Von Ariana Pérez
(14. Dezember 2017, amerika 21).- Laut der indigenen Organisation ACIN sind in der Autonomieregion Cerro Tijeras am Wochenende sechs Menschenrechtsaktivist*innen erschossen worden. Die traditionellen Autoritäten informieren über eine dramatische Sicherheitslage und vermehrte Angriffe gegen Mitglieder der indigenen Gemeinschaften.
Verschiedene Vermutungen zum Tathergang
Am Montag wurde bestätigt, dass sechs Leichen im Gebiet der Nasa-Indigenen im Cauca auf dem Weg zwischen abgelegenen Bauernhöfen gefunden wurden. Genauere Umstände und die Urheber des Massakers sind noch Gegenstand der Untersuchungen, die auf dem Autonomiegebiet von dortigen Organisationen selbst durchgeführt werden. Es gibt unterschiedliche Vermutungen zum Tathergang.
Bisher gehen ACIN und Zeug*innen vor Ort davon aus, dass ein bewaffneter Zusammenstoß zwischen der Guerillagruppe Ejercito Popular de Liberación (Volksbefreiungsheer) und Dissident*innen der früheren Farc-Guerilla für die Opfer verantwortlich ist. Bürgermeister Hernando Ramírez sowie der Kommandant der zuständigen Militärbrigade, Oberst Pablo José Blanco, beschuldigten bereits kurz nach Bekanntwerden der Tat ebenfalls die Farc-Abtrünnigen. Diese würden versuchen, die Kontrolle über den Drogenhandel und -transport in der Region zu behalten.
Überlebende Indigene berichten jedoch, dass die fünf Männer und eine Frau gezielt von Farc-Dissident*innen angegriffen worden seien, der Anschlag also ihnen direkt gegolten habe. Unter den bisher identifizierten Leichen befindet sich Viviana Trochez Dagua, die sich als Menschenrechtsaktivistin öffentlich gegen den Drogenhandel und den Einfluss der Paramilitärs sowie Dissident*innen in der Region eingesetzt hat.
Schutz und Protest: Permanente Versammlungen der Indigenen
Da die bewaffneten Gruppen die Region weiterhin unsicher machen, konnte noch keine humanitäre Hilfe in die betroffenen Gebiete gebracht werden. Die Indigenen haben zu „permanenten Versammlungen“ in den Gemeinschaftszentren aufgerufen und fast alle Mitglieder der Nasa sind dem nachgekommen. Diese Versammlungen sollen einerseits Schutz bieten, andererseits für ihre Rechte protestieren. 153 Familien flüchteten in den vergangenen Tagen bereits aus der Region. Wie die lokale indigene Organisation CRIC berichtet, ist die Region stark militarisiert und es ist mit weiteren Konfrontationen zu rechnen – zwischen bewaffneten Gruppen unter sich und zwischen den verschiedenen Gruppen mit staatlichen Militärs und Polizei.
Eine Mission aus indigenen Autoritäten, Vertreter*innen regionaler Afro-Gemeinschaften, Bauernverbänden, lokaler Regierung, den Vereinten Nationen und weiterer Menschenrechtsinstanzen hat sich indes auf den Weg in das Gebiet gemacht, um die Lage zu untersuchen. Erst am vergangenen Samstag hatte die Regierung von Präsident Juan Manuel Santos angekündigt, aufgrund der besorgniserregenden Lage regionale Sicherheitsräte einzuberufen. Sie sind bisher noch nicht in Funktion.
Dritte tödliche Konfrontation binnen zwei Monaten
Dieses ist die dritte Konfrontation mit zahlreichen Todesopfern im Süden Kolumbiens in nur zwei Monaten. Am 29. Oktober waren bei einer Konfrontation zwischen ELN und Farc-Dissident*innen mehrere Menschen getötet worden. Am 5. Oktober hat die Drogenbekämpfungspolizei mindestens sieben Kleinbauern im Landkreis Tumaco getötet, während diese gegen die Vernichtung von Koka-Feldern protestierten. Nachdem die Polizei zunächst die Version verbreitet hatte, dass Farc-Dissident*innen verantwortlich seien und Präsident Santos versichert hatte, dass „unsere Sicherheitskräfte nicht auf Zivilisten schießen“, musste die Regierung angesichts der zahlreichen vorgelegten Beweise 102 Polizisten aus Tumaco versetzen.
(Mit Informationen von macondo /prensa latina/ telesur)
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