Gemeindeaktivist in Oaxaca trotz staatlicher Schutzmaßnahmen ermordet

(Paso de la Reyna, 31. Oktober 2022, amerika21).- Unbekannte haben Filogonio Martínez Merino am 26. Oktober auf dem Weg in das Dorf Paso de la Reyna in der Küstengemeinde Santiago Jamiltepec des mexikanischen Bundesstaates Oaxaca erschossen. Martínez, ehemaliger Präsident des Dorflandrats, war ein anerkanntes Gemeindemitglied und beteiligte sich 15 Jahre lang aktiv an der Verteidigung des Flusses Río Verde gegen staatliche und privatwirtschaftliche Wasserkraftprojekte.

Das nahe der Pazifikküste gelegene Dorf Paso de la Reyna ist ein Symbol des friedfertigen Widerstands gegen Großprojekte. Die Gemeinde sowie umliegende Dörfer mit indigener, afromexikanischer und mestizischer Bevölkerung organisieren sich im Rat der vereinten Dörfer zur Verteidigung des Río Verde (Copudever) und wehren sich erfolgreich gegen Staudammprojekte im Río Verde.

Welle der Gewalt

Nach über einem Jahrzehnt des Widerstands traf das Dorf Paso de la Reyna im Frühjahr 2021 eine Welle der Gewalt, nachdem die Bevölkerung den Kiesabbau im Río Verde kritisierte, der von der alteingesessenen Kaziken-Familie der Region betrieben wird.

Fünf Männer des 500-Seelen-Dorfs wurden zwischen Januar und März 2021 von Pistoleros hingerichtet, darunter der Präsident des Dorflandrats, Fidel Heras Cruz, und der ehemalige Dorfvorsteher Jaime Jiménez Cruz. Bis heute wurde für diese Morde niemand verhaftet, die Verbrechen gegen die Umweltschützer blieben „bis zum heutigen Tag in völliger Straffreiheit“, beklagt der Copudever in einem Bulletin.

Der jüngst ermordete Martínez Merino hatte für Schutzmaßnahmen gesorgt

Nach der Mordserie verlangte die Bevölkerung von Paso de la Reyna von den mexikanischen Behörden Sicherheit. Der damalige Dorfvorstand Filogonio Martínez Merino fragte unter anderem auch den „Schutzmechanismus für Menschenrechtsverteidiger*innen und Journalist*innen“ um Maßnahmen zum Schutz der Gemeinde an. Dieser Schutzmechanismus, für den das mexikanische Innenministerium zuständig ist, verordnete nach über einem Jahr Verzögerung schließlich mehrere Maßnahmen zur Prävention ‒ darunter regelmäßige Patrouillen der Nationalgarde ‒, doch sie wurden ungenügend umgesetzt. Die Dorfbevölkerung beschloss, soweit möglich selbst für ihre Sicherheit zu sorgen und die Einfahrtstraße zum Ort mit einem eigenen Kontrollposten zu überwachen.

Anlässlich der Ermordung von Filogonio Martínez, des sechsten Opfers innerhalb der letzten zwei Jahre, fordern mehrere hundert soziale und zivilgesellschaftliche Organisationen vom Staat endlich Gerechtigkeit für Paso de la Reyna, darunter die „Internationale der Indigenen Rechte“, eine Initiative der ehemaligen UN-Sonderberichterstatterin für die Rechte indigener Völker, Vicky Tauli-Corpuz.

Das Büro des UN-Hochkommissariats für Menschenrechte in Mexiko hat den Mord ebenfalls scharf verurteilt. Die Ermittlungen in dem Fall müssten unter „Berücksichtigung des Kontextes“ der Aktivitäten des Opfers durchgeführt werden, erklärte der stellvertretende Repräsentant der UN-Behörde in Mexiko, Jesús Peña Palacios. Die mexikanischen Behörden hingegen schweigen einmal mehr.

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