von Observatorio DDHH Observatorio Permanente Internacional DDHH Aguán
(Fortaleza, 14. Januar 2012, adital).- Die ständige internationale Menschenrechtsbeobachtungsstelle von Aguán (Observatorio Permanente Internacional de Derechos Humanos del Aguán), erhebt vor der honduranischen Bevölkerung und der internationalen Gemeinschaft Anklage gegen die jetzige Regierung und die Großgrundbesitzer*innen von Bajo Aguán. Demnach unternehmen Regierung und Großgrundbesitzer*innen auch weiterhin alles, um den Kampf um Landbesitz in Bajo Aguán zu kriminalisieren. Dadurch werde ein Klima geschaffen, in dem sich Unterdrückung und Menschenrechtsverletzungen verschärfen.
Das schwere Los der Landbevölkerung
Noch vor dem Jahresende 2011 wurde das Dekret 18-2008 – ein wesentlicher Bestandteil des Gesetzes zur Agrarreform – endgültig außer Kraft gesetzt. Auf diese Weise wird die Enteignung von unbewirtschaftetem Land ermöglicht, das zu Zwecken der Agrarreform bestimmt war. Den Organisationen und Gruppen von Kleinbauern und Kleinbäuerinnen, die das Land seit vielen Jahren im Besitz haben, wird dadurch juristisch ein harter Schlag versetzt.
Einer der Faktoren, die zur aktuellen Situation beigetragen haben, ist die Nachlässigkeit der nationalen Agrarbehörde INA (Instituto Nacional Agrario), die dafür verantwortlich ist, dass den Bauern und Bäuerinnen nicht die Eigentumsrechte an den Ländereien übertragen wurden. Ein zweiter Faktor ist der fehlende politische Wille des Staates, sich den Großgrundbesitzer*innen zu widersetzen und deren geforderte Entschädigungen nicht zu zahlen – was den Großteil der Siedlungen des Aguán betrifft.
Wie 14 Regionalgruppen der landesweiten Gewerkschaft der LandarbeiterInnne CNTC (Central Nacional de Trabajadores del Campo) mitteilten, hatte César Ham, Minister der INA, die hoduranischen Landarbeiter*innen mit Versprechen und Betrügereien hingehalten. Auch den Gruppen der Bauern und Bäuerinnen des Aguán machte er Zusagen und hat diese nicht eingehalten.
Neuer Vorschlag zur Lösung des Landkonflikts
Am 9. Januar wurde der Vereinigten Bauernbewegung von Aguán MUCA (Movimiento Unificado Campesino del Aguán) ein neuer Vorschlag zur gemeinsamen Lösung des Landkonflikts vorgelegt. Diesem neoliberalen Modell zu Folge soll nicht etwa den Bauern und Bäuerinnen Land übertragen, sondern der Großgrundbesitz verteidigt und das Unternehmertum unter den Landbesitzer*innen gestärkt werden.
Der Vorschlag zielt darauf ab, dass die Kleinbauern und Kleinbäuerinnen für das Land bezahlen, dass ihnen von einer privaten Bank mit staatlicher Bürgschaft bereit gestellt wird, wobei das Stück Land selbst 15 Jahre lang als Garantie dienen soll. Der Zinssatz beliefe sich auf 14 Prozent und die Kosten pro Hektar Land damit auf etwa 7.100 US-Dollar. Außerdem sollen die Kleinbauern und Kleinbäuerinnen sich dazu verpflichten, an keinen weiteren Kämpfen um Rückgewinnung von Land teilzunehmen.
Militarisierung zur “Verteidigung des Vaterlandes”
Die Oligarchie der Großgrundbesitzer*innen und die Regierung des Präsidenten Porfirio Lobo Sosa haben sich ihren Ball im Aguán weit vorgelegt. Bevor sie den Bauern und Bäuerinnen ihren Vorschlag unterbreiteten, hatte der Großgrundbesitzer Miguel Facussé auf seinem Grundstück im Departamento Colón bereits 600 Paramilitärs stationiert. Zudem hat das honduranische Militär ein Sondereinsatzkommando unter dem Motto „Siegen oder sterben“ zusammengestellt. Dieses wurde von kolumbianischen Soldaten und Paramilitärs, sowie den US-Streitkräften ausgebildet.
Das Militär erklärte, es handle sich um Einsatzkommandos, deren Ziel es sei, das Vaterland unter allen Umständen zu verteidigen – speziell mit Blick auf die ‘umstürzlerischen’ Aktivitäten in der Region des Aguán. Sollten die Mitglieder des MUCA also den Vorschlag oder die neue Vereinbarung nicht akzeptieren, müssen sie mit dem Beginn der Räumungen rechnen.
Räumungen und Kriminalisierung des Widerstandes
Diese Strategie geht einher mit einer Kampagne zur Diffamierung der Organisationen und Anführer*innen der Landarbeiter*innen von Honduras und des Aguán.
César Ham, Minister der INA, hat sich mittels eines Abkommens dazu verpflichtet, die Ländereien der LandarbeiterInnenbewegung von Rigores spätestens am 30. Dezember 2011 zu entschädigen. Dies ist jedoch nicht geschehen. Statt dessen wurde angekündigt, dass es ab 15. Januar zu Räumungen in Rigores kommen würde und auch in Trujillo bereits die richterlichen Anordnungen dazu vorlägen.
Seit dem 30. November vergangenen Jahres haben paramilitärische Gruppen, die im Auftrag der Großgrundbesitzer*innen am linken Flussufer des Agúan handeln, begonnen, die Bewohner*innen der Bauernsiedlungen von Rigores und Marañones, sowie der MUCA und der Nationalen Bewegung zur Rückgewinnung von Land in Rigores MNR (Movimiento Nacional de Recuperación de Rigores) einzuschüchtern.
Operation Xatruch II und die Angst vor weiteren Repressionen
Die Strategie der Militäroperation Xatruch II wurde geändert, um das Land der Großgrundbesitzer*innen zu verteidigen. Die Soldaten kleiden sich jetzt wie privates Wachpersonal; die Kampfhandlungen gegen die Gemeinde Panamá und die Verlagerung von Truppen hin zu den Bauernsiedlungen gehen jedoch weiter. (siehe auch: “Bajo Aguán – Militarisierung, Angst und Tod”)
Anführer*innen von Bauernbewegungen und der Nationalen Front des Volkswiderstandes FNRP (Frente Nacional de Resistencia Popular) aus Colón werden weiterhin von Ermittlerinnen der Operation Xatruch II verfolgt, die sich – um Protestaktionen zu vermeiden – in Fahrzeugen ohne Kennzeichen und mit verdunkelten Scheiben fortbewegen. Es wird daher befürchtet, dass mögliche Abkommen mit der Regierung boykottiert werden sollen und dass es zu einer weiteren repressiven Offensive kommen könnte.
Folglich verdeutlicht die aktuelle Lage sowohl den fehlenden politischen Willen zur Lösung des Agrarkonflikts in Bajo Aguán, als auch die stetige Unterdrückung mit dem Ziel, die Bauernbewegung und die FNRP in der Region zu zerstören.
Aufruf zu internationalem Menschenrechtstreffen
In diesem Sinne ruft das Menschenrechtsobservatorium im Namen aller Bauernorganisationen des Aguán sowie des FNRP und der sozialen Bewegungen von Honduras zum Ersten Internationalen Menschenrechtstreffen auf, das von 17. bis 20. Februar im technischen Institut “Froylan Turcios” in Tocoa, Colón, stattfinden wird.
Internationale Solidarität ist auch weiterhin die Hoffnung der Bevölkerung, die sich im Widerstand befindet. Es wird dazu eingeladen, sich den Internationalen Brigaden der Solidarität anzuschließen und auf diese Weise zu helfen, die Menschenrechte zu verteidigen, Unterdrückung zu verhindern und das Überleben von Tausenden Bauernfamilien in Bajo Aguán und Honduras zu sichern.
(Mehr Infos zum Menschenrechtstreffen unter: http://www.mioaguan.blogspot.com/)
Bajo Aguán: Aufruf zu internationaler Solidarität von Nachrichtenpool Lateinamerika ist lizenziert unter Creative Commons Namensnennung-Weitergabe unter gleichen Bedingungen 4.0 international.
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