Deutsche Ausgabe des wöchentlichen Pressedienstes lateinamerikanischer Agenturen Nr. 241 vom 15.05.1996
Inhalt
GUATEMALA
MEXIKO
NICARAGUA
ECUADOR
DOMINIKANISCHE REPUBLIK
KOLUMBIEN
HAITI
GUATEMALA
Friedensabkommen: Eine Bank soll das Landproblem lösen
(Guatemala-Stadt, 7. Mai 1996, cerigua-POONAL).- Wie viele Vereinbarungen während der Friedensverhandlungen setzt auch das Abkommen über „sozio-ökonomische Aspekte und die Agrarsituation“ allgemein auf eine Dezentralisierung des Staates und seiner Dienstleistungen sowie die erhöhte Beteiligung der Guatemaltek*innen an den Entscheidungen über ihr Leben. Es gibt jedoch auch konkrete Zielsetzungen: Für das Jahr 2000 sagt die Regierung zu, den Gesundheits- und Bildungshaushalt im Vergleich zu 1995 um 50 Prozent angehoben zu haben. Für alle Kinder zwischen sieben und zwölf Jahren sollen mindestens drei Schuljahre garantiert werden, die Lese- und Schreibfähigkeit der Bevölkerung auf 70 Prozent angehoben werden. Ein weiteres Ziel besteht darin, die Kindersterblichkeit um die Hälfte zu senken. Die Regierung will Jobprogramme für 200.000 Arbeiter*innen durchführen und sagt ab 1997 jährlich 300 Millionen Quetzales für einfache Infrastrukturmaßnahmen zu. Mindestens 1,5 Prozent des Steuereinkommens sollen für die Subvention des Wohnungsbaus aufgewendet werden.
Das Landproblem, das vielleicht schwierigste Thema des Abkommens, soll durch zwei Maßnahmen in Angriff genommen werden: Eine Landbank, die sowohl Land zum Kauf anbieten wird als auch Landkredite für die einkommensschwachen Bevölkerungsteile bereitstellen soll sowie ein neues Landregister. Die Bank soll brachliegendes oder illegal erworbenes Staatsland – besonders in den Provinzen Alta Verapaz und Petén – an landlose Campesinos verteilen. Auch die in der Verfassung festgeschriebenen Möglichkeiten zur Landenteignung sollen Anwendung finden. Das Register soll das zur Neuverteilung verfügbare Land auflisten und Streitereien über Landtitel klären. Um die höheren sozialen Ausgaben des Staates zu decken, sind höhere Steuern und eine verbesserte Steuereinziehung geplant (in kaum einem anderen Land der Welt werden so wenig Steuern gezahlt wie in Guatemala; die Red.).
Bis zum Jahr 2000 muß die Regierung mindestens 10 Prozent des Bruttsozialproduktes in Steuern einziehen, legt das Abkommen fest. Das wäre doppelt so viel wie 1995. Für die Steuerflucht werden härtere Strafen versprochen, aber nicht näher ausgeführt. Vorschläge für Verfassungsreformen oder -änderungen sind in der Vereinbarung zwischen Regierung und Guerilla nicht vorgesehen.
Geheime US-Papiere über Menschenrechtsverletzungen freigegeben
(Guatemala-Stadt, 8. Mai 1996, cerigua-POONAL).- Das Aufsehen über 20.000 Seiten umfassende US-Berichte über Menschenrechtsverletzungen in Guatemala hält sich in Grenzen. Die Freigabe durch das nordamerikanische Aussenministerium wird vermutlich in nur wenigen Fällen Aufklärung bringen. Der guatemaltekische Außenminister Eduardo Stein äußerte jedoch die Ansicht, „Licht in einigen Fällen“ könne die Menschenrechtssituation im Land verbessern. Präsident Alvaro Arzú sagte zu, die Dokumente dem Obersten Gerichtshof zu übergeben und diesen zu bitten, bei entsprechenden Informationen vorzugehen. Ronalth Ochaeta vom erzbischöflichen Menschenrechtsbüro sprach von einem Test des Justizsystems. Man müsse abwarten, ob irgendjemand, der in den Papieren belastet werde, vor Gericht komme. In der Presse wurde darauf verwiesen, daß der größte Teil der wichtigen Informationen immer noch unter Verschluß ist. Die freigegebenen Berichte bezögen sich nur auf die vergangenen elf Jahre und behandelten nur Verbrechen gegen US-Bürger oder deren Familienangehörige. Dokumente des CIA sind nicht eingeschlossen.
Parlament billigt Notsteuer
(Guatemala-Stadt, 3. Mai 1996, cerigua-POONAL).- Eine von der Regierung vorgeschlagene Notsteuer passierte ihre erste Hürde im Parlament. Im Finanzausschuß überstimmten die Abgeordneten der Regierungspartei PAN mit ihren sechs Stimmen die fünf Stimmen der Opposition. Wenn das Gesamtparlament, in dem die PAN ebenfalls über die absolute Mehrheit verfügt, ebenfalls zustimmt, wird rückwirkend ab 1995 eine zusätzliche Steuer von einem Prozent auf alle Einkommen von monatlich mehr als 4.000 Quetzales (600 US- Dollar) erhoben. Für 1995 haben die Betroffenen die Möglichkeit, Staatsgutscheine zu kaufen, die jedoch doppelt soviel kosten wie die Steuerzahlung. Die Abgeordneten der Opposition halten die Zusatzsteuer für verfassungswidrig und kündigten ein gerichtliches Vorgehen an, falls es zu einem Gesetz komme. Sie halten das erwartete Mehreinkommen zudem für zu gering, um die Staatsverschuldung wirklich lindern zu können. „Es ist wie ein Tropfen Wasser im Ozean“, so das Mitglied im Finanzausschuß, Antonio Mobil vom Demokratischen Bündnis Neues Guatemala (FDNG). Die Zeitung „El Gráfico“ warf der Regierung vor, kurzfristige Maßnahmen wie die Notsteuer anzuwenden, um die Finanzprobleme zu lösen anstatt eine umfassende Steuerpolitik zu entwickeln und gegen die Steuerhinterziehung vorzugehen.
MEXIKO
Verhandlungen immer noch infrage gestellt
(Mexiko-Stadt, 12. Mai 1996, POONAL).- Die Zapatistische Armee der Nationalen Befreiung (EZLN) hat noch nicht entschieden, ob sie an den Verhandlungstisch mit der Regierung in San Andrés zurückkehren wird. Eine Woche nach den -ußerungen des Subcomandante Marcos, der der Regierung Kriegswillen vorwarf und das Gerichtsurteil gegen die beiden angeblichen Zapatisten Javier Elorriaga und Sebastián Entzin scharf kritisierte (vgl. POONAL 240), bekräftigte der Comandante David die abwartende Haltung der Aufständischen. Die Zapatist*innen erwarteten „klare Signale“ von der Bundesregierung. Offensichtlich verspricht sich die EZLN jedoch eine Lösung von Vorschlägen der Nationalen Vermittlungskommission CONAI und der Abgeordnetenkommission COCOPA. Nach den Angaben des Comandante David sind die Zapatist*innen immer noch in Alarmbereitschaft. Im Gegensatz zur Bundesarmee, die durch ihr Auftauchen in verschiedenen Gemeinden des zapatistischen Einflußgebietes provoziere, verharre die EZLN jedoch in ihren Stellungen.
Ein „Blutsauger“ erschrickt die mexikanische Öffentlichkeit
(Mexiko-Stadt, 12. Mai 1996, POONAL).- „Er“ kommt angeblich meistens nachts und hat großen Durst – auf Blut. Seine bevorzugten Opfer sind Ziegen, die morgens blutleer aufgefunden werden. Und ein ganzes Land spricht auf einmal über „ihn“. Der „Chupacabras“, ins deutsche wörtlich und unzureichend mit „Ziegenaussager“ zu übersetzen, geistert durch Mexiko. Von den nördlichen Bundesstaaten Chihuahua, Sonora und Colima scheint er sich Richtung Süden vorzuarbeiten und steht schon fast vor den Türen der Hauptstadt. Die Sensationsblättchen sind jeden Tag voll von neuen schauerlichen Geschichten über den Chupacabras, doch auch die seriösen Medien berichten seit knapp einer Woche über das Phänomen. Und in den alltäglichen Gesprächen der phantasiereichen Mexikaner darf der Chupacabras keineswegs fehlen. Eine riesige mutierte Fledermaus, ein ganz neues Raubtier oder gar ein außerirdisches Wesen? Bisher wollen zwar eine ganze Reihe von Menschen den Chupacabras gesehen haben, doch niemand gelang es, ihn zu fangen. Real sind bisher nur ein paar Dutzend tote Ziegen und die Auswirkungen der Gerüchte auf die mexikanische Gesellschaft.
Bei nüchterner Betrachtung ist die Analyse dieser Auswirkungen vielleicht das Interessanteste an der Geschichte. Mexiko hat seine Wirtschaftskrise immer noch nicht überwunden. Das politische System mit der seit fast siebzig Jahren ununterbrochen regierenden Revolutionären Institutionellen Partei (PRI) hat große Legitimationsprobleme. Arbeitslosigkeit und Unsicherheit herrschen vor. „Wir wissen nicht, was wir glauben sollen“, so zitiert die Tageszeitung „La Jornada“ ein frustrierten Forscher auf einem kleinen Expertentreffen zum Thema „Chupacabras“. Er bezog sich damit auf die Vertrauenskrise in der Gesellschaft, nicht auf „ihn“. Doch „er“ schürt Angst, vor allen Dingen unter der von vielen Nöten geplagten Landbevölkerung. Sie verlangt Sicherheit – vor dem Chupacabras und überhaupt. Und Sicherheit ist das, was nun einmal der Staat und die Regierung mit ihren Mitteln noch am ehesten garantieren können, wenn sie wollen.
In vielen Kommentaren zum Chupacabras scheint zwischen den Zeilen die Vermutung durch, es handele sich um eine geplante Kampagne. Einerseits werde damit von anderen, schwerwiegenderen Problemen abgelenkt, andererseits das Bedürfnis nach mehr Sicherheit geweckt. Gerade die der Regierung eher näher stehenden Medien förderten mit ihrer Berichterstattung in den letzten Tagen diese Tendenzen. Andere machen mit dem Chupacabras einfach nur ein schnelles Geschäft. Plakate, T-Shirts und Schlüsselanhänger sind mit den verschiedensten Versionen des mysteriösen Blutsaugers bedruckt. Ein eigenes Lied ist dem Chupacabras ebenfalls bereits gewidmet.
In den kritikfreundlicheren Medien haben die Karikaturisten das Motiv aufgenommen. Mal erscheint der Chupacabras in der Form des Ex-Präsidenten Carlos Salinas, mal sind es der Wirtschafts-, der Finanzminister oder Bankdirektoren, die ihre Artgenossen aussaugen. Die Wissenschaftler glauben dagegen überwiegend, statt des imaginären Chupacabras seien Coyoten, Hunde oder Berglöwen am Werk, die aufgrund der Trockenheit in vielen nördlichen Regionen ungewöhnlich viele Ziegen anfallen und das durststillende Blut trinken. Der schon zitierte Wissenschaftler spricht allerdings auch den Karikaturist*innen Realitätsnähe nicht ab: „Der Mensch ist das schlimmste Raubtier des Planeten, er akzeptiert keine Konkurrenz.“
NICARAGUA
Die FSLN will mit Daniel Ortega wieder an die Macht
(Mexiko-Stadt, 7. Mai 1996, POONAL).- Gut fünf Monate fehlen noch, bis am 20. Oktober in Nicaragua ein neuer Präsident gewählt wird. Der Wahlkampf hat schon seit einiger Zeit begonnen. Doch seit dem 6. Mai besitzt er eine andere Qualität. Die Teilnehmer des 2. Parteikongresses der Sandinistischen Front der Nationalen Befreiung (FSLN) bestimmten den ehemaligen Regierungschef Daniel Ortega mit großer Mehrheit offiziell zu ihrem Präsidentschaftskandidaten. Ortega ist zweifellos die schillerndste Figur unter den Politker*innen des Landes. 1979 zog er mit der siegreichen sandinistischen Revolutionsarmee in Managua ein und beendete damit die über 40jährige Diktatur der Somozafamilie. Einmal in Wahlen bestätigt, mußten Ortega und die Sandinist*innen 1990 überraschend die Macht an eine Koalition fast aller übrigen Parteien abgeben, die die konservative Violeta Chamorro als Kandidatin aufgestellt hatten und stark von den USA unterstützt wurden. Als mit Abstand stärkster Einzelpartei gelang es der FSLN jedoch, Streitereien der Regierungskoaliton auszunutzen und bei vielen Angelegenheiten mitzuregieren. Aber nun will Ortega wieder selbst ins höchste Amt des Staates zurück. Einfach wird das nicht und daran haben die Sandinist*innen einen großen Anteil.
Neben Ortega und der FSLN beanspruchen auch der frühere Vizepräsident Sergio Ramírez und seine im vergangenen Jahr als Abspaltung von der FSLN entstandene Bewegung der Sandinistischen Erneuerung (MSR) das politische Erbe des nicaraguanischen Freiheitshelden Augusto Sandino. Gegenseitige Schmutzkampagnen haben das Klima zwischen den beiden Parteien so vergiftet, daß ein Zweckbündnis für die Wahlen ausgeschlossen scheint. Zumindest Ramírez lehnt ein Zusammengehen mit der FSLN rundweg ab und wird selbst als Präsidentschaftskandidat antreten. Das vergrößert noch die Chancen des rechtsgerichteten Arnoldo Alemán und seiner Alianza Liberal. Alemán ist ehemaliger Bürgermeister von Managua und hat bei Regionalwahlen bereits wichtige Erfolge erringen können. Umfragen zeigen ihn in der Wählergunst mit 33 Prozent deutlich vor Daniel Ortega, der als Zweitplazierter 21 Prozent erzielt. Nennenswertes Gewicht bei dem Rennen um den Präsidentenstuhl kommt nach dem bisherigen Stand der Dinge höchstens noch einem viertem Kanditaten zu: Antonio Lacayo, dem Schwiegersohn der aktuellen Regierungschefin und als graue Eminenz des Kabinetts bekannt. Derzeit sind 35 politische Parteien in Nicaragua registriert. Viele davon werden keine eigenen Kandidat*innen aufstellen, aber Allianzen eingehen. Angesichts dieser Konstellation versuchte Daniel Ortega auf dem Parteikongreß, ein möglichst großes Wählerpotential anzusprechen. Er, dem von seinen Gegner*innen Orthodoxie und Dogmatismus vorgeworfen wird, bot eine Regierung der Nationalen Einheit unter seiner Präsidentschaft an. Er gab eine Garantie für das Privateigentum ab und versprach „weder Enteignung noch Vertreibung“. Unabhängig von ihrer Ideologie solle die Bevölkerung seiner Partei die Stimme geben, um „den Hunger und das Elend zu besiegen“. Davon sind immerhin 70 Prozent der 4,2 Millionen Nicaraguaner*innen betroffen – wesentlich mehr, als nach langem Krieg mit den Contras, sandinistischer Mißwirtschaft und ökonomischer Drangsalierung durch die USA im Jahr 1990.
Die Trumpfkarte, um Wähler von anderen Parteien herüberzuziehen, soll der Unternehmer und Viehzüchter Juan Caldera spielen. Auf dem FSLN-Kongreß wurde er als Kandidat für das Vizepräsidentenamt gewählt. Caldera ist Mitglied des Obersten Rates der Privatunternehmen, der in den 80er Jahren eine vehemente Oppositionspolitik gegen die Sandinist*innen betrieb. Sein Ansehen resultiert aus seiner Gegnerschaft zur Somozadiktatur und der Tatsache, daß er nach dem Sieg der sandinistischen Revolution nicht wie viele andere Unternehmer*innen und Großgrundbesitzer*innen ins Ausland ging. Caldera soll bei einem Wahlsieg Ortegas die Aufgabe bekommen, an der Spitze eines Wirtschaftsrates die Produktion wieder anzukurbeln. Damit hätte er erheblich mehr Handlungsspielraum als der derzeitige Vizepräsident unter Violeta Chamorro. Für Daniel Ortega gibt es unter den augenblicklichen Bedingungen jedoch nur ein vorrangiges Ziel: zu verhindern, daß Arnoldo Alemán im ersten Durchgang die erforderlichen 45 Prozent der Stimmen für einen Wahlsieg erhält. Danach würden die Karten neu gemischt.
ECUADOR
Der Favorit verspricht „Arbeiter- und Volkskapitalismus“
– von Eduardo Tamayo
(Quito, 8. Mai 1996, alai-POONAL).- In Ecuador hat der Wahlkampf seinen Höhepunkt erreicht. Die Kandidat*innen verstärken ihre politische Propaganda und eilen durch Dörfer und Städte, um die Sympathie der Wähler*innen zu gewinnen. Am kommenden 19. Mai sind viereinhalb Millionen Menschen aufgerufen, an den Wahlurnen abzustimmen. Es geht um Präsident (nur Männer kandidieren) und VizepräsidentIn der Republik, zwölf Parlamentssitze, 70 Abgeordnete in den Provinzen, 21 Präfekt*innen (in etwa dem deutschen Regierungspräsidenten vergleichbar; die Red.), 74 Gemeinderäte, 27 BürgermeisterInnenämter sowie etwa 1.000 weitere -mter auf kommunaler Ebene. Die Neuheit in diesem Wahlprozeß ist, daß unabhängige Bürger*innen ohne Parteizugehörigkeit als Kandidat*innen antreten dürfen. Dies machen Verfassungsreformen vom August 1994 möglich. 55 unabhängige politische Bewegungen erfüllten die Bedingungen des Obersten Wahlgerichtes und nutzen das neue Recht aus. Die Mehrheit ihrer Kandidat*innen ist auf kommunaler Ebene in den Listen eingeschrieben. Ein weiterer Unterschied zu vorherigen Wahl ist die Möglichkeit der Wiederwahl von Personen, die öffentliche -mter innehaben. Auch diese Reform wurde im August 1994 verabschiedet. Die Kandidat*innen
Um das Präsidentenamt bewerben sich neun Personen. Sechs gehören politischen Parteien an, drei unabhängigen Bewegungen: Jaime Nebot von der Sozialchristlichen Partei; Rodrigo Paz von der christdemokratisch ausgerichteten Volkdemokratie; Frank Vargas Pazzos von der Revolutionären Ecuadoreanischen Volksaktion (APRE); Abdala Bucaram von der Roldosistischen Ecuadoreanischen Partei (PRE); Juan José Castelló von der Demokratischen Volksbewegung (MDP) und Ricardo Noboa vom Bündnis der Liberalen Partei und der Radikalen Alfaristischen Front. Die unabhängigen Kandidaten sind der Journalist Freddy Ehlers von der Bewegung Pachakútik Neues Land; der General José Gallardo von der Bewegung Nationale Allianz und der Anwalt Jacinto Velázquez. Die Umfragen sehen den rechtsgerichteten Jaime Nebot vorne. Ihm trauen die Wahlforscher zwischen 33 und 36 Prozent der Stimmen zu. Er ist ein Anwalt aus Guayaquil, der bevölkerungsreichsten Stadt Ecuadors. Nebot hat die Unterstützung der wirtschaftlich mächtigsten Gruppen des Landes. Unter der sozialchristlichen – aber rechten – Regierung von Präsident León Febres Cordero war er Gouverneur von Guayas und übte sein Amt mit harter Hand aus. Er wurde zahlreicher Menschenrechtsverletzungen angeklagt. Bei einer ersten Kandidatur unterlag er 1992 im zweiten Wahlgang dem amtierenden Präsidenten Sixto Durán Ballén. Im Rahmen seiner Wahlstrategie gibt sich Nebot jetzt das Image eines gemäßigten und ruhigen Mannes, der Mitte-Rechts-Positionen vertreten will. Er kritisiert Auswüchse der neoliberalen Politik und verspricht einen „Arbeiter- und Volkskapitalismus“.
Die beiden bekanntesten Umfrageinstitute des Landes sehen den Journalisten Freddy Ehlers mit etwa 20 Prozent auf dem zweiten Platz der WählerInnengunst. Ein anderes Meinungsforschungsunternehmen gibt sowohl ihm als auch dem Christdemokraten Rodrigo Paz knapp 16 Prozent. Ehlers gehört nicht zu der Schicht der traditionellen Politiker*innen. Sechs Jahre lang leitete er eine beliebte Sonntagssendung im Fernsehen. Obwohl er bis vor wenigen Wochen der Demokratischen Linken, die eine sozialdemokratische Tendenz hat, angehörte, war er für diese Partei nie politisch aktiv. Seine Kandidatur wird von mehreren Kräften gefördert, die wichtigste Gruppierung ist die Bewegung Pachakútic Neues Land ist. Sie vereint Indígena-Organisationen, Ölgewerkschaften, Campesino-Bewegungen, christliche Basisgemeinden, Nicht-Regierungsorganisationen und Intellektuelle. Auch die von 1988 bis 1992 regierende Partei Demokratische Linke und das Breite Bündnis-Sozialistische Partei unterstützen die Kandidatur von Ehlers. Dieser schlägt vier Revolutionen vor: eine Wirtschaftsrevolution, eine Ethikrevolution, eine Bildungsrevolution und eine Umweltrevolution. Er verspricht, daß es in seiner Regierung einen Minister indigenen Ursprungs geben werde. Außerdem will er zu einer Verfassungsversammlung aufrufen, die „das Land neugründen“ soll und die korrupten Leute hinter Gitter bringen.
Das plötzliche Auftreten von Ehlers – der als „Outsider“ angesehen wird – hat die Wahlszenerie aus dem Gleichgewicht gebracht. Es schmälert die Chancen des Christdemokraten Rodrigo Paz, des Populisten Abdala Bucaram und des Generals Vargas Pazzos. Die Kampagnensprecher dieser drei schießen alle ihre Munition gegen Ehlers ab. Sie erwähnen die peruanische Staatsangehörigkeit seiner Ehefrau, seine fehlende Erfahrung und die Mitgliedschaft seiner Kandidatin für die Vizepräsidentschaft, Rossana Vinueza, beim Opus Dei. Ehlers Kontrahent Rodrigo Paz ist ein vermögender Unternehmer, der sich auf die Wirtschaftselite von Quito stützt. In der zweitgrößten Stadt Ecuadors war er Bürgermeister, dort ist auch seine wichtigste Wahlbasis.
Verschiedene Umfragen sehen Abdala Bucaram auf dem dritten oder vierten Platz. Wahlexpert*innen weisen jedoch darauf hin, daß die Umfragen Bucaram bereits bei mehreren Gelegenheiten weniger Stimmen zugeschrieben haben, als er in Wirklichkeit anzieht. Daher sehen sie die Möglichkeit, daß der Populist die Wahlüberraschung sein wird und in den zweiten Wahlgang kommen könnte (allerneueste Wahlumfragen bestätigen dies; die Red). Auch aufgrund der Spaltung, die im sogenannten linken Zentrum besteht, wo Ehlers, Paz und Vargas um dieselben Wähler*innen rangeln. Bucaram ist zum dritten Mal Präsidentschaftskandidat. Bei den beiden vorherigen Gelegenheiten belegte er den zweiten und den dritten Platz. Der General Vargas, der zwei bewaffnete Rebellionen gegen die Rechtsregierung von León Febres Cordero anführte, begann seine Kampagne mit ziemlichen Erwartungen. Er erreichte die Unterstützung der Demokratischen Linken und bildete ein Kandidatengespann mit deren Parteichef Jorge Gallardo. Diese Allianz war von den „historischen“ Führern der Partei jedoch nicht gern gesehen. Sie entzogen Vargas schließlich die Rückendeckung und wandten sich Ehlers zu. Diese Konflikte schwächten die Kandidatur von Vargas erheblich. Auf jeden Fall geben die Umfragen einen Hinweis, daß Nebot in die zweite Wahlrunde kommen wird. Allerdings ist die Zahl der Unentschlossenen mit 21 bis 25 Prozent noch sehr groß und erschwert verläßliche Prognosen. Sie sind die entscheidende Größe, die für die eine oder andere Option den Ausschlag geben wird.
Die Beteiligung der Indígenas an den Wahlen
(Quito, 9. Mai 1996, alai-POONAL).- Im ecuadoreanischen Wahlprozeß nehmen die sozialen Bewegungen zum ersten Mal ohne die Vermittlung über die Parteien teil. Zu diesen parteiunabhängigen Organisationen gehört die „Bewegung Plurinationale Einheit Pachakútic Neues Land“, die mehrheitlich von den Indígenas getragen wird. Für das Präsidentenamt unterstützt die Bewegung Freddy Ehlers, für das Parlament Luis Macas. Macas ist Präsident der CONAIE, der größten Indígena-Organisation des Landes. Pachakútic hat außerdem eigene Kandidat*innen in 37 der 200 Bezirke des Landes und in 13 der 31 Provinzen. Pachakútic bedeutet nach den Worten von Luis Macas die Rückbesinnung auf alte Traditionen, dürfe jedoch nicht als rückwärtsgewandt mißverstanden werden; „Es bedeutet, vorwärts zu gehen“. Sein Wahlmotto baut Macas auf den Prinzipien seiner Vorfahren auf: „ama shua, ama quilla, ama llulla“ („nicht rauben, nicht lügen, nicht müßig sein“). „Das zentrale Element ist der Kampf gegen die Korruption. Wir glauben, dieses Prinzip wird neu gültig und es ist wichtig, es in unserer Familien, in unseren Gemeinden und in unseren Kreisen zu diskutieren und zu leben“, so der Indígena-Führer. Die CONAIE habe die Bewegung Pachakútic gegründet, um Vereinbarungen und Konsens unter den verschiedenen Indígena-Organisationen zu schaffen und Bündnisse mit anderen sozialen Gruppen wie den Gewerkschaften, den BürgerInnenbewegungen, Verbänden und neu entstehenden Organisationen zu erreichen, erklärt der Indígena Luis Maldonado, Präsident des Zentrums für plurikulturelle Forschungen. In diesen Wahlkampf haben sich die Indígenas, die zwischen 15 und 30 Prozent der Bevölkerung ausmachen, zum Ziel gesetzt, ihre Auffassung von einem Staat mehrerer Nationalitäten und einer multikulturellen Gesellschaft zu verbreiten, eine landesweite Vertretung zu erreichen und die Spielräume auf örtlicher Ebene zu konsolidieren.
DOMINIKANISCHE REPUBLIK
Das Ende der -ra Balaguer – Wahlbetrug dennoch nicht ausgeschlossen
(Mexiko-Stadt, 12. Mai 1996, POONAL).- Seit 1966 ist die politische Szenerie in der Dominikanischen Republik von einem Mann beherrscht worden: von Joaquín Balaguer, dem inzwischen 89jährigen und fast erblindeten Präsidenten. Nur einmal, von 1978 bis 1986, konnte die Opposition über einen längeren Zeitraum regieren. Ansonsten hieß der Sieger immer Balaguer von der Sozialreformistischen Christlichen Partei (PRSC) – wenn nötig, mit Wahlbetrug. Bei der Präsidentschaftswahl am Donnerstag, 16. Mai, ist zumindest eines sicher: das kommende Staatsoberhaupt hat einen neuen Namen, denn Joaquín Balaguer tritt nicht mehr zur Wahl an. Vielleicht wird sogar seine Partei die Macht abgeben müssen, denn PRSC-Kandidat Jacinto Peynado liegt in allen Umfragen hinter den Oppositionskandidaten José Francisco Gómez von der Revolutionären Demokratischen Partei (PRD) und Leonel Fernández von der Partei der Dominikanischen Befreiung (PLD).
Die Angst vor einem neuen Wahlbetrug ist jedoch groß. Wahrscheinlich wurden so 1990 die PLD und 1994 die PRD mit Gómez an der Spitze um den Wahlsieg gebracht. Vor genau zwei Jahren retteten wohl nur die Unentschlossenheit der Opposition und die uneingeschränkte Unterstützung der Militärs der Balaguer-Regierung eine weitere Amtszeit. Damals bezeichneten sogar die USA, deren jahrzehntelanger Verbündeter der greise Präsident ist, das erst nach zwei Monaten verkündete amtliche Endergebnis als „bedauernswert“. Als die Opposition sich 1994 bereits frustriert darauf einrichtete, Balaguer wolle unter allen Umständen auf dem Präsidentenstuhl sitzend sterben, zeigte sich dieser doch noch zu Zugeständnissen bereit und stimmte nach dem Druck in In- und Ausland früheren Neuwahlen zu. Dabei demonstrierte er aber seine politische Gerissenheit: Während er der PRD Neuwahlen nach 18 Monaten zusagte, brach er drei Tage später diese Vereinbarung, weil er die Frist mit den Stimmen der PLD in der Nationalversammlung auf zwei Jahre verlängern konnte.
So sind auch bei diesen Präsidentschaftswahlen die Voraussagen trotz der Umfrageergebnisse unsicher. Die Regierung hat zwar der Anwesenheit internationaler Beobachter*innen zugestimmt, doch der zentrale Wahlrat versicherte gleichzeitig, während und nach der Wahl keine Beobachter*innen in seinem Auszählungs- und Computerzentrum zuzulassen. Von den etwa vier Millionen stimmberechtigten Bürger*innen könnten viele nach den Erfahrungen der vergangenen Jahre zuhause bleiben. Allgemein wird dennoch erwartet, daß José Gómez, hinter dem außer der PRD eine Koalition von 44 Kleinstparteien und Bewegungen steht, im ersten Wahlgang vorne liegen wird. Doch die erforderliche 50-Prozentmarke wird der Mitte-Linkskandidat voraussichtlich verfehlen. Ein Zusammengehen der rechts von der PRD eingeordneten PLD und der PRSC in der Stichwahl könnte ihm erneut den Zugang zum Präsidentamt verwehren.
KOLUMBIEN
Händlerringe verkaufen Frauen nach Europa
– von Socorro Ramírez
(Bogotá, Mai 1996, fempress-POONAL).- „Gegen meinen Willen“, sagt Margarita Ríos. „Mit Betrug“, fügt Marta Rincón hinzu. „Gezwungen“, versichert Beatriz Benavides. „Ich wußte ein bißchen, um was es ging, aber ich kannte die Bedingungen nicht. Sie brachten mich dazu, Dinge zu machen, an die ich nie gedacht hatte: ich wurde gezwungen und es wurde Druck auf mich ausgeübt, sie zu tun, denn ich hatte bereits einen Vertrag unterschrieben und alle meine Dokumente abgegeben“, kommentiert ihrerseits Rita López. So weit einige der Zeugenaussagen einiger Opfer des Frauenhandels von Kolumbien nach Europa. Es sind Geschichten von Mädchen und jungen Heranwachsenden, alleinerziehenden Müttern und Frauen aus armen Stadtvierteln oder Dörfern. Sie wurden zuerst von einer Stadt in die andere geschickt und dann gezwungen, die Prostitution auszuüben.
Allen Erzählungen gemeinsam ist die wirtschaftliche Notlage, eine geringe Schulbildung, Gewalt in der Familie, die die Frauen dazu brachte, von zu Hause zu fliehen und nach Lebensalternativen zu suchen. Die Mehrheit kam legal mit Touristenvisa oder als Studentinnen nach Europa. Einige mit falschen Reisepässen und von einem Mann begleitet, der vorgab, der Ehemann zu sein. Keine dieser Frauen verfügte über eine angemessene Information oder eine behördliche Ansprechstelle vor, während oder nach der Zeit als Opfer der Frauenhändler. Ein kolumbianisch-niederländisches Programm mit dem Namen „Esperanza“ (Hoffnung) soll die sichere Rückkehr der Frauen in ihr Heimatland garantieren. Die Frauen sehen sich jedoch vielen Unsicherheiten gegenüber, vor allem die Frauenhändler, die sie nach Europa geschleust haben, verfolgen und bedrohen sie.
Das Programm will denjenigen in psychologischer und sozialer Hinsicht helfen, die zurückkehren wollen, aber nicht wissen, wie ein neues Leben anfangen. Auch die Unterstützung bei der Arbeitssuche wird versucht. Die Arbeit wird von Organisationen und Personen des Ursprungslandes – in diesem Fall Kolumbien – und aus den Niederlangen getragen. Es geht sowohl darum, die Frauen zu betreuen als auch gegen den Frauenhandel vorzugehen und die internationalen Netze anzuprangern. „Das Problem in einer internationalen Perspektive gesehen werden muß“, sagt Fanny Polania, die das Programm koordiniert. „Das beinhaltet nicht nur die wirtschaftliche Dimension, die sich von der Armutssituation in den Entwicklungsländern ableitet, sondern genauso die Nachfrage, die es in den Niederlanden, Japan, usw. gibt. Diese Nachfrage fördert die Zwangsprostitution und den Handel. Alle Rechte der Frauen werden verletzt. Viele Frauen werden gewaltsam entführt. Sie verdienen fast nichts, sie erhalten lediglich 30 Prozent dessen, was eine Europäerin üblicherweise erhält. Jahrelang müssen die Lateinamerikanerinnen mit ihrer Arbeit die Reisekosten, den Aufenthalt, die Wohnung, die Nebenkosten, den Arztbesuch, die Grundbedürfnisse bezahlen. Für jede Formalität oder Bewegung sind sie von einer anderen Person abhängig. Es ist wirkliche Sklaverei.“
In Kolumbien gibt es verschiedene Arten von Händlernetzen. Einige agieren auf nationalem Terrain, andere verkaufen Frauen in das lateinamerikanische Ausland, nach Europa oder Japan. In einigen Fällen wird angenommen, daß Verbindungen zum Drogenhandel und zur Geldwäscherei bestehen. Das Programm Hoffnung hat sich aus der Arbeit der Internationalen Stiftung gegen den Frauenhandel entwickelt, die 1985 als eine Initiative holländischer Frauen gegen den Sextourismus in die Niederlande und in andere Länder entstand. Die Stiftung hat verschiedene regionale Projekte in den „Hauptexportländern“ gefördert: Dominikanische Republik, Kolumbien, Brasilien in Lateinamerika; Thailand und Philipinen in Asien; Polen, Russland und Ex-Jugoslawien in Europa; Ghana, Benin in Afrika. Die Anstrengungen zielen darauf, die einheimischen Behörden auf das Problem aufmerksam zu machen, damit sie gegen den Frauenhandel vorgehen und die Opfer schützen. Ebenso wurde versucht, Kinder und Frauen als potentielle Opfer zu warnen, um sie nicht in die Gewalt der Händler geraten zu lassen.
Gerade zu dem Zeitpunkt, in dem das Projekt in Kolumbien anlief, hat das Oberste Gericht von Bogotá zwei Ausländer wegen des Verbrechens des Frauen- und Minderjährigenhandels verurteilt. Die Angeklagten hatten angegeben, Tänzerinnen zu suchen, um sie nach Japan zu bringen. Die Frauen bewiesen, daß sie zur Prostitution gezwungen werden sollten. Das Urteil könnte ein Zeichen sein gegen die Straffreiheit, auf die die Händlerringe bislang vertrauen durften.
HAITI
Preval bleibt auf Privatisierungskurs
(Port-au-Prince, Mai 1996, hib-POONAL).- Über die dreiwöchigen Verhandlungen zwischen der haitianischen Regierung und den multilateralen Banken ist bisher nichts nach außen gedrungen. Doch die Kampagne von Präsident Rene Preval für Privatisierung und eine neoliberale Wirtschaftspolitik ist ein deutlicher Hinweis, daß die Regierung über den weiteren Weg bereits entschieden hat. Nur der Ton ist etwas gemäßigter geworden. In jüngster Zeit hat Preval darauf hingewiesen, daß nicht alles verkauft werden soll. Der Präsident hat zudem die Selbstsicherheit und die Arroganz früherer Tage verloren. Die 1. Mai-Demonstration bezeichnete er zwar als Fehlschlag (dem Aufruf von 15 Organisationen, gegen die Privatisierung zu demonstrieren, folgten nur einige hundert Personen; die Red.), aber er ging auf die „Unruhe“ unter den Staatsbeschäftigten ein und erklärte seine Bereitschaft, sich mit den Privatisierungsgegner*innen zu treffen. Dieser Sinneswandel kommt just in dem Moment, in dem ein französischer Bankenvertreter erklärte, er erkenne den Widerstand an und werde nicht auf die vollständige Privatisierung drängen. Preval versucht nun in diesem Sinne, die Leute zu beruhigen. Denn trotz der geringen Mobilisierung am 1. Mai besteht die Opposition gegen seine Pläne in vielen Gesellschaftsteilen nach wie vor. Die Widersprüche in der Lavalasbewegung sind deutlich und die Ungeduld der Menschen wächst.
Der Präsident will unterdessen zeigen, daß er auch „hart“ gegen die Bourgeosie und den Privatsektor vorgehen kann. Er greift Steuerflüchtlinge und Schmuggler an. In der Steuerbehörde erschien er innerhalb von zwei Wochen viermal. Den Zollbehörden statteten er und andere Regierungsfunktionäre Überraschungsbesuche ab. Die Finanzbehörden kündigten den Einzug von Eigentum und Vermögen, öffentliche Namensnennung und sogar Haft als Strafen für Steuerflüchtlinge an. Fahnder*innen beschlagnahmten am 2. Mai Akten in drei Unternehmen. Angeblich sollen diese Maßnahmen bei der Zahlungsmoral zu ersten Erfolgen geführt haben. Wer Schmuggler überführt, soll mit der Hälfte des beschlagnahmten Materials belohnt werden.
In der Lavalasbewegung gärt es weiter. Die Zeitschrift „Tanbou Verite“, eine Publikation der Politischen Organisation Lavalas (OPL), warnte im April vor der „Brüchigkeit“ der Bewegung und rief zur „demokratischen Einheit“ auf. Dennoch bezeichneten mehr als ein Dutzend Vertreter der Lavalas-Plattform einschließlich des Senators Renaud Bernadin die Privatisierung in einer Pressemitteilung als „Zerstörung der nationalen Produktion, der Lebenskraft des Landes“. Sie baten Preval mit seiner „Logik der Unterwerfung“ Schluß zu machen. Der Präsident seinerseits reagiert zunehmend mit Ungeduld auf die Vorhaltungen seiner Kritiker*innen. Das Parlament hat immer noch nicht den Haushaltsplan für dieses Jahr verabschiedet. Auf einer improvisierten Pressekonferenz am 1. Mai drängte er die Abgeordneten, einer Reihe von Krediten zuzustimmen, mit denen seinen Angaben nach Straßen und Bewässerungssysteme repariert und Jobs geschaffen werden sollen. Bei der gleichen Gelegenheit nannte er eine Anhebung der Mindestlöhne „schön“ aber „nicht durchführbar“, weil Haiti wettbewerbsfähig bleiben müsse.
Poonal Nr. 241 von Nachrichtenpool Lateinamerika ist lizenziert unter Creative Commons Namensnennung-Weitergabe unter gleichen Bedingungen 4.0 international.
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