von Wolf-Dieter Vogel
(Berlin, 09. Juli 2013, taz).- Schüsse, Anschläge, Morde – die Kommunalwahlen in Mexiko am Sonntag waren überschattet von einer Welle der Gewalt. Im Bundesstaat Veracruz wurde ein Kandidat erschossen, in Baja California stand nach einem Angriff mit Molotowcocktails das Haus eines Anwärters in Flammen. Politiker*innen verschiedener Parteien kritisierten zudem massive Wahlfälschungen.
Bei den Wahlen ging es in 15 von 32 Bundesstaaten um Bürgermeister*innen, lokale Abgeordnete sowie einen Gouverneur. Insgesamt scheint die regierende PRI gewonnen zu haben.
Bereits im Vorfeld wurden mindestens acht politische Vertreter*innen oder deren Angehörige ermordet, mehrere wurden entführt. Im Bundesstaat Oaxaca starben ein Politiker der sozialdemokratischen Partei PRD sowie ein Aktivist der linken „Bürgerbewegung“, in anderen Regionen wurden ebenso PRD-Mitglieder gewaltsam angegriffen.
Auch Kandidaten der konservativen PAN sowie der regierenden PRI des Präsidenten Enrique Peña Nieto wurden Opfer der Gewalt. In den Bundesstaaten Chihuahua, Sinaloa und Durango, die von der Mafia dominiert werden, kamen drei PRI-Männer sowie ein Kandidat der Bürgerbewegung ums Leben. Einige PAN-Politiker hatten unter Druck auf ihre Kandidatur verzichtet. „Ich kann mich nicht daran erinnern, dass je so viele Kandidaten ermordet wurden“, erklärte der Sicherheitsexperte Jorge Chabat.
Die meisten der Urnengänge fanden in ländlichen Regionen statt, in denen die Kartelle das Sagen haben. Auch wenn für einige Gewalttaten politische Streitereien zwischen Parteigängern verantwortlich sein mögen, steht außer Frage, dass viele der Angriffe auf das Konto der Kriminellen gehen.
Rückschlag für den Staatschef
Die Kontrolle lokaler Behörden ist für die Mafia elementar, um sicher Drogen anbauen, illegale Waren transportieren oder Menschen entführen zu können. Häufig setzen die Kartelle auf alte korrupte Strukturen der PRI, die 70 Jahre lang die Regierung stellte. Allerdings sind auch Mitglieder anderer Parteien in das kriminelle Geschäft verwickelt. Benito Nacif von der Nationalen Wahlbehörde resümierte: „Das Organisierte Verbrechen ist inzwischen noch bemühter, die lokalen Regierungen zu kontrollieren“.
Für Staatschef Peña Nieto ist die Gewaltwelle ein Rückschlag. Der PRI-Politiker war letztes Jahr auch an die Macht gekommen, weil die Wähler darauf gesetzt hatten, dass die PRI die Kartelle in ihre Schranken weisen kann. Mit einem „Pakt für Mexiko“ wollte er zudem gemeinsam mit den großen Parteien PRD und der PAN mit Hilfe struktureller Reformen die soziale Lage der Bevölkerung verbessern und so für mehr Sicherheit sorgen.
Erste Zahlen der Regierung legen Fortschritte nahe: Demnach sollen die Morde im März im Vergleich zum Vorjahr um 17,1 Prozent zurückgegangen sein. Menschenrechtler*innen bezweifeln diese Angaben und verweisen auf die zunehmenden Entführungen und Angriffe auf Aktivist*innen.
Die Wahlen galten auch als Feuerprobe für den „Pakt für Mexiko“. Bereits im Wahlkampf war angesichts der Angriffe und Einschüchterungen an gemeinsames Vorgehen kaum zu denken. Die jetzt aufkommenden Betrugsvorwürfe könnten das Bündnis endgültig zusammenbrechen lassen.
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