von Hans Weber
(Bogotá, 25. März 2014, amerika21.de).- Kolumbiens Präsident Juan Manuel Santos hat die endgültige Amtsenthebung des linken Bürgermeisters Gustavo Petro trotz einer gegenläufigen Anordnung der Interamerikanischen Kommission für Menschenrechte (CIDH) unterschrieben. Zuvor hatte der Staatsrat nach einem dreimonatigen juristischen Kampf um die umstrittene Abberufung Petros gegen den Bürgermeister entschieden. Daraufhin schaltete sich am selben Tag die CIDH mit Schutzmaßnahmen ein, welche die Amtsenthebung zunächst aussetzen sollten. Entgegen den Erwartungen linker und progressiver Politikerkreise Kolumbiens beschloss der Präsident jedoch, diese zu missachten. Davor hatte sich das Regierungsoberhaupt allerdings öffentlich und auch persönlich gegenüber Petro verpflichtet, die Schutzmaßnahmen der Kommission zu befolgen, falls sie welche einsetzen würde.
Den ganzen Prozess zur Absetzung Petros hat ursprünglich der rechtskonservative Verwaltungsoberstaatsanwalt Alejandro Ordóñez ins Rollen gebracht. Im Dezember hat er den Bürgermeister seines Amtes enthoben, weil dieser die Müllabfuhr aus den Händen vier privater Firmen in die Zuständigkeit der Stadt zurückgeholt hatte. Aus dem gleichen Grund hat Ordóñez Petro zu 15 Jahren Politikverbot verurteilt.
Laut Santos habe er die Schutzmaßnahmen der CIDH abgelehnt, weil die Absetzung Petros das Ergebnis einer “transparenten, wirksamen und opportunen” Handlung der kolumbianischen Justiz sei. Der Bürgermeister hätte alle juristischen Möglichkeiten gehabt, sich rechtmäßig zu verteidigen. Analysten stimmen jedoch überein, dass die Übertretung von Normen des internationalen Völkerrechts vonseiten des Präsidenten angesichts der Präsidentschaftswahlen im Mai politisch motiviert sei. Da er selbst kandidiere, wolle Santos sich Wählerschaft der gegnerischen rechtskonservativen Partei des Ex-Präsidenten Álvaro Uribe erkaufen, der momentan in den Umfragen als zweiter Favorit hinter ihm liegt.
Vizepräsidentschaftskandidat soll mit Firmenkartell zusammenarbeiten
Petro erklärte außerdem, dass der Kandidat zur Vizepräsidentschaft von Santos, nämlich Germán Vargas Lleras, der politische Anführer eines kartellartigen Verbandes von privaten Firmen sei, die großes Interesse an den Geschäften der Stadt hätten. Santos benötigte den Wähleranteil, den Vargas und seine mächtigen Partner bringen würden.
Die Entscheidung von Santos sei beispiellos, weil Kolumbien die Schutzmaßnahmen der CIDH bisher stets befolgt habe, so die Organisation “Derecho a la Justicia”. Auch Human Rights Watch kritisierte die Haltung des Präsidenten.
Der Leiter der Friedensdelegation der FARC-Guerilla, Iván Márquez sagte, dass Santos’ Handhabung viele Fragen bezüglich der bisher vereinbarten Themen in Havanna hinterlässt. Die Friedensverhandlungen seien damit schwer belastet. Für Basisbewegungen wie die Marcha Patriótica sendet die Absetzung von Petro die klare Nachricht, dass der Linken de facto kein realer Platz “im aktuellen politischen System” zugestanden werde. Willkür und Ausschließung bestünden fort. Die Marcha rief deshalb zu einer Verfassungsgebenden Versammlung auf, die strukturelle Veränderungen einführen soll. Momentan sei dies eine zentrale Forderung der sozialen Bewegungen in Kolumbien. Auch für Petro sei eine solche Versammlung sein nächstes politisches Ziel, bekundete er, denn “hier nutzt das Wählen nichts.”
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