von Radio del Mar
(Fortaleza, 22. April 2013, adital).- Auf der rund 1.200 Kilometer südlich von Santiago gelegenen Insel Chiloé hat vom 19. bis 21. April ein Treffen der Huilliche stattgefunden, die zum Volk der Mapuche zählen. An dem „Zweiten Kongress der traditionellen Völker“ nahmen mehr als 100 Vertreter*innen von Gemeinden sowohl des Archipels als auch vom chilenischen Festland teil. Die Indigenen zeigten sich entschlossen, gegen die Plünderung und Zerstörung ihrer natürlichen Lebensgrundlagen Widerstand zu leisten.
Zudem geht es ihnen darum, die Identität und Spiritualität ihres Volkes zu stärken. Für Empörung sorgt, dass kommerzielle Lachsfangunternehmen sich Gewässer unter den Nagel reißen, in denen die Huilliche traditionell fischen. Diese müssten zurückgegeben und außerdem die entstandenen Umweltschäden behoben werden, hieß es. Die Indigenen kämpfen grundsätzlich gegen das chilenische Fischfanggesetz (Ley de Pesca), welches die Fischbestände zur Privatisierung freigegeben hat.
Stärkung der Autonomie durch Verteidigung indigenen Landes
Bei dem Treffen in der Hafenstadt Quellón wurde auch die Ablehnung der Großprojekte deutlich, welche die chilenische Regierung nach Kräften fördert. Oft ist indigenes Land von diesen betroffen. Einigkeit herrschte darin, dass Fortschritte bei der Gewinnung von Autonomie untrennbar mit der entschlossenen Verteidigung des Landes einhergehen. Unternehmen und Privatpersonen nähmen aber auch Meereszonen in Beschlag und verschmutzten diese.
Fidel Rain, Lonko (bei den Mapuche ein traditioneller Anführer) der indigenen Gemeinde José Antonio Huenteo, erklärte: „Die Lonkos müssen wieder ihre Rolle annehmen, über die Entwicklung ihrer Gemeinde zu wachen – in gerechter Weise, ohne die Normen der Gemeinschaft zu überschreiten und der Natur zu schaden. Es darf nicht nur der wirtschaftliche Aspekt zählen, den Chiles Regierung den Menschen auferlegen will.“ Aufgabe der Lonkos sei es, ihr Volk zu begleiten, nicht aber, es mit diesem oder jenem Projekt der Regierung vertraut zu machen.
Geeintes Auftreten gegenüber chilenischem Staat entscheidend
An dem Kongress nahmen viele Frauen teil. In deren Namen forderte Ilda Huenteo, eine traditionelle Friedens-Meisterin, (Maestra de Paz), die Versammelten sollten die Einheit suchen, um die angestammten indigenen Rechte einzufordern. „Denn wenn unser Volk sich weiter aufspaltet wie bisher, machen wir es dem Staat leicht, uns mit geringen Beihilfen abzuspeisen. Es geht allein darum, die Leute ruhig zu halten.“
Träten die Huilliche aber geeint auf, werde es möglich, gegen jene Gesetze zu kämpfen, die der Staat entwerfe, um große Unternehmen zu begünstigen. „Wenn wir geeint sind, können wir dem Übereinkommen 169 [der Internationalen Arbeitsorganisation ILO – International Labour Organization – zur Verteidigung der Rechte indigener Völker] Geltung verschaffen und unsere Autonomie sichern, genau so wie es die Lonkos unserer Vorfahren taten.“
Brückenbau, Windparks, Forstplantagen
Konkret lehnen die Huilliche-Gemeinden auf Chiloé den Bau einer Brücke im Kanal von Chacao (Canal de Chacao) ab, der die Insel vom chilenischen Festland trennt. Ebenso treffen Windparks auf den Widerstand der Indigenen, die desweiteren eine Neufassung des Fischfanggesetzes verlangen. Die durch diese Projekte ermöglichte Privatisierung habe das gesamte Volk der Mapuche des Zugangs zu den Fischfanggründen sowie deren Nutzung beraubt.
In der Erklärung des Kongresses werden die Verursacher*innen von Schäden dazu aufgerufen, für deren Behebung finanziell aufzukommen. Vor allem die Lachsindustrie habe im Archipel infolge ihres unverantwortlichen Handelns tiefe Spuren hinterlassen. Die Privatisierung von Küstenstreifen, Meereszonen und maritimen Ressourcen wird in der Abschlusserklärung klar abgelehnt. Der Fischfang befinde sich infolge des chilenischen Fischfanggesetzes in der Hand von sieben Familien.
Gesetzgebung teils noch aus Zeiten der Militärdiktatur
Auch die von der Regierung betriebene Ausweitung der Forstwirtschaft stößt bei den Indigenen auf scharfe Ablehnung. Hierbei geht es um eine Erweiterung des Dekretes 701, das aus dem Jahr 1974 und somit noch aus der Zeit der chilenischen Militärdiktatur stammt. Das Dekret bildet die Grundlage für die Subventionierung von Kiefer- und Eukalyptusplantagen. Betroffen war und ist nicht zuletzt der Lebensraum der Mapuche. Der Kongress der Huilliche schloss mit einer Solidaritätserklärung für die in chilenischen Gefängnissen inhaftierten Mapuche.
Dieser Artikel ist Teil unseres Themenschwerpunkts:
Huilliche leisten Widerstand gegen Privatisierung von Ressourcen von Nachrichtenpool Lateinamerika ist lizenziert unter Creative Commons Namensnennung-Weitergabe unter gleichen Bedingungen 4.0 international.
Schreibe einen Kommentar