Poonal Nr. 631

Deutsche Ausgabe des wöchentlichen Pressedienstes lateinamerikanischer Agenturen vom 20. Juli 2004

Inhalt


 

Ciudad Juárez: Erster Bericht

MEXIKO

GUATEMALA

NICARAGUA

HONDURAS

EL SALVADOR

COSTA RICA

VENEZUELA

BRASILIEN

BOLIVIEN

PERU


 

MEXIKO

Ciudad Juárez: Erster Bericht

(Mexiko-Stadt, 14. Juli 2004, na-poonal).- Die mexikanische Regierung unter Präsident Vicente Fox macht die Regierung des mexikanischen Bundesstaates Chihuahua dafür verantwortlich, dass die Fälle Hunderter ermordeter Frauen in der nordmexikanischen Grenzstadt Ciudad Juárez, noch immer nicht aufgeklärt sind.

In ihrem ersten Bericht zu den mehr als 300 Morden an Frauen seit 1993, kam die Sonderermittlerin der Bundesstaatsanwaltschaft, María López Urbina, zu dem Schluß, dass Hunderte von Staatsbeamten für die katastrophale Handhabung der Untersuchungen dieser Mordfälle verantwortlich sind"Es gab eine offenkundige Tatenlosigkeit und Nachlässigkeit, so dass wichtige Beweise verloren gingen, da der Ort des Geschehens nicht in angemessener Weise gesichert worden war.”, sagte López Urbina Anfang Juni auf einer Pressekonferenz bei der Vorstellung ihres Berichts"Die meisten Sachverständigengutachten weisen einen gravierenden Mangel an Glaubwürdigkeit und Stichhaltigkeit auf.”

López Urbina wurde im Januar ins Amt berufen. Sie ist die zweite Frau, die die Regierung Fox mit einem hohen Posten im Zusammenhang mit den Mordfällen in Ciudad Juárez betraut. Bereits im Oktober 2003 war die Menschenrechtsaktivistin Guadalupe Morfín Otero zur “Sonderbevollmächtigten für die Prävention und Verhinderung der Gewalt gegen Frauen in Ciudad Juárez” ernannt worden.

“López Urbina untersuchte die Arbeit von 167 Staatsdienern in Chihuahua, die mit den Fällen der in Ciudad Juárez ermordeten Frauen betraut waren. Sie kam zu dem Schluss, dass 81 von ihnen die Untersuchungen in unangemessener Weise durchführten und in einigen Fällen sogar Hinweise ignorierten, die bei der Aufklärung des Falles hilfreich gewesen wären", so der stellvertretende Beauftragte für Menschenrechte der Generalstaatsanwaltschaft, Mario Alvarez Ledezma.

Nach der Veröffentlichung des Berichts wies die Generalstaatsanwaltschaft die Justizbehörden in Chihuahua an, ein Verfahren gegen Dutzende von Beamten wegen Fahrlässigkeit einzuleiten. Die Generalstaatsanwaltschaft gab zunächst keine Namen bekannt, betonte jedoch, dass diese Fälle untersucht und ihre Ergebnisse den Behörden in Chihuahua ausgehändigt würden, um eventuelle Verantwortlichkeiten im Bereich der Verwaltung und der Justiz aufklären zu können.

Von Seiten von Menschenrechtsorganisationen gab es unterschiedliche Reaktionen. Die schärfste Kritik formulierte der Präsident der Nationalen Kommission für Menschenrechte José Luis Soberanes, der von einem "Katalog schöner Vorsätze“ sprach. Er bezweifelte, dass lediglich 81 Beamte fahrlässig gehandelt hätten. Wenige Tage vor der Veröffentlichung des Berichts hatte Soberanes die Situation in Ciudad Juárez als das "schlimmste Problem im Menschenrechtsbereich“ in Mexiko bezeichnet. Außerdem sei er der Meinung, dass die Behörden auf den verschiedenen Ebenen sich immer mehr zu einem Hindernis bei der Lösung dieses Problems entwickeln würden. "Der Mangel an Ergebnissen und Verantwortung sowie die Nachlässigkeit der lokalen Behörden ist ein Skandal", sagte er vor einer speziell ins Leben gerufenen parlamentarischen Kommission aus. Auch die Bundesbehörden nahm er ins Visier. Er führte aus, dass einige Morde nach der Amtseinsetzung von Morfín Otero geschehen seien. "Es wurden neue Morde begangen, aber es gibt keine Fortschritte bei der Aufklärung der Fälle", sagte er. "Wo bleibt die Prävention?“

Die US-amerikanische Menschenrechtsorganisation Washington Office on Latin America (WOLA) kritisierte den Bericht inzwischen als unzureichend. "Das Problem in Juárez geht weit über die Frage hinaus, ob ein Serienmörder sein Unwesen treibt", sagte Laurie Freeman, die Repräsentantin der Organisation in Mexiko. "Es geht um die vorherrschende Haltung, die Gewalt gegen Frauen akzeptiert. Es ist diese Einstellung, die zu Hunderten von ungelösten Morden im letzten Jahrzehnt geführt hat"

Eric Olson, der Direktor von Amnesty International Amerika, sagte, dass es ermutigend sei zu sehen, dass sich die mexikanischen Behörden zur Untersuchung der Verantwortung von Staatsbeamten entschieden hätten. Er fügte jedoch hinzu, dass es ihn beunruhige, dass die Justizbehörden von Chihuahua mit dieser Untersuchung beauftragt worden seien.

MEXIKO

Indigene Strafgefangene im Hungerstreik

(Montevideo, 13. Juli 2004, púlsar-poonal).- Hunderte von indigenen Strafgefangenen aus dem Gefängnis El Amate im chiapanekischen Cintalapa haben einen Hungerstreik begonnen, um ihre Rückverlegung an den Ort ihrer Verhaftung zu fordern.

Die festgenommenen Indígenas wurden aufgrund neuer Disziplinarmaßnahmen und der Ferne zu ihrem Herkunftsort Tuxtla Gutiérrez, in den Knast El Amate verlegt. Die Hungerstreikenden kritisieren, dass es für ihre Familienangehörigen schwieriger sei, sie dort zu besuchen, weil diese eine sechs- bis achtstündige Reise zurücklegen müssten. Außerdem seien die Disziplinarmaßnahmen im neuen Gefängnis strenger. Die Häftlinge wurden am 1. Juli vom Gefängnis Cerro Hueco nach El Amate verlegt.

GUATEMALA

Bauernorganisation fordert Beendigung der illegalen Räumungen

(Guatemala-Stadt, 9 Juli 2004, cerigua-poonal).- Die Bauernorganisation CUC (Comité de Unidad Campesina) beschuldigt die Regierung in den ersten 30 Tagen, der von der bäuerlichen Indígenabewegung gesetzten Frist, nichts gegen die illegalen Räumungen unternommen zu haben. Nach einem landesweiten Protesttag Anfang Juni wurde ein Abkommen mit der Regierung geschlossen, für de
ssen Erfüllung eine Frist von 90 Tagen vereinbart wurde. Teil des Abkommens ist die Aussetzung der Räumung von besetzten Ländereien. Rafael González, Vertreter der CUC, gesteht jedoch zu, dass die Regierung bereits Anstrengungen hinsichtlich der Schaffung legaler Handlungsräume unternommen habe.

González erklärte, dass es Großgrundbesitzer und Unternehmer gebe, die über großen Landbesitz verfügen und sich weigern die Form der Besitzerlangungen klären zu lassen. Daher sei es wichtig, dass die entsprechenden Behörden zur Lösung des Landkonflikts die Besitz- und Eigentumsverhältnisse untersuchen. Im Falle, dass betrügerisches Vorgehen nachgewiesen werden könne, sollten sie die rechtswidrigen Besitzer enteignen.

Der übermäßige Eigentumszuwachs der Großgrundbesitzer hat Tausende von Bauern getroffen. So zum Beispiel 247 Familien, die seit über 35 Jahre Grundstücke im Umkreis des Rio Motagua in Zacapa besessen und bearbeitet haben und sich zur Vereinigung für gemeinschaftliche Entwicklung von Landwirten von Rioa Motagua, Rama und Entre Rios zusammenschlossen. Im Jahre 1988 begann das guatemaltekische Bananenunternehmen COBIGUA seine Produktion in der Region. Die Grundstücke gehörten damals noch dem Staat. Die ansässigen Bauern wurden eingeschüchtert, bedroht und ihre Pflanzungen wurden zerstört. Sie wurden ohne gerichtliche Legitimierung von den Grundstücken geräumt, schilderte González.

Die CUC fordert von der Regierung eine Untersuchung der Räumungen ohne Gerichtsbeschluss sowie der Bedrohungen, Verfolgungen, Attentaten und Morden an Bauernführern.

Militärangehörige wegen Massaker von Xamán verurteilt

(Guatemala-Stadt, 9. Juli 2004, cerigua-poonal).- Zu 40 Jahren Haft verurteilte das Gericht von Cobán im Department Alta Verapaz einen Generalfeldmarschall sowie 13 Soldaten. Das Gericht befand die Angeklagten am Massaker von Xamán für schuldig. Dort starben am 5. Oktober 1995 elf Personen, darunter zwei 7-jährige Kinder.

Das Gericht fällte das Urteil am 8. Juli. Unter den verurteilten Militärangehörigen befindet sich auch der Generalfeldmarschall Antonio Lacán Chaclán, der nach Aussagen der überlebenden Zeugen die 25-köpfige Patrouille angeführt hatte, die die indigenen Bewohner von Xamán tötete.

Gustavo Meoño, Direktor der Stiftung Rigoberta Menchú, welche die Überlebenden während des Prozesses begleitete, bewertete das Urteil als positiv und hoffnungsgebend. Nicht nur weil es einen Präzedenzfall im guatemaltekischen Rechtssystem darstelle, sondern auch weil es einen Schritt gegen die Straflosigkeit bedeute.

Die Stiftung war überrascht vom Ausgang des Gerichtsverfahrens, weil sie ein Urteil zu Gunsten der Militärs erwartet hatte. Während des Prozesses war es zu Unregelmäßigkeiten gekommen, so verschwanden u.a. Beweismaterial und Dokumente. Von den durch die Kommission zur Aufklärung der Vergangenheit (CEH) mehr als 600 dokumentierten Massakern, sei dies der erste Fall, in dem ein Gericht eine Gruppe von Militärs für schuldig befinde und verurteile, so der Direktor der Menchú-Stiftung.

NICARAGUA

Nicaraguanerinnen protestieren gegen neuen Abtreibungsparagraphen

Von Micheline Matos

(Managua, 14. Juli 2004, adital-poonal).- Während im Land dem sandinistischen Sieg vom 19. Juli 1979 gedacht wird, – die Sandinistische Front der Nationalen Befreiung FSLN (Frente Sandinista de Liberación Nacional) beendte die 40-jährige Somoza-Diktatur- demonstrieren die Frauen in Nicaragua für eine andere Sache. Ihr Kampf richtet sich gegen Änderungen des Abtreibungspragraphen im Strafrecht, der nun im Parlament verabschiedet werden soll. Damit soll das seit 1879 bestehende Recht auf Abtreibung aus medizinsichen Gründen, z.B. nach einer Vergewaltigung, zurüchgenommen werden.

Eine unabhängige Bewegung von Frauen und Jugendlichen, koordiniert von von der ärztlichen Beratungsstelle “Si Mujer” (Servicios Integrales para la Mujer), organisiert eine Kampagne mit dem Ziel, die Bevölkerung über dieses Thema zu informieren und auf die Abgeordneten Druck auszuüben, damit sie den Änderungen zu diesem Gesetz nicht zustimmen. Dieses Gesetz, so “Si Mujer”, sei eine Verletzung der Rechte von Frauen.

Seit 1879 konnten alle Regierungen sehr gut mit dem bestehenden Strafrecht und dessen Vorkehrungen zu Abtreibungen leben. Doch mit der Amtsübernahme der sogenannten “Liberalen” – die Regierungen von Arnoldo Alemán (1997 – 2001) und Enrique Bolaños (2001 bis heute) – kam auch die Entscheidung, das bestehende Strafrecht zu reformieren, das den Frauen das Recht auf Abtreibung im Falle einer Vergewaltigung zugeschrieben hat. Sollte dieser Tatbestand nicht gegeben sein, können Frauen mit einer Gefängnisstrafe zwischen drei und sechs Jahren belegt werden. Die Veränderungen, die nun eingeführt werden sollen, reduzieren zwar die Höchststrafen auf ein bis drei Jahre und das Recht auf Abtreibung aus medizinischen Gründen wird beibehalten, aber es wird ein rechtlicher Schutz des “ungeborenen Lebens” eingeführt. Dieses belegt Ärzte, die Abtreibungen vornehmen mit Strafen von fünf bis acht Jahren Haft und lebenslangem Verbot, ihren Beruf weiterhin auszuüben. Diese Rechtsvorschriften bestehen im Prinzip bereits seit 2001. Nun wird jedoch Artikel für Artikel diskutiert.

“Si Mujer” merkt an, dass diese Debatte genau zu dem Zeitpunkt stattfinde, in dem die politische Führung, die über das neue Strafrecht abstimmen wird, neue Übereinstimmung mit der evangelischen und katholischen Kirche zeige. In einer Presseerklärung erklärte die Organisation, dass alle “staatlichen Maßnahmen im Einklang mit der katholischen Kirche erfolgen. Damit wird Artikel 14 der Verfassung, der vorsieht, dass es keine Staatsreligion gibt, verletzt.” Die Bischofskonferenz hat zudem einen Hirtenbrief an die Abgeordneten gesandt, dessen Warnungen bezüglich Abtreibungen die Abgeordneten für sich einnehmen soll.

Vor gut einem Jahr entschuldigte sich die Sandinisten offiziell bei der katholischen Kirche. In diesem Jahr, zum 25-jährigen Jubiläum der Revolution, erreichte Daniel Ortega, dass Kardinal Miguel Obando am 19. Juli eine Messe in der Kathedrale von Managua zelebrieren wird. Auch während aller vorhergehenden Anlässe segneten hochrangige Kirchenvertreter die Aktionen der Sandinisten, welche wiederum ihre Entschuldigung wiederholten. Seit einer Woche ist bekannt, dass Ortega den Kardinal für den Friedensnobelpreis vorgeschlagen hat.

* Micheline Matos ist Journalistin bei Adital.

HONDURAS

UNO verlangt Bericht über Verschwundene der 80er Jahre

(Montevideo, 9. Juli 2004, comcosur).- Die Vereinten Nationen (UNO) haben von der honduranische Regierung verlangt, über 129 von 185 Fällen, bei denen Personen "verschwunden“ sind, die sich während der 80er Jahre in Händen der Armee befanden, Bericht zu erstatten Das Gesuch wurde von der Menschenrechtskommission der UNO an das honduranische Außenministerium geschickt und von dort an den Generalstaatsanwalt Ovidio Navarro &
uuml;bersandt. Die UNO "benötigt die Informationen vor dem 30. Juli, um sie in der Versammlung über Menschenrechte zu präsentieren, die vom 16. bis 20. August in Genf stattfinden wird“.

Im Juli 1988 verurteilte der Interamerikanische Gerichtshof für Menschenrechte (Corte Interamericana de Derechos Humanos) den honduranischen Staat dazu, die Familienangehörigen des Lehrers Saúl Godínez und des Studenten Manfredo Velásquez zu entschädigen, die 1981 bzw. 1982 verhaftet wurden und seitdem als “verschwunden” gelten. Staatliche Untersuchungen im Jahr 1993 kamen zu dem Ergebnis, dass das Bataillon 316 für beide Fälle verantwortlich war. Diese militärische Einheit hat während mehr als einem Jahrzehnt als “Todesschwadron” in Honduras operiert. Die Untersuchungen werden fortgesetzt. Laut einigen Berichten waren unter den Opfern 105 Menschen aus Honduras, 39 aus Nicaragua, 28 aus El Salvador, fünf aus Costa Rica, vier aus Guatemala sowie zwei Personen aus den USA und jeweils eine aus Venezuela und Ecuador.

EL SALVADOR

El Salvador schickt weitere Truppen in den Irak

(Montevideo, 13. Juli 2004, púlsar).- Der salvadorianische Präsident Elías Antonio Saca sagte, dass die zentralamerikanischen Demokratien in Gefahr seien, falls der Freihandelsvertrag mit den USA nicht unterzeichnet würde. Und er schickt weitere Truppen in den Irak. "Die ganze demokratische Entwicklung, all die Stabilität, die in Zentralamerika heutzutage herrscht, könnte mit dem Verlust vieler Arbeitsplätze verloren gehen, wenn wir dieser Handelsvertrag nicht zustande kommt", bemerkte Saca. Beim Besuch in den USA, bat Saca die nordamerikanischen Abgeordneten den Vertrag zu billigen. Außerdem kündigte der salvadorianische Präsident seine Entscheidung an, ein drittes Truppenkontingent in den Irak zu entsenden.

Nach dem Treffen mit dem US-amerikanischen Präsidenten George Bush bekräftigte Saca, dass "wir vor ein paar Wochen entschieden haben, ein drittes Truppenkontingent im August in den Irak zu entsenden". Der Sprecher der Frente Farbabundo Martí, John Naser, meinte dazu, dass "es bedauernswert und betrüblich ist, dass der Präsident weitere Truppen entsendet, obwohl die Bürger ihn in den Umfragen dazu aufgefordert haben, es nicht zu tun". El Salvador entsandte im August 2003 ein erstes Kontingent von 360 Soldaten in die irakische Stadt Nayaf. Dieses wurde im vergangenen Februar durch ein weiteres Kontingent von 380 Kräften ersetzt, welches seine Mission Ende Juli beendet.

COSTA RICA

Drohung gegen Kinderrechtsorganisation Casa Alianza

(Montevideo, 9. Juli 2004, comcosur-poonal).- Die Kinderrechtsorganisation Casa Alianza berichtete von einer Bombendrohung während eines anonymen Anrufes. Dabei wurde die Organisation aufgefordert, die Suche nach dem Priester Enrique Vázquez einzustellen. Vázquez war 1998 aus Costa Rica geflohen, nachdem er wegen sexuellen Missbrauchs von Minderjährigen angezeigt worden war. Zwischen 1999 und 2002 war er in Diözesen in den USA tätig, ging dann nach Honduras und verschwand schließlich, als ein internationaler Haftbefehl gegen ihn erlassen wurde. Casa Alianza untersucht Fälle von Kindesmissbrauch und hatte in der Stadt Orotina Plakate geklebt und Flugblätter verteilt, auf denen ein Foto des Priesters zu sehen war. Rocío Rodríguez von Casa Alianza erklärte gegenüber der Presse, sie habe auf dem Anrufbeantworter eine Nachricht vorgefunden, in der auf grobe Art und Weise vor einer Weitersuche nach dem Priester gewarnt wurde.

VENEZUELA

Überstaatliche Erdölunternehmen geschaffen

(Caracas, 13. Juli 2004, adital).- Der venezolanische Präsident Hugo Chávez hat viele Pläne, was die gemeinsame Entwicklung des Energiesektors seines Landes und den Staaten des Mercosurs, sowie der Karibik betrifft. Zusammen mit Argentinien wurde schon das überstaatliche Erdölunternehmen "Petrosur“ geschaffen, dem sich auch weitere Länder des Mercosur anschließen können. Jetzt schlug der venezolanische Minister für Energie und Bergbau, Rafael Ramirez, 13 karibischen Staaten während eines Treffens vor, die "Petrocaribe“ zu entwickeln. Laut der Nachrichtenagentur Púlsar würde es sich um ein Unternehmen handeln, das Rohöl verteilen und raffinierte Produkte in der Karibik zu einem niedrigeren Preis als auf dem Markt vertreiben würde.

Ramirez diskutierte die neue Übereinkunft mit den Vertretern und Ministern von Antigua, Barbuda, Bahamas, Barbados, Belize, Dominikanische Republik, Guayana, Jamaica, San Kitts und Nevis, Santa Lucia, San Vicente, Surinam, den Granadinen sowie Trinidad und Tobago. Venezuela wird den Ländern auch Unterstützung anbieten, um eine eigene Erdölindustrie aufzubauen, versprach der Vizeminister Luis Vierma.

Minister Ramirez betonte, dass die Erweiterung des Energiemarktes schon Wirklichkeit sei. Mit der Schaffung von Unternehmen wie "Petrosur“ und "Petrocaribe“ werde die Initiative eines "Petroamerika“ konsolidiert, um die völlige Integration der Länder des Kontinents zu erreichen.

Venezuela ist der fünftgrößte Erdölexporteur weltweit mit einer täglichen Produktion von fast 3 Millionen Barrel Erdöl täglich. Dieses Jahr hat Venezuela zusätzlich Heizöl an Argentinien verkauft, was dem Land geholfen hat, die schwere Energiekrise zu überstehen.

Gesundheitsprogramm schafft eine medizinische Grundversorgung

Von Andreas Behn

(Berlin, 15. Juli 2004, npl).- "Vierzig Jahre lang hatten wir hier im Stadtviertel keine Ärzte, so etwas kannten wir gar nicht. Ein Hausarzt gleich um die Ecke war unvorstellbar," berichtet Gustavo Gomez. Der Sozialarbeiter verbirgt seinen Enthusiasmus nicht: "Jetzt gibt es hier plötzlich einen Arzt, der genauso lebt und arbeitet wie wir. Der Strom- und Wasserausfälle kennt und weiß, was ständige Überschwemmungen bedeutet. Der Arzt ist einer von uns, das ist eine unglaubliche Veränderung".

Gomez lebt in einem Barrio – so werden die Elendsviertel in Venezuela genannt. Es gehört zum Municipio Libertador, dem ärmsten und mit 1,9 Millionen Einwohnern größten Bezirk von Caracas. Hier leben die Menschen auf engstem Raum: Das Barrio säumt beide Seiten der Straße, die sich in engen Kurven den Berghang hinaufwindet. Die ärmlichen Behausungen sind gemauert, aber meist unverputzt.

Unten im Tal ist die sechsspurige Autobahn zu erkennen, die die venezolanische Hauptstadt Caracas mit dem internationalen Flughafen verbindet, der unterhalb der Bergkette am karibischen Meer liegt. Der gegenüberliegende Hang ist wie ein Spiegelbild: Ein Elendsviertel neben dem anderen, auch an den steilsten Abhängen wurde gebaut. In solchen Barrios kommen die neuen Sozialprogramme, die die Regierung von Präsident Hugo Chávez ins Leben rief, zum Einsatz. Das wichtigste dieser Programme hat zum Ziel, den Menschen in den armen Vierteln eine Gesundheitsversorgung zu bieten. Darüber hinaus werden Alphabetisierungskurse angeboten, Billigmärkte mit günstigen Lebensmitteln errichtet und der Zugang zu Universitäten mittels Förderprogrammen erleichtert.

Das Gesundheitsprogramm "Barrio Adentro", übersetzt bedeutet es "Hinein ins Viertel", vermittelt Ärzte dorthin, wo sie bislang kaum anzutreffen waren. Allein im Bezirk Libertador gibt es mittlerweile 625 Mediziner, von denen jeder rund 1.200 Menschen betreut. Ohne jeden Luxus wohnen die Ärzte in Gemeindezentren oder kommen bei gastfreundlichen Familien unter. Das von der Regierung finanzierte Programm ist allerdings auf die Unterstützung durch die Gemeindezentren vor Ort angewiesen, die von den lokalen Behörden und Freiwilligen organisiert werden. Sie planen den Einsatz der Ärzte und bringen das neue Angebot der Bevölkerung nahe.

Die Aktivistin Marjorie Jimenez ist eine von denen, die aus Engagement mitarbeiten: "Erstmals gibt es so etwas wie eine Erste Hilfe in den armen Stadtteilen, die weit abgelegen sind, wo man nachts nicht einmal mit einem Taxi hinkommt. Das hat es früher nicht gegeben. Damals mussten wir weit ins nächste Krankenhaus fahren und warteten ewig, bis wir behandelt wurden – bis dahin war man schon fast gestorben. Für viele von uns ist es Ehrensache, ein solches Programm zu unterstützen," meint Jimenez.

"Barrio Adentro" hat das ehrgeizige Ziel, mittelfristig nicht nur in der Hauptstadt, sondern in den Armenvierteln aller Landesteile Venezuelas eine medizinische Grundversorgung zu gewährleisten. 18.500 Ärzte werden dazu gebraucht, errechnete das Gesundheitsministerium. Angesichts einer Armutsquote von 80 Prozent und einem wenig entwickelten Gesundheitssystem ist dies nur mit ausländischer Hilfe möglich. Kuba, zu dem Venezuela seit der Regierungsübernahmen von Hugo Chávez 1998 enge Beziehungen geknüpft hat, leistet den wichtigsten Beitrag. Das sozialistische Land entsandte mehrere Tausend Ärzte nach Venezuela, die dort für jeweils zwei Jahre im Rahmen von "Barrio Adentro" tätig sind.

Die konservative Opposition zu Präsident Hugo Chávez kritisiert diese Zusammenarbeit als "Kubanisierung" Venezuelas. Ob traditionelle Parteien, Unternehmerverbände oder die privaten Medien, die Stimmung gegen den umstrittenen Präsidenten machen – für sie sind die Sozialprogramme nichts als Propagandamaßnahmen, die an den wirklichen Problemen wenig ändern. Und angesichts kubanischer Ärzte im Land warnen sie vor einem sozialistischen Weg Venezuelas.

Für José Guillermo Cacique, dem Gesundheitskoordinator im Municipio Libertador, liegen dieser Zusammenarbeit allerdings hausgemachte Probleme – vor allem der Mangel an medizinischem Personal – zugrunde. "Die Ärzte, die an unseren Universitäten ausgebildet wurden, haben nie in den armen Stadtvierteln gearbeitet. Sie ziehen es vor, in den großen Krankenhäusern zu arbeiten. Sie haben reiche Eltern und konnten studieren, während die armen Jugendlichen aus den Stadtvierteln kaum die Möglichkeit hatten, Medizin zu studieren. Und früher tat der Staat nichts dafür, auch den Armen eine Gesundheitsversorgung zukommen zu lassen," moniert Guillermo Cacique.

Innerhalb weniger Jahre sollen die kubanischen durch venezolanische Ärzte ersetzt werden. Bereits dieses Jahr sollen rund Eintausend junge venezolanische Mediziner in das Programm "Barrio Adentro" aufgenommen werden, so der offizielle Plan. Guillermo Cacique ergänzt: "Ziel des Projektes ist es, eine Basis für die primäre Gesundheitsversorgung zu schaffen, die in Venezuela nicht existiert. Wenn uns das gelungen ist, können junge Ärzte gleich nach ihrem Abschluss anfangen, in den armen Stadtvierteln zu arbeiten."

Für die kubanischen Ärzte, von denen viele bereits zuvor in anderen lateinamerikanischen Ländern wie Guatemala oder in Afrika gearbeitet haben, ist der Einsatz in Venezuela eine willkommene Abwechslung. Zumal ihnen die harten Arbeitsbedingungen sowie die Notwendigkeit, bei der medizinischen Versorgung auf Vorbeugung zu setzen, vertraut sind.

Die kubanische Ärztin Maria Elena ist zufrieden mit ihrer Arbeit: "Wir wurden hier sehr herzlich empfangen. Es war zu spüren, dass ein Programm wie "Barrio Adentro" für die Menschen hier etwas völlig neues war." Die Beschwerden der Leute, erzählt Maria Elena, seien die gleichen wie in anderen armen Gegenden: Atemwegserkrankungen, Durchfall, Fieber. Manchmal gebe es auch chronische Krankheiten und einige Diabetiker. Oft sei verschmutztes Wasser die Ursache der Beschwerden. "Deswegen ist für uns die präventive Medizin das wichtigste. Wir betreiben Aufklärung mit dem Ziel, Krankheiten von vornherein vorzubeugen. Das betrifft vor allem das Dengue-Fieber, damit es hier gar nicht erst auftritt beziehungsweise schnell kontrolliert werden kann," so die Ärztin. Ob sie Kuba vermisse? Ja, täglich, vor allem ihre Familie. Aber die Arbeit hier sei wichtig und befriedigend – und kommendes Jahr werde sie Urlaub haben und nach Kuba fahren.

BRASILIEN

Kongressbericht über sexuelle Ausbeutung von Kindern

(Montevideo, 9. Juli 2004, comcosur).- Eine Kommission des brasilianischen Kongresses hat einen erschreckenden Bericht über die sexuelle Ausbeutung von Minderjährigen vorgelegt. Das Dokument verweist auch auf die Notwendigkeit 250 Personen vor Gericht zu stellen, unter anderem Richter, Stadträte und Unternehmer. Der mehr als 400 Seiten starke Bericht stützt sich auf nahezu 800 anonyme Anzeigen von Angehörigen und Opfern. Es werden Namen und Daten zu Situationen aufgelistet, bei denen verschiedene Personen Minderjährige missbrauchten.

Die Senatorin Patricia Saboya, Vorsitzende des Untersuchungsausschusses, und die Abgeordnete María del Rosario reisten mehrere Monate durch die Mehrzahl der brasilianischen Bundesstaaten, um das Thema zu untersuchen und Informationen zu sammeln. Saboya sagte, "Was wir sahen hat uns in Herz und Seele berührt" "Wir hatten die Ehre diesen Kindern zuzuhören. Keinesfalls werde ich dem Druck nachgeben und auch nur einen Namen aus dem Bericht nehmen”. versicherte Del Rosario. Sollte der Bericht den Kongress passieren, würde er an das Justizministerium weitergeleitet damit die Untersuchungen beginnen können. Die Regierung von Luiz Inacio Lula Da Silva hat sich als Ziel gesetzt, innerhalb von zwei Jahren, die sexuelle Ausbeutung von Kindern abzuschaffen. Die Vereinten Nationen hatten im Februar einen Bericht zu diesem Thema veröffentlicht. Darin wurde Brasilien aufgefordert größere Anstrengungen im Kampf gegen die Kinderprostitution zu unternehmen, gegen den Sextourismus vorzugehen und die bereits bestehenden Gesetze mit aller Strenge anzuwenden. Der UN-Gesandte Juan Miguel Petit hob hervor, dass in Brasilien bis zu 500.000 Minderjährige Opfer von sexueller Ausbeutung und Missbrauch seien. In Salvador da Bahia würden sich Mädchen bereits für 20 Centavos (ca. 0,07 Euro) prostituieren.

Obdachlose besetzen leerstehenden Wohnraum

Von Nicholas Watson und Roberto Roa

(Salvador da Bahia, 10. Juli 2004, npl).- Im "Portugiesische Klub Bahia", einst Treffpunkt der Reichen und Schicken in der nordostbrasilianischen Atlantikstadt Salvador da Bahia, ging es hoch her. Es war aber kein Stell dich ein der High Society, die sich mit Blick auf das Meer traf. Rund 400 Menschen, Wohnungslose aus Salvador, machten sich an die Arbeit, den verlassenen Klub in ihr neues Heim zu verwandeln. Gleich nach der Beset
zung des Anwesens sammelten sie draußen Holz, um Feuer zu machen, andere holten Wasser, während drinnen bereits das Essen und die Zimmer zum Schlafen hergerichtet wurden. Jetzt wird der "Portugiesische Klub Bahia" von 154 Familien bewohnt, unter ihnen 80 Kinder aller Altersstufen.

Mitte der 90er Jahre war der Klub in Finanznöte geraten. Seitdem streiten sich Eigentümer und Gläubiger vor Gericht, während Türen und Fenster des Gebäudes verrammelt sind. "Die Wachen haben nur zugeschaut, als wir die Kette vor dem Haupteingang aufbrachen," erzählt der 29-jährige Anderson Santos. "Danach mussten wir hart arbeiten, um den Ort bewohnbar zu machen."

Die Besetzung des Klubs organisierte die MSTS, die Bewegung der Obdachlosen von Salvador. Die Organisation zählt mittlerweile 12.000 Mitglieder, obwohl sie erst vor knapp einem Jahr, im August 2003 gegründet wurde. Die MSTS besetzt leerstehende Häuser oder ungenutztes Bauland, um es wohnungslosen Familien zu übergeben. Zugleich soll die Regierung unter Druck gesetzt werden, sich der Wohnraummisere anzunehmen. Derzeit gibt es zwölf Besetzungen seitens des MSTS in der Stadt.

Ein Sprecher der Stadtverwaltung von Salvador, der Hauptstadt des Bundesstaates Bahia, geht von 90.000 fehlenden Wohnungen aus. MSTS-Koordinator Pedro Cardoso widerspricht: "Die Wirklichkeit sieht anders aus. Es fehlen mindestens 150.000 Wohnungen im gesamten Stadtgebiet."

Das Leben im "Portugiesischen Klub" ist nicht einfach. Die Wohnungen und Bäder sind rudimentär, das Hauptgebäude ist halb verfallen. Kaum ein Dach widersteht einem richtigen Regenschauer, und die zwei leeren Schwimmbecken sind eine gefährliche Falle, vor allem für spielende Kinder. Auf dem ganzen Gelände funktioniert nur der Wasserhahn aus der alten Pool-Bar, so dass alle von dort ihr Wasser besorgen müssen. "Aber es lohnt die Mühe," sagt der Besetzer Anderson Santos beim Blick von einem Balkon, der durch eine zerbrochene Glastür hindurch betreten werden kann. "Bevor ich mich der Bewegung anschloss, wohnte ich in der Zweizimmerwohnung meiner Eltern, zusammen mit meinen drei Brüdern, meiner Frau und meinen zwei Kindern."

Genaue Angaben über die Zahl der Wohnungslosen sind kaum zu bekommen, weil in Salvador wie in anderen Städten Brasiliens unzählige arme Familien auf Dauer bei Freunden oder Verwandten hausen. Es gibt sogar einen Namen für diese Praxis: "Auf Pump wohnen". Dem Zensus von 2000 zufolge waren es 16,5 Millionen Menschen – mehr als 10 Prozent der Bevölkerung Brasiliens -, die "auf Pump wohnte". Zumeist geschieht dies unter untragbaren, manchmal auch unmenschlichen Bedingungen.

Juciara Conceicao de Santos lebte mit ihrem Mann Raimundo und sechs Kindern bei ihrer Mutter in zwei kleinen Zimmern. Irgendwann wurde die Situation unerträglich: "Meine greise Mutter konnte nicht mehr, die Kinder schliefen alle auf dem Fußboden," berichtet die 24-jährige. "Wir wurden alle immer verzweifelter." Warum sich nicht eine eigene Unterkunft bauen? Nicht mal mit etwas Geld ginge das, weil es kein Bauland mehr gibt. Millionen Menschen, die in den 60-er Jahren vom Land in die großen Städte migrierten, konnten sich noch eigene vier Wände schaffen, indem sie die sogenannten Favelas, die brasilianischen Armenviertel – zumeist am Stadtrand oder auf innerstädtischen Hügeln – errichteten. Auch diese eher unansehnlichen Stadtviertel wachsen immer weiter, so dass neue Wohnungssuchende kaum einen Platz im Stadtgebiet finden können.

In den 90-er Jahren unternahm Brasilien große Anstrengungen, um aus den Favelas normale, also auch legalisierte Stadtviertel zu machen. Viele haben jetzt einige asphaltierte Straßen, Strom und öffentliche Transportmittel. Leute wie Juciaras und Raimundo bringt auch diese positive Entwicklung nicht weiter. Sie müssten weit raus aus der Stadt ziehen, wo es kaum Infrastruktur und Verkehrsanbindung gibt.

"Es ist eine perverse Logik," sagt Pedro Cardoso. "Die Leute werden obdachlos, während im Zentrum der Stadt immer mehr Gebäude leer stehen oder verfallen. Deswegen besetzen wir Häuser, die nicht genutzt werden. So finden Bedürftige was zum wohnen," ergänzt der MSTS-Aktivist.

Laura Moura ist eine der fünf Koordinatorinnen der größten MSTS-Besetzung in Salvador da Bahia: Ein ungenutztes Gelände nahe dem Flughafen, auf dem jetzt 350 Familien leben. Auch die anderen im Organisationskomitee sind Frauen, was zeigt, dass die Frauen in dieser Bewegung den Ton angeben. 70 Prozent der MSTS-Mitglieder sind Frauen, viele von ihnen alleinstehende Mütter, und die meisten sind arbeitslos. "Wir übernehmen die Verantwortung für unser Leben und zeigen dieser machistischen Gesellschaft, dass wir in der Lage sind, uns zu organisieren und dass wir unsere Rechte kennen," sagt Moura.

Die Aktivitäten vom MSTS hat das Thema Wohnungsnot auf die politische Tagesordnung der nach Sao Paulo und Rio de Janeiro drittgrößten Stadt Brasiliens gebracht. Da Kommunalwahlen vor der Tür stehen, beschäftigen sich sogar die politischen Parteien mit dem offensichtlichen Missstand. Die gewaltsamen Polizeiräumungen, die zu Beginn der MSTS-Besetzungen gang und gebe waren, sind zivilisierten Verhandlungen der verschiedenen Seiten gewichen. Inzwischen hat die Stadtregierung versprochen, ihr Programm zum Bau bezahlbarer Wohnungen voranzutreiben. Pedro Cardoso ist skeptisch: "Zu wenig, zu langsam; wir werden weiter besetzen, um den Druck zu erhöhen."

Bewegungen wie das MSTS sind inzwischen in fast allen Städten entstanden. In der Industriestadt Sao Paulo macht das MSTC, die Obdachlosenbewegung des Zentrums Dampf, damit das Wohnraumproblem als solches anerkannt wird. MSTC-Anwalt Manoel del Rio weiß, dass im Stadtgebiet 15.000 Menschen auf der Straße leben, während 400 Gebäude ungenutzt im Stadtzentrum leer stehen.

Cardoso hofft, dass die neue Regierung unter dem Ex-Gewerkschafter Lula da Silva diese Probleme angehen wird. "Seine Regierung hat einen Raum geöffnet, in dem wir jetzt agieren können. Wir wissen, dass er mit unseren Forderungen sympathisiert." Illusionen über die Regierung, die seit eineinhalb Jahren ihre Anhänger eher enttäuscht, weil sie bislang nur wenige Veränderungen angestoßen hat, macht sich der MSTS-Aktivist aus dem Nordosten aber nicht: "Bei einer Regierung, die in der finanziellen Zwangsjacke des Weltwährungsfonds und der Auslandsschulden steckt, ist es unsere Aufgabe, aktiv zu werden, um sie daran zu erinnern, dass wir noch da sind. Und dass wir die Basis dieser Regierung sind."

BOLIVIEN

Evo Morales aus Gewerkschaftsdachverband COB ausgeschlossen

(Montevideo, 9. Juli 2004, púlsar-poonal).- Der Gewerkschaftsführer und Abgeordnete der Kokabauern Evo Morales wurde als "Verräter“ aus dem Gewerkschaftsdachverband COB (Central Obrera Boliviana) ausgeschlossen. Morales bezeichnete diese Entscheidung als faschistische und hoffnungslose Amtshandlung. Jaime Solares, Generalsekretär der COB, begründete den Entschluss damit, dass Morales das Gasreferendum unterstütze. Mit dem Referendum werde versucht eine zu weitgehende Kompromissbereitschaft in der staatlichen Energiepolitik zu konsolidieren

Der Anführer der "
Bewegung zum Sozialismus“ (MAS) Evo Morales erklärte die Entscheidung als eine Amtshandlung, die alleinig von der intoleranten und diktatorischen Haltung Solares herrühre. Anführer der Minenarbeiter versicherten, der Ausschluss von Morales sei nicht in der Versammlung diskutiert worden, wie es Solares behauptet habe. Jedoch meinten sie, dass der Abgeordnete nicht wie erhofft, ihre Belange mit vertrete. Morales unterstütze die Regierungspolitik und nicht mehr die Interessen der Arbeiter.

COB-Sekretär Solares hatte erklärte, dass die Entscheidung über den Ausschluss von Morales von einem Gremium in einer Versammlung in der bolivianischen Stadt Oruro getroffen wurde.

PERU

Mehr als 70 Festgenommene bei Generalstreik

(Lima, 15. Juli 2004, adital-poonal).- Die von der Arbeitergewerkschaft CGTP (Confederación General de Trabajadores de Perú) ausgerufene 24-stündige Arbeitsniederlegung füllte die Straßen Limas und zahlreicher anderer Gemeinden mit Streikenden. Die Arbeitsniederlegungen am 14. Juli fielen auf einen Zeitpunkt äußerst geringer Popularität des Präsidenten Alejandro Toledo. Bei den letzten Umfragen bekam Toledo weniger als 10 Prozent Zustimmung. Bei Zusammenstößen mit der Polizei wurden nach Angaben lokaler Zeitungen mehr als 70 Personen festgenommen. Rund 93.000 Polizeibeamte waren im Dienst, um die Ordnung auf den Strassen im Land wiederherzustellen.

Anlass für den Streik war die Forderungen nach höheren Gehältern und einem Politikwechsel der Regierung Toledo. Außerdem wurde die Forderung nach einer verfassungsgebenden Versammlung laut, um die während Fujimori-Regierung verabschiedete Verfassung zu revidieren.

In der Stadt Arequipa verteilten Arbeiter eine Pressemitteilung, in der sie die Regierung beschuldigten, kein Interesse an der geforderten Verfassungsänderung zu haben. Es würde dann "Schluss gemacht mit den übermäßigen Bezügen von 25.000 Soles (ca 6.100 Euro) monatlich. Die meisten Peruaner verdienen nicht mehr als 300 Soles (ca 73 Euro) im Monat"

 

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