Bisher keine Verurteilung im Fall der Morde an Bruno und Dom

(Vale do Javari, 05. Juni 2023, Agência Pulsar).- Am 5. Juni 2023 jährte sich das Verschwinden und der Tod des brasilianischen indigenen Aktivisten Bruno Pereira und des britischen Journalisten Dom Phillips im Amazonasgebiet, genauer gesagt im Javari Tal, einem der größten indigenen Territorien Brasiliens. Die beiden wurden Opfer eines Überfalls am Itacoaí-Fluss, nahe des Dreiländerecks zwischen Kolumbien, Peru und Brasilien. Zehn Tage später wurden ihre Leichen zerstückelt, verbrannt und im Wald versteckt aufgefunden. Bis heute kam es zu keiner Verurteilung der an dem Verbrechen mutmaßlich beteiligten Verdächtigten.

Zwölf Verdächtige aber bisher kein Urteil

Nach Angaben der Bundesanwaltschaft wurden zwölf Personen wegen zweifachen Mordes, Verbergens einer Leiche und der Beteiligung an einer kriminellen Vereinigung für illegalen Fischfang angeklagt. Unter ihnen sind die bekennenden Mörder Amarildo da Costa Oliveira (bekannt als „Pelado“), Oseney da Costa de Oliveira („Dos Santos“) und Jefferson da Silva Lima („Pelado da Dinha“). Die drei befinden sich in Haft, während sie auf den Abschluss der Anhörungsphase des Prozesses warten – eine Phase, in der Zeugen und Angeklagte von der Justiz angehört werden. Erst danach wird der Bundesrichter entscheiden, ob die drei vor eine Geschworenenjury gestellt werden.

Der Hauptverdächtige Rubens Villar Coelho, der die Morde in Auftrag gegeben haben soll, befindet sich ebenfalls im Haft. „Colombia“, wie er in der Region genannt wird, ist seit Juli 2022 wegen Urkundenfälschung im Gefängnis. Gegen ihn und „Pelado“ wird wegen krimineller Vereinigung für die Ausübung illegalen Fischfangs im indigenen Land Vale do Javari ermittelt.

Nach Ansicht der Union der Indigenen Völker von Vale do Javari (Univaja) ist der von der Bundespolizei genannte angebliche Anführer „nur eine Figur auf dem kriminellen Schachbrett. Eine Art Manager, der auf Anweisung eines anderen handelt“. In einem im Januar veröffentlichten Vermerk warnte die Organisation, dass „zusätzlich zu den bereits bestehenden Ermittlungsgruppen eine Arbeitsgruppe erforderlich ist, um die wahren Interessen der kriminellen Gruppen in der Region zu klären“.

Nach Angaben des Bundesanwaltschaft arbeiten fünf Staatsanwälte an dem Fall: der leitende Staatsanwalt in Tabatinga und vier Mitglieder der “Grupo de Apoio ao Tribunal do Júri” (etwa: Unterstützungsgruppe zum Gericht der Jury).

Verantwortung des brasilianischen Staates und der FUNAI

Die externe Kommission der Abgeordnetenkammer, die zur Untersuchung des Mordes an Bruno Pereira und Dom Phillips eingesetzt wurde, billigte im Dezember 2022 einstimmig den Abschlussbericht der Abgeordneten Vivi Reis (PSOL/PA – Sozialistische und Freiheitspartei des Bundesstaats Pará). In dem Dokument wird nicht nur der brasilianische Staat für den Doppelmord an Bruno und Dom verantwortlich gemacht, sondern auch die Leitung der Nationalen Stiftung der Indigenen (Fundação Nacional do Índio – FUNAI). Ihr wird vorgeworfen, die Arbeit der Angestellten erschwert, und den Einsatz der Menschen, die das indigene Gebiet des Javari-Tals schützen wollen, missachtet zu haben.

Im Mai dieses Jahres forderte die Bundespolizei die Anklageerhebung gegen den ehemaligen FUNAI-Präsidenten Marcelo Xavier wegen Mordes und Verbergens einer Leiche. Nach Ansicht der Bundespolizei hat Xavier das Risiko der Morde in Kauf genommen, indem er keine Maßnahmen zur Bekämpfung der wiederholten kriminellen Aktivitäten im Javari-Tal ergriffen hat. Die Stiftung wurde auf das Risikoszenario in der Region aufmerksam gemacht und erhielt nach der Ermordung des Hausangestellten Maxciel dos Santos im Jahr 2019 Anfragen das Team besser zu schützen. Xavier leitete die FUNAI zwischen 2019 und Dezember 2022, während der Regierungszeit von Bolsonaro.

Alcir Amaral Teixeira, der damalige Generalkoordinator der Territorialen Überwachung, eine Stelle, die für die Sicherheit der indigenen Gebiete zuständig ist, wurde ebenfalls angeklagt. Er war Xaviers späterer Nachfolger in der Leitung der FUNAI.

Plan gegen die Auswirkungen von Drogenhandel auf indigene Gemeinschaften

Die Arbeit von Bruno Pereira und Dom Philips zur Verteidigung der indigenen Völker wurde am Jahrestag bei einer vom Ministerium für Justiz und öffentliche Sicherheit (MJSP) veranstalteten Zeremonie gewürdigt. Die beiden wurden im Rahmen der Vorstellung der ‚Nationalen Strategie zur Milderung und Wiedergutmachung der Auswirkungen des Drogenhandels auf indigene Gebiete und Bevölkerungen‘ in Brasilia geehrt.

Der Plan sieht Maßnahmen vor, um die Auswirkungen des Drogenhandels in indigenen Gebieten zu verringern. Negative Folgen sind beispielsweise Drogenmissbrauch, Gewalt gegen indigene Menschen und Kooptation indigener Gemeinden für den Drogenhandel.

Bruno Pereiras Witwe, Beatriz Matos, war bei der Veranstaltung anwesend. Sie ist Direktorin einer Abteilung am Ministerium für indigene Völker. Ihr zufolge könnte der Drogenhandel im Amazonasgebiet mit dem Tod von Bruno und Dom zusammenhängen. „Ich kann Ihnen versichern, dass diese Initiative des Justizministeriums äußerst wichtig ist und begrüßt werden sollte. In mehreren indigenen Gebieten sind wir mit diesem Problem konfrontiert“, so Beatriz.

Bei dieser Gelegenheit gab das Ministerium für Justiz und öffentliche Sicherheit (MJSP) außerdem bekannt, für die Maßnahmen zur Bekämpfung der sozialer Benachteiligung von indigenen Gemeinden im ganzen Land und anderen traditionellen Gemeinschaften des Amazonasgebietes drei Millionen Real bereitzustellen.

CC BY-SA 4.0 Bisher keine Verurteilung im Fall der Morde an Bruno und Dom von Nachrichtenpool Lateinamerika ist lizenziert unter Creative Commons Namensnennung-Weitergabe unter gleichen Bedingungen 4.0 international.

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert