(Managua, 4. Juni 2020, Rel UITA).- Die Covid-19-Pandemie hat Honduras hart getroffen: Bisher sind dort mehr als 5.500 Infizierte und 230 Tote durch das Coronavirus verzeichnet worden. Auf unausweichliche Weise trifft die Pandemie in einem Land, das zu den lateinamerikanischen Staaten mit den höchsten Quoten von sozialer Ungleichheit und Armut (die trifft ganze 67 Prozent der honduranischen Bevölkerung) gehört, vor allem die verwundbaren unteren Gesellschaftsschichten.
In den ländlichen Gebieten sind die unheilvollen Auswirkungen des neoliberalen Systems der honduranischen Eliten und des landesübergreifenden Kapitals am deutlichsten sichtbar. Indigene und Schwarze Gemeinden und die bäuerliche Bevölkerung leiden unter den Schlägen einer Gesundheitskrise, die die Grausamkeit und fehlende Menschlichkeit dieses Systems offenbart.
Trotz dieser Schwierigkeiten und Herausforderungen betont Bertha Zúñiga Cáceres, Koordinatorin des Zivilen Rats der Basis- und indigenen Organisationen in Honduras (COPINH) und Tochter von Berta Cáceres, dass es nun umso wichtiger ist, eigene Anstrengungen zu intensivieren und Prozesse hin zur Selbstorganisation und Ernährungssouveränität voranzutreiben.
Wie hat die Pandemie die indigenen Gemeinden getroffen?
Die Pandemie hat ebenjene Problematiken verschärft, die schon fast chronisch vorherrschen – ganz besonders die Unterversorgung mit Lebensmitteln. Zum Glück produziert die Mehrheit der in der COPINH organisierten Gemeinden Getreidesorten, die zur Grundversorgung gehören. Aber es gibt Gemeinden, die nicht genug Wasser haben und gerade eine sehr schwierige Zeit erleben.
Außerdem hat es die Quarantäne unmöglich gemacht, die in den Gemeinden erzeugten Produkte zu verkaufen – ebenso wie andere informelle Tätigkeiten. Die geschlechtsspezifische Gewalt hat sich verschlimmert, gleichzeitig hat der Missbrauch durch die Polizei und das Militär zugenommen.
Hat es viele Fälle von Missbrauch gegeben?
Die Quarantäne hat ihnen erlaubt, von den Straßen Besitz zu ergreifen und auf selektive Art und mit Wut die, die sich als Opposition sehen, anzugreifen. Und weil niemand sie kontrolliert, machen sie, was sie wollen. COPINH-Mitglieder wurden verprügelt oder willkürlich festgenommen. Auch in anderen Gebieten des Landes wurden vermehrt Fälle von Repression und sogar Menschenrechtsverletzungen verzeichnet.
Steht auch der Extraktivismus in Honduras unter Quarantäne?
Nein, überhaupt nicht. Eine der ersten Handlungen der Regierung, nachdem sie den Notstand erklärt hatte, war die Bereitstellung einer Online-Plattform zur Beantragung von Umweltgenehmigungen. Die staatlichen Institutionen haben versprochen, diese Lizenzen innerhalb von 90 Tagen zu gewähren. Außerdem wird alles, was mit technischen Umweltuntersuchungen zu tun hat, gemäß dem Geheimnisgesetz als „vertrauliche Information“ eingestuft. Nicht einmal die Orte dieser Projekte lassen sich herausfinden.
Nicht nur hat der Extraktivismus nicht aufgehört. Wir sehen, wie sie sich über uns, die wir dafür gekämpft haben, dass den Gemeinden das Recht auf vorherige, freie und informierende Abfrage garantiert wird, lustig machen.
Wie hat der COPINH sich organisiert, um die Gemeinden zu unterstützen?
Wir haben die Aktivität unserer Gemeinschaftsradios erhöht, um vier entscheidende Punkte zu verbreiten. Erstens riefen wir eine Kampagne für Präventionsmaßnahmen und Maßnahmen zum Zusammenleben mit infizierten Personen ins Leben. Wir wurden dabei von Ärzten der Plattform zur Verteidigung der Gesundheit und Bildung unterstützt. Es ging darum, Maßnahmen zu entwickeln, die der Realität und den Möglichkeiten der Gemeinden gerecht werden.
Die Radios waren auch ein Raum, um Missbrauchsfälle und anzuzeigen und die Bestechlichkeit der Regierung bei der Verteilung von Lebensmitteln öffentlich zu machen. Das Regierungsprogramm „Solidarisches Honduras“ war eine Farce, es war entwürdigend. Wir haben drittens daran gearbeitet, die Ernährungssouveränität zu fördern, indem wir die entsprechenden Mittel gegeben haben, um Familien- und Gemeinschaftsgärten zu erweitern und das Angebot an Lebensmitteln zu vergrößern.
Zuletzt wurden Kampagnen für die Kinder und Jugendlichen der Gemeinden entworfen, um die Bildung voranzutreiben, indem die Schulen wieder öffnen konnten. Abseits davon mussten wir auch einige Gemeinden, die unter chronischem Wassermangel leiden und daher von ihren angebauten Lebensmitteln nicht leben können, mit Essen versorgen. Wir haben auch Gesundheitskarten produziert und Stoffe geliefert, um daraus Masken zu nähen. Das alles war Arbeit zur Selbstorganisierung, die wichtige Zeichen gesetzt hat.
Welche Art von Zeichen?
Die Effekte der Pandemie, die noch zur Haushaltsplünderung des Regimes und der enormen Verschuldung dazukommen, werden schlimme Folgen haben. Deswegen möchten wir die Entwicklung von Familien- und Gemeinschaftsgärten unterstützen und die Autonomie der Gemeinden, die Ernährungssouveränität und ein alternatives Landwirtschaftsmodell einfordern.
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