(Asunción, 23. August 2021, base-is).- Die derzeitigen Tage sind geprägt von Rauch, Waldbränden und extrem erhöhten Temperaturen. Sie zeigen das desaströse, aber vorhersehbare Gesicht einer Klimakrise, die das Leben der Paraguayer*innen massiv beeinträchtigt, auch wenn einige die Existenz des Klimawandels weiterhin leugnen.
„Paraguay ist betroffen von meteorologischen Phänomenen, wie die globale Erwärmung, Veränderungen in den Niederschlagsmustern und in der Häufigkeit und Intensität von Extremwetterereignissen, sowie auch von Klimaphänomenen wie Überschwemmungen, Dürre- und Hitzeperioden und Waldbränden“, betont Umweltingenieur Guillermo Achucarro in einem kürzlich von dem Forschungsinstitut BASE veröffentlichten Bericht. Als Beispiel nennt er die Zunahme von Hitzeperioden: „Auf nationaler Ebene betrug die Häufigkeit von Hitzewellen im Zeitraum von 1980 bis 1989 im Schnitt 1,1 Fälle pro Jahr, während es im Zeitraum von 2010 bis 2019 im Schnitt zu 2,9 Hitzewellen pro Jahr kam. Das bedeutet, dass sich die Anzahl an Hitzewellen pro Jahr in den vergangenen 40 Jahren fast verdreifacht hat.“
Enormer Ausstoß von Treibhausgasen
Laut Achucarro hat Paraguay einen verhältnismäßig hohen Ausstoß von Treibhausgasen im Vergleich mit Ländern mit größerer Landfläche und höherer Bevölkerungsanzahl, sowohl im Hinblick auf Pro-Kopf-Emissionen, als auch in absoluten Zahlen gerechnet. Damit zählt es zu den Ländern auf dem Kontinent mit dem höchsten Emissionen. Der enorme Ausstoß von Treibhausgasen steht nach Ansicht von Achucarro in direkten Zusammenhang mit der veränderten Bodennutzung und der Form der Landwirtschaft: „Diese beiden Bereiche haben bereits historisch betrachtet den höchsten Anteil am landesweiten Treibhausgasausstoß. Das heißt, der maßgebliche Beitrag zum Treibhauseffekt stammt von nur einem Sektor der nationalen Ökonomie, der sich auch noch in den Händen einiger weniger Familien konzentriert, die sich den Landbesitz in Paraguay aufteilen.“
Laut dem von der Lateinamerikanischen Entwicklungsbank CAF (Corporación Andina de Fomento) ermittelten Index für Vulnerabilität und Anpassung an den Klimawandel in Lateinamerika und der Karibik ist Paraguay das anfälligste Land in ganz Südamerika. Die Vulnerabilität wird als „extrem“ angegeben – die schlechteste Beurteilung der Messung. Der Grad der Anfälligkeit ergibt sich aus der Exposition eines jeden Landes bezüglich der Klimaeinflüsse und seiner Fähigkeit, sich an die Auswirkungen des Klimawandel anpassen zu können.
Regierung hält an umweltschädlichem Agrarmodell fest
Trotz dieser Datenlage hält die Regierung weiter an dem Modell des Agrobusiness fest, das für 70 Prozent der Abholzungen in Lateinamerika verantwortlich ist. Darüber hinaus unternimmt sie keine politischen Maßnahmen zur Eindämmung der Klimaschäden, die dieses Modell verursacht, und um verletzliche Bevölkerungsgruppen zu schützen. Gerade indigene und kleinbäuerliche Gemeinden sind stark von den Auswirkungen des Klimawandels und den damit verbundenen Wetterextremen betroffen, da sie sehr von der Subsistenzlandwirtschaft und den daraus generierten Einkommen abhängen.
Hinzu kommen schwerwiegende Managementfehler von Seiten der Regierung, um angemessen auf die drohenden Gefahren zu reagieren. Obwohl meteorologische Daten und Berichte bereits eine historische Dürre vorhergesehen und vor der Gefahr von Waldbränden gewarnt haben, unternahm die Exekutive keinerlei Maßnahmen zur Eindämmung der Risiken und zum Schutz betroffener Bevölkerungsgruppen. Bereits im Mai und Juni schlugen die Wetterdienste von Brasilien und Argentinien Alarm, dennoch traf sich die paraguayische Regierung erst am 17. August mit den zuständigen Behörden, um das weitere Vorgehen abzuwägen, während bereits Dutzende Gemeinden an Wassermangel litten und andere die Feuerwelle auf sich zurollen sahen.
Ähnliche Situationen hat es bereits im Vorjahr gegeben. In der Reportage von Maximiliano Manzoni für das Nachrichtenportal El Surtidor beschreibt der Journalist das Ausmaß der Straflosigkeit, mit der nicht nach den Verursachern der Waldbrände gesucht werde. Laut Aussagen der Feuerwehrleute, die die Flammen bekämpfen, sind die Brände zu 90 Prozent menschengemacht und gehen in vielen Fällen auf die großen Landbesitzer und Rinderzüchter zurück.
„Die Klimafrage wurde von der Regierung und den Eliten nie als „Krise“ behandelt, obwohl sie zum Verlust und zur Zerstörung von Leben in einem nie zuvor gesehenen Ausmaß führt“, lautet die Botschaft von Guillermo Achucarro im Angesicht der Untätigkeit der Regierung für eine lang angekündigte Katastrophe.
Chronik einer angekündigten Katastrophe von Nachrichtenpool Lateinamerika ist lizenziert unter Creative Commons Namensnennung-Weitergabe unter gleichen Bedingungen 4.0 international.
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