Ledesma – berühmte Zuckerfabrik mit bitterem Hintergrund

(Buenos Aires, 01. August 2011, ecupres).- Im ersten Jahr der Militärdiktatur, in der Nacht des 26. Juli 1976, wurde im gesamten Departament Ledesma der Strom abgestellt. Im Schutz der Dunkelheit begannen Polizisten, Gendarmen, Soldaten und Vorarbeiter der Zuckerfabrik Ledesma, in der Provinzhauptstadt Libertador General San Martín und in Calilegua Wohnungen zu plündern und niederzureißen. In Fahrzeugen der Firma Ledesma wurden mehr als 400 Arbeiter*innen, Student*innen und Akademiker*innen verschleppt und in Wartungsschuppen der Zuckerfabrik gesperrt. Dort wurden sie tage- und monatelang festgehalten und gefoltert, ihre Köpfe verhüllt, so dass sie die Folterer niemals zu Gesicht bekamen. Nach Folter und Verhören wurden einige von ihnen freigelassen, andere in Kommissariate, Kasernen und Gefängnisse in anderen Provinzen verbracht. Dreißig Menschen werden noch heute vermisst.

Olga und ihr Kampf

Einer von ihnen war der Arzt und Bürgermeister von Ledesma, Luis Arédez. Seit dem Tag seiner Entführung hat seine Frau Olga Márquez de Arédez in Libertador General San Martín gemeinsam mit ihren vier Kindern darum gekämpft zu erfahren, was mit ihrem Mann passiert ist. Unterstützt wurde sie von den Müttern der Plaza de Mayo und vielen Bewohner*innen des Dorfes, die den Mann nicht vergessen konnten, der einst ihr Bürgermeister gewesen war und sich für die Rechte der Bevölkerung engagiert hatte.

Olga Arédez starb am 17. März 2005 an Bagassose, einer Krankheit, die durch die in der Zuckerfabrik Ledesma betriebene Rohstoffverarbeitung hervorgerufen wird. Bei der Papierherstellung werden dem zuvor verbrannten Zuckerrohr Bakterien zugefügt, damit es sich besser zersetzt. Der Prozess findet mitten im Wohngebiet im Freien statt. Die schimmelnden Rückstände (Bagasse) lösen die Erkrankung aus. Olgas Asche wurde auf der Plaza Central von Libertador General San Martín, dem Ort ihres unermüdlichen Kampfes für die Verschwundenen, beigesetzt.

Ihre Geschichte wurde im Jahr 2003 unter der Regie von Pablo Milstein und Norberto Ludin verfilmt. Eduardo Aliverti trat als Produzent von „Sol de Noche“ auf und spricht außerdem die Off-Stimme. „Sol de noche“ wurde unter anderem auf der Internationalen Filmwoche Valladolid, beim Ajijic Festival Internacional de Cine (Mexiko), beim Lateinamerikanischen Filmfestival Trieste (Italien) und beim Lateinamerikanischen Filmfestival in London gezeigt.

Verflechtung zwischen Diktatur, Terror und Wirtschaft

Eduardo Aliverti beschreibt das Werk folgendermaßen: „Es gibt in dem Film drei Hauptachsen. Bei der einen geht es darum, dass es zum ersten Mal die Notwendigkeit gab, die Beziehung Diktatur-Terror-Wirtschaft aus einem geographischen Blickwinkel, nämlich aus dem spezifischen Blickwinkel der nordwestlichen Landesteile, zu betrachten. Ein anderer Aspekt, der uns sehr beschäftigt hat, ist die Tatsache, dass Olga jahrelang allein ihre Runden über den Platz gedreht hat. Für uns hat dieses Bild eine sehr starke Symbolkraft. Und dann ist da diese Unkenntnis, die im Rest des Landes über diese Vorfälle herrscht, abgesehen vom jährlichen Gedenkmarsch anlässlich der „Nacht, als der Strom ausgestellt wurde“. Es ist eine sehr eindrucksvolle Geschichte, die auf zwei Ebene erzählt wird: Einmal geht es um Olga und ihre Einsamkeit. Zum Anderen schildert der Film den Zusammenhang zwischen Wirtschaft und Diktatur. Es geht um diese Allianz, die offen zutage tritt und die Bevölkerung zwischen Militärregime und feudaler Landnahme durch einen Zuckerkonzern gefangen hält.“

In der Agrarindustrie steht Ledesma an der Spitze der internationalen Zucker- und Papiermärkte und ist in vielen weiteren Branchen führend beteiligt: Obst, Fruchtsaftkonzentrate, Fleisch, Getreide, Brennstoffe und Maissirup. Der Konzern verfügt über Produktionsanlagen in verschiedenen Teilen des Landes. In Jujuy besitzt er 157.000 Hektar, wovon er etwa 61.000 Hektar nutzt, das heißt, nicht mehr als 39 Prozent der Gesamtfläche.

 

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