Deutsche Ausgabe des wöchentlichen Pressedienstes lateinamerikanischer Agenturen Nr. 104 vom 02.08.1993
Inhalt
GUATEMALA
KUBA
GUATEMALA
GUATEMALA
Der Präsident im Labyrinth
(Mexico City, den 27.7.1993 NGPOONAL) Der lauwarme Charakter des Präsidenten Ramiro De León Carpio, mit dem er das Land regiert, hat angefangen ihm großen Teil seines Images zu nehmen, mit dem er das oberste Amt im Juni angetreten ist, nachdem der Expräsident Jorge Serrano abgesetzt wurde.
Am meisten wird kritisiert, daß der größte Teil der Bürokratie, die von den vorherigen Regierungen geerbt wurde, weiter fortbesteht. An diese Kritik schließen sich auch Anschuldigungen in Bezug auf Korruption und Nachlässigkeit an.
Der Präsident schwimmt zwischen zwei Gewässern. Anstatt er sich damit befaßt, zu regieren und politische Projekte voranzutreiben, verliert er in seiner Funktion als sozialer Vermittler viel Zeit und Kraft.
Es ist nicht einfach die Interessen der Volksbewegung, die die keine Rechte hat, mit dem Versuch zu verbinden, die Previlegien der dominanten Sektoren zu festigen.
Trotzdem ist klar, daß seine ambivalente Position nicht lange dauern wird, da viel Unmut bei denen vorherrscht, die grundlegende Veränderungen im Sozialnetz sehen wollen.
Es ist evident, daß dies nur durch eine neue Politik erreicht werden kann, denn die veralteten Strukturen sind geschichtlich vollkommen überholt. Dies kann man an der permanenten Krise sehen.
Die schwierigsten zu überwindenden Hindernisse sind: Das Fortdauern der Menschenrechtsverletzungen, Restrukturierung -auch wenn geringfügig- der Ökonomie und die Säuberung der Staatsorgane.
Amnestie International hat vor Tagen offengelegt, daß die Verletzung der Grundrechte der Guatemalteken Besorgnis erregend ist. Es gibt weiterhin außerrechtliche Hinrichtungen und Verschwindungen.
„Es gibt große Hindernisse zur Ausübung des Rechts in der Praxis, da Rechte nicht angewendet werden, “ hob Amnestie hervor. Dies bedeutet, daß die Straflosigkeit weiter fortbesteht.
Die Gruppierung der Sektoren, die gegen Straflosigkeit und die Repression entstanden sind, Kriegsopfer sowie Vertriebene, Witwen und Angehörige von Verschwundenen äußerte seine Furcht vor dem Wiederaufleben der Gewalt.
Diese Deklaration war eine Warnung an die Vereinigten Staaten, die dabei sind die Wiederaufnahme der Militärhilfe in Guatemala zu erörtern, unter der Bedingung, daß die Befehlshaber die Demokratiefördern.
Die Administration des Expräsidenten George Bush strich die Militärhilfe 1990, wegen der Agressivität des Militärs gegen die Zivilbevölkerung, unter der sich auch nordamerikanische Bürger befinden.
In Bezug auf die nationale Wirtschaft befindet sich De León Carpio zwischen den diskreten Privatisierungsbefürworten und den Volkssektoren, die es für wichtiger halten, die Aufmerksamkeit auf die sozialen Probleme zu lenken.
In einer Äußerung ohne vorheriges Beispiel, kündigte der Präsident den Abbruch des Privatisierungsprozesses an. Doch in Wirklichkeit bezog er sich die Entmonopolisierung wichtiger Sektoren.
„Ich glaube, daß der Privatsektor dies nicht versteht, weil er nicht will“, sagte der Präsident, indem er sich auf Kritiken bezog, die behaupteten, daß der „Staat ein schlechter Verwalter sei“.
Es ist wichtig darauf hinzuweisen, daß viele Probleme, die die Bevölkerung konfrontiert, von dem Verhalten der Unternehmergruppen abhängt -hier insbesondere dem Agrarexport-, die sich weigern, die Arbeiter menschenwürdig zu behandeln.
„Es ist eine Schande, daß im Warteraum des Jahres 2000, 60 Prozent der Guatemalteken keine Elektrizität hat“, sagte der Vorsitzende der Industriekammer, indem er die Schließung der Staatsaktivität in diesem Bereich kritisierte.
Im Anbruch des neuen Jahrhunderts, weigern sich die Arbeitgeber anständige Löhne zu zahlen -nicht einmal den legalen Mindestlohn-, sie vermeiden Steuern zu zahlen und geben Bestechungsgelder. Dies zumindest bis vor der Krise, um die Verabschiedung von Gesetzen zu erlangen, die ausnahmslos zu ihrem Vorteil sind.
Es ist symptomatisch, daß Unternehmer -auch wenn es noch die Minderheit ist-, sich von der traditionellen Spitze der Privatinitiative distanzieren, die vollkommen rückschrittlich ist, aber so eine starke Macht hat, daß sie das Leben des Präsidenten schwer machen kann.
Doch der Präsident wird am meisten kritisiert in Bezug auf die Säuberung der Staatsapparate, da diese mit dem Vorwand der Unabhängigkeit der Macht weiter fortbestehen, trotz der Beschwerden der zivilen Gesellschaft.
Es kann nicht behauptet werden, daß zur Normalität zurückgekehrt wurde, da die Abgeordneten, unter Druck stehend ihr Amt niederzulegen, eine Säuberung des Staatsapparats vermeiden, indem daran glauben, daß die „Zeit die Spuren verwischt.“
Aber damit nicht genug. Es wird auch gefordert, daß die Säuberung zum höchsten Gerichtshof gelangt, er korrupt und nachlässig ist, doch seine Funktionäre halten sich an der Macht mit halblegalen Argumenten.
Dies ist das Labyrinth, das durchdrungen werden muß, damit Guatemala zur Demokratie gelangt. Der Präsident hat internationale Unterstützung und die historische Rechtfertigung, um dies zu erreichen.
KUBA
Der Tourismus – eine unausweichliche Lösung
(Mexico City, den 27.7.1993 Prensa LatinaPoonal) Mit dem Ziel Personal auszubilden, das fähig ist, den touristischen Service zu verbessern, hat Kuba ein Ausbildungsmodell entworfen, das von der Ausbildung in der Kindheit bis zum perfektionierten Niveau der Universitätsabgänger reicht.
Das Fehlen einer touristischen Kultur, trotz der vielen Jahre Erfahrung in der Betreuung von Touristen, ist ein Hindernis fü die Entwicklung dieses wichtigen ökonomischen Sektors.
„Der Tourismus ist eine Welt, die wir noch lernen müssen“, sagte der Präsident Fidel Castro vor ungefähr drei Jahren, in Bezug auf die Probleme, die aus der fehlenden Qualität in der Dienstleistung resutieren.
Der Tourismus, der als „Industrie ohne Schornsteine“ bezeichnet wird, wird von den lokalen Behörden als einer der grundlegenden Wege bezeichnet, um aus der schwierigen Wirtschaftssituation herauszukommen. Der Tourismus nimmt eine vorrangige Stellung neben der Produktion von Medikamenten, der Biotechnologie und anderer wissenscahftlicher und technischer Gebiete ein.
Kuba hat vor, sich in eines der wichtigsten touristischen Ziele der Karibik zu wandeln. Hierbei muß vor allem die Wichtigkeit der menschlichen Hilfe hervorgehoben werden, um eine Herausforderung für die starke Konkurrenz darzustellen.
Es muß berücksichtigt werden, daß solch ein Projekt erst vor relativ kurzer Zeit in einem Land entwickelt wurde, das keine Tradition in diesem Bereich hat. Vor dem Sieg der kubanischen Revolution im Januar 1959 gab es keine Ausbildung im Bereich des Tourismus. Die damaligen Arbeiter, die in diesem Bereich arbeiteten, verfügten über eine empirische Erfahrung und eine fragmentarische Ausbildung, da es keine Ausbildungszentren gab. Erst 1960 wurde die erste nationale Hotel- und Tourismusschule gegründet, die sich in dem Hotel Sevilla in Havanna befindet.
Obwohl diese Art von Ausbildung sehr kostspielig ist, haben die meisten Antillenländer derzeit ein breites Netz von Institutionen: ein Zentrum der touristischen Studien, politechnische Institutionen, betriebswissenschaftliche Schulen und Sprachschulen. Diese und andere Einrichtungen befinden sich in den Hauptpolen der Archipel.
Auch wenn Mittel fehlen, um eine Laufbahn in dieser Spezialisierung zu finanzieren sowie ein Laboratorium mit hochtechnologischer Ausrüstung und Lehranstalten mit funktionalen Bedingungen, werden viele Jugendliche grundlegend in verschiedenen Spezialgebieten ausgebildet: Küchenbetrieb und gastronomische Dienstleistungen, touristische Unterhaltung, Hotelrezeption und Unterbringung.
Das hohe Ausbildungsniveau, das während der letzten 30 Jahre auf der Insel erreicht wurde, ist bedingt durch die enge Verbindung der Theorie mit der Praxis. Diese nimmt 70 Prozent des Studienplans ein, da sie eine entscheidende Rolle in der Aneignung der Fähigkeiten spielt.
Trotzdem existiert auf der karibischen Insel keine Laufbahn für Tourismus. Die derzeitige Verfahrensweise, um Professionelle im weitesten Sinne auszubilden besteht darin, daß Studenten aus anderen Fachbereichen an Konferenzen , Seminaren und praktischem Unterricht teilnehmen.
All dies, zusammen mit der Ausbildung der aktiven Arbeiter, der ständigen Verbesserung der Lehre sowie der Investitionen, stellen die wichtigsten Punkte im Programm zur weiteren Verstärkung der nationalen Ökonomie dar.
Das Projekt sieht ebenfalls vor, Fremdsprachen zu unterrichten, denn diese stellen im Tourismus ein unerläßliches Arbeitsinstrument dar. Außerdem zeigen sie ein höheres Niveau an Professionalität an.
Ausgehend hiervon werden sowohl die neuen Arbeiter als auch diejenigen, die schon längere Zeit in diesem Gebiet tätig sind, weitergebildet, je nach Niveau der Kommunikationsnotwendigkeit des jeweiligen Arbeitsplatzes und je nach der Fremdsprache die am meisten gesprochen wird.
Natürlich verlangt all dies eine wissenschaftlich-technische Untersuchung in Bezug auf Auswahl, Erwerbung und Verbreitung von Information, die mit der vielschichtigen touristischen Aktivität in Beziehung steht, insbesondere in der Personalausbildung.
Die Zusammenarbeit mit Nationen, die den Bereich des Tourismus weiter entwickelt haben, ist Teil des Programmes, um das zu erreichen, was Kuba wie Petroleum oder Zucker, sein traditionelles ökonomisches Standbein, braucht.
GUATEMALA
Der Fall Devine, erneut im politischen Blickfeld
(Mexiko, 27. Juli 1993, Cerigua-POONAL).- Der Mord am US-Bürger Michael Devine, im Juni 1990 von Militärkräften begangen, ist erneut ins politische Blickfeld Guatemalas gerückt, als einer der Fälle, in denen die Straffreiheit noch vorherrscht. Die Streitigkeiten zwischen der zivilen und der militärischen Gerichtsbarkeit weisen darauf hin, daß eine Verurteilung von dreizehn Militärangehörigen, die verantwortlich für die Flucht des Hauptmann Hugo Contreras aus den Kaserne Mariscal Zavala in Guatemala-Stadt sind, auf sehr unsicheren Beinen steht. Contreras war wegen seiner direkten Verantwortung für das Verbrechen zu zwanzig Jahren Haft (inconmutable) verurteilt worden.
Einige Tage vor der Verurteilung rechtfertigte der Militärrichter Koronel Ramon Pantalon die Flucht des Ofiziers mit der Begründung, er sei Opfer eines ungerechten Urteils gewesen.
Contreras, Chef des militärischen Geheimdienstes der Militärzone im nördlichen Department Peten konnte am 14. Mai offensichtlich mit Hilfe der genannten Personen entkommen.
Devine wurde am 8. Juni 1990 entführt. Tage später wurde seine Leiche mit den Händen an einem Stacheldraht festgebunden und durch die Erdrosselung fast enthauptet aufgefunden.
Das Verbrechen führte zur Suspendierung der US-Militärhilfe für Guatemala. In der Luft blieb eine nicht-offizielle Version, nach der Devine ein Agent der DEA ? war, der Beziehungen der Streitkräfte mit dem Drogenhandel aufgedeckt hatte, so Quellen, die in der New York Times im April 1991 zitiert wurden.
Im vergangenen Mai, zwei Monate vor dem entgültigen Schiedsspruch, erregten zwei Vorfälle die Aufmerksamkeit: Ein mysteriöser Verkehrsunfall des die Militärs angeklagenden Anwalts Enrique Gonzalez, und der von der militärischen Oberbefehlsherrschaft ausgesprochene Befehl, daß die vier Zeugen gegen Contreras sich der Teilnahme an der Gerichtsverhandlung enthalten sollen.
Mit Verspätung zeigten sich die vier Soldaten vor dem Gericht, wo sie ihre Aussagen gegen Contreras bestätigten und eine direkte Beteiligung an der Entführung und Ermordung des Nordamerikaner zurückwiesen, was ihnen den Freispruch brachte.
Nichtsdestotrotz wurden die vier anschließend gefangen genommen und in der Hauptkaserne der Streitkräfte „Justo Rufino Barrios“, in der Hauptstadt eingesperrt. Das Menschenrechtsbüro des katholischen Erzbischoffs konnte erreichen, daß die Festnahme bestätigt wurde. Die Streitkräfte erkärten, die Gefangenen befänden sich in „Qualität von Besuchern“.
Zwei Monate nach der Flucht gab Contreras Lebenszeichen von sich. Die Zeitschrift Cronica informierte, daß der Geheimdienstoffizier per Telefon seine Unterwerfung unter die Justiz an Sicherheitsgarantien gebunden hatte, damit er gegen die wirklichen „Täter des Verbrechens“ aussagen könnte.
Nach Meinung des Militärrichters Ramon Pantaleon, hätte Contreras in jedem Falle verurteilt werden müssen, wegen Entdeckung und Unterlassung der Anklage. Die Behauptung führt zu weiteren beunruhigenden Fragen: Wenn nicht Contreras, wer hat die Entscheidung gefällt, Devine zu ermorden, wer wird geschützt? und, weswegen rechtfertigt der Militärrichter die Flucht von Contreras?
Dies scheint den Verdacht zu stärken, daß der Befehl zum Mord am US-Bürger vom militärischen Generalstab des Expräsidenten Vinicio Cerezo (1986-1990) ausgegeben wurden, was von dem Regierenden zudem bestätigt wurde, indem er die Beteiligung der Streitkräfte an dem Verbrechen zugegab.
Wenn es nicht so wäre, warum hat die nordamerikanische Regierung sofort mit der Suspendierung der Militärhilfe reagiert? Warum hat sie die Verurteilung Contreras wie ein Vorzeichen zum Kampfes gegen die Straffreiheit definiert? und warum hat sie die Flucht des Offiziers als einen Schlag gegen die guatemaltekisch Justizbezeichnet?
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