Deutsche Ausgabe des wöchentlichen Pressedienstes lateinamerikanischer Agenturen vom 06. Juni 2006
Inhalt
KUBA
BELIZE
MITTELAMERIKA
GUYANA
KOLUMBIEN
ECUADOR
PERU
BRASILIEN
ARGENTINIEN
URUGUAY
CHILE
LATEINAMERIKA
KUBA
Amnesty-Bericht 2006: Grundrechte eingeschränkt
(Fortaleza, 29. Mai 2006, adital-poonal).- Was Menschenrechtler mit Blick auf Kuba am meisten beunruhigt, sind die Restriktionen bei der freien Meinungsäußerung, der Bewegungsfreiheit und im Versammlungsrecht. Laut dem neuesten Bericht von amnesty international über die weltweite Menschenrechtssituation sind auf der Insel noch immer 70 Personen aus Gewissensgründen inhaftiert. Auch habe sich die wirtschaftliche Lage in Kuba verschlechtert. Die Regierung versuche private unternehmerische Initiativen zu unterdrücken.
Die Todesstrafe werde weiterhin verhängt. Im Jahr 2005 seien mehr als 30 Personen zum Tode verurteilt, jedoch sei keine der Strafen vollstreckt worden. Die Situation der Bürgerrechte und der politischen Rechte habe sich in Kuba nicht verbessert und werde weltweit mit steigender Besorgnis registriert. Die Regierung übe eine strenge Kontrolle gegenüber ihren Kritikern aus und zahlreiche Menschenrechtler und politische Dissidenten seien festgenommen worden. Es seien weiterhin Personen auf Grund der friedlichen Äußerung ihrer Meinung inhaftiert und verurteilt worden, weshalb man bei ihnen von Gefangenen aus Gewissensgründen sprechen müsse. Einige Gefangene seien aus gesundheitlichen Gründen frühzeitig aus der Haft entlassen worden.
René Gómez Manzano und Julio César López Rodríguez seien z.B. zusammen mit anderen Personen in Havanna festgenommen worden, nachdem sie an einer friedlichen Demonstration gegen die Regierung teilgenommen hätten. Manzano, der Mitglied der so genannten Versammlung zur Förderung der Zivilgesellschaft ist, blieb mit acht anderen Personen inhaftiert und wartet jetzt auf seine Gerichtsverhandlung.
Die Angriffe auf die freie Meinungsäußerung und die Versammlungsfreiheit hätten nicht abgenommen. Alle offiziellen Medien würden von der Regierung kontrolliert, unabhängige Medien seien weiterhin verboten. Unabhängige Journalisten seien noch immer Einschüchterungen, Festnahmen und der Verfolgung ausgesetzt, wenn sie Artikel im Ausland veröffentlicht hatten. Auch Menschenrechtler seien eingeschüchtert worden und es habe willkürliche Verhaftungen aus politischen Gründen gegeben. Die Gesetze im Land zur Inhaftierung von Journalisten, die mit Diffamierung, mit der nationalen Sicherheit und mit der Störung der öffentlichen Ordnung begründet werden, würden nicht mit den internationalen Normen übereinstimmen.
BELIZE
Amnesty-Bericht 2006: Polizei missbraucht Amtsgewalt
(Fortaleza, 29. Mai 2006, adital-poonal).- Polizeilicher Machtmissbrauch, Verurteilungen zur Todesstrafe und Verletzung der Menschenrechte von Minderjährigen sind Teil des breit gefächerten Spektrums von Menschenrechtsverletzungen in dem kleinen mittelamerikanischen Land. Laut dem internationalen Jahresbericht 2006 der Menschenrechtsorganisation amnesty international kam es in Belize im Januar und April 2005 auch zu Streiks und Unruhen, da die Bevölkerung unzufrieden gewesen sei über die wirtschaftliche Situation im Land.
Im vergangenen Jahr wurde in Belize eine Person zum Tode verurteilt und in 2004 wurden ebenfalls zwei Todesstrafen verhängt, jedoch gab es in 2005 keine Hinrichtungen. Bis zum Jahresende gab es in Belize acht zum Tode verurteilte Häftlinge, da seit dem Jahr 1985 keine Hinrichtungen mehr vollzogen wurden.
Amnesty erhielt Kenntnis über polizeiliche Missbräuche, unter anderen wurden Folterungen, Misshandlungen und willkürliche Festnahmen genannt. Im Juli 2005 sind drei Männer unabhängig voneinander verhaftet worden. Sie standen unter Verdacht, für einen Bankraub relevantes Beweismaterial zu verbergen. Berichten zufolge seien die drei Männer geschlagen und mit Stromstößen gefoltert worden, bevor man sie ohne Anklage wieder frei gelassen habe.
Sorge bereitet der Menschenrechtsorganisation auch die körperliche Züchtigung von Minderjährigen und die Diskriminierung von Randgruppen Minderjähriger. Es gebe in Belize Minderjährige, die weder eine Geburtsurkunde noch einen Nachweis über ihre Nationalität besäßen und keinen Zugang zum Bildungs- und Gesundheitswesen hätten, da sie nicht beim Standesamt registriert seien. Außerdem sei die allgemeine Atmosphäre der Gewalt, in der viele jugendliche Belizerinnen und Belizer heranwachsen würden, Anlass zur Besorgnis.
MITTELAMERIKA
Plattform „Kommunikation für Entwicklung“ soll Armut bekämpfen helfen
Von Rafael E. Cartagena und Torge Löding
(San Jose, 2. Juni 2006, voces nuestras).- Alan Bojanic, Leiter der UN-Agentur für Ernährung und Landwirtschaft FAO in Costa Rica, zeigt sich zufrieden: „Dieser regionale Kongress bedeutet einen klaren Schritt voran bei der Entwicklung eines Kommunikationskonzeptes für Entwicklung. Mit einer Erklärung wendet sich Mittelamerika an den kommenden UN-Weltkongress über Kommunikation, außerdem wurde ein Aktionsplan aufgestellt“. Vom 29. Mai bis zum 1. Juni hatten sich Vertreter von Nichtregierungsorganisationen (NROs), Mitglieder von Basisorganisation sowie Repräsentanten aus Behörden, Ministerien und internationalen Agenturen aus ganz Mittelamerika in Tres Rios nahe der costaricanischen Hauptstadt San José versammelt, um über „Kommunikation für Entwicklung“ zu diskutieren und den Weltkongress vorzubereiten, der im Oktober in Rom stattfinden soll.
„Zu den brennenden Problemen in Mittelamerika gehört, dass die Menschen in indigenen Gemeinden und ländliche Kommunen kaum Zugang zu Kommunikationsmitteln haben. In eben diesen Gebieten aber konzentriert sich die bittere Armut. Wir wollen das Recht auf Kommunikation mit diesen Menschen gemeinsam durchsetzen“, sagte Sandra Salazar, Direktorin der costaricanischen NRO Voces Nuestras (http://www.vocesnuestras.org), die den Kongress gemeinsam mit der UN-Agentur FAO ((http://www.fao.org/) und dem weltbankfinanzierten technischen Dienst RUTA ) durchführte.
„Kommunikation spielt eine viel wichtigere Rolle, als es auf den
ersten Blick erscheinen mag. Eine richtige Kommunikationsstrategie kann helfen ganz konkrete Probleme zu beheben. Viel zu oft sind wir mit unserem eigenen Problem so beschäftigt, dass wir gar nicht mitbekommen, dass jemand anderes für ein ganz ähnliches bereits eine Lösung gefunden hat“, sagte Mario Acunzo, Kommunikationsexperte der FAO in Rom.
Zum Abschluss des Kongresses wurde eine mittelamerikanische Plattform „Kommunikation für Entwicklung und Möglichkeiten des nachhaltigen Lebens“ ins Leben gerufen. Mit Hilfe dieser Plattform sollen Aktivitäten in der Region weiter vernetzt bleiben und Einfluss auf die Politik in allen Ländern genommen werden. „Die Plattform soll dahingehend wirken, dass Kommunikation für Entwicklung integraler Bestandteil der staatlichen Politik und Verwaltung wird“, heißt es in der Gründungserklärung.
Die Idee, dass Kommunikation in Entwicklungspolitik integriert werden sollte, ist nicht neu. Bereits in den Siebziger Jahren hatte die UNESCO diese Forderung aufgestellt. Jetzt, rund dreißig Jahre später, hört man neue Argumente dafür, dass Kommunikation dabei helfen kann Probleme wie Hunger und Armut zu lösen. Anders als damals kommt dieser Vorschlag aber von „unten“, zahlreiche Basisorganisationen haben sich „Kommunikation für Entwicklung“ auf die Fahnen geschrieben und in den vergangenen Jahren fleißig Erfahrungen gesammelt.
Diese Erfahrungen wurden im Laufe des Kongresses ausgetauscht. Sieben exemplarische Projekte aus allen teilnehmenden Ländern wurden aus dem Kreis der knapp 60 Teilnehmenden vorgestellt und die Erfahrungen daraus diskutiert. Darunter ein gescheitertes Kommunikationsprojekt für Campesinos im mexikanischen Chiapas, eine laufende Öffentlichkeitskampagne gegen Gewässerverschmutzung durch Goldminen in Guatemala sowie „Abriendo el Surco“, ein von Campesinos selbst gestaltetes Radioprogramm in Costa Ricas „Zona Norte“, welches seit 1984 bereits 1200 Mal auf Sendung ging.
GUYANA
Amnesty-Bericht 2006: Todesschwadron aktiv
(Fortaleza, 30. Mai 2006, adital).- Im ihrem jüngst veröffentlichten Bericht evaluiert die Menschenrechtsorganisation amnesty international auch die Situation in Guyana. Ein Todesschwadron, zu dessen Mitgliedern auch Polizeibeamte und ehemalige Polizisten zählen sollen, sei für Morde verantwortlich. Zudem habe das Strafgerichtswesen eine große Anzahl an Gewaltverbrechen nicht untersucht.
Laut dem Dokument wurden im Jahr 2005 keine Todesstrafen vollstreckt. Jedoch wurden 19 Männer und zwei Frauen zum Tode verurteilt. Das Land hat ab April den Karibischen Gerichtshof formal als letzte Instanz anerkannt. Seit der Erlangung der Unabhängigkeit im Jahr 1970 galt das Berufungsgericht in Guyana als letzte Instanz.
Im April stellte eine Präsidialkommission fest, dass es keine glaubhaften Beweise dafür gebe, dass der Innenminister in die Aktivitäten eines angeblichen Todesschwadron verwickelt sei. Im Juni trat der Minister aufgrund von internationalem Druck zurück. Laut Berichten weigerten sich mehrere Zeugen vor der Kommission auszusagen, da sie um ihre Sicherheit fürchteten. Die Morde an fünf Personen im August und September wurden laut Medienberichten von einem Todesschwadron verübt.
Laut einem Bericht der Menschenrechtsvereinigung von Guyana wurden von den Verantwortlichen für insgesamt 647 Vergewaltigungen im Zeitraum 2000 bis 2004 nur neun Personen verurteilt. Zudem sei die sexuelle Gewalt gegenüber Frauen um fast 30 Prozent angestiegen und die registrierten Fälle von Vergewaltigungen seien 16-mal so hoch als noch vor dem genannten Zeitraum. Nur drei Prozent dieser Fälle hatte ein Gerichtsurteil zur Folge. Der Bericht macht auf Mängel und Schwächen des guayanischen Rechtssystems aufmerksam.
KOLUMBIEN
Vertreibungen von Bauern
(Fortaleza, 31. Mai 2006, adital).- Mindestens 15 Personen wurden bei gewalttätigen Überfällen in der Provinz Nariño getötet. Das Flüchtlingswerk der Vereinten Nationen ACNUR äußerte seine Besorgnis angesichts der angespannten Sicherheitslage in der Provinz. Im Zentrum der gewalttätigen Vorfälle steht der Bezirk Policarpa, eine Gebirgsregion im Norden der Provinz.
Am 27. Mai wurden die 15 Leichen aus umliegenden Gemeinden nach Policarpa gebracht. Fünf der Toten waren bei gewaffneten Auseinandersetzungen illegaler Gruppen in der Nähe der Siedlung Madrigal ums Leben gekommen, die anderen zehn sind ermordet worden, ohne dass bisher jemand für die Tat die Verantwortung übernommen hätte. Die Tötungsart weist jedoch auf die Praktiken illegaler Banden hin. Es gibt darüber hinaus weitere glaubhafte Berichte von Morden und Entführungen. ACNUR zeigte sich ebenfalls besorgt über das Aufkommen neuer bewaffneter Gruppierungen in der Region.
Angesichts der äußerst angespannten Situation erklärte sich ACNUR widerwillig bereit, gemeinsam mit anderen UN-Einrichtungen sowie dem Büro des Menschenrechtsombudsmanns und dem norwegischen Flüchtlingsrat insgesamt 2.200 aus Policarpa vertriebene Menschen zurück in ihre Dörfer zu begleiten. Diese Personen sind Teil einer größeren Gruppe, die Mitte Mai im Rahmen eines Protestmarsches in die Hauptstadt von Nariño gekommen war. Während des Marsches waren sie angegriffen worden und erhielten danach Drohungen einer bewaffneten Gruppe, dass sie umgebracht würden, wenn sie wieder in ihre Dörfer zurückkehrten. ACNUR hatte sich angesichts der fehlenden Sicherheit in den ursprünglichen Gemeinden für eine Neuansiedlung der Vertriebenen stark gemacht.
ACNUR hatte sich besonders über Berichte besorgt gezeigt, wonach eine bewaffnete Gruppierung Personen ohne Dokumente abgefangen hatte, die eine Woche zuvor auf eigene Faust versucht hatten, sich von Pasto aus zu ihren Dörfern durchzuschlagen. Die Vertriebenen bestanden jedoch darauf, notfalls auch ohne Schutz unverzüglich in ihre Gemeinden zurückzukehren. Aus Sorge vor eventuellen Übergriffen, baten sie jedoch ACNUR und die internationalen Organisationen um Hilfe. Diese willigten schließlich ein, da sie nur die Option hatten, die Menschen schutzlos ziehen zu lassen, und bildeten ein Konvoi mit etwa 100 Fahrzeugen, der sich in Richtung Policarpa auf dem Weg machte.
Uribe wiedergewählt
(Fortaleza, 29. Mai 2006, adital-poonal).- Der Sieger der Präsidentschaftswahlen vom 28. Mai heißt Alvaro Uribe. Die permanenten Vorwürfe Menschenrechte zu verletzen, die gewaltsamen Übergriffe auf Zivilisten im Krieg zwischen Paramilitärs und bewaffneten Gruppen und die Tatsache, dass der amtierende Präsident von 100 Wahlversprechen lediglich 25 in die Tat umgesetzt hat, haben seine Wiederwahl nicht verhindert. In nur einem Wahlgang stimmten 62 Prozent der Wähler für Uribe. Er ist der erste kolumbianische Präsident in 120 Jahren, der bei einer Folgekandidatur wiedergewählt wurde.
Lediglich 55 Prozent der 26,7 Millionen Kolumbianer machten von ihrem Wahlrecht Gebrauch. 7,33 Millionen der gültigen Stimmen wurden für Uribe abgegeben, der damit die Wahl eindeutig gewann. Aber auch die linke Partei Polo Democrático Alternativo (PDA), die mit ihrem Kandidaten Carlos Gaviria den zweiten Platz erzielen konnte, verbucht diese Wahl als großen Triumph. Noch zwei Monate vor der Wahl war Gaviria bei den Wählern weitgehend unbekannt. Dennoch konnte er nun e
inen Stimmanteil von 22 Prozent erzielen.
Die kolumbianische Linke hat sich inzwischen zur zweitgrößten politischen Kraft im Land entwickelt. Ihren Stimmenanteil hat sie seit den letzten Wahlen vervierfachen können. Bei der jetzigen Wahl hat sie sogar von allen Parteien die meisten Stimmen erhalten. Die Wiederwahl des bisherigen Präsidenten gelang durch die Koalition verschiedener Mitte-Rechts-Parteien, während Gaviria nur seine Partei PDA vertritt.
Eindeutiger Verlierer dieser Wahl, die immerhin von zwei Parteien als Sieg gefeiert wird, ist die vormals allmächtige Liberale Partei PL (Partido Liberal), die nur zwölf Prozent der Stimmen erhielt. Hier zeigt sich eine deutliche Machtverschiebung innerhalb des Landes. Zum ersten Mal seit fünfzig Jahren rutschte die PL unter Platz zwei. Bis Uribe an die Macht gekommen war, hatten sich die liberale Partei und die Konservativen (Partido Conservador Colombiano) als Regierungsparteien abgewechselt. Dieses Jahr jedoch erreichte die PL kaum den dritten Platz – für Horacio Serpa die dritte Niederlage in Folge.
Neben der Unterstützung der Bevölkerung kann Uribe auch auf die des Kongresses zählen. Bei den Präsidentschaftswahlen letzten März erhielt seine Partei 61 Prozent der Stimmen.
ECUADOR
Indígenas stellen Präsidentschaftskandidat auf
(Montevideo, 26. Mai 2006, comosur).- Die ecuadorianischen Indígenas werden Luis Macas als Kandidat für die kommenden Präsidentschaftswahlen aufstellen. Macas ist Sprecher der Konföderation indigener Nationalitäten CONAIE (Confederación de Nacionalidades Indígenas del Ecuador). Schon jetzt sucht der Indígenaverband zur Umsetzung des Vorhabens den Konsens mit verschiedenen sozialen und politischen Organisationen. Es ist das erste Mal seit 30 Jahren, dass die indigenen Organisationen beschließen, mit einem eigenen Kandidaten in den Wahlkampf zu gehen.
Macas gehört zur Ethnie der Saraguro, hat in Jura, Anthropologie und Sprachwissenschaften promoviert und ist einer der Gründer der CONAIE. Pachakutik, der politische Arm des Bündnisses, ernannte ihn mit großer Unterstützung der Delegierten der Provinzen zum Kandidaten.
Die Indígenas beschlossen mit einem Kandidaten aus den eigenen Reihen anzutreten, um die Fehler der Vergangenheit nicht zu wiederholen. Sie hatten Kandidaten unterstützt, von denen sie später hintergangen wurden. In dem Wahlprogramm, das zur Zeit erarbeitet wird, spielen die Nationalisierung des Öls und eine neue Verteilung von Land und Wasser eine Rolle. Hinzukommt die Realisierung einer konstituierenden Versammlung und der Anstoß zu einem fairen Handel zwischen den Ländern.
PERU
Streik gegen Minengesellschaft Majaz
(Buenos Aires, 30. Mai 2006, púlsar-poonal).- In den Provinzen Ayabaca, Huancabamba, Morropón, San Ignacio und Jaén begann am 29. Mai ein 48-stündiger überregionaler Protest gegen das Minenprojekt Río Blanco, das von dem Unternehmen Majaz verwirklicht werden soll und die Umsiedlung der dort ansässigen Bauern vorsieht.
Organisiert wurde der Ausstand von der Organisation Frente de Desarrollo Sostenible de la Frontera Norte (Front für Nachhaltige Entwicklung an der Nordgrenze). Sie fordert von der Regierung die Ländereien der Bauern zu verteidigen. Diese waren zuvor zugunsten der Minengesellschaft enteignet worden. Zudem versucht die Organisation zusammen mit einigen Beamten der Provinzregierungen ein Referendum zu erwirken, das über die Fortsetzung des Projektes entscheiden soll.
Ramiro Ibánez Ibáñez, Präsident der Umweltorganisation Frente de Defensa del Medio Ambiente aus Huancabamba, forderte, dass die Zentralregierung in Lima sich zu jedem Fall äußert. Die Arbeiten der Minengesellschaft Majaz hätten dem ökologischen Gleichgewicht in den jeweiligen Regionen erheblichen Schaden zugefügt.
Quique Rodríguez, Rechtsberater der Frente de Desarrollo Sostenible de la Frontera Norte, beschuldigte Majaz zudem, die Polizei eingesetzt zu haben, um von den Gemeindemitglieder Unterschriften für die Zustimmung für das Minenprojekt zu erzwingen. Die Mehrheit der Bevölkerung sei jedoch dagegen. Rodríguez kritisierte ebenfalls die Vertreter des Energie- und Minenministeriums, die sich einseitig von den Gesprächen zur Schlichtung des Konflikt zurückgezogen hätten.
Quique Rodríguez forderte deshalb von der zukünftigen Regierung, dass sie die Dekrete 022 und 023, die dem Unternehmen die Konzession für das Projekt Río Blanco gewährleisten, aufhebt und die Anklagen gegen die Gemeindemitglieder einstellt. „Wir hoffen, dass derjenige der die Macht übernimmt (am 4. Juni fand die Stichwahl der Präsidentschaftswahlen statt, die der Sozialdemokrat Alán Garcia gegen den linkspopulistischen General Ollanta Humala gewonnen hat) mehr Sensibilität und Verantwortung gegenüber den Rechten der Menschen zeigt und nicht einseitig als Interessenvertretung der transnationalen Unternehmen fungiert,“ führte Rodríguez weiter aus.
BRASILIEN
Polizei übt rassistisch geprägte Rache
(Buenos Aires, 30. Mai 2006, púlsar).- Zwei Wochen nach der Welle gewalttätiger Übergriffe seitens des Verbrecherorganisation „Erstes Hauptstadtkommando PCC (Primeiro Comando da Capital) PCC hat die Polizei von São Paolo Rache geübt. Die Racheaktion war rassistisch geprägt. Von den 71 identifizierten Toten sind 45 Schwarze.
Nach den hauptsächlich gegen die Polizei gerichteten Angriffen des PCC vor zwei Wochen hatten sich Gruppen von Polizisten und Berufskillern gerächt: Während nächtlicher Aktionen töteten sie 109 Personen. Nach Aussagen der Polizei handelt es sich bei den 109 Personen um Verdächtige. Die begleitenden Umstände des Todes der 109 Personen wurden allerdings nicht untersucht. Die Liste mit den Namen der Toten wurde erst nach mehreren Tagen veröffentlicht. Um die Polizei überhaupt zur Veröffentlichung der Liste zu bewegen, musste die Staatsanwaltschaft starken Druck ausüben.
Eine Recherche der Tageszeitung Folha de São Paolo ergab zudem, dass 36 Prozent der Ermordeten keine kriminelle Vergangenheit hatten, die einen Verdacht der Beteiligung an den Gewalttaten rechtfertigen könnte. Am Montag veranstalteten verschiedene soziale Organisationen, politische Parteien und Menschenrechtsbewegungen im Zentrum von São Paolo eine Demonstration gegen die Gewalt. Die Redner machten die soziale Ungleichheit als einen der Hauptgründe für die zunehmende Gewalttätigkeit aus.
ARGENTINIEN
Indígenas aus Chaco bringen ihre Anklage in Buenos Aires vor
(Buenos Aires, 29. Mai 2006, púlsar).- Nach vierwöchigen Protestaktionen treffen sich Sprecher der Indígenas aus Chaco mit Vertretern der Regierung und des Gerichtshofs. Sie bestehen auf die Rechte für das Land, auf dem sie leben und beklagen eine unablässige Verfolgung. Seit dem letztem Wochenende haben die Gemeinden einen “Waffenstillstand“ ausgerufen. Sie hoben die Straßenblockaden auf, die seit etwa einem Monat bestanden hatten.
Die Indígenas hatten am Straßenrand campiert und dort Versammlungen abgehalten, um sich auf einen Marsch in die Hauptstadt des Chaco vorzubereiteten. Dort hofften sie auf ein Gespräch mit Roy Niki
sch. Sprecher der Indígenas sind nun in Buenos Aires, um sich mit Vertretern des Innenministeriums, des Ministeriums für Menschenrechte und mit dem Richter Eugenio Zaffaroni zu treffen.
“Die Verfassungsrechte der Indígenas wurden wiederholt verletzt, ohne dass dies bei Justiz, Regierung oder Gesetzgebung berücksichtigt wird“, meinte der Sprecher der Tobas Orlando Charole. Er fügte hinzu, dass er in Buenos Aires sei, um die „systematische Verletzung der Rechte der Indígenas anzuklagen, die in der Verfassung des Landes sowie in internationalen Abkommen und Gesetzen festgeschrieben sind“.
URUGUAY
Lehrer und Angestellte des Gesundheitssektors streiken
(Buenos Aires, 30. Mai 2006, púlsar).- Zum ersten Mal seit der Regierungsübernahme der Frente Amplio streikten in Uruguay landesweit für 24 Stunden Angestellte des Bildungs- und Gesundheitswesens. Die Gewerkschaften beider Gruppen organisierten eine gemeinsame Demonstration im Zentrum der Hauptstadt Montevideo und machten dabei auch am Wirtschafts- und am Gesundheitsministerium Halt. Die Lehrenden aller öffentlichen und privaten Schulen fordern eine Erhöhung ihrer Gehälter, die Schaffung neuer Arbeitsplätze und eine bessere Versorgung in der Kommune. Die Angestellten im Gesundheitssektor verlangen eine sofortige Umgestaltung des Gesundheitssystems.
Bei dem jetzigen Streik handelt es sich um den zweiten bedeutenden Streik seit der Regierungsübernahme und dem Amtsantritt von Staatsoberhaupt Tabaré Vazquez. Anfang April hatten die Gewerkschaften der Industriearbeiter zum Streik aufgerufen.
CHILE
Massenfestnahmen bei Schülerprotesten
(Buenos Aires, 31. Mai 2006, púlsar).- Chilenische Schüler führten in der vergangenen Woche für einen Tag einen landesweiten Streik durch, bei dem sie von Lehrern und Studenten unterstützt wurden. Die Kundgebungen wurden jedoch von der Polizei heftig unterdrückt. Nach Angaben lokaler Medien wurden 730 Personen festgenommen. Vertreter der Gymnasiasten trafen sich am vergangenen Dienstag und Mittwoch mit dem Bildungsminister. Nach dem Gespräch mit der Regierungsbehörde entschieden sich die Schüler, den landesweiten Streik unbegrenzt auszudehnen.
Bei der landesweiten Mobilisierung wurde vor allem der Betrieb der Bildungseinrichtungen lahmgelegt und es wurden Schulgebäude in mehreren Städten des Landes friedlich besetzt. Der Grund für die Schülerproteste ist das Schulgesetz (Ley Orgánica Constitucional de Enseñanza) aus dem Jahr 1990, das Ex-Diktator Augusto Pinochet einen Tag vor dem Ausscheiden aus dem Amt in Kraft setzte. Das Gesetz regelt das chilenische Bildungssystem auf der Grundlage von Privatisierung und Kommerzialisierung. Die Gymnasiasten fordern eine umfassende Reform.
LATEINAMERIKA
Schließung der „Schule für Folterer“ gefordert
Von Pablo Long
(Montevideo, 17. Mai 2006, na-poonal).- Argentinien, Bolivien, Uruguay und Venezuela werden künftig keine Militärs mehr zur Ausbildung an die „School of the Americas“ schicken. In den 60 Jahren ihres Bestehens wurden an dieser US-amerikanischen Kriegsakademie ca. 62.000 Offiziere ausgebildet, darunter die grausamsten lateinamerikanischen Diktatoren. Möglicherweise werden sich weitere Staaten dem Schritt der vier Länder, deren Bevölkerung unter den Auswirkungen der Doktrin der Schule zu leiden hatte, anschließen.
Brasilien, Chile, Ecuador und Peru werden die Stationen der nächsten Rundreise von Roy Bourgeois sein, einem katholischen Priester, der die Organisation „School of the Americas Watch“ (SOAW) leitet. SOAW strebt die endgültige Schließung der Ausbildungsstätte an. Als Roy Bourgeois im März und April dieses Jahres Argentinien, Bolivien und Uruguay besuchte, erreichte er, dass diese Staaten eine Entscheidung trafen und dem von Venezuela im Januar 2005 gefassten Beschluss folgten.
In den sechs Jahrzehnten ihres Bestehens wurden an der Akademie Militärs aus 18 Ländern in den Bereichen Krieg niederer Intensität, psychologische Operationen, Techniken der Aufstandsbekämpfung, Kommandooperationen sowie Methoden zur Befragung und Informationsbeschaffung ausgebildet, „was alles nichts mit jenem Gründungsvorhaben von 1946 zu tun hatte, die Demokratie zu fördern und die Militärs in der Respektierung der Menschenrechte zu unterweisen“, so Bourgeois.
Nicht weniger als elf lateinamerikanische Diktatoren haben diese berüchtigte Schule durchlaufen, unter ihnen die Argentinier Leopoldo Galtieri (1981-82) und Roberto Viola (1981), die Bolivianer Hugo Bánzer Suárez (1971-78) und Luis García Meza (1980-81), der Guatemalteke Efraín Ríos Montt (1982-83) und der Chilene Augusto Pinochet (1973-90).
Ein weiterer Schüler der Einrichtung, der von sich reden machte, war der kürzlich verstorbene Major der salvadorianischen Streitkräfte Roberto D’Aubuisson. D’Aubuisson verließ die Schule 1972 und gründete die Todesschwadrone in seinem Land. Eines dieser Schwadrone war direkt für die Ermordung von Erzbischof Óscar Arnulfo Romero im Jahre 1980 verantwortlich. Andere Absolventen der Einrichtung setzten hinter den Kulissen Mord und Folter als normale militärische Strategie durch. Vladimiro Montesinos, die „Macht hinter dem Thron“ während der Regierungszeit von Alberto Fujimori in Peru (1990-2000), war ein ausgezeichneter Schüler der Militärakademie.
Am 27. März hatte die argentinische Verteidigungsministerin Nilda Garré erklärt: „Argentinien wird keine Offiziere mehr an die School of the Americas schicken; das wäre sogar illegal, weil an diesem unheilvollen Institut die Bereiche innere Sicherheit und Kampf gegen den Drogenhandel gelehrt werden, was den Militärs bei uns gesetzlich verboten ist.“ Zwei Tage später äußerte sich die uruguayische Regierung unter Tabaré Vázquez. Bolivien, das zwei blutige Diktaturen unter dem Kommando ehemaliger Absolventen der Schule hinter sich hat, kündigte als viertes Land seinen Rückzug an. „Unser Personal wird nach und nach von dieser Ausbildungsstätte für Diktatoren abgezogen“, erklärte der bolivianische Präsidialminister Juan Quintana. Der venezolanische Präsident Hugo Chávez hatte erklärt: „Venezolanische Soldaten werden diesen Ort nie wieder betreten. An dieser Schule wurden jahrelang viele unsagbar schreckliche, grausame Diktatoren Lateinamerikas ausgebildet.“
Ein kurzer Blick auf die Geschichte zeigt, dass die lateinamerikanischen Staaten, in denen die schlimmsten Menschenrechtsverletzungen zu verzeichnen sind, gleichzeitig jene sind, welche die meisten Offiziere zur Ausbildung an die Akademie geschickt hatten. Kolumbien steht mit 8679 Absolventen an erster Stelle. Es folgen El Salvador (6776), Nicaragua (4693), Panama (4235), Bolivien (4049) und Honduras (3691).
Seit den Neunziger Jahren wurde in Lateinamerika der Ruf nach einer Schließung der Schule immer lauter, und auch in den USA fand er mehr und mehr Zustimmung. 1996 erhielt die Kampagne für die Schließung der Schule Aufwind, nachdem die US-amerikanische Tageszeitung „Washington Post“ sieben Handbücher veröffentlicht hatte, die bei der Ausbildung der lateinamerikanischen Militärs verwendet wurden und in denen von Folter und weiteren Themen, die mit Demokratie nichts zu tun
haben, die Rede war. Damals nahm sich der Kongress der Sache an und stellte dem Pentagon ein Ultimatum. Mehrere Kongressabgeordnete führten an, eine Schule mit dem Namen „School of the Americas“ sei ein Unding. Daraufhin wurde die Schule allerdings nicht geschlossen, sondern im Jahre 2001 umbenannt. Nun trägt sie den hochtrabenden und trügerischen Namen „Institut der westlichen Hemisphäre für Sicherheitskooperation“ (Western Hemisphere Institute for Security Cooperation, WHISC). „Damit hat man sozusagen eine Giftmülldeponie einparfümiert“, lautete damals der ironische Kommentar von Priester Bourgeois.
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