Der Besuch von US-Sondereinheiten wirft Fragen auf

(Montevideo, 29. September 2023, la brecha).- Eine Gruppe von Spezialkräften der US-Armee soll zur Unterstützung des inländischen Militärs nach Uruguay kommen, um „an gemeinsamen nationalen Sicherheitszielen zu arbeiten“. Kerri Spindler-Ranta, Beraterin der US-Botschaft mit den Ressorts Presse, Bildung und Kultur, hatte gegenüber der Wochenzeitung Búsqueda von der bevorstehenden Zusammenarbeit der Army Security Force Assistance Brigades (SFAB) mit der uruguayischen Armee erzählt – ein unkluger und unangemessener Schritt, der nicht dem diplomatischen Protokoll entspricht. Für gewöhnlich kündigt das Gastland solch einen Besuch selbst an, dazu bestehen feste Vorschriften für die Einreise von ausländischem Militärpersonal. Die Erklärung, dass „an gemeinsamen nationalen Sicherheitszielen“ gearbeitet werden soll, wirft eher mehr Fragen auf, statt sie zu beantworten: Wie jeder halbwegs informierte Mensch weiß, kehrte mit dem Ende der Diktatur das Militär in die Kasernen zurück. Der Begriff der nationalen Sicherheit verschwand aus unserer Gesetzgebung, und bis heute wurde kein Versuch gemacht, ihn in die öffentliche Diskussion zurückzubringen.

Um welche „gemeinsamen nationalen Sicherheitsinteressen“ geht es?

Auch im Rahmengesetz zur Verteidigung des Landes (2010) sowie in den Bestimmungen zur nationalen Verteidigungspolitik (2014 und 2020) und zur militärischen Verteidigungspolitik (2016) findet sich kein Verweis auf die nationale Sicherheit. Sie ist auch nicht Teil der zeitgenössischen politischen Tradition Uruguays. Nationale Sicherheit ist vielmehr ein Konzept, das in den USA im Zuge des Kalten Kriegs entstand und von den extremen Rechten nach Uruguay exportiert wurde. General José Luis Ramagli, Direktor der Schule für nationale Sicherheit und Verteidigung und begeisterter Leser der Handbücher der brasilianischen Kriegsakademie jener Jahre, kümmerte sich um die Einarbeitung des Konzepts der nationalen Sicherheit in die Militärdoktrin. Den Streitkräften diente sie bei der Umsetzung des Staatsterrorismus in Uruguay als doktrinärer Vektor. In keiner demokratischen Regierung des Landes hat nationale Sicherheitspolitik je eine außenpolitische Rolle gespielt, es wurde auch nie eine genauere Definition ausgearbeitet. Insofern kann es keine „gemeinsamen nationalen Sicherheitsinteressen“ mit den USA oder einem anderen Staat geben. Die Frage, was wirklich hinter der Entsendung eines SFAB-Teams des Southern Command steht, ist somit berechtigt. Während die USA beispielsweise als Teil ihrer nationalen Sicherheitsstrategie einen Handels- und Wirtschaftskrieg gegen China führen und das Land als bösartigen Akteur bezeichnen, arbeitet die uruguayische Regierung an einem Freihandelsabkommen mit China, obwohl sie damit einen Bruch mit dem Mercosur, ihrem wichtigsten Wirtschaftsbündnis, riskiert. Was also hat es mit der Mission, die nationale Armee in Sicherheitsfragen unterstützen zu wollen, auf sich? Was für militärische Einheiten sind das genau, und was tun die Offiziere und Unteroffiziere der US-amerikanischen Spezialeinheiten im einzelnen?

Was genau tun die Security Force Assistance Brigades?

Die SFAB bestehen aus kampferprobten Offizieren und Unteroffizieren der US-Armee, die über bestimmte kulturelle Eigenschaften verfügen und Fähigkeiten besitzen, die für die Unterstützung der Sicherheitskräfte in Drittländern als erforderlich betrachtet werden. Je 816 Soldaten bilden eine Brigade, die dem Brigadegeneral untersteht und in etwa 60 multifunktionale Gruppen von jeweils vier bis sechs Soldaten unterteilt ist. Die Gruppen gehören zu einem der vier Bereiche Manöver, Feldartillerie, Ingenieure und Logistik. Die Zusammensetzung der Brigaden folgt einem dreijährigen Rotationsrhythmus.

Das Pentagon versteht unter Sicherheitskräften die Streitkräfte, die Polizei, die Grenzschutztruppen und weitere lokale oder regionale paramilitärische Kräfte. Auffällig ist, dass die USA für die Beratung und Schulung verschiedener Sicherheitskräfte in anderen Ländern Sondereinheiten der Armee einsetzen. Ihre Unterstützung für Sicherheitskräfte definiert die US-Regierung als „einheitliche Maßnahmen zum dauerhaften Aufbau und Einsatz lokaler Sicherheitskräfte im Gastland oder in einer Region zur Unterstützung einer rechtmäßigen Ordnungsmacht“. Damit könnte so ungefähr alles gemeint sein. Die SFA-Brigaden könnten den Sicherheitskräften in allen drei Situationen zur Seite stehen, auf die die US-Militärdoktrin ihr Augenmerk richtet: Konkurrenz, Krise und Konflikt, wobei die Unterstützung auf allen Ebenen erfolgen kann: von strategisch (Verteidigungsministerium) bis taktisch (Brigade und kleinere Einheiten).

Wie man sieht, können die SFA-Brigaden Sicherheitsinteressen auf bemerkenswert viele verschiedene Arten aktiv werden: Sie können die gesamte Bandbreite der Streitkräfte auf mehreren Ebenen und in verschiedener Form unterstützen und in vielfältige Situationen eingreifen. Die Brigaden entstanden im Jahr 2018; heute gibt es sechs SFABs, je eine in jedem der fünf Combatant Commands der US-Armee: im Southern Command, im Africa Command, Central Command, European Command und Indo-Pacific Command, das sechste gehört zum National Guard. Das Southern Command erstreckt sich von Südmexiko bis Feuerland. „Dauerhafte“ Unterstützungsmaßnahmen werden in Kolumbien, Honduras und Panama geleistet. Die Brigade ist in Fort Moore, Georgia, stationiert. Wie der US-Informationsdienst des Kongresses im August berichtete, will das Southern Command künftig auch in Peru, Ecuador und Uruguay tätig werden, allerdings nur „vorübergehend“.

Militäreinsätze sind kein Allheilmittel

Die Ziele dieser Militäreinsätze sind undurchsichtig und diffus. Häufig muss der vielzitierte Kampf gegen das organisierte Verbrechen und den Drogenhandel als Erklärung herhalten. In letzter Zeit ist auch häufiger von der wachsenden Präsenz der Volksrepublik China die Rede, deren Einfluss in der Region zurückgedrängt werden müsse. Der russische Einmarsch in die Ukraine hat gezeigt, dass Krieg in den internationalen Beziehungen allgegenwärtig ist, worüber sich die Rüstungslobby besonders freut. Im globalen Norden wird kräftig aufgerüstet. Mit dem Ende des Kalten Krieges wurden die militärischen Tätigkeitsbereiche vielfältiger, gleichzeitig wurden viele zivile Bereiche militarisiert. Das geschah unter anderem, um die Höhe der Staatsausgaben für das Militär zu rechtfertigen. Die Vereinigten Staaten haben diese Entwicklung im eigenen Land erlebt und in der Region Lateinamerika gefördert.

Rosa Brooks, anerkannte Wissenschaftlerin an der Georgetown University und mehr als zwei Jahre lang die mächtigste Frau im Pentagon, veröffentlichte 2016 das Buch Tales from the Pentagon. Im Verteidigungsministerium lernte sie ihren Mann, einen Offizier einer Spezialeinheit, kennen, 2011 wurde sie für ihren herausragenden Dienst für die Behörde ausgezeichnet. In ihrem Buch nimmt sie jedoch kein Blatt vor den Mund: Krieg ist nicht alles, und der Einsatz von Militär ist kein Allheilmittel für jedes beliebige Problem. Ihr Fazit: Der breite und vielfältige Einsatz schadet dem Militär und bedroht die Demokratie.

Bleibt die Frage: Warum genau kommen die Spezialeinheiten der US-Armee nach Uruguay?

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