von Redaktion Otramérica
(Berlin, 26. Juni 2013, otramérica).- Das Parlament der Dominikanischen Republik zollt dem Leben von Frauen nun einen Millimeter mehr Respekt als vorher. Es beschloss eine Gesetzesreform, die den Schwangerschaftsabbruch erlaubt, sollte dadurch das Leben der werdenden Mutter in Gefahr sein. Doch die Dominikanerinnen fordern mehr, zum Beispiel auch die Verteidigung ihrer Würde, erklärte eine Frau während einer Versammlung am 25. Juni 2013 vor dem Parlamentsgebäude.
Ein Millimeter Bewegung in Richtung Frauenrechte
Dieser Tag wird der Dominikanischen Republik in schlechter Erinnerung bleiben. Die Abgeordneten des Landes haben, unter starkem Druck der katholischen Kirche, das seit 129 Jahren gültige Strafgesetz ‚modernisiert‘ und die Tür zum Schwangerschaftsabbruch, der dort bisher grundsätzlich untersagt war, einen Millimeter aufgestoßen: Eine Abtreibung ist nur dann erlaubt, wenn das Leben der werdenden Mutter in Gefahr schwebt.
Die Entscheidung ist Teil einer Reform des Strafgesetzes, welche unter anderem die Höchststrafe von 30 auf 40 Jahre hinaufsetzt, das Aufaddieren von Strafen einschließt, Auftragsmorde und das Beauftragen von Bluttaten ahndet und Personen, die Frauen durch sexualisierte Gewalt ermordet haben, mit bis zu 40 Jahren Gefängnis bestraft. Erwachsene, die Minderjährige zur Ausübung von Straftaten anstiften, werden mit vier bis zehn Jahren Gefängnis bestraft und Entführer*innen mit Haftstrafen von 20 bis 30 Jahren.
Drei Jahre Haft für „AbtreibungshelferInnen“
Im Falle eines Schwangerschaftsabbruchs werden alle, die daran beteiligt sind, auch weiterhin mit zwei bis drei Jahren Gefängnis bestraft. Diese Strafe gilt auch für Frauen, die sich einer Abtreibung unterziehen, es sei denn, ihr Leben ist in Gefahr.
Ärzt*innen und Pfleger*innen, die an der Durchführung von Schwangerschaftsabbrüchen beteiligt sind, können mit vier bis zehn Jahren Gefängnis bestraft werden. Immerhin aber verschwindet die Dominikanische Republik mit Verabschiedung der Reform von der Liste jener Länder, die auch die therapeutische Abtreibung nicht erlauben. Auf dieser Liste stehen weiterhin Chile, El Salvador, der Vatikanstaat, Malta und Nicaragua.
Nach elf Jahren Befragungen, Debatten und Auseinandersetzungen hat das Parlament das neue Gesetz schließlich verabschiedet. Auf der Straße forderten Mitglieder von Frauenorganisationen eine mutigere Reform, die im Einklang mit den Grundsätzen von Gleichheit, Freiheit und dem Schutz der Dominikanerinnen stehe.
„Es handelt sich hier um ein gut ausgearbeitetes und konsensfähiges Gesetz. Die ursprünglichen Verfasser – die besten Juristen des Landes – standen uns in diesem Jahrzehnt beratend zur Seite“, erklärte der Präsident der lokalen Abgeordnetenkammer, Abel Martínez Duran, gegenüber der Nachrichtenagentur EFE.
127 Feminizide im vergangenen Jahr
Das Feministische Forum (Foro Feminista) jedoch ermutigte die Abgeordneten noch Stunden vor Verabschiedung des Gesetzes, weiter zu gehen und die Abtreibung in einer für Frauen fortschrittlicheren und den Frauenrechten besser entsprechenden Form zu legalisieren. Die Organisation erinnerte daran, dass die Dominikanische Republik „das Land ist, in dem der Prozentsatz der Frauen, die an den Folgen der Schwangerschaft, bei der Geburt oder im Wochenbett sterben, doppelt so hoch ist, wie im restlichen Lateinamerika oder in der Karibik.“
Das Forum kritisierte auch, dass die neue Gesetzgebung sich nur auf die Frauenmorde innerhalb der Partnerschaft bezieht und sich somit auf Aggressionen innerhalb der Beziehung beschränkt. Dabei muss betont werden, dass im Jahr 2012 in der Dominikanische Republik 127 Frauen durch sexualisierte häusliche Gewalt ums Leben kamen. Damit hat es in dort im vergangenen Jahr die meisten Frauenmorde gegeben, gefolgt von Kolumbien und Peru.
Abtreibung bei Inzest oder Vergewaltigung bleibt verboten
Die Direktorin der Frauenorganisation ‚Dominikanische Gemeinschaft für Frau und Gesundheit‘ (Colectiva Mujer y Salud Dominicana), Sergia Galván, versicherte der Zeitung ‚El Pais‘ vor einigen Tagen, dass „der Einfluss höchster Kreise der katholischen Kirche nicht nur die Entkriminalisierung von Abtreibungen im Fall von Inzest, Vergewaltigung oder Gefahr für das Leben der werdenden Mutter verhindert hat, sondern auch die sexuelle Aufklärung in Schulen, den Gebrauch von Verhütungsmitteln oder Kondomen verbietet beziehungsweise einschränkt.“
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