Sonderkommission für Feminizide nimmt ihre Arbeit auf

von César Martínez López

(Mexiko-Stadt, 14. März 2013, cimac).- Während die Morde an Frauen in ganz Mexiko kein Ende nehmen, hat sich die Sonderkommission für Feminizide dazu verpflichtet, sich um die Forderungen der Familienangehörigen der Opfer zu kümmern. Die Kommission besteht aus Mitgliedern der Abgeordnetenkammer.

Ziel: Kontrolle der zuständigen Behörden

Die Klagen der Familienangehörigen seien von den Behörden bisher unbeachtet geblieben, erklärten die Abgeordeten am 13. März bei der Einrichtung der „Sonderkommission mit dem Ziel, das Vorgehen der zuständigen Behörden hinsichtlich der gemeldeten Feminizide in Mexiko zu untersuchen und genauestens zu verfolgen“.

Die Sonderkommission wurde mit drei Monaten Verspätung nach ihrer Genehmigung und mit nur fünf anwesenden Abgeordneten gegründet. Zu ihren Prioritäten gehören die gemeinsamen Arbeitssitzungen mit den Staatsanwälten, die auch in der vorhergehenden Legislaturperiode stattgefunden hatten.

Die Abgeordneten bedauerten besonders, dass es an Informationen zu dem Thema fehle, auch wenn unter der vorherigen Regierung die Studie „Feminizid in Mexiko. Annäherung, Tendenzen und Veränderungen, 1985-2009“ (Originaltitel: “Feminicidio en México. Aproximación, tendencias y cambios, 1985-2009”) erstellt worden war. Die Nationale Kommission für Prävention und das Ende der Gewalt gegen Frauen Conavim (Comisión Nacional para Prevenir y Erradicar la Violencia contra las Mujeres) erstellte wiederum die „Landesweite Studie über Ursprung, Gründe und Faktoren, die zur Gewalt gegen Frauen führen“ (Originaltitel: “Estudio nacional sobre las fuentes, orígenes y factores que reproducen la violencia contra las mujeres”).

Das zivilgesellschaftliche Nationale Observatorium für Feminizide OCNF (Observatorio Ciudadano Nacional del Feminicidio) erarbeitete außerdem einen Bericht über die Zahlen ermordeter Frauen, die dem Observatorium auf Anfrage von den Staatsanwaltschaften übermittelt wurden. Laut dem OCNF stiegen die Morde an Frauen im ganzen Land zwischen 2007 und 2009 um 68 Prozent. Von Dezember 2006 bis Juni 2012 kam es demnach zu 4.112 vorsätzlichen Morden in nur 13 Bundesstaaten, während zwischen 2011 und Juni 2012 in 15 Staaten 3.976 Frauen und Mädchen vermisst gemeldet wurden.

Vorgelegte Daten genauestens überprüfen

Guadalupe Flores Salazar, Präsidentin der Kommission und Abgeordnete der Partei der Demokratischen Revolution PRD (Partido de la Revolución Democrática), erklärte in einem Interview kurz nach Errichtung der Kommission, dass zunächst alle Informationen eingeholt werden würden, um die bisherigen Fortschritte beurteilen zu können, auch wenn die genannten Daten bereits vorlägen.

Sobald die Situation ausreichend bekannt sei, würde ein Arbeitsplan erstellt um zu prüfen, ob es angebracht sei, den bundesstaatlichen Gesetzgeber*innen zur Einführung des Feminizids als eigenen Straftatbestand und zu vorbeugenden Maßnahmen zu raten.

Flores Salazar kündigte bereits an, dass es zu den Prioritäten der Kommission gehören werde, Versammlungen mit den Staatsanwält*innen zu organisieren, um die Situation zu untersuchen. Dies wurde auch während der vergangenen Legislaturperiode getan, jedoch gaben die Behörden lediglich ihre Zahlen bekannt. Die für die Aufklärung und Bestrafung der Feminizide verantwortlichen Beamten seien mit ungenauen Zahlen über die Morde an Frauen, vagen Nachforschungen und unabgeschlossenen Diagnosen über geschlechtsspezifische Gewalt erschienen.

Hinsichtlich dessen erklärte die Präsidentin der Kommission, „es reicht nicht aus, dass die [Verantwortlichen] zu uns kommen und ihre Zahlen präsentieren. Vielmehr müssen wir diese genauestens überprüfen.“

„Niemand sieht oder hört etwas“

Die Abgeordnete Julisa Mejía Guajardo, ebenfalls von der PRD, fügte hinzu, es existiere zwar ein klarer Nachweis über die Ernsthaftigkeit des Problems, jedoch sei es unerlässlich, die Situation in jedem Bundesstaat zu untersuchen und die Familien, die Gerechtigkeit für ihre vermissten Töchter fordern, zu unterstützen.

Angesichts der Gleichgültigkeit gegenüber der Forderungen der Mütter vermisster und ermordeter Frauen, vor allem in Ciudad Juárez und im Bundesstaat Mexiko, wies die Abgeordnete darauf hin, dass Mexiko „ein Land voller Blinder und Tauber ist, denn niemand sieht und hört zu“. Daher werde sich die Kommission unter anderem dafür einsetzen, dass die Mütter von den Behörden empfangen und angehört werden, weshalb sie bekräftigte, die Türen des Organs stünden für ratsuchende Familien oder Gruppen offen.

Appell an die Solidarität und den Einsatz der Abgeordneten

Es sei daran erinnert, dass das Organ aufgrund seiner Eigenschaften als Sonderkommission keine Gesetzgebungsbefugnis besitzt und nur eingeschränkt handlungsfähig ist. Nichtsdestotrotz betonte Rocío Reza Gallegos, Abgeordnete der Partei der Nationalen Aktion PAN (Partido Acción Nacional), dass die Abgeordneten immer dann wenn es nötig sei, ihre Stimmen erheben würden.

Die aus Chihuahua stammende Abgeordnete erklärte, dass Meldungen zu Folge die Frauen in Ciudad Juárez einem besonders hohen Risiko ausgesetzt seien. Dies habe zur Gründung von Frauenbewegungen geführt, die von der Regierung des Bundesstaates ein Ende der Gleichgültigkeit gegenüber dieser Fälle fordern.

Reza Gallegos fügte hinzu, dass in der Grenzstadt außerdem Komplizenschaften zwischen kriminellen Banden und staatlichen Behörden existieren, weshalb die Abgeordneten zu Taten greifen und von der Regierung verlangen müssten, ihre Aufgaben zu erledigen.

Außerdem betonte sie, dass die Abgeordneten den Müttern vermisster und ermordeter Frauen zur Seite stehen müssten, wann immer es nötig sei. So zum Beispiel dabei, Versammlungen mit den Regierenden oder dem Regierungssekretariat in die Wege zu leiten.

Bisher besteht die Sonderkommission für Feminizide aus sieben Parlamentarierinnen und einem Abgeordneten der Parteien PRD, PAN, der Arbeitspartei Partido del Trabajo und der Bürgerbewegung MC (Movimiento Ciudadano), jedoch keiner Abgeordneten der Partei der Institutionellen Revolution PRI (Partido Revolucionario Institucional).

 

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