(Mexiko-Stadt, 21. Februar 2021, desinformémonos).- Wenn Muttersprachler*innen einer Sprache gewaltsam verschwinden, stirbt die Sprache aus. Zum Internationalen Tag der Muttersprache am 21. Februar erinnern sich indigene Familienangehörige an ihre Verschwundenen.
Wir, die Familien der Menschen, die in Mexiko unter Gewaltanwendung entführt wurden, gedenken ihnen am Internationalen Tag der Muttersprache und erinnern daran, dass Sprachen nicht grundlos aussterben, sondern erst, wenn ihre Sprecher*innen durch verschiedene Arten der Diskriminierung und des Rassismus ermordet, entführt und angegriffen werden.
Eine Sprache verschwindet, wenn ihre Sprecher*innen verschwinden. Indigene Sprachen verschwinden, solange die optimalen Bedingungen für ein würdevolles Leben der Sprecher*innen nicht gewährleistet und ihre Gebiete, natürlichen Ressourcen, Umwelt und kulturellen Aspekte nicht respektiert werden. Dazu gehören ihr Weltbild, das von ihren Vorfahren übermittelte Wissen, das Sprechen der Sprache sowie die traditionelle Medizin.
Unsere Väter und Mütter wurden entführt, weil sie den Mut hatten, von einer gerechteren Welt zu träumen und dafür zu kämpfen. Eine Welt, in der die indigene Bevölkerung nicht durch Megaprojekte, Extraktivismus von natürlichen Ressourcen sowie kulturellen und epistemischen Extraktivismus verletzt und angegangen werden. Deshalb gedenken wir heute voller Stolz unseren Familien und lassen ihre Geschichten und ihren Kampf wieder aufleben, vor allem aber ihre Zugehörigkeit zu den indigenen Gruppen Purépecha, Binnizá, Tutunaku und Ayuujk. Durch Unterdrückung wurden sie ihren Gemeinschaften weggenommen. Wir lassen ihre Stimme und ihr Wort als Sprecher*innen dieser Sprachen wieder lebendig werden.
Wir wissen, dass dies nicht alle sind. Es fehlen viele Schwestern und Brüder, die wir noch nicht erwähnt und an die wir uns noch nicht erinnert haben. Wir verstehen, dass solche Prozesse Zeit in Anspruch nehmen und auf unterschiedliche Art und Weise vollendet werden. Deshalb nutzen wir diesen Gedenktag, um ebenfalls mit den Familien der Verschwundenen zu sprechen, miteinander verbunden zu bleiben und uns gegenseitig zu unterstützen. Gemeinsam werden wir die Abwesenheit der Menschen, ausgehend von der indigenen Bevölkerung und den Gebieten dieses Landes, das Mexiko genannt wird, in Worte fassen:
Mianstkua, Jakankurhikua ka Utatsperakua Jesús, Amafer, Armando, Solón, Venustiano.
¿Paraa nuu Víctor Yodo?
¿Lha wi Tomás?
¿Mää ja Gabriel?
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