. Laut einer Untersuchung von 180 Heranwachsenden, die zwischen 1996 und 1998 in den bewaffneten Konflikt verwickelt waren, waren 60 Zeugen eines Mordes geworden. 18 von den Befragten hatten selbst einen Menschen getötet. 78 waren bei Entführungen anwesend, und 18 der Jugendlichen hatten bei Folterungen zugesehen. In den bewaffneten Auseinandersetzungen waren 28 der Jugendlichen selbst verletzt worden.

Evangelische Kirchenführer treffen sich mit Guerilla-Organisationen

(Bogota, 31. Januar 2000, alc-Poonal).- Führende Mitglieder der evangelischen Kirchen Kolumbiens haben sich in den vergangenen Tagen mit Vertretern der drei wichtigsten Guerilla-Gruppen getroffen. Sie forderten sowohl von den Revolutionären Streitkräften Kolumbiens (FARC) wie der Armee der Nationalen Befreiung (ELN) und dem Volksbefreiungsheer (EPL), die Verfolgung von Priestern zu unterlassen. Außerdem verlangten sie, der Wiedereröffnung von Kirchen und evangelischen Seminaren in den Einflussgebieten der Aufständischen zuzustimmen. Ihre Gemeinden und Pfarrer seien gegenüber dem bewaffneten Konflikt neutral.

Kirchensprecher Alfredo Torres informierte, dass die ELN den evangelischen Gruppen zwei Mandate und eine breite Beteiligung in der Vorbereitungskommission für die Nationale Konvention zusicherte, die die Guerilla-Organisation einberufen will, wenn die Sicherheitsbedingungen mit der Regierung abgeklärt sind. Die FARC habe sich verpflichtet, den Ursachen für die Schließung einiger Kirchen und Seminare nachzugehen. Mit der FARC-Spitze solle eine gemeinsame Stellungnahme erarbeitet werden, in der Resepkt vor der Evangelisierung und Friedenswille zum Ausdruck kämen. Und schließlich habe (der inhaftierte; die Red.) EPL-Sprecher Francisco Caraballo gesagt, nichts gegen die Christen zu haben. Er respektiere die Religions- und Glaubensfreiheit aller Kolumbianer*innen. Auch die EPL plant eine Konvention und will Kirchenvertretern die Teilnahme gewähren.

BOLIVIEN

Spaltung in Gewerkschaftszentrale

(La Paz, 26. Januar 2000, pulsar-Poonal).- Die Arbeiterzentrale Boliviens (COB), bisher der einzige gewerkschaftliche Dachverband im Land, ist in zwei große Blöcke gespalten. Nach neun Tagen endete der diesjährige Kongress der COB mit einem Eklat. Während eine Gruppe, der die Kritiker Regierungsnähe vorwerfen, weitertagt, hat die andere Gruppe das Treffen demonstrativ verlassen. Hintergrund sind die Kämpfe um die Kontrolle des einstmals mächtigen Dachverbandes. Traditionell stand sie den Minenarbeitern zu. Von den Minengewerkschaftern haben viele Verbindungen zu den Parteien, die derzeit in der Koalition von Präsident Banzer vertreten sind.

Innerhalb der Gewerkschaftsbewegung hat der Minensektor jedoch an Bedeutung verloren. Es sind die Campesinos, die sich nun in der Protagonistenrolle sehen. Nachdem auf dem Kongress keine Einigung erzielt werden konnte, verließen sie ihn ebenso wie die große Lehrergewerkschaft, die Rentnerorganisation und fünf der zehn Arbeitergewerkschaften in den Provinzen. Die Übriggebliebenen sind in der Minderheit. Für Zündstoff während des Kongresses hatte auch die massive Teilnahme von „Geisterdelegierten“ gehört. Sie kamen von Gewerkschaften, die nach der Privatisierung staatlicher Unternehmen praktisch verschwanden.

Für die Regierung kommt die faktische Spaltung des Dachverbandes, der früher zu den stärksten in ganz Lateinamerika gezählt wurde, gelegen. Sie will größere Opposition gegen neue Gesetze zur Flexibilisierung der Arbeit möglichst vermeiden. Innerhalb der nächsten drei Monate solle unter anderem das Recht auf freie Gewerkschaftswahl vom Parlament verabschiedet werden. Damit könnte die bereits geschwächte und niedergegangene Gewerkschaftsbewegung in Bolivien weiter zersplittert und zerstört werden.

LATEINAMERIKA

Privatisierungen werden weniger

(Santiago de Chile, 1. Februar 2000, na-Poonal).- Die Privatisierungen staatlicher Unternehmen sind in Lateinamerika nach Angaben der Handelskammer in Santiago de Chile im letzten Jahr deutlich zurückgegangen. Der Rückgang hängt mit der wirtschaftlichen Krise zusammen, die die Region betrifft. Die Krise zwang die jeweiligen Regierungen allgemein, für den Verkauf der Unternehmen auf günstigere Bedingungen zu warten. Insgesamt, so die Handelskammer, brachten die Privatisierungen den öffentlichen Schatzkammern Lateinamerikas 1999 fast 13 Milliarden US-Dollar ein. Im Vergleich dazu waren es 1998 noch über 41 Milliarden US-Dollar. Durchschnittlich bezahlten die neuen Eigentümer im letzten Jahr 32 Prozent mehr als die Mindestforderung der Regierungen betrug. Dagegen lagen die bezahlten Summen 1998 noch 41 Prozent über den Minimalpreisen. Brasilien führt die Liste der Länder mit den meisten Privatisierungen an: Dort wurden 12 Transaktionen im Wert von 3,89 Milliarden US-Dollar getätigt. Es folgen Puerto Rico mit 2,69 Milliarden, Argentinien mit 2,68 Milliarden und Chile mit 1,43 Milliarden US-Dollar.

Eigenständigkeit versus Schuldentilgung

(Quito, 1. Februar 2000, pulsar-Poonal).- Im ecuadorianischen Quito findet diese Woche das lateinamerikanische Treffen „Die Menschenrechte gegenüber der Auslandsschuld“ statt. Bereits am ersten Tag wurde die Unterordnung der Wirtschaftspolitik in der Region unter die Zahlung der Auslandsschuld kritisiert. Keine Zustimmung fanden die sozialen Folgen der Wirtschaftspolitik. Ein zentrales Thema war der Einfluss der in Argentinien eingeführten Dollarparität. Für den Experten Carlos Julia brachte dies in seinem Land zwar Preisstabilität, aber ebenso hohe Zinsen, Lohneinbußen, weniger Arbeitsrechte und eine reale Arbeitslosigkeit von 50 Prozent mit sich. Offiziell beträgt die Arbeitslosigkeit in dem südamerikanischen Land 17 Prozent. Auf den Fall Ecuador eingehend, wo der Dollar die einheimische Währung ersetzen soll, prophezeit Julia, genauso wie Argentinien werde Ecuador keinen Spielraum behalten, die Auslandsschuld zu verhandeln.

Der Sonderberichterstatter der Vereinten Nationen, Reinaldo Figueredo, erklärte, die Schulden dürften nicht getrennt von zivilen, politischen, wirtschaftlichen, sozialen und kulturellen Rechten der Einzelperson sein. Die Auslandsschuld könne nicht als reine Verpflichtung zwischen Schuldner und Gläubiger aufgefasst werden. Der lateinamerikanischen Zivilgesellschaft empfahl er eine aggressivere Beteiligung, um den Schuldenerlass in mehr Ländern der Region zu erreichen.

Schulderkrise Teil III – Verwirrende Statistiken in Peru

Debatte um Auslandsschulden bedarf präziser Wirtschaftsdaten

Von Stephanie Boyd

(Lima, 18. Januar 2000, na-Poonal).- „Was würde es kosten, die Armut in Peru auf Null zu reduzieren? 332 Millionen US-Dollar jährlich. Wieviel bezahlen wir für die Schulden? Fünfmal soviel.“ Dieser Kommentar des peruanischen Ökonomen Javier Iguíñiz verdeutlicht den allgegenwärtigen Wunsch nach Schuldenerlaß. Bürger mit sozialem Bewußtsein sind es leid, zuzusehen wie die Armen noch ärmer werden und gleichzeitig die sozialen Programme gekürzt werden, um die Zinsen der Auslandschulden bezahlen zu können.

Aber das, was die aktiven Gegner der Auslandsschulden am meisten enttäuscht, ist, dass Peru mit einer Pro-Kopf-Verschuldung von 1.200 US-Dollar, die sich auf insgesamt mehr als zehn Milliarden US-Dollar summieren, nicht in den Kreis der Länder aufgenommen worden ist, bei denen Weltbank und die Gruppe der sieben reichtsten Industrieländer (G 7) die Reduzierung der Schulden erwägen. Die Initiative der Hochverschuldeten Länder (HIPC), die von Schuldnerländern und der Multilateralen Enwicklungsbank 1996 begonnen wurde, möchte das Niveau der Schulden soweit drücken, dass sie „erträglich“ sind. Von Beginn an wurde die Initiative stark kritisiert. Zum einen aufgrund ihres Konzepts, nur einen Teilerlaß der Schulden zu fordern. Zum anderen, weil sie direkt mit Reformprogrammen des Weltwährungsfonds verknüpft ist.

Dennoch ist die HIPC der erste ernsthafte Versuch, den ärmsten Länder die Last der Schulden zu erleichtern. Bei dem G 7-Gipfel im Juni 1999 in Deutschland akzeptierten die Teilnehmer der wichtigsten Industriestaaten einen vom HIPC eingebrachten Vorschlag. Für die Aktivisten derjenigen Länder, die von der Initiative ausgeschlossen sind, wie etwa Peru, bedeutet die HIPC eine Enttäuschung. Die Auswahlkriterien beziehen sich im wesentlichen auf makroökonomische Indikatoren wie das Bruttoinlandsprodukt (BIP) pro Kopf und die Verschuldung als Anteil des Produkts. Auch von den Exporten ausgehend, wird Peru als ein Land mit immerhin mittelmäßigem Einkommen angesehen.

Kritiker beschuldigen die Regierung, die Zahlen aufgeblasen zu haben, um das Land für Investoren attraktiver darzustellen. Nun hat diese verdrehte Darstellung die letzte Hoffnung für Peru zerstört, als armes Land die Aufnahmebedingungen für das HIPC zu erfüllen. Der Ökonom Iguíñiz stellt die Kalkulationen des peruanischen Bruttoinlandsproduktes in Frage: nach seiner Meinung müßten auch soziale Indikatoren – beispielsweise die Höhe der Zinsrückzahlungen verglichen mit den Ausgaben im Gesundheits- und Bildungswesen sowie bei der Sozialversicherung – berücksichtigt werden.

Wenn man die letzten Statistiken betrachtet, stellt man fest, dass das Land sich in einer ähnlichen Situation befindet wie Haiti, Honduras oder Bolivien. Die Anzahl der Personen, die von einem Dollar pro Tag leben muß, die Kindersterblichkeit, die Höhe der Ausgaben im öffentlichen Sektor – dies alles macht klar, wie Iguíñiz aufzeigt, dass Peru eines der ärmsten Länder der Welt ist. Die Armutsgrenze liegt bei minimalen Lebenshaltungskosten von 2 US-Dollar täglich. Etwa 12 Millionen Menschen, das sind 49 Prozent der Peruaner, leben unterhalb dieser Armutsgrenze. Das ist eine höhere Prozentzahl als die in Honduras (47 Prozent) oder in Nicaragua (44 Prozent) – beides Länder, die von der HIPC berücksichtigt werden.

Das schlimmste ist für die Wirtschaftsexperten, wie mit den offiziellen Statistiken umgegangen wird. Es sind die einzigen Zahlen, die von den UNO- Behörden und den internationalen Finanzorganisationen akzeptiert werden. Nach Darstellung der kritischen Ökonomen ist das BIP politisch manipuliert worden. Am auffälligsten ist, dass ihm als Basispreise die Daten von 1979 zu Grunde liegen. Einem Jahr, in dem die Kosten für Konsumprodukte besonders hoch waren. Das spiegelt aber die aktuelle wirtschaftliche Situation nicht wider. In Wirklichkeit, so die Experten, ist die jetzige nationale Produktion vollkommen verschieden zu der damaligen, mit neuen Produkten und einer stärkeren Betonung auf der Industrie.

Wenn man den Index auf einem Jahr mit hohen Preisen aufbaut, wird der Wert der Produktion künstlich aufgebauscht. Die ist ein anormal hohes Bruttinlandsprodukt, das die Wirtschaft stärker erscheinen läßt als sie tatsächlich ist. Ein besonders hohes Bruttoinlandsprodukt bewirkt unter anderem, dass der Steueranteil am BIP relativ niedrig wirkt. In Peru beträgt er offiziell etwa 13 Prozent. Wären die Berechnungen für das BIP realistischer und würden Zahlen eines kürzer zurückliegenden Jahres wie etwa 1994 benutzt, läge der Steueranteil des Bruttinlandsproduktes bei 20 Prozent, erklärt der Wirtschaftswissenschaftler Ismael Muñoz des staatlichen Instituts Bartolomé de Las Casas. Wenn die Peruaner merken würden, dass ein Großteil der Einkünfte des Landes aus Steuern bestünde, dann „gäbe es einen Grund für Unternehmer, Arbeiter, Konsumenten, Händler, kurz alle Steuerzahler, sich über hohe Zahlungen zu beklagen“, sagt er.

Auch die Armutsindikatoren wie beispielsweise das BIP pro Kopf, würden sich mit realistischeren Berechnungen stark verändern, führt Muñoz aus. Er fügt hinzu, dass Peru „den anerkannt armen Ländern viel näher ist als denen mit einem mittelmäßgen Staatshaushalt“. Die Regierung hat derweil bekanntgegeben, das Bruttoinlandsprodukt neu zu berechnen und jüngere Daten dazu zu benutzen. Ohne Druck aus der Zivilgesellschaft, die auch von Investoren mitgetragen werden müsse, meint Muñoz jedoch, würden die Statistiken weiterhin ungenau bleiben: dasselbe Versprechen hatte die Regierung vor drei Jahren bereits schon einmal gegeben.

„Für die meisten Menschen ist es nicht wichtig, ob die Berechnungen besser oder schlechter sind – das ändert auch nichts an ihrem Leben,“ schließt der Ökonom seine Ausführungen. „Aber wenn man weiß, dass diese Zahlen in den internationalen Verhandlungen zugrundegelegt werden und dazu dienen, ökonomische und politische Maßnahmen zu rechtfertigen, dann ist klar, dass die Zahlen genau sein müssen.“

PERU

Bischöfe fordern Chancengleichheit bei den Wahlen

(Lima, 31. Januar 2000, alc-Poonal).- Die 45 katholischen Bischöfe des Landes haben saubere und chancengleiche Wahlen gefordert. Für die Bischofskonferenz sprachen deren Vorsitzender Monseñor Luis Bambaren und Generalsekretär Miguel Irizar. Unter anderem gingen die Bischöfe auf den Zugang zu den Massenmedien ein. Das Privatfernsehen verbreitet im umfangreichen Maße Propaganda der Regierung und der Regierungspartei 2000. Der Opposition werden dagegen bezahlte Anzeigen mit der Begründung verwehrt, es gebe keinen Platz im Programm.

Mehrere Boulevardzeitungen, die nach Oppositionsangaben von der Regierung subventioniert werden, widmen sich täglich der Aufgabe, die Kandidat*innen der Opposition zu kritisieren und zu beleidigen. Besonders betrifft das den Bürgermeister der Hauptstadt, Alberto Andrade und den ehemaligen Leiter der staatlichen Sozialversicherung, Luis Castañeda. Beide könnten potentiell die erneute Wiederwahl von Präsident Alberto Fujimori im kommenden April gefährden.

Die katholischen Hierachen mahnen eine Öffnung der Medien „gegenüber allen Kandidaten“ an und verlangen wahre, aufrichtige und wirkliche Information. Fujimoris Erfolge gegen „Inflation und Terrorismus“ werden anerkannt, aber „wir haben immer noch nicht ein befriedigendes soziales und politisches Zusammenleben erreicht“, so die Bischöfe. Sie weisen auf Armut, wirtschaftliche und gesellschaftliche Ungleichheit, Arbeitslosigkeit, Schwächung der staatlichen Institutionen und die unterschiedliche Behandlung vor dem Gesetz hin.

URUGUAY

Armee will Vergangenheit verdrängen

(Uruguay, 30. Januar 2000, comcosur-Poonal).- Armeechef General Fernán Amado hat gegenüber dem Kanal 12 in Montevideo seine Auffassung wiederholt, die Streitkräfte hätten keine Information, um Aufklärung in das Thema der Verschwundenen zu bringen. Er beschwerte sich darüber, das Thema werde politisiert. Dabei vergaß er zu erwähnen, dass es gerade politische Motive waren, die den Verschwundenen unter dem uruguayischen Militärregime zum Verhängnis wurden. „Ich denke, gleich welcher Situation sich das Militär in Zukunft gegenüber sieht, kann es keinerlei Beteiligung haben. Denn es steht ihm kein Element zur Verfügung, die seine Haltung und sein Wissen in diesem Bereich verändern könnten.“

VENEZUELA

Zweites Amtsjahr für Chávez

(Caracas, 1. Februar 2000, pulsar-Poonal).- Präsident Hugo Chávez beendete sein erstes Amtsjahr, das nicht anders als stürmisch bezeichnet werden kann. Nachdem mit der Verfassungsversammlung und zahlreichen Initiativen zur Änderung des traditionellen Systems die politischen Aspekte im Vordergrund standen, wartet die Bevölkerung nun darauf, dass sich im zweiten Amtsjahr die kritische wirtschaftliche Situation verbessert.

Während der gestürzte ecuadorianische Präsident Jamil Mahuad sein Land mit einem Boot verglich, so sprach Chávez gerne von Venezuela als U-Boot, in dem die Bevölkerung in einem Meer aus Schulden, Armut und Arbeitslosigkeit zu ertrinken drohte. Nun soll seinen Worten nach ein Flugzeug daraus werden, das ein hohes Niveau auf dem Entwicklungsweg fliegt.

Der dem Präsidenten feindlich gesonnene Unternehmersektor fordert Schockmaßnahmen, damit die Wirtschaft nicht erneut ein starkes negatives Wachstum aufweist – 1999 betrug dies sieben Prozent. Chávez, dessen Popularität unter der Bevölkerung trotz der Wirtschaftskrise noch hoch ist, wird darauf kaum eingehen. Er wird zudem Versuch, sich bei den durch die Verfassungsversammlung vorgeschriebenen Neuwahlen am 28. Mai erneute politische Rückendecken für weitere Amtsjahre zu holen.

Die Arbeit der Versammlung ging am vergangenen Sonntag zu Ende. Sie übte mehrere Monate lang auch die Funktion des Parlaments aus. Übergangsweise wird jetzt eine 21köpfige Kommission aus der Mitte der Versammlung diese Aufgabe übernehmen. Im Mai wird ein neues Parlament gewählt.

ARGENTINIEN

Prozess gegen Mitglieder der Menem-Administration

(Buenos Aires, 28. Januar 2000, pulsar-Poonal).- Im Februar beginnen Gerichtsprozesse gegen mehrere hohe Funktionäre der Vorgängerregierung unter Carlos Menem. Es besteht der Verdacht auf Unregelmäßigkeiten bei der Verwaltung staatlicher Gelder, nach das neu geschaffene Büro gegen die Korruption erste Ermittlungen vorgelegt hat. Unter anderem sollen Vertrauensleute von Ex- Präsident Menem um 1.000 Prozent überteuerte Verträge abgeschlossen und den Staatshaushalt so geschädigt haben. Die Verträge wurde entgegen der gesetzlichen Bestimmungen niemals öffentlich ausgeschrieben.

Die die letzten Indígenas sind bedroht

(Buenos Aires, 1. Februar 2000, na/Poonal).- Eine der letzten Gruppen indigener Bewohner in der argentinischen Provinz Salta im Norden des Landes ist durch die Aufteilung ihres Gebietes bedroht. Dies erklärte eine hochrangige ökumenische Delegation, der unter anderem der Erzbischof von Salta, Mario Cargnello, der Präsident der Evangelischen Kirche vom Rio de la Plata, Juan Pedro Schaad und andere wichtige Vertreter christilicher Glaubensrichtungen angehören. Die Regierung der Provinz Rivadavia will zwei Zonen, in denen die Lhaka Honhat leben, parzellieren und die einzeln Parzellen umzäunen. Die Lhaka Honhat ernähren sich vom Fischfang und der Jagd. Daher wäre die Parzellierung eine existentielle Gefahr für sie. Die ökumenische Delegation verlangt, dass diese Pläne geändert werden.

BRASILIEN

Neues Gerichtsverfahren gegen Militärs

(Brasilia, 1. Februar 2000, na-Poonal).- Die UNO fordert ein neues Gerichtsverfahren gegen die als unschuldig erklärten drei Militärangehörigen, die im August letzten Jahres wegen des Massakers an Landarbeitern in Eldorado do Carajas im brasilianischen Bundesstaat Pará vor Gericht standen. Der holländische Richter Hans von Agglen, Mitglied der Hohen Menschenrechtskommission, setzte sich mit dem Präsidenten des Gerichtstribunals von Pará in Verbindung, um diesem die Besorgnis über die Straffreiheit der in das Massaker involvierten Personen auszudrücken. Das Tribunal sandte von Agglen die Gerichtsakten zu. Diese sollen anläßlich eines Treffens der Menschenrechtskommission in Genf präsentiert werden. „Sollte sich herausstellen, dass die brasilianische Justiz Unrecht urteilte, muß das Land mit Wirtschaftssanktionen rechnen“, so von Agglen.

Radio Favela FM sendet nicht mehr geheim

(São Paulo, 26. Februar 2000, recosur-Poonal).- Das Community Radio Favela FM musste 19 Jahre lang verboten senden, weil die Behörden keine Sendelizenz erteilten. Für die Arbeit in einem Elendsviertel von São Paulo erhielt die Radiomacher*innen unter anderem drei Preise der Vereinten Nationen. Auf der Gegenseite standen sieben polizeiliche Durchsuchungen. Jetzt besuchte der brasilianische Kommunikationsminister João Pimenta da Veiga den Sender und unterzeichnete die Konzession für die Frequenz von Radio Favela. Allerdings fehlt noch die Zustimmung des brasilianischen Kongresses. Die Regierung will bis zum Jahr 2002 mehr als 4.000 Community Radios legalisieren. Von den Sendern fordert sie den Nachweis, einen wertvollen Dienst für ihre Umgebung anzubieten. Die Konzession für Radio Favela erfolgt nach dem heftig kritisierten Urteil eines Bundesrichters, der die Schließung von 2.000 Community Radios in der Provinz São Paulo verfügte. „Jetzt können wir ohne Angst arbeiten“, erklärt Misael Avelino dos Santos, der zu den Gründern des Senders gehört. Das Programm zielt darauf ab, das Selbstbewusstsein der Viertelbewohner zu stärken und Drogenkonsum sowie -Handel zu bekämpfen.

CC BY-SA 4.0 Poonal Nr. 418 von Nachrichtenpool Lateinamerika ist lizenziert unter Creative Commons Namensnennung-Weitergabe unter gleichen Bedingungen 4.0 international.

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