Deutsche Ausgabe des wöchentlichen Pressedienstes lateinamerikanischer Agenturen vom 20. August 2002
Inhalt
BOLIVIEN
Koka bestimmt den Kongress
GUATEMALA
HONDURAS
CHILE
MEXIKO
MITTELAMERIKA
URUGUAY
BOLIVIEN
Neuer Präsident de Lozada bittet um „soziale Waffenruhe“
(La Paz, Bolivia, 7. August 2002, recosur).- Der frisch vereidigte Präsident Boliviens, Gonzalo Sánchez de Lozada, der am 6. August zum zweiten Mal dieses Amt antrat, fordert eine Waffenruhe und einen Sozialpakt, um der schweren wirtschaftlichen Krise und der Korruption zu begegnen, unter denen das Land leidet.
Der Staatschef legte seine Aufzeichnungen zur Seite und setzte seine Rede frei fort. Der zentrale Punkt war ein Appell an die Parteien der Opposition. Die NFR (Neue Republikanische Kraft) von Manfred Reyes Villas, der MAS (Bewegung zum Sozialismus) von Evo Morales und der MIP (Indigene Bewegung Pachacuti) von Felipe Quispe, sollten sich angesichts der Krise für Bolivien vereinigen, wie man es „angesichts des Angriffs eines äußeren Feindes“ auch täte.
Aber sowohl die MAS als auch die MIP wiesen die Möglichkeit ab, sich der neuen Regierung anzunähern. „Es ist nur möglich, einen Pakt einzugehen, wenn sich das Wirtschaftssystem, das der Ursprung der Krise ist, ändert. Was wir sehen, ist, dass sich die Krise zuspitzt und dass die Konfrontation unausweichlich ist,“ sagte der Senator der MAS, Filemón Escobar. „Wir haben nichts Neues gehört, nur einen Hilferuf, er fordert keine 90 Tage, sondern mehr. Wir werden in 90 Tagen die Mobilisierung beginnen,“ fügte der Aymara-Abgeordnete Felipe Quispe hinzu.
„Wir befinden uns an einem sehr schwierigen Punkt der Geschichte Boliviens. Diese Krise ist die Krise des Zusammenbruchs der Wirtschaft; sie ist übertragbar, gefährlich und tödlich, und ich hoffe, dass wir ihr mit der Einheit aller widerstehen und sie besiegen können“, bekräftigte Sánchez de Lozada immer wieder in seiner Ansprache. „Ich schaffe das nicht alleine, nicht einmal mit der gütigen Hilfe der Bewegung Revolutionäre Linke (Movimiento de Izquierda Revolucionaria – MIR). Wir müssen alle zusammenhalten. Ich bitte euch um eine Waffenruhe von zwei oder einem Jahr, und danach können wir wieder anfangen gegeneinander zu kämpfen,“ beschwor er.
Sánchez de Lozada verkündete die Prioritäten seiner Regierung für die nächsten 90 Tage. Diese seien dieselben wie die, die er im Wahlkampf genannt habe: der Bau einer Straße zwischen dem Norden und dem Süden des Landes, der Bau von 100000 Wohnungen, den Anschluss von 250.000 Haushalten an das Gasnetz und die Ausstattung von 200000 bäuerlichen Familien mit Elektrizität.
Koka bestimmt den Kongress
„Kannibalenarmee“ fordert die Polizei und die Justiz heraus
Von Vario Sérant
(Port-au-Prince, 5. August 2002, alterpress).- Die haitianischen Verantwortlichen der öffentlichen Sicherheit vervielfachen ihre Erklärungen des guten Willens bezüglich der Situation auf den Gonaiven im Mittleren Westen des Landes, wo seit mehreren Tagen die Aufstände anhalten. Vor Ort treffen sie jedoch auf taube Ohren.
Eine großangelegte militärische Aktion wurde am 2. August gegen das Gefängnis der Gonaiven von einer Gruppe durchgeführt, die sich „Kannibalenarmee“ nennt. Diese brachte eine Mauer des Zentralgefängnisses zum Einsturz und befreite mit Gewalt ihren Chef Amiot Metayer, genannt „der Kubaner.“ Diese von Antiregierungsdemonstrationen begleiteten Ereignisse führten zum Ausbruch von 159 Gefangenen, darunter auch einige, die wegen verschiedener Verbrechen verurteilt worden waren. Mehrere öffentliche Gebäude, darunter auch der Justizpalast, wurden angezündet.
Auf einer Pressekonferenz vom 5. August hat der Sprecher der nationalen Polizei zum wiederholten Male versichert, dass die Polizei die Situation unter Kontrolle habe. Polizeisprecher Jean Dady Siméon berief sich hierbei auf die Tatsache, dass in der Stadt der Unabhängigkeit „Ruhe“ herrsche und dass es den Polizeibehörden gelungen sei, fünf entflohene Gefangene wieder einzufangen.
Die Beobachter der Situation halten dagegen fest, dass die Polizisten es trotz der Verstärkung der Polizeikräfte auf den Gonaiven vermeiden, in die sensiblen Zonen vorzudringen. So glänzten die Polizeieinheiten an diesem 5. August in den populären Vierteln durch ihre Abwesenheit, wie zum Beispiel in Raboteau, dem grössten Slumviertel der Gonaiven, in Descahos und „Lòt Bò Kanal“, die Schauplätze von Antiregierungsdemonstrationen waren.
So war es dann auch Amiot Métayer persönlich, der die Demonstration vom 2. August anführte. Der mächtige Chef der Gruppe wurde von seinem Leidensgenossen Jean Pierre, genannt Jean Tatoune, begleitet, der ebenfalls im Rahmen der militärischen Aktion befreit wurde. Tatoune saß eine lebenslange Haft wegen seiner Beteiligung am Massaker in Raboteau vom 22 April 1994 ab.
An diesem 5. August zeigte sich Amiot Métayer nicht in der Öffentlichkeit. Er ist jedoch nicht gänzlich von der Bildfläche verschwunden. Verschiedene Pressekorrespondenten versichern, dass er in völliger Ruhe in seinem Hauptquartier (Raboteau) inmitten eines beeindruckenden Sicherheitsverbandes verweilt, der von seinen bedingungslosen Anhängern der „Kannibalenarmee“ gestellt wird.
Zwischenzeitlich forderten Hunderte seiner Anhänger die Behörden heraus. Sie fordern mit aller Gewalt die Absetzung des Präsidenten Jean Bertrand Aristide. Die Demonstranten – die selben, die die Nationalpolizei demütigten, als sie ihren Führer Amiot Métayer mit Gewalt befreiten – sind so weit gegangen, dass sie ein Ultimatum an den Staatschef Aristide richteten. Dieser solle bis spätestens 12. August das Handtuch hinwerfen. Wenn es auch nicht zu Zwischenfällen gekommen war, so blieb die Atmosphäre in der Stadt der Unabhängigkeit am 5. und 6. August dennoch sehr gespannt. Die Küstenstadt war quasi lahmgelegt und die Geschäfte und Büros blieben geschlossen.
Um das bisherige Nicht-Eingreifen der Polizei im populären Viertel Raboteau zu rechtfertigen, hat der Präsident des Obersten Rates der Nationalpolizei und gleichzeitig der Premierminister Yvon Neptune auf einer Pressekonferenz vom 6. August die hohe Bevölkerungsdichte angeführt. Der Regierungschef gab sich gleichermaßen gelassen und ließ verlautbaren, dass eine Strategie ausgehandelt und die Nationalpolizei Maßnahmen in Angriff nehmen werde, die die Sicherheit der Bevölkerung gewährleisten sollen.
Der Präsident hat die Nationalpolizei angewiesen, keine übermäßige Gewalt bei der Festnahme von Amiot Métayer anzuwenden. Eine Delegation, die von Jose Ulysse, einem Mitglied der Staatskanzlei, angeführt wurde, hat sich übrigens am 5. August auf die Gonaiven begeben, um dort zu versuchen, mit dem Chef der bewaffneten Gruppe, der von der Polizei „mit allen Mitteln gesucht wird“, Frieden zu schließen.
Nach einem der an diesem “ Mini-Gipfel “ beteiligten Vertreter von Métayer, der sich dem Lokalkorrespondenten der privaten Radiostation Kiskeya anvertraute, hat Ulysse ihnen mehrere verführerische Angebote im Gegenzug für ihre Besänftigung unterbreitet . Es soll ihnen sogar der Posten des Delegierten des Departements Arbonite versprochen worden sein.
Wilner Etienne von der Revolutionären Front in Raboteau hat im Radio Métropole erklärt, dass sie die Geld- und Postenversprechen des Präsidenten zurückgewiesen haben. „Wir haben dem Vertreter des Präsidenten auf klare Art und Weise verständlich gemacht, dass das was uns wichtig ist, der Rücktritt von Jean Bertrand Aristide und die provisorische Übergabe der Macht an den Präsidenten des Obersten Gerichtshofes ist, oder, wenn dies nicht möglich ist, an den ältesten Richter, der im Amt ist, damit eine nationale Einheitsregierung geschaffen werden kann, in der alle Bezirke und Departements des Landes vertreten sein werden“, ließ er übertrieben wissen.
Am Tag nach der Entsendung der Delegation hat die Polizei plötzlich ihre Meinung geändert. Der Sprecher Jean Dady Siméon gab der Presse bekannt, dass die Polizei an einer gemeinsamen Delegation mit der Staatsführung teilnehmen wolle, um mit den Gruppen in Raboteau und dem entflohenen Amiot Métayer zusammen zu treffen.
Der ehemalige leidenschaftliche Anhänger des Lavalas-Regimes Amiot Métayer wurde am 2. Juli diesen Jahres wegen des Vorwurfs von Geldeintreibungen im Viertel Jubilé auf den Gonaiven festgenommen und eingeknastet. Aber die haitianischen Menschenrechtsorganisationen betonen, dass er ebenfalls an diversen anderen Freveltaten teilgenommen habe, wie zum Beispiel an den gewalttätigen Übergriffen gegen die haitianische Opposition am 17. Dezember 2001. Amiot Métayer und Jean Pierre haben in einer Pressemitteilung die höchsten Verantwortlichen des Lavalas-Regimes angeklagt, dass sie sie direkt mit den Strafaktionen vom 17. Dezember beauftragt hätten.
In einem Interview mit dem Kabelfernsehen Télé Haiti drängte Vilès Alizar von der Nationalen Koalition für die Rechte der Haitianer (Coalition Nationale Pour les Droits des Haïtiens, NCHR) gegenüber der Regierung darauf, dringende Maßnahmen in Angriff zu nehmen, die das Vertrauen in der Stadt der Unabhängigkeit wiederherstellen sollen. Die NCHR empfiehlt hierzu die Identifizierung und die Übergabe an die Justiz der Urheber und ihrer Komplizen, die an den auf den Gonaiven begangenen Gewalttaten vom 2. Juli bis zum 2. August teilgenommen haben.
Die Koalition fordert gleichermaßen die Entwaffnung der bewaffneten Gruppen in dem gesamten Gebiet. In Folge der Flucht von über hundert Gefangenen im Zuge des Angriffs auf das Polizeikommissariat der Gonaiven vom 2. August hat die Dominikanische Republik die Sicherheitsmassnahmen an der Grenze zu Haiti verstärkt und die Ein- und Ausreisen begrenzt.
Die Ereignisse auf den Gonaiven lassen verschiedene andere auswegslose Krisen in den Hintergrund treten :
– die politische Krise, die schon über zwei Jahre währt, alle gesellschaftlichen Bereiche erfasst und zur Einfrierung der internationalen Hilfe geführt hat
– die Krise im Umfeld der Universität
– die Krise der Kooperativen: mehrere tausend haitianische Sparer wurde in der Folge des Zusammenbruchs von mehr als zehn Kooperativen finanziell ruiniert
Die Rechnung ist also zur Wiederaufnahme des neuen Schul- und Universitätsjahres gesalzen. Dem hinzuzufügen ist, dass die Vorbereitungen für die Zweihundertjahresfeier der Unabhängigkeit Haitis im Jahr 2004 schon im Gange sind. Eine Feier, die normalerweise gerade auf den Gonaiven eine besondere Bedeutung haben sollte, dort, wo im Jahre 1804 die Unabhängigkeit proklamiert worden war.
GUATEMALA
Recht auf freie Meinungsäußerung steht vor Gericht
(Montevideo, 11.August 2002, comcosur).- Der Direktor der Casa Alianza in Lateinamerika wird in den nächsten Wochen in Guatemala vor Gericht stehen. Dabei wird über das Recht des Menschenrechtsverteidigers auf freie Meinungsäußerung entschieden, da er sich öffentlich gegen Menschenrechtsverletzungen in einem Land ausspricht, das nach Jahrzehnten der Militärherrschaft versucht, eine Demokratie aufzubauen.
Nach Beschluss des 12. Strafgerichtshofs von Guatemala muss sich Bruce Harris, Regionaldirektor für die lateinamerikanischen Programme der Casa Alianza, am 16. August wegen Verleumdung verantworten müssen. Dem Engländer droht eine Gefängnisstrafe von bis zu fünf Jahren, da er mehrere Anwälte und Notare beschuldigt hatte, in zweifelhafte Aktivitäten im Zusammenhang mit dem lukrativen Geschäft internationaler Adoptionen in Guatemala verwickelt zu sein.
Harris war im September 1997 vom damaligen Generalstaatsanwalt des Landes, Asisclo Valladares, zu einer Pressekonferenz eingeladen worden. Bei diesem Anlass wurden die Ergebnisse der gemeinsamen, sechsmonatigen Untersuchungen über den illegalen Handel mit guatemaltekischen und mexikanischen Babys vorgestellt, die von Guatemala aus durch internationale Adoptionen in andere Länder geschickt werden.
Harris wird nun von der Anwältin und Notarin Susana Luarca (vormals Susana de Umaña), die selbst in eine Reihe von fragwürdigen Adoptionsverfahren verwickelt ist, wegen Verleumdung geklagt. Die geborene Mexikanerin Luarca war zu dieser Zeit mit dem damaligen Präsidenten des Obersten Gerichtshofes von Guatemala, Ricardo Umaña, verheiratet. Laut gemeinsamer Untersuchungsergebnisse des Generalprokurators und der Casa Alianza könnte Umaña ihre Position dazu benützt haben, Druck auf Gerichtspersonal und Richter auszuüben, um die von ihr verwalteten Adoptionsverfahren schneller voranzutreiben.
Für die Adoptiveltern belaufen sich die Kosten für die Adoption eines Kindes aus Guatemala auf zwischen 15.000 und 25.000 US-Dollar. Im Jahr 2001 wurden mehr als 2.300 Adoptionen durchgeführt. Babys wurden zum bedeutendsten nicht-traditionellen Exportprodukt des Landes. Guatemala, das über kein Gesetz zur Regelung von Adoptionsverfahren verfügt, exportiert auf diese Weise mehr Babys pro Kopf als jedes andere Land weltweit.
Umaña ist außerdem Rechtsbeistand eines von einer Nordamerikanerin geleiteten Waisenhauses, aus dem viele Kinder vom Ausland adoptiert werden. Einige Tage nach der Pressekonferenz von 1997 brachte Luarca de Umaña eine Klage gegen Harris wegen Verleumdung, Meineid und übler Nachrede ein. Gegen den Generalstaatsanwalt, dessen Büro ebenfalls an den erwähnten Ermittlungen beteiligt war, erhob sie keine Anklage.
Harris wurde unter anderem auch vom Menschenrechtsbüro der Erzdiözese Guatemalas unterstützt. Zu seiner Verteidigung führte er den Artikel 35 der Verfassung Guatemalas an, in dem die Redefreiheit verankert ist. Er wies darauf hin, dass gemäß Verfassungsrecht bei Verleumdungsfällen ein bestimmtes Geschworenengericht (Tribunal de Imprenta) zuständig sei. Auf allen Ebenen des Justizsystems Guatemalas bis hin zum Verfassungsgerichtshof wurde aber zugunsten von Umaña entschieden, Harris sei nicht frei, sich zu äußern, „da er kein Journalist sei“. So wurde auch dem Antrag auf Überstellung des Verfahrens von einem Strafgerichtshof an ein Geschworenengericht nicht stattgegeben.
Mehrere internationale Menschenrechtsorganisationen sowie die Rechtsfakultät der Universität von Notre Dame sind vor dem Verfassungsgericht als sachverständiger Prozessbeistand aufgetreten und bekräftigten Harris rechtliche Argumentation, jedoch ohne Erfolg. Das Zentrum für Gerechtigkeit und internationales Recht, CEJIL, eine Organisation, die Opfern von Menschenrechtsverletzungen zu ihren Rechten verhilft, hat den Fall vor die Interamerikanische Menschenrechtskommission der Organisation Amerikanischer Staaten in Washington gebracht. Die Kommission wird sich dieses Falls gegen den Staat Guatemala wegen vermeintlicher Verletzung des Rechts auf freie Meinungsäußerung sowie der Gleichheit vor dem Gesetz annehmen, welche geschützt sind durch die Amerikanische Menschenrechtskonvention. Ein Entscheid über den Fall mit der Nummer 12.352 wird jedoch erst in einigen Jahren gefällt werden.
„In der Vergangenheit haben die Mächtigen versucht, uns mit Kugeln zum Schweigen zu bringen“, meinte Harris, auf den Anfang der Neunziger bereits ein Attentat verübt worden war. „Heute versuchen sie das Gleiche mithilfe eines beinahe legalen Verfahrens im Justizsystem Guatemalas, das für seine mangelnde Transparenz berüchtigt ist.“ In Guatemala verlangt Verleumdung nach einem strafgerichtlichen Verfahren mit einer Höchststrafe von fünf Jahren Gefängnis. Bei einem Verleumdungsfall ist in diesem Land die Wahrheit keine Verteidigung. Wenn aber ein Geschworenengericht, bestehend aus fünf Personen, den Tatbestand der Verleumdung feststellt, so kann der Richter den Angeklagten zu höchstens sechs Monaten Hausarrest verurteilen.
Harris zeigt sich besorgt darüber, dass das Verfassungsgericht entscheiden könnte, allein Journalisten stehe das Recht auf freie Meinungsäußerung zu. Dies wäre ein gefährlicher Präzedenzfall in einem Land, das für Menschenrechtsverletzungen bekannt ist. „Hier will man nicht nur mir schaden. Diejenigen an der Macht versuchen die Schreie der Gesellschaft nach Frieden und Demokratie zu ersticken. Ohne freie Meinungsäußerung können diese Ziele aber nie erreicht werden“.
Nach der Pressekonferenz von 1997, die weltweites Aufsehen erregte, stoppten viele Länder, darunter Kanada, Spanien, Großbritannien, Irland und Holland, Adoptionen guatemaltekischer Kinder. Die UNO-Sonderbeauftragte für den Verkauf von Kindern berichtete nach ihrem Besuch in Guatemala 1998, dass die „Mehrheit der Adoptionen in Guatemala illegal sind“. Im Jahr 1998 haben die USA, wohin mehr als 60 Prozent der adoptierten Kinder aus Guatemala gehen, einen obligatorischen DNA-Test für Babys und die angeblichen biologische Mutter eingeführt.
Harris hat eine Gegenklage wegen Verleumdung gegen Luarca eingebracht. Das diesbezügliche Verfahren wurde am 31. Juli vor dem gleichen Gericht eröffnet.
Eurobonos gehen zu Lasten Bevölkerung Guatemalas
(Guatemala-Stadt, 7. August 2002, cerigua-poonal).- Die Absicht der guatemaltekischen Regierung, 250 Millionen US-Dollar auf dem internationalen Kapitalmarkt in Eurobonos anzulegen, um die Entschädigungszahlungen an die ehemaligen Zivilpatrouillen (PAC) leisten zu können, läuft mittelfristig auf neue Steuern hinaus, die zu Lasten der Bevölkerung geht, erklärte die Volkswirtschafterin María del Carmen Acena.
Acena, Direktorin des Zentrums für nationale volkswirtschaftliche Forschung (CIEN), warnt davor, dass die Geldanlage in Eurobonos eine größere Verschuldung für das Land bedeuten könne. Diese werde sich letztlich gegen die guatemaltekische Bevölkerung und die zukünftige Regierung wenden.
„Die Regierenden müssen verstehen, dass sie als Funktionäre im Interesse aller Guatemalteken handeln müssen und nicht nur in dem kleiner Gruppen, wie es die jetzige Regierung mit der PAC versucht, besonders weil das Land großen Herausforderungen in der ländlichen Entwicklung gegenübersteht“, unterstreicht Acena.
Umso größer die Verschuldung des Landes sei, erklärte Acena, desto weniger Geldmittel werde es geben, um Entwicklungsprojekte wie die Unterrichtung der Ärmsten der ländlichen Gebiete und der indigenen Frauen zu unterstützen. Sie fügte hinzu, dass diese Regierung immer die selben Fehler wiederholen würde, so dass „zwar der Fisch gegeben wird, aber nicht gezeigt wird, wie man fischt.“
Die Expertin sagte, dass ein Ausgleich für diese Gruppen nicht beachtet worden sei, weder in den Friedensabkommen noch im fiskalischen Pakt. Sie forderte eine ernsthafte Diskussion zwischen Gesellschaft und Regierung, um die Prioritäten zu definieren.
Agrarplattform fordert Finanzmittel für die Kaffeeernte
(Guatemala- Stadt, 14. August 2002, cerigua).- Angesichts der bevorstehenden Kaffeeernte äußerte die Agrarplattform ihre Besorgnis, dass wegen des Preisverfalls und der Kaffeekrise in Guatemala Tausende von Arbeitern in diesem Jahr keine Arbeit finden werden. Mehr als 130 Jahre lang hatte die Ernte das Einkommen Hunderter von Bauernfamilien gesichert.
In einer Presseerklärung forderte die Agrarplattform den guatemaltekischen Präsident Alfonso Portillo auf, den nationalen Notstand zu erklären, um auf diese Weise Finanzmittel für die von der Kaffeekrise betroffenen Gebiete flüssig zu machen und den von verschiedenen Teilen der Gesellschaft eingebrachten Vorschlag zur Reform des Kaffeeanbaus endlich zu behandeln.
Nach Ansicht der Plattform erfordert die Lösung dieser Problematik eine koordinierte Zusammenarbeit verschiedener Akteure und die Öffnung von Kommunikationswegen zwischen dem Staat und der Zivilgesellschaft. Die permanenten Konflikte um die Agrarfrage machten einen konkreten und fruchtbaren Dialog notwendig, der Lösungen für die schwächsten Gruppen anbietet. Im kommenden September, wenn die Kaffeeernte beginnt und es unmöglich sein wird, dort eine Anstellung zu finden, muss mit einer Verschlimmerung der Situation gerechnet werden
Die Plattform forderte Präsident Portillo ebenso auf, die Räumungsbefehle für die von Arbeitern besetzten Kaffeefincas und die Haftbefehle gegen Bauernführer einzufrieren. Die Agrarproblematik, die ein politisches, wirtschaftliches und soziales Problem sei – könne nicht juristisch gelöst werden.
In ihrer Erklärung schlägt die Agrarplattform vor, ein multisektorales Bündnis für eine Reform der Kaffeewirtschaft zu bilden. Dieses müsse die Arbeitskonflikte schnell lösen, den Forderungen nach Zugang zum Land neuen Schwung verleihen, die Sozialfonds und ministeriellen Projekte besser zugänglich machen und die Bildung eines Treuhandfonds für mittlere und kleine Produzenten anregen.
Die Agrarplattform wird unter anderem gebildet von der Nationalen Indígena- und Bauernkoordination (Coordinadora Nacional Indígena y Campesina, Conic), der Landpastorale aller Diözesen (Pastoral Interdiocesana de la Tierra), dem Zentrum für Rechtlichen Kampf für Menschenrechte (Centro de Acción Legal en Derechos Humanos – Caldh) und dem Bündnis für den Fortschritt der Sozialwissenschaften in Guatemala (Asociación para el Avance de las Ciencias Sociales en Guatemala, Avancso).
Eine Studie zeigt, dass durch den Fall der Kaffeepreise die Deviseneinnahmen stark zurückgegangen sind. Im vergangenen Jahr sanken sie um 260 Millionen Dollar, für das laufende Jahr werden Verluste von mehr als 430 Millionen Dollar vorausgesagt. Allein in diesem Jahr gingen im Kaffeesektor 160.500 Arbeitsplätze verloren. Die Löhne sanken und schwanken heute zwischen sieben, 14 und 20 Quetzales am Tag . Dazu kommt noch der Bankrott von Agrarbetrieben und die Verschuldung vieler Betriebe.
HONDURAS
Mehr als 800 Bauern festgenommen
Dokumentation einer Erklärung der COFADEH
(Mexiko-Stadt, 15.August 2002, poonal).- Das Komitee der Angehörigen von vermissten Festgenommenen von Honduras (COFADEH) informiert die nationale und internationale Gemeinschaft darüber, dass am 13. August eine friedliche Demonstration der Kaffeebauern des Landes auf brutalste Weise aufgelöst wurde. Die Teilnehmer aus verschiedenen Organisationen der vorher angekündigten Demonstration bewegten sich in einer Karawane vom Norden des Landes in Richtung Tegucigalpa, um vom Präsidenten der Republik Ricardo Maduro staatliche Unterstützung bei der Lösung der durch die niedrigen Kaffeepreise ausgelösten Wirtschaftskrise zu fordern.
Polizeikontingente unter Führung der Generaldirektorin der Sicherheitspolizei, Kommisarin Coralia Rivera de Coca, stellten sich im Dorf Zambrano (ungefähr 30 Km entfernt der Hauptstadt) den Demonstranten in den Weg. Die Demonstranten verteilten sich daraufhin friedlich in Richtung Tegucigalpa. Einige Anführer wurden festgenommen, mehrere Dutzend Teilnehmer verletzt, Fahrzeuge zerstört und im Nachhinein 800 Personen aus den Transportbussen festgenommen. Die Sicherheitskräfte missachteten und zerstörten mit diesem Vorgehen die in der Verfassung von Honduras und der Amerikanischen Menschenrechtskonvention niedergeschriebenen Rechte auf Freiheit, Freizügigkeit und friedliches Demonstrieren.
Die Festgenommen wurden auf direkte und mündliche Anweisung von Kommissarin Rivera de Coca und dem Sicherheitsminister Oscar Álvarez auf das 4. Polizeirevier von Belén gebracht. Am Montag, den 12. August, wies Kommissarin Rivera de Coca über die Medien daraufhin, dass jegliche Demonstrationen gemäß den Artikeln 60 und 63 des Gesetzes für Polizei und Städteordnung aufgelöst würden. Rivera de Coca hat seit ihrem Eintritt bei der Militärpolizei in den achtziger Jahren eine lange Geschichte von Demonstrationsniederschlagungen aufzuweisen.
Um 16.00 Uhr forderte die COFADEH von dem Obersten Gerichtshof die Personalakten von José Angel Saavedra und mehr als 800 weiteren Festgenommenen an und forderte das Gericht auf, eine unverzügliche Freilassung anzuordnen.
CHILE
Mapuche protestieren gegen Forstwirtschafts- Erlass
(Mapuche-Territorium/Temuco, 6.August 2002, recosur).- Im Rahmen einer Demonstration gegen den Forstwirtschafts-Erlass 701 vor der Verwaltung in Temuco legte die Mapuche Gemeinschaft Temuicui den Verkehr auf der Manuel-Bulnes-Straße lahm. Während der Protestaktion überreichten sie einen an den Präsidenten Ricardo Lagos gerichteten Brief, in dem sie ihre absolute Ablehnung gegen diesen Erlass ausdrücken. Zudem werden in dem Schreiben die Beeinträchtigungen kritisiert, die jenen Gemeinschaften zugefügt werden, die Land von Forstwirtschaftsfirmen zurückfordern.
Die Temuicui- Gemeinschaft hat zwar unlängst ein ihrem Gebiet benachbartes Stück Land – das „Alaska- Grundstück“- von der Firma Mininco zurückbekommen, ist aber wegen des Erlasses 701 eigentlich gezwungen, weiterhin Pflanzungen für die Firma vorzunehmen.
Der Erlass stammt aus dem Jahr 1975 und somit aus den Anfangsjahren der Pinochet- Diktatur. Von Anfang an sollte er die Forstwirtschaftsfirmen begünstigen, die über Vergünstigungen bei der Finanzierung von Plantagen staatliche Beihilfen in Millionenhöhe erhielten, damit in den einmal gepflanzten Gebieten die Monokulturen erhalten werden konnten.
Die Demonstration wurde ständig von einem mit allen Arten von Abschreckungs-Werkzeugen ausgestatteten Großaufgebot an Polizei- Sondereinheiten begleitet, was für eine angespannte und aufgeheizte Atmosphäre sorgte. Juan Catrillaca, Lonko (Anführer) der Temuicui- Gemeinschaft, unterstrich gegenüber der Presse, dass er und seine Leute nicht für die Firma anpflanzen wollten und damit Gefahr liefen, immense Strafen zahlen zu müssen, die der Erlass 701 als Sanktionsmaßnahme vorsehe.
MEXIKO
Rechte oder Almosen? – Indigene Völker in Mexiko
Dokumentation einer Erklärung derDeutschen Menschenrechtskoordination Mexiko
(Berlin, 7. August 2002, poonal).- Der Oberste Mexikanische Gerichtshof berät derzeit über die Einsprüche und Normenkontrollklagen von mehr als 300 indigenen Gemeinden und Landkreisen gegen das „Gesetz über indigene Rechte und Kultur“. Das verfassungsändernde Gesetz trat im August 2001 in Kraft.
Die betroffenen indigenen Völker Mexikos lehnen die neue „Ley Indígena“ in ihrer großen Mehrheit ab. Ihrer Auffassung nach, die auch von zahlreichen Menschenrechtsorganisationen sowie nationalen und internationalen Juristen geteilt wird, fällt dieses Gesetz in wesentlichen Punkten hinter die bereits bestehende Gesetzgebung sowie erreichte Abkommen zurück. Das neue Gesetz berücksichtigt nicht die Existenz der ILO-Konvention „über eingeborene und in Stämmen lebende Völker in unabhängigen Ländern“, die Mexiko im Jahr 1990 ratifiziert hat, und die somit zum Grundrecht wurde, dem sich nationale Gesetze unterzuordnen haben.
Ebensowenig entspricht es dem Abkommen von San Andrés, das im Februar 1996 stellvertretend für eine Vielzahl indigener Völker von der EZLN (Zapatistische Befreiungsarmee) und von der damaligen Bundesregierung unterzeichnet worden war, noch der daraufhin ausgearbeiteten Gesetzesinitiative der parlamentarischen Vermittlungskommission COCOPA.
Das in Kraft getretene Gesetz reduziert die Selbstbestimmungs- und Autonomierechte der indigenen Völker Mexikos auf munizipale Ebene. Die Anerkennung der indigenen Völker wird den Verfassungen und Gesetzen der jeweiligen Bundesstaaten überlassen, womit ihnen der angestrebte verfassungsrechtliche Schutz auf nationaler Ebene verwehrt wird. Die indigenen Gemeinden erhalten nicht den Status einer juristischen Person und können somit ihre Rechte nicht kollektiv wahrnehmen. Die Ausbeutung der natürlichen, unterirdischen Ressourcen auf eigenem Land und Territorien wurde nicht in das Gesetz aufgenommen, den indigenen Völkern steht lediglich der Gebrauch der Orte zu, die sie bewohnen. Insbesondere für die indigene Bevölkerung des Bundesstaates Oaxaca stellt das in Kraft getretene Gesetz einen Rückschritt gegenüber dort geltendem Gesetz dar.
Die Einwände gegen das Gesetz richten sich gegen Verfahrensfehler bei der Verabschiedung des Gesetzes in den einzelnen mexikanischen Bundesstaaten und gegen die Tatsache, dass die indigenen Völker, als direkt Betroffene, nicht über die Reform konsultiert wurden, was dem Geist der ILO Konvention 169 widerspricht.
Die Deutsche Menschenrechtskoordination Mexiko als Netzwerk von kirchlichen Hilfswerken und unabhängigen Menschenrechtsorganisationen beobachtet das Verfahren mit größter Aufmerksamkeit. Wir haben die Hoffnung, dass der Oberste Mexikanische Gerichtshof unabhängig über die anhängigen Einsprüche und Klagen entscheiden wird und sich hierbei unter Berücksichtigung der vorgelegten Beweismittel seiner historischen Verantwortung bewusst ist, Urteile zu fällen, die die Rechte und Interessen indigener Völker in Mexiko respektieren.
MITTELAMERIKA
Plan Puebla-Panama trifft auf mehr Hindernisse als erwartet
(Lima, 29. Juli 2002, na).- Fast zwei Jahre, nachdem der mexikanische Präsident Vicente Fox ein Projekt zur wirtschaftlichen Entwicklung und Integration für ganz Mittelamerika und insbesondere Mexiko vorstellte, bekannt als Puebla-Panamá-Plan, ist seine Regierung auf unerwartete Hindernisse gestoßen.
Ziel von des Plan Puebla-Panamá ist es, neue Investoren für den Süden Mexikos und die mittelamerikanischen Länder durch den Bau von Autobahnen, Eisenbahnstrecken, Pipelines und Kraftwerke anzulocken.
Florencio Salazar, mexikanischer Koordinator des Projekts, muss heute jedoch stillschweigend eingestehen, dass seine Regierung die Bevölkerung hinsichtlich der Bedeutung des Plans nicht zu überzeugen verstand. Salazar sieht das Hauptproblem darin, dass die Öffentlichkeit die Ziele des Projekts verkennt.
Die Europäische Union hat sich unlängst geweigert mehr Mittel zur Verfügung zu stellen, da dass das Projekt bereits ausreichend Finanzierung durch die Internationale Entwicklungsbank (IDB) erhalten habe. Die EU fügte hinzu, dass die Regierungen der Region ihre Steuern besser verwalten sollten, um eigene Fonds für den Plan bereitzustellen.
Fox brachte das Modell im Juni 2001 mit großen Erwartungen heraus und beteuerte, dass seine Realisierung „alle Geschwindigkeitsrekorde brechen würde“. Viele Politiker Mittelamerikas zeigten ebenfalls großen Optimismus. Martín Torrijos, Vorsitzender der Revolutionären Demokratischen Partei Panamas (PRD) deutete an, dass sein Land „eine Schlüsselposition“ einnehmen werde, „weil wir die ideale Infrastruktur im Transportwesen haben, um dieses Projekt durchzuführen“.
In der feierlichen Unterzeichnung des Plans nannten die mittelamerikanischen Vertreter das Projekt „eine große Allianz“ zur Verbesserung des Lebens in einigen der ärmsten Gebiete der Erdhalbkugel. Doch selbst bei dieser Gelegenheit waren die Hindernisse deutlich sichtbar. Auf die Frage, wie sich der Plan finanzieren solle, antwortete der Präsident Costa Ricas Miguel Ángel Rodriguez (1998-2002) lediglich: „Das sind verdienstvolle Projekte, deshalb glaube ich, dass sie finanziert werden.“
Selbst die IDB, als eine der Hauptfinanzierungsquellen angekündigt,besaß kein klares Konzept. Der IDB-Präsident Enrique Iglesias sagte, dass das Wichtigste der politische Willen sei, um den Plan voranzutreiben.
In Mittelamerika traf das Projekt jedoch auf politischen Widerstand. Parlamentarier El Salvadors wiesen darauf hin, dass nur mexikanische Investoren und Unternehmer vom Plan Puebla Panamá profitierten. Im März versammelten sich 22 nicaraguanische Organisationen, darunter, die Nationale Vereinigung der Kooperativen und die Sandinistische Arbeiterzentrale, um sich dem Plan zu widersetzen und bekräftigten, dass dieser die US-amerikanischen Firmen in Mittelamerika begünstige und gleichzeitig die Ärmsten noch stärker benachteilige.
Naturkatastrophen, hohe Ölpreise und niedrige Exportpreise wirkten sich in den letzten Jahren verheerend auf die Wirtschaft der mittelamerikanischen Länder aus. Kein Wirtschaftszweig wächst derzeit ausreichend, um die Armutsrate zu verringern, die zwischen 20 Prozent in Costa Rica und von 37 bis 58 Prozent in den übrigen Ländern der Region schwankt.
Zeitgleich zu den ersten Debatten um den Plan Puebla Panamá verpflichtete sich Mexiko, die Rechte der mittelamerikanischen Immigranten zu respektieren. Kaum war das Papier allerdings unterzeichnet, sah sich die Regierung Fox Anklagen gegenübergestellt, denen zufolge Mexiko seine Südgrenze militarisiere, um den Strom von Immigranten zu stoppen, die ohne Dokumente den Weg in die USA suchen.
Umweltorganisationen, darunter Oil Watch Costa Rica, wiesen darauf hin, dass der Puebla-Panamá-Plan die US-amerikanische Ölförderung in Mittelamerika unterstütze. Die Organisation unterstreicht, dass die Erdölbohrungen vor der Atlantikküste Costa Ricas bereits die Zerstörung des Meereslebens verursacht haben. Die Umweltschützer lobten hingegen die kürzlich von der Regierung ergriffene Maßnahme die Rohölförderung an der Karibikküste zu stoppen.
Der Plan Puebla-Panamá ist bisher kaum vorangekommen. Die IDB stellte 300 Millionen US-Dollar zur Verfügung, um die Energienetze Mittelamerikas miteinander zu verbinden. Die Wirtschaftsministerin von Honduras Juliette Handal de Castello sagte, dass die Investition die hohen Elektrizitätskosten mindern und damit die mittelamerikanischen Länder wettbewerbsfähiger machen würden.
URUGUAY
Anleihen des IWF: 85 Prozent des BIP verschuldet
(Montevideo, 10. August 2002, comcosur).- Mit der Erhöhung der Anleihen um fast 500 Millionen Dollar schuldet Uruguay dem Internationalen Währungsfonds mittlerweile 2,8 Milliarden Dollar. Hinzu kommt eine Milliarde Dollar „Zusatzhilfe“ von der Interamerikanischen Entwicklungsbank und der Weltbank. Damit steigt die Auslandsverschuldung Uruguays auf 12 Milliarden Dollar und entspricht nun mehr als 85 Prozent des jährlichen Bruttoinlandsproduktes, das derzeit rund 14 Milliarden Dollar beträgt.
Allein die Zinsen und Abschreibungen belaufen sich in den nächsten zehn Jahren auf jährlich mehr als eine Milliarde Dollar. Das entspricht 30 Prozent des Staatshaushaltes und zwingt Uruguay mit Sicherheit zu verstärkten Angleichungen und Kürzungen in der Wirtschaftsstruktur des Landes. Auch kündigt sich eine Privatisierungswelle an, die die Ausgaben und die ungeheure Verschuldung mindern soll. Hinzu kommt, dass sich seit Monaten das Bruttoinlandsprodukt Uruguays im freien Fall befindet. Alles deutet darauf hin, dass diese Entwicklung langfristig anhält, sodass sich die Schuldenrückzahlungen immer schwieriger gestalten werden.
Somit darf sich das Land in den verbleibenden Monaten diesen Jahres sowie 2003 und 2004 kein Steuerdefizit erlauben, da Fonds zur Abdeckung fehlen. Infolge des hohen Risikos hätte Uruguay im Finanzmarkt für Staatsanleihen Zinssätze von über 23 Prozent zu zahlen. Dem Land bleibt deshalb einzig und allein der Rückgriff auf Hilfe von internationalen Organisationen. Klar ist, dass mit diesen Fonds nur die fälligen Schuldenzahlungen beglichen werden können. Andere Verwendungszwecke, wie die Abdeckung eventueller Staatsdefizite oder die Belebung der Wirtschaft sind ausgeschlossen.
Tödliche Strahlung?
(Montevideo, 10. August 2002, comcosur).- Nach Angaben des Zentrums für Technische Studien in Salto, Uruguay, hat die Kommission für Allgemeine Technische Angelegenheiten (CTM), die zuständig ist für den argentinisch-uruguayischen Stromerzeuger in Salto Grande, eine Reihe von Schutzmassnahmen ergriffen und eine Untersuchung angeregt. Man nimmt an, dass die elektromagnetischen Felder der Hochspannungsleitungen zum Tode mehrere Angestellter geführt haben könnten.
Je nach Quelle variiert die Anzahl der in der Vergangenheit an Krebs gestorbenen Arbeitern. Die Zeitung „El Telégrafo“ aus Paysandú bestätigt den Tod von 20 Arbeitern. Die Hochspannungsmasten befinden sich am Ausgang des Wasserenergiekomplexes und transportieren eine Leistung von 500.000 Volt. Nach Angaben der CTM und der Universität von Buenos Aires liegt das Niveau unter dem des international als gefährlich Erachteten.
Dr. Luis Battle Bertoloni von der CTM in Uruguay deutete gegenüber der Zeitung „El País“ in Montevideo an, dass keine absolute Gewissheit über einen Zusammenhang zwischen den besagten Krebserkrankungen und der elektromagnetischen Strahlung bestünde. Er erklärte weiter, dass „die einzige vielleicht belegbare Ausnahme aus wissenschaftlicher Sicht die akute Leukämie bei Kindern sei, die unter Hochspannungsleitungen leben.
Sehr sicher scheinen sich die Behörden in ihren Erklärungen allerdings nicht zu sein, denn es wurden eine Reihe von Vorsichtsmassnahmen ergriffen, um Schlimmeres zu verhindern. Vorläufig entschied man sich dafür, die beiden Turbinen, die unter Verdacht stehen, die tödliche Strahlung zu erzeugen, zwischen Null und 18 Uhr vom Netz zu nehmen, einige der 500.000 Volt starken elektrischen Leitungen abzuschalten und etwa 70 Angestellten einen anderen Arbeitsplatz zuzuweisen.
Zudem soll ein epidemisches Gutachten über eineinhalb Jahre Laufzeit in Auftrag gegeben werden, um den Einfluss der elektromagnetischen Strahlung auf die Gesundheit des Personals beurteilen zu können. Interessant ist dabei der Hinweis, das Ziel der Untersuchung sei, die „unter den Angestellten herrschenden Nervosität zu mildern“, da schon eine „besondere psychologische Situation beim Personal“ zu beobachten sei. Das Gravierende hierbei ist, dass einem der gesunde Menschenverstand sagt, dass ein solches Gutachten schon vor Jahren hätte erstellt werden müssen.
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