Studie über Vor- und Nachteile der Palmölproduktion

(Mexiko-Stadt, 13. Juni 2021, poonal).- Der zunehmende agroindustrielle Anbau der Ölpalme wird wegen seiner sozialen und ökologischen Auswirkungen weltweit stark diskutiert. Auch in Mexiko ist die Ölpalme seit Beginn der 2000er Jahre auf dem Vormarsch. Ende des letzten Jahrzehnts überschritt die Anbaufläche erstmals die 100.000 Hektar. Sie konzentriert sich auf die Bundesstaaten Veracruz, Tabasco, Chiapas und Campeche im Süden und Südosten des Landes. Je nach Quelle sind allerdings knapp drei bis fast neun Millionen Hektar Boden in Mexiko für den Anbau der Ölpalme geeignet. Selbst wenn nur die Untergrenze dieses Potentials ausgeschöpft würde, bedeutete das eine radikale Veränderung der mexikanischen Landwirtschaft. Dieser Kontext macht die Anfang Juni veröffentliche umfangreiche Studie „Cultivo de la palma de aceite en México“ besonders interessant. Sie ist ein Gemeinschaftsprojekt der Universität Greifswald, der Initiative México vía Berlín und des Studienzentrums für den Wandel im mexikanischen Landbau (Ceccam) aus Mexiko-Stadt.

Die Studie ist bisher nur digital abrufbar und auf Spanisch verfasst. Sie enthält jedoch ausführliche Zusammenfassungen auf Deutsch und Englisch. Dem Mexiko-Teil ist ein umfangreicher Abschnitt vorangestellt, der auf den weltweiten Anbau der Ölpalme und ihre Vermarktung eingeht. Dieser Abschnitt geht auch auf die konkreten Folgen des agroindustriellen Anbaus der Palme ein: Entwaldung, Verlust von Biodiversität, Beitrag zum Treibhauseffekt, Umweltverschmutzung durch Agrargifte und industrielle Verarbeitung in Fabriken, Landnahme und Wasserverbrauch, Verdrängung von Anbauflächen für die Selbstversorgung, Eingliederung von in Subsistenzwirtschaft lebenden Gemeinden in den Agrarmarkt. Dargestellt wird aber ebenso, warum es in bestimmten Fällen für Kleinbäuer*innen und Gemeinden attraktiv erscheint, auf den Anbau von Ölpalmen umzusteigen. Cristina de la Vega-Leinert von der Uni Greifswald erklärt auf Anfrage sogar den Ursprung der Studie so: „Als ich vor einigen Jahren im Norden von Chiapas von Ocosingo nach Palenque fuhr, sah ich links und rechts der Landstraße offensichtlich schon vor etwas längerer Zeit angelegte Ölpalmen-Plantagen. Ich wusste, es handelt sich um kollektives Gemeindeland und Kleinbesitz. Das weckte meine Neugier. Bei der Ölpalme hatte ich immer zuerst an die Agroindustrie gedacht.“

Der konkret Mexiko gewidmete Abschnitt der Studie ist dreigeteilt. Im Gegensatz zu vielen anderen Veröffentlichungen zum Thema geht er über lokal begrenzte Untersuchungen und den Fokus Chiapas hinaus. Dem Überblick von Cristina de la Vega-Leinert folgt ein kartografischer Teil, für den Daniel Sandoval von Ceccam verantwortlich zeichnet. Die Zusammenarbeit entstand Ende 2018, nachdem Sandoval seine ebenfalls mit umfangreicher Kartografie versehenen Arbeiten über 30 Jahre Genmais in Mexiko sowie die offizielle Naturschutzpolitik und den Extraktivismus im Land in Deutschland vorstellte. Gerade die Visualisierung der vorhandenen Informationen ist eine besondere Stärke der Studie. „Je mehr Referenzen und Informationen vorlagen, desto mehr weitete sich das Projekt aus“, beschreibt Daniel Sandoval den Prozess. „Die Idee ist zudem, die Kartografie regelmäßig zu aktualisieren.“ Die digitale Veröffentlichung macht dies wesentlich einfacher.

Studie und Webinar über die Schattenseiten des Ölpalmen-Anbaus

Im abschließenden Part untersuchen Mitarbeiter*innen von México vía Berlín Alternativen zum Anbau der Ölpalme. Dies geschieht besonders im Hinblick auf die kleinbäuerlichen Gemeinden. Dabei gehen die Autor*innen in einer Gegenüberstellung ausführlich auf die Vor- und Nachteile der Produktion ein. Die gleichzeitig detaillierte und überblicksartige Herangehensweise an das Thema Ölpalme macht die Studie besonders spannend und hebt sie unter den bisherigen Veröffentlichungen hervor. Letztere werden allerdings durch das lange Literaturverzeichnis am Ende des Dokumentes durchaus gewürdigt.

„Wir nähern uns dem Thema nicht neutral an“, meint Cristina de la Vega-Leinert. „Aber wir wollen den Leser*innen das Werkzeug liefern, sich eine eigene Meinung zu bilden.“ Gerade die Schattenseiten des Ölpalmen-Anbaus werden in einem von den Koordinator*innen der Studie in spanischer Sprache veranstalteten Webinars am Dienstag, 15. Juni, noch einmal thematisiert. Dort wird nicht nur die Studie präsentiert, sondern Vertreterinnen der chiapanekischen Fraueninitiativen Agua y Vida, Mujeres, Derechos y Ambiente und Casa de Apoyo a la Mujer Ixim Antsetik berichten über die konkreten Auswirkungen von Palmöl-Plantagen in ihrer Nachbarschaft.

Das öffentliche Webinar beginnt um zwölf Uhr mexikanischer und 19 Uhr deutscher Zeit. Zugang über: https://fb.me/e/HBxuwbAy

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