Poonal Nr. 621

Deutsche Ausgabe des wöchentlichen Pressedienstes lateinamerikanischer Agenturen vom 4. Mai 2004

Inhalt


MEXIKO

GUATEMALA

Gefährliche Zugfahrten für

KOLUMBIEN

ECUADOR

ARGENTINIEN

BRASILIEN

CHILE

PARAGUAY

"Generation Sandwich" – Bergarbeiter

PERU

ARGENTINIEN – BOLIVIEN

CONO SUR


MEXIKO

Megastaudammprojekt gefährdet Bauern

Von Evandro Bonfim*

(Mexiko-Stadt, 23. April 2004, adital).- Der Bau eines Staudammes, der zehn Mal größer als die Bucht von Acapulco im mexikanischen Bundesstaat Guerrero werden soll, gefährdet die Existenz von 25.000 sich der Landwirtschaft widmenden Menschen in der Region. Ihr Land soll für das Projekt enteignet werden. Laut dem Bündnis "Mexikanische Allianz für die Selbstbestimmung der Völker", bedeutet der Bau über die Vertreibung der Menschen hinaus eine Gefährdung der Umwelt. Das Papagayo-Becken werde zerstört und 170 Millionen Quadratmeter Land überschwemmt, auf dem Wassermelonen, Zitronen, Mangos, Tamarinde, Mais und Kokosnüsse angebaut werden.

Der "La Parota" genannte Staudamm ist Teil eines Projektes der Elektrizitäts-Firma Interconexión Eléctrica und der Bundeskommission für Elektrizität, um Strom für den Export an transnationale Energiekonzerne in den USA zu produzieren. Die veranschlagten Investitionen für den Bau liegen bei über 1,988 Millionen mexikanischen Pesos, "was eine nicht unerhebliche Ausgabe an öffentlichen Geldern zum Nutzen der USA bedeutet", heißt es in einer Erklärung des Bündnisses. Weiter heißt es dort: "Die Mexikanische Regierung wendet weiter Zwangs-Methoden an, wie in San Salvador Atenco, in Tepeaca, Puebla, Guichiquero, Oaxaca und vielen anderen ländlichen Gemeinden. Im Fall "La Parota" wurden Leute, die sich dem Bau des Staudamms widersetzten eingeschüchtert. Außerdem hat sie Gemeindemitgliedern, die dem Bau zustimmten 300 Pesos gezahlt. Dadurch hat sie einen Keil in die Gemeinden getrieben, um die Vertreibung der Bauern im der Gemeinde Acapulco zu'legitimieren'."

Dieser Staudamm ist Teil des zentralamerikanischen Entwicklungsprojekts Plan Puebla-Panamá. In diesem Plan sind mehr als 70 Stauseen vorgesehen, die im Süd-Südwesten des Landes gebaut werden sollen. Bei einigen wurden die Planungen oder Bauarbeiten bereits begonnen. So bei vier grenzüberschreitenden Projekten zwischen dem Petén in Guatemala und dem mexikanischen Chiapas; bei zwei mit dem Namen Nuevo Huixtán I und II sowie einem weiteren nahe der Grenze bei den Montebelloseen; dem Stausee Itzantún in Huitiupán in den Altos in Chiapas, dem Projekt Boca del Cerro im Bundesstaat Tabasco, einem bei Jalapa del Marqués in Oaxaca und eben dem Staudamm "La Parota" in Guerrero.

GUATEMALA

Gefährliche Zugfahrten für

(Guatemala-Stadt, 26. April 2004, cerigua).- Der Preis, den mehr und mehr Zentralamerikaner*innen für den "amerikanischen Traum" zahlen, ist hoch: Verstümmelung oder im schlimmsten Fall auch der Verlust des Lebens. Viele geraten unter die Räder eines Zuges oder fallen im Südosten Mexikos in die Hände von Banditen, welche die Züge immer häufiger überfallen. Tag für Tag wird dieser Preis, den Hunderte von Menschen ohne Papiere in der Region für ihren Traum nach einer besseren Zukunft zahlen, höher. Denn für ihr Ziel, das Land im Norden zu erreichen, müssen sie es nicht mehr nur mit den Migrationsbehörden aufnehmen, sondern auch mit den Risiken der Zugfahrt, sowie mit all den Unglücken, die ihnen Verbrechergruppen, die für Schrecken auf der ganzen Strecke sorgen, zufügen.

Personen, die neben Zugstrecken leben, Hilfskräfte und humanitäre Organisationen bestätigen, dass Migrant*innen während der Zugfahrt durch Mexiko zur nordamerikanischen Grenze vermehrt Unfällen ausgesetzt sind. Das geht sogar so weit, dass ihnen beim Sturz aus dem Zugwaggon Körperteile abgetrennt werden oder sie ihr Leben verlieren. Laut einer lokalen Zeitung fahren an manchen Tagen um die 500 Menschen eingezwängt in den Waggons "der Bestie", wie der Zug von den Migrant*innen genannt wird. Sie sitzen auf den Stufen oder auf den Treibstoffleitungen, doch vor Müdigkeit fallen einige im Laufe der 20 Stunden dauernden Reise herunter und werden von den Rädern verletzt.

Die Gefahr Gliedmaßen oder gar das Leben zu verlieren, beschränkt sich aber nicht alleine auf die Züge. In letzter Zeit haben hauptsächlich aus Zentralamerikanern bestehende Banden, die auf der Bahnstrecke agieren, für eine Welle von Angriffen gegen die MigrantInnwn gesorgt. Es gäbe oft gewaltsame Überfälle und Morde, so ein Zeuge.

Vertreter des Nationalen Tisches für Migration in Guatemala (Menamig) und des Menschenrechtsbüros des Hauses des Migranten (Casa del Migrante) in Tecún Umán meinten die Migrationspolitik der guatemaltekischen und mexikanischen Regierung erhöhe das Risiko für die Migrant*innen zusätzlich. Diese sähen sich nun gezwungen andere Möglichkeiten zu suchen, um ihr Ziel zu erreichen. Für diejenigen, die mit dem Zug fahren, erhöhe sich das Risiko eines Unfalls noch, wenn die Migrationsbehörden Einsätze durchführen. Die MigrantInen müssten dann vom fahrenden Zug abspringen, viele von ihnen stürzen und würden verletzt oder getötet.

KOLUMBIEN

Amnesty International kritisiert US-Militärhilfe

(Montevideo, 23. April 2004, comcosur).- Die Menschenrechtsorganisation Amnesty International (AI) beschuldigt die USA kolumbianische Soldaten, von denen viele Menschenrechte verletzt haben, zu finanzieren und auszubilden. Der Bericht konzentriert sich auf den Bundesstaat Arauca, der reich an Erdölvorkommen ist. Dort haben Erdölfirmen gemeinsam mit der Regierung der Vereinigten Staaten in den letzten zwei Jahren 100 Millionen US-Dollar investiert. Mit dem Geld wurden die kolumbianischen Truppen von US-amerikanischen Spezialeinheiten ausgebildet die Ölpipeline gegen die Angriffe von Rebellen zu schützen. Der für die Untersuchung Zuständige bei AI sagte, Arauca sei eine sehr wichtige Region, nicht nur für die bewaffneten Streitkräfte, sondern auch für mächtige internationale Interessen, speziell derer der USA und ihrer Ölfirmen.

Viele der Menschenrechtsverstöße fanden in den Dörfern nahe der Ölpipeline von Caño Limón statt. Die Pipeline ist gemeinsames Eigentum der US-amerikanischen Firma Occidental Petroleum und der staatlichen kolumbianischen Firma Ecopetrol. Auch der spanisch-argentinischen Firma Repsol wird vorgeworfen, die 18. Brigade von Arauca finanziert zu haben, deren Soldaten wegen des Verdachts von Verletzungen gegen die Menschenrechte beschuldigt wurden. Pollack weist darauf hin, dass viele Länder, darunter die Vereinigten Staaten und Spanien, die kolumbianische Soldaten finanzieren und ausbilden, dieselben seien die dann in schwere Menschenrechtsverletzungen verwickelt sind.

AI will sich mit der neuen spanischen sozialistischen Regierung treffen, um sich über dieses Thema zu unterhalten und die Aufhebung der Militärhilfe an Kolumbien zu bewirken.

ECUADOR

Präsident Gutiérrez verliert auch seine konservativen Freunde

Von Marcelo Larrea und Roberto Roa

(Quito, 22. April 2004, adital-npl).- Lucio Gutiérrez laufen die Freunde davon. Erst verprellte der junge Präsident Ecuadors seine eigenen Wähler – Indígenas und soziale Bewegungen, die sich von dem Ex-Militär eine linkssoziale Politik erhofften. Dann suchte und fand Gutiérrez Rückhalt beim politischen Establishment, vor allem seitens der konservativen Sozialchristlichen Partei, die die Mehrheit im Parlament stellt. Jetzt fordern auch diese neuen Freunde ebenso wie die sozialdemokratische "Linke Demokratie seinen Rücktritt – wegen Korruption und allgemeiner Unfähigkeit.

Nach erst 15 Monaten Amtszeit wird es eng für den Präsidenten. Seine ursprüngliche Basis probt den Aufstand, fast täglich wird in dem kleinen Andenland gestreikt, von den Krankenhäusern bis hin zu den Haftanstalten. Insbesondere seine Wirtschaftspolitik, die sich entgegen seinen Wahlversprechen nur an den Richtlinien des Weltwährungsfonds IWF und der Rückzahlung der Auslandsschulden orientiert, ruft Protest hervor. Davon offenbar unbeeindruckt regiert Gutiérrez von einem Machtvakuum aus – angewiesen auf wohlgesonnene parlamentarische Unterstützung anderer Parteien.

Diese traditionellen Parteien – denen die Wähler Ende 2002 ihre Vormachtstellung nahmen – wittern jetzt Morgenluft. Wenn auch sie Gutiérrez den Rücken kehren, ist er vollkommen isoliert und muss die Macht an das politische Establishment zurückgeben. Beobachter bezeichnen das Vorgehen schlicht als Verschwörung. Federführend sind dabei die Sozialchristen (PS-Partido Socialcristiano) und die Demokratische Linke (ID-Izquierda Democrática), also der rechte und der linke Flügel des politischen Spektrums, das nach jahrzehntelanger Miss- und Klüngelwirtschaft bei der Bevölkerung weitgehend diskreditiert ist.

"Die einzige Lösung zur Überwindung der Krise ist der Rücktritt des Präsidenten", gibt Ex-Präsident Rodrigo Borja von der ID die Marschroute vor. Begründet wird das Ansinnen damit, dass Gutiérrez für seinen Wahlkampf illegale Spendengelder erhalten hatte. Ein weiterer Ex-Präsident, Febres Cordero von der PS, wirft dem Amtsinhaber vor, "mit Verbrechern unter einer Decke zu stecken", und sagte ihm das gleiche Schicksal voraus, das seine Vorgänger Bucarám und Mahuad erlebten: Die beiden umstrittenen Ex-Präsidenten wurden von Aufständen kurzerhand aus dem Amt vertrieben.

Der Meinungswechsel von Cordero und seiner PS ist für den Präsidenten um so bedrohlicher, als es ihre Parlamentarier sind, die Gutiérrez neoliberale Politik tragen, nachdem der politische Arm der Indígena-Bewegung, Pachakutik, sowie die Linkspartei MPD (Movimiento Popular Democrático) ihn bereits in Stich gelassen hatten.

Unklar ist, wie Gutiérrez, der eine steile Militärkarriere abbrach und sich der Politik widmete, sich angesichts des angerichteten Scherbenhaufens aus der Affäre ziehen wird. Beobachter gehen davon aus, dass er zunehmend zum Spielball der alten Machtelite Ecuadors wird und sich noch mehr den einzigen Freunden zuwendet, die ihm geblieben sind: den ausländischen Interessen. An erster Stelle stehen dabei die USA, die Ecuador immer weiter in ihr Aufstandbekämpfungsprogramm für Kolumbien – Plan Colombia – einbeziehen und Gutiérrez bereits veranlassten, 7.000 Soldaten an die Nordgrenze zu verlegen. Ebenso wird dem Land eine zentrale Rolle bei den militärischen Interessen der USA im Rahmen ihres "Kommando Süd" und bei der Stationierung von Truppen in Lateinamerika zugewiesen. Aber auch der IWF, der in Argentinien oder Venezuela längst nicht mehr hofiert wird, wird mit seinen Vorschlägen zu Privatisierungen und einer weiteren Entnationalisierung der Wirtschaft in Ecuador offene Ohren finden.

ARGENTINIEN

Weiterer internationaler Haftbefehl gegen Ex-Präsident Menem

(Montevideo, 27. April 2004, púlsar-poonal).- Gegen den argentinischen Ex-Präsidenten Carlos Menem wurde kürzlich ein weiterer internationaler Haftbefehl ausgestellt. Grund dafür ist die Weigerung Menems, der sich gegenwärtig in Chile aufhält, in einem Fall illegaler Bereicherung auszusagen.

Der argentinische Richter Norberto Oyarbide erklärte, dass die Ausrede Menems aufgrund seines gesundheitlichen Zustandes nicht in diesem Fall aussagen zu können, eindeutig entkräftet worden sei. Das chilenische Fernsehen hatte Bilder ausgestrahlt, die den Ex-Präsidenten beim Tanzen zeigten. Obwohl Menem bereits in mehreren Fällen von der argentinischen Justiz zu Aussagen aufgefordert worden war, verweigerte er die Reise nach Argentinien aufgrund einer vermeintlichen Armfraktur, die es ihm nicht erlaube, sich zu bewegen. Zudem gäbe es keine Garantie für seine Aussage vor Gericht.

Gegen Menem liegen damit bereits zwei internationale Haftbefehle vor. In der vergangenen Woche hatte der Bundesrichter Jorge Urso das argentinische Außenministerium aufgefordert, die notwendigen Schritte für die Inhaftierung und Ausweisung Menems aus Chile in die Wege zu leiten. Richter Urso leitet den Prozess gegen den Ex – Regierungschef wegen verschiedener Korruptionsfälle beim Bau von Bundesgefängnissen während dessen Amtszeit. Richter Oyarbide schloss sich damit dem Druck der argentinischen Justiz auf Menem an und leitete die entsprechenden amtlichen Dokumente an INTERPOL und das argentinische Außenministerium weiter, das den Haftbefehl den chilenischen Behörden übergeben soll.

Militär vom Dienst suspendiert

(Montevideo, 23. April 2004, comcosur).- Aufgrund der Vorwürfe über seine Beteiligung im schmutzigen Krieg während der letzten Militärdiktatur, hat das Verteidigungsministerium Kapitän Miguel Enrique Clements vorerst vom Dienst suspendiert. Clements war bis dato als Leiter des Marinen Amtes zur Gewässerkunde der Streitkräfte tätig gewesen.

Die Suspendierung gilt einstweilen bis zur Aufhebung durch ein entsprechendes Gerichtsurteil. Clements ist von zwei Überlebenden der ESMA angezeigt worden. Die ESMA war eine Ausbildungseinrichtung für Mechaniker der Seestreitkräfte in der während der Militärdiktatur eines der geheimen Folterzentren des Landes untergebracht war.

Die beiden Ankläger, Víctor Basterra und Jorge Lordkipanise, erklärten vor dem Richter Sergio Torres, Clements habe unter dem Spitznamen "Goyo" an den Unterdrückungsmaßnahmen in den Jahren 1981 und 1982 teilgenommen. Basterra und Lordkipanise hatten aufgrund ihrer Einwilligung in eine administrative Zusammenarbeit mit den Marinesoldaten der ESMA überlebt. Bereits vor 20 Jahren, während des Gerichtsprozesses gegen die Mitglieder der Militärjunta, hatten beide ihre Aussagen zu Protokoll gegeben.

Einer der beiden, Basterra, Grafiker und Fotograf, musste für die Folterer falsche Papiere herstellen, die für den Geheimdienst der Diktatur bestimmt waren. Auf diesem Wege war es ihm gelungen einen Großteil der Führungskräfte und Verantwortliche der Streitkräfte, die in der ESMA agierten, zu fotografieren.

BRASILIEN

Mineralienabbau auf indígenem Gebiet soll legalisiert werden

(Fortaleza, 28.abril/2004, adital).- Der Minister des Spezialministeriums für Menschenrechte, Nilmário Miranda, sagte, dass die Legalisierung der Ausbeutung von Mineralstoffminen auf indígenem Boden zu befürworten sei. Damit könnten Konflikte gelöst werden, wie der zwischen Angehörigen des Stammes der "Cinta-Larga" und den Diamantensuchern im Reservat der Indigenas "Roosevelt" in Rondônia, einem Bundesstaat im Norden Brasiliens. Die Situation in der Gegend ist sehr brisant, nachdem die Bundespolizei 29 Leichen gefunden hat. Dreizehn davon wurden als Diamantensucher identifiziert, während weitere 15 am 26. April ohne identifiziert werden zu können, beerdigt wurden. Sie wurden von Angehörigen des Stammes Cinta-Larga in einer Auseinandersetzung aufgrund der Ausbeutung der Diamanten ermordet.

Laut Nilmário Miranda wurden im letzten Jahr nahezu 5.000 Diamantensucher wegen illegaler Ausbeutung der Steine aus dem Reservat zurückgeholt. "Aber sie kehrten zurück, weil es einen Zugang über Bolivien gibt, der schwierig zum kontrollieren ist. Eines der Mittel die Gewalt zu verringern, ist Kontrolle: sei es die illegale Ausbeutung oder die Wiederholung von konstanter Gewalt. Eine weitere Lösung ist den Mineralienabbau durch eine staatliche Firma zu legalisieren. Dies würde den Indigenas zusätzlich ihren Lebensunterhalt sichern," erklärte der Minister.

Schon während der letzten Woche hatte der Präsident der Abgeordnetenkammer João Paulo Cunha (von der Arbeiterpartei PT) angekündigt, dass eine Spezialkommission gebildet würde, um alle Projekte zu systematisieren, die sich mit der Reglementierung der Ausbeutung von Mineralien und Forstbeständen in indígenen Reservaten beschäftigen. Die Berater der Casa Civil ihrerseits informierten, dass das Gremium den Verordnungsentwurf des Ministeriums für Minen und Energie analysieren werde, um die Ausbeutung von Mineralien auf indígenem Gebiet zu disziplinieren.

Über die Verantwortung der Indígenas, die die Diamantensucher in ihrem Reservat ermordet haben, sagte Nilmário Miranda, dass die ethnischen und kulturellen Unterschiede berücksichtigt werden müssen. Es könne in diesem Fall jedoch keine Amnestie geben. "Keiner hat das Recht zu töten, das Recht zu leben muss über jedem anderen Recht stehen. Deswegen muss es eine Untersuchung geben. Es muss Verantwortliche geben." betonte er. Die externe Kommission, die die Aufklärung der Todesfälle bearbeitet, hörte am 27. April Diamantensucher, die in der Gegend arbeiteten und zwei Überlebende der Auseinandersetzung an. Die Erklärung von einem der Diamantensucher zielte darauf ab, dass die nationale Stiftung der Indios FUNAI (Fundación Nacional del Indio) in den heimlichen Verkauf der Diamanten involviert sei. Davor habe es auch schon Anzeigen über die Beteiligung von Funktionären der Bundespolizei und der Forstpolizei gegeben. Bei so vielen Anzeigen und absehbaren Verwicklungen, fordert die externe Kommission, dass der Justizminister im Fall Roosevelt hart durchgreifen soll.

Präsident Lula reagiert auf Landbesetzungen

(Montevideo, 23. April 2004, comcosur).- Der brasilianische Präsident Luiz Inacio Lula da Silva versucht eine Welle von Besetzungen unproduktiver Ländereien durch Campesinos zu stoppen. Er sagte, dass die Agrarreform umgesetzt werde, allerdings auf friedlichem Weg und im Rahmen des Gesetzes. Der Präsident wies darauf hin, dass die Gesetze sowohl für Eigentümer als auch für Landlose gelten würden und rief zu verantwortungsvollem Handeln auf: "Handeln sie mit dem größtmöglichen Verantwortungsbewusstsein, denn wir alle können Opfer unserer Worte werden.”

Über 21.000 Familien der Landlosenbewegung MST (Movimiento dos Trabalhadores Rurais Sem Terra) besetzten in den letzten Wochen mehr als 80 Landgüter. Die Organisation versucht so Druck auf die Regierung auszuüben. Sie will dadurch die Verfahren zur Bereitstellung von Mitteln sowie zur Enteignung von Land beschleunigen, um dort die Ansiedlung von Familien zu ermöglichen. Lula sagte in Bezug auf die Landbesetzungen: "Sie haben das unter allen Regierungen getan und ich glaube es ist wichtig das sie das tun.” Gleichzeitig verpflichtete er sich erneut in diesem Jahr 115.000 Familien auf enteignetem Land anzusiedeln. Während der ersten drei Monate dieses Jahres erhielten bereits 11.093 Familien Land. Das entspricht ungefähr 50.000 Personen. In Brasilien verfügen 3,5 Prozent der Grundbesitzer über 56 Prozent der fruchtbaren Böden. Dem stehen die ärmsten 40 Prozent der Gesellschaft gegenüber, die lediglich 1 Prozent der Böden besitzen. Ein weiteres Element das zu diesen Konflikt gehört wurde von der Presse aufgedeckt: Mindestens 25 Prozent des im Zuge der Reform übereigneten Landes wird gesetzwidrig verkauft oder wird von den begünstigten Familien wieder verlassen.

CHILE

Mildere Strafen für Menschenrechtsverletzungen

(Montevideo, 23. April 2004, comcosur-poonal).- Die Abgeordnetenkammer befürwortete den Plan, die Strafen für Menschenrechtsverletzungen zu senken. Die Sitzung wurde von Protesten der Angehörigen von Opfern der Militärdiktatur begleitet. 96 Prozent der anwesenden Abgeordneten stimmten dem Gesetzesentwurf zu, der nun zur Anerkennung an den Senat geht.

Der Entwurf für diese Gesetzesänderung war im August vergangenen Jahres von Präsident Ricardo Lagos vorgestellt worden und wurde seitdem mehrmals überarbeitet. So soll es zum Beispiel mildere Strafen für diejenigen geben, die mit den Behörden zusammenarbeiten und bei der Auffindung der verschwundenen Personen helfen, aber nur dann, wenn sie nicht an Planung und Ausführung der Verbrechen beteiligt waren.Die Polizei beendete die Proteste der Angehörigen, nachdem diese Flugblätter verteilt hatten, auf denen sie Gerechtigkeit fordern.

PARAGUAY

"Generation Sandwich" – Bergarbeiter

Von José Antonio Aruquipa und Roberto Roa

(La Paz, 25. April 2004, npl).- Der Selbstmord eines Bergarbeiters hat die verzweifelte Lage Tausender Kumpel auf die politische Tagesordnung Boliviens gesetzt. Nachdem Eustaquio Picachuri ein letztes Mal gesagt bekam, dass er keinen Anspruch auf Rentenzahlung habe, sprengte er sich am 30. März mit zwölf Dynamitstangen in die Luft, wobei er zwei Polizisten, die das Parlamentsgebäude bewachten, mit in den Tod riss. Er glaubte, sein Opfer werde etwas nutzen: "Sag meiner Familie, dass ich es für sie getan habe," sagte er einem Ex-Kollegen Minuten vor der Explosion.

Picachuri war 47 Jahre alt, Witwer, Vater von vier Kindern und arbeitslos. Jahrelang schuftete er nahe der südbolivianischen Stadt Potosí unter Tage. Er war einer von 35.000 Bergarbeitern, die von Ex-Präsident Gonzalo Sánchez de Lozada zynisch die "Generation Sandwich" getauft wurden. Sanchez de Lozada, dessen zweite Amtszeit mit seiner Flucht ins Exil während eines sozialen Aufstands Ende 2003 endete, hatte nach seiner erstmaligen Wahl zum Staatoberhaupt 1996 ein Gesetz erlassen, mit dem viele verarmte Kumpel um ihre Rentenansprüche gebracht wurden: Es hob das Pensionsalter für Männer von 55 auf 65 Jahre an – ohne zu berücksichtigen, dass die Lebenserwartung in Bolivien gerade mal 62 Jahre beträgt. Als zusätzliche Bedingung wurde eine Mindestarbeitszeit von 15 Jahren festgelegt.

Die "Generation Sandwich" besteht aus den Kumpeln, die noch nicht alt genug sind oder lange genug gearbeitet haben – wobei viele von ihnen die geforderten Bedingungen gar nicht mehr erreichen werden: Viele von ihnen sind inzwischen arbeitslos und mit 50 Jahren ist es aussichtslos, erneut angestellt zu werden. "Es ist eine Sackgasse, ohne Arbeit und ohne Rente. Der einzige Ausweg wäre ein Arbeits-Notprogramm für die betroffenen Kumpel," gibt sogar der Ex-Minister für nachhaltige Entwicklung, Ramiro Cavero, zu.

Zum Beispiel José Valdivia Flores, 58 Jahre alt, der elf Jahre lang in der Mine Caracollo gearbeitet hat und sich wegen eines Rheumaleidens zurückziehen wollte. "Laut neuem Rentengesetz fehlten mir plötzlich noch einige Arbeitsjahre, also musste ich weiterackern. Dann wurde die Mine geschlossen und ich stand ohne Arbeit da." Er bekommt also keinen Centavo Rente, "und von meinen kleinen Nebenjobs kann ich nicht mal die Medizin bezahlen," klagt Flores.

Von den Kumpeln ohne Rentenanspruch leiden 2.500 unter schweren Lungenkrankheiten. Ihr Sprecher Roberto Rissioty bringt die Verzweiflung auf den Punkt: "Unsere Familien leiden an Hunger, mangels Arbeit reicht das Geld weder zum Kauf von Lebensmitteln noch dazu, die Rentenansprüche zu vervollständigen." Der Meinung von Präsident Carlos Mesa, dass es sich bei dem Selbstmord um einen isolierten Akt gehandelt habe, widersprach der Nationale Verband rentenloser Arbeiter prompt: "20 von uns sind bereit, sich zu opfern, sollte sich die Regierung des Problems nicht annehmen," so ihr Sprecher Roberto Aro.

Mesa, der dem geschassten Sanchez de Lozada folgte und es in seinen bisher sechs Monaten Amtszeit kaum geschafft hat, Auswege aus der sozialen Krisenstimmung aufzuzeigen, konnte sich nach dem Selbstmord lediglich zu einer publikumswirksamen Maßnahme durchringen. Er führte im öffentlichen Sektor eine Rentenobergrenze von umgerechnet 1012 US-Dollar ein. Zuvor bekamen einige Privilegierte bis zu 5.000 US-Dollar, während die Mehrheit der Rentner nur zwischen umgerechnet 100 und 500 Dollar bezieht.

Im Gegensatz dazu ist die Haltung der traditionell starken Bergarbeitergewerkschaft COB eindeutig: "Der einzige Ausweg für die Arbeiter ohne Rente ist die komplette Rücknahme dieses verdammten Gesetzes," so der COB-Generalsekretär Jaime Solares.

Nicht nur die Bergarbeiter bereiten sich auf eine neue Protestwelle gegen die Regierung vor. Bereits Mitte vergangener Woche streikten Transportarbeiter und Kleinhändler in mehreren Städten des Landes. Für Anfang Mai ist ein landeweiter und unbefristeter Generalstreik geplant, zu dem der COB gemeinsam mit der Landarbeitergewerkschaft Confederación Única de Trabajadores Campesinos aufruft. Sie fordern – wie während des blutigen Aufstands im vergangenen Oktober – eine Abkehr von der neoliberalen Wirtschaftspolitik und eine Renationalisierung der Rohstoffe, die in den Jahren zuvor zu Schleuderpreisen an ausländische Unternehmen veräußert wurden.

PERU

Nahua-Indígenas fordern ihre Rechte

Von Barbara Fraser und Roberto Roa

(Lima, Mai 2004, npl).- Über eine Woche brauchte José Dispupidiwa Wasi, um von seiner Siedlung bis in die Hauptstadt Lima zu reisen. Der Mann mit dem auch für Peruaner unaussprechlichen Namen ist der "curaca", der traditionelle Anführer seiner Gemeinde, den Nahuas aus dem Gebiet Serjali, die tief in peruanischen Teil des Amazonasurwaldes siedeln. Mit vier weiteren Sprechern seiner Gemeinde hat er sich auf die beschwerliche Reise gemacht – fünf Tage auf Flüssen und zwei weitere im Bus über die Anden – um in der peruanischen Hauptstadt Eigentumstitel für das Land, das schon seine Vorfahren besiedelten, zu erstehen.

Dem Entschluss zur Fahrt nach Lima ging ein träger, Monate dauernder Schriftverkehr voraus. "Wir warteten und warteten, aber nie bekamen wir eine definitive Antwort," beschwert sich Nahua-Sprecher Jader Flore Gómez.

Die Nahuas in Peru und andere Seminomaden werden fälschlicherweise "Nicht kontaktierte Ethnien" genannt. Die meisten von ihnen hatten bereits Kontakt zur Außenwelt, insbesondere mit den Arbeitern von Erdölfirmen, Holzfällern oder Goldsuchern, die in den abgelegenen Gegenden nach ihrem Glück suchen. Oft wurden sie Opfer von gewalttätigen Übergriffen oder steckten sich an ihnen unbekannten Krankheiten an, so dass sie sich immer tiefer in das Urwaldgebiet zurückzogen. Diese Flucht machte ihre Lebensbedingungen zumeist noch härter.

Wegen ihrer Abgeschiedenheit besitzt das Statistische Amt Perus kaum Informationen über die Zahl und Lebenslage dieser Ethnien. Aus verschieden Quellen trugen Anthropologen in den vergangenen Jahren Daten zusammen, denen zufolge 10 bis 15 solcher Gruppen im peruanischen Tropenwald beheimatet sind.

Der Kontakt mit der Außenwelt hatte für diese Gruppen meist fatale Folgen: "Krankheiten und Auseinandersetzungen kamen praktisch einem Genozid gleich," berichtet der Menschenrechtler Vladimir Pinto. Experten schätzen, dass bereits 40 bis 70 Prozent der Nahuas gestorben sind. Um diese Entwicklung zu stoppen und die Nomaden-Stämme zu schützen, hat die peruanische Regierung das Reservat Nahua-Kugapakori eingerichtet. Viele der Überlebenden Nahua nutzten die Chance und siedelten sich mit ihren dezimierten Familien im Reservat an. Jetzt leben dort 260 Familien in der Gemeinde Serjali, die inzwischen dazu übergehen, Besitztitel für das bislang von der Regierung verwaltete Reservatsland zu fordern. Bei ihrem Besuch in Lima forderten die Nahua-Vertreter 180.000 Hektar, das sind fast 40 Prozent der Reservatsgröße von 457.435 Hektar.

Dieses Ansinnen birgt ein ernsthaftes Dilemma: Ohne den Rechtsanspruch der Nahuas in Frage zu stellen sagt Vladimir Pinto: "Das Problem ist, dass dadurch das Reservat de facto aufgelöst würde – in einem kritischen Moment und mit unabsehbaren Folgen für andere Ethnien dort." Diverse andere Gruppen – darunter andere Nahuas, Nantis und Machiguengas – leben derzeit noch als Nomaden im Reservat. Als solche könnten sie mit den Besitzansprüchen der sesshaften Nahuas in Konflikt geraten. "Die Ansprüche der Serjali-Nahuas sind insbesondere nach ihren traumatischen Erfahrungen berechtigt, aber es muss ein Ausgleich mit den anderen Interessen geben," sagt Pinto.

Zu diesem Konfliktpotenzial kommt der Streit um kommerzielle Interessen hinzu. Als Schutzgebiete sind Reservate auch für Holzfäller von großem Interesse, die das Gebiet immer wieder illegal betreten. Allein im Jahr 2002 schlugen sie im Nahua-Gebiet 600.000 Kubikmeter edle Tropenhölzer, ohne dass dies ernsthafte Konsequenzen hatte. Nachdem zuletzt in Brasilien tödliche Auseinandersetzungen zwischen Indígenas und Goldsuchern Schlagzeilen machten, erklärten peruanische Stellen, dem Konflikt besonderes Augenmerk zu verleihen.

Jetzt fordern die Nahuas ebenfalls, ihre Reservate kommerziell nutzen zu dürfen, was ihnen bis auf wenige Ausnahmen nicht erlaubt ist. Aber auch mit dieser Forderung gefährden sie den Status Quo, der anderen Ethnien ebenfalls zugute kommt. So gerät die Regierung Perus in eine Zwickmühle, während andere ökonomische Interessen darauf drängen, generell weniger Reservatsgebiete einzurichten oder zu erhalten.

Dorfbewohner lynchten Bürgermeister

(Montevideo, 27. April 2004, púlsar-ponal).- Die wütenden Bewohner der Ortschaft Ilave im Department Puno haben ihren Bürgermeister gelyncht. Zuvor hatten sie ihn gefangen gehalten. Die Einwohner des Dorfes im Südosten Perus, forderten seit einiger Zeit den Rücktritt von Fernando Robles Callomamani, dem sie Korruption vorwarfen. Seit Anfang April hatten sie alle Zufahrtsstraßen nach Ilave blockiert. Als der Bürgermeister von einem Besuch der Nachbarstadt zurückkehrte, überfielen die Demonstranten ihn und töteten ihn.

ARGENTINIEN – BOLIVIEN

Abkommen über Gasimport

(Montevideo, 23. April 2004, púlsar).- Aufgrund der Energiekrise haben Argentiniens Präsident Nestor Kirchner und sein bolivianischer Amtskollege Carlos Mesa ein Abkommen über den Import von Gas nach Argentinien geschlossen. Der Vertrag sieht die Lieferung von täglich vier Millionen Kubikmeter bolivianischem Gas nach Argentinien für die Dauer von sechs Monaten vor. Eine Verlängerung um weitere sechs Monate ist vorgesehen. Damit soll die Krise auf dem Energiesektor entschärft werden.

Von Seiten der Gewerkschaft und den Oppositionsparteien Boliviens wurde dem Abkommen harter Widerstand entgegengesetzt. Sie wollen verhindern, dass das Gas an Chile weiterverkauft werden könnte. Zwischen Chile und Bolivien schwelt ein alter Konflikt über einen Zugang zum Meer. Dabei beinhaltet der Text des Abkommens eine Schlussklausel, die eben dieses Vorgehen verhindern soll. Die bolivianische Arbeitergewerkschaft (Central Obrera Boliviana) fordert die "Verstaatlichung" fossiler Brennstoffvorkommen.

CONO SUR

Energiemangel führt zu diplomatischen Streitigkeiten

(Lima, 20. April 2004, na-poonal).- Argentinien steckt seit März in einer Energiekrise, die schon zu Stromausfällen und Rationierungen des Elektrizitätskonsums geführt hat. Das Problem geht weit über die nationalen Grenzen hinaus und löste ernste Spannungen mit den Nachbarländern aus. Laut Beobachtern liegt der Ursprung der Krise in der steigenden Elektrizitätsnachfrage aufgrund des Wirtschaftsaufschwunges und dem Regenmangel in der Region. Präsident Néstor Kirchner beschuldigte die multinationalen Ölunternehmen, welche die Öl-, Gas- und Elektrizitätsproduktion kontrollieren, zu wenig zu investieren.

Die transnationalen Unternehmen wollen die Preise des Erdgases, der Elektrizität und anderer Dienstleistungen erhöhen, nachdem sie im Januar 2002 eingefroren wurden, als die Regierung der Peso-Konvertibilität mit dem US-amerikanischen Dollar ein Ende setze. Kirchner war gegen einen Preisanstieg, da diese Maßnahme die armen Teile der Bevölkerung treffen wird, die schon von der Wirtschaftskrise stark betroffen sind. Die verzwickte Lage trieb den Präsidenten am 2. April zu einer Vereinbarung mit den Konzernen. Dabei verpflichtete er sich zu einem stetigen Anstieg der Erdgaspreise in den nächsten fünfzehn Monaten. Als Gegenleistung werden die Unternehmen ihre Gasproduktion bis auf 121 Millionen Kubikmeter täglich steigern. Trotzdem musste die Regierung den Gasexport nach Chile und Uruguay reduzieren und Erdgas aus Bolivien und Venezuela, sowie Strom aus Brasilien kaufen.

Chile ist durch die Reduktion des Gasexports aus Argentinien stark betroffen. Das Land generiert große Teile seiner Energie aus Wasserkraftwerken, entschied sich aber wegen einer starken Dürreperiode in den Neunzigerjahren nach anderen Energiequellen zu suchen. Die Kürzungen des Gasexports schaffen nun diplomatische Probleme zwischen den beiden Ländern. Chile sandte am 7. April eine offizielle Beschwerde nach Argentinien und Präsident Lagos erklärte, dass die Einschränkungen beim Gasexport das Vertrauen zwischen den Ländern zerstört habe. Die chilenische Regierung klagt, dass Argentinien das Erdgasabkommen von 1995 verletzt habe. Diese Übereinkunft wurde unterschrieben, als der Bau der Gasleitungen zwischen Chile und Argentinien begann. Argentinien verkaufte Chile bis Ende März 22 Millionen Kubikmeter Erdgas täglich. Damit deckte Chile mehr als ein Viertel seines Energiebedarfs. Ab 1. April kürzte Argentinien diesen Export um 3,3 Millionen Kubikmeter.

Der Kauf von Erdgas aus Bolivien ist für Argentinien auch keine einfache Lösung. Der bolivianische Präsident Carlos Mesa bot Argentinien zwischen zwei und vier Millionen Kubikmeter täglich und zusätzlich Strom an. Die Geschäfte mit dem Erdgas sind kein einfaches Thema in Bolivien. Im Oktober letzten Jahres verursachte der sogenannte ‚Erdgaskrieg’ die Entmachtung von Präsident Gonzalo Sánchez de Lozada (1994-1997 und 2002-2003). Damit wurde der Export dieser Energieressource und die Vermarktung über einen chilenischen Hafen gestoppt.

Nur die Möglichkeit, dass Chile von dem Export bolivianischen Gases nach Argentinien profitieren könnte, erzeugte Schwierigkeiten und wurde von Bolivien abgelehnt. Der bolivianische Minister für wirtschaftliche Entwicklung, Xavier Nogales, warnte "falls Argentinien nur ein Gasmolekül nach Chile exportiert", wäre das Grund genug den Vertrag mit Argentinien zu beenden und die Hähne der Gasleitungen zuzudrehen. Mehrere soziale Organisationen und Gewerkschaften forderten von Präsident Mesa kein Erdgas nach Argentinien zu exportieren. Sie denken, dass davon nur Chile und die multinationalen Unternehmen profitieren werden. Sie schrieben einen Brief an Präsident Mesa und forderten die Entwicklung einer nationalen Politik zur Vermarktung des Erdgases durch die Verabschiedung eines neuen Treibstoffgesetzes. Damit wäre eine Nationalisierung der Ölindustrie möglich. Die Regierung plant das Thema in einem Referendum am 18. Juli zu klären.

Brasilien half Argentinien vom 30. März bis zum 2. April mit der Lieferung von 500 MW die Krise zu bewältigen. Die brasilianische Regierung lehnte eine Bitte weiterer Abgabe von Energie im Rahmen eines bilateralen Kooperationsabkommens für Krisensituationen ab. Dieser Vertrag legt fest, dass Energie nicht verkauft werde. Sie muss jeweils zurückgegeben werden. Brasilien bestimmte eine Frist von 45 Tagen für die Rückgabe des geliehenen Stromes. "Das Ziel der brasilianischen Regierung ist die Versorgung des internen Markt", erklärte ein Sprecher des Ministeriums für Energie und Bergbau.

Südbrasilien erlebt derzeit eine starke Dürre. Die Staudämme der Wasserkraftwerke haben wenig Wasser und deshalb wurde eine Reduzierung der Energieproduktion notwendig. Diese Bundesstaaten können sich auch nicht auf den Import von argentinischem Erdgas für ihre Heizkraftwerke stützen. Schon im Jahr 2001 litt Brasilien an Regenmangel. Dadurch wurde die Produktionskapazität der Wasserkraftwerke reduziert und die Regierung startete eine Energiesparkampagne. Damit wurde das Problem ohne Stromausfälle gelöst.

Der Analyst Oscar Balestieri erklärte, dass Argentinien dem brasilianischen Beispiel folgen müsse und den internen Konsum reduzieren soll. Ein Anstieg der Produktion sei langsamer. "Die Regierung hat die Möglichkeit diesem Weg zu folgen um eine starke Kampagne für eine rationale Nutzung der Energie zu entwickeln. Ein mögliches Motto wäre: Spare Energie, schone dein Portemonnaie und helfe damit dem Land," erläutete Balestieri.

Herausgeber: Nachrichtenpool Lateinamerika e.V.
Yorckstr. 59, 10965 Berlin, Tel.: 030/789 913 61
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Redaktion in Mexiko: Kristin Gebhardt, Gerold Schmidt, Wolf-Dieter Vogel
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