Opfer von Paramilitärs in Öfen verbrannt

(Bogotá, 4. Oktober 2023, colombia informa).- In Kolumbien hat die damalige paramilitärische Einheit Bloque Catatumbo der AUC (Autodefensas Unidas de Colombia) ihre Opfer in Verbrennungsöfen verschwinden lassen. Nach Angaben des ehemaligen paramilitärischen Anführers Salvatore Mancuso ließen die Paramilitärs ab 1999 auf dem Landgut Juan García in der Gemeinde Villa del Rosario (Departement Norte de Santander) an der Grenze zu Venezuela eine ehemalige Zuckermühle zu einem Krematorium umbauen. Die staatliche Abteilung für die Suche nach Vermissten (UBPD) hat nun die Aussage Mancusos bestätigt.

Der forensische Anthropologe Marlon Sánchez, der die Untersuchung leitet, sagte: „Wir haben dort einen Ort gesehen, der ‚la parrilla‘ (Der Grill) genannt wird und vermutlich zur Verbrennung von Leichen diente.“ Möglicherweise wurden die Opfer zunächst in Massengräbern verscharrt und später wieder ausgegraben und verbrannt, um alle Spuren zu beseitigen, so Sánchez. Bisher wurden noch keine menschlichen Überreste gefunden, aber es gebe „Funde, die auf mögliche Zustände von Körpern hindeuten könnten“, so der Experte weiter.

Die Schauspielerin und Journalistin Amaranta Hank, die in der Region lebte, erinnerte daran, dass die Paramilitärs „Los de Arriba“ (die von oben) genannt wurden und wie sie die Bevölkerung im gesamten Departement kontrollierten und unterdrückten. Ihr Vater, erzählte sie, war Maurer und arbeitete einmal auf dem Gelände, auf dem sich die Öfen und andere Gebäude befanden, die als Kasernen der Paramilitärs dienten.

„Es war unser Alltag“

„Mein Vater war Maurer. Er erzählte mir einmal, dass er „oben“ arbeitete und einige Baracken und Öfen reparierte“, erklärte Amaranta Hank auf X (ehemals Twitter). „Oben“ war die paramilitärische Zone, die Baracken wurden von den Kommandanten genutzt und die Öfen waren die gleichen, die Mancuso erwähnte. Ich glaube, dass in diesen Öfen, die Papa „repariert“ hat, auch Freunde von mir und Freunde von ihm verbrannt wurden. Papa hätte zu diesem Job nicht nein sagen können, denn niemand konnte zu ihnen nein sagen. Damals war das, was „oben“ passierte, für niemanden schlimm, es war unser Alltag und wir konnten nichts anderes tun, als uns damit abzufinden.“

Aussage Mancusos bei der JEP

Diese und andere Aussagen wurden von Salvatore Mancuso in einer Anhörung vor der Sondergerichtsbarkeit für den Frieden JEP (Jurisdicción Especial para la Paz) im vergangenen Mai gemacht. Dort übernahm Mancuso seine Verantwortung für diese und andere Taten und bestätigte, dass er den Befehl für die Errichtung dieser Öfen sowie für das Verschwindenlassen der Leichen und Überreste der Ermordeten gab.

„Der Befehl, die Menschen verschwinden zu lassen, kam von den Sicherheitskräften, das sagte uns Kommandant Castaño… In unserer Ausbildung wurde uns beigebracht, dass die Einsätze wie ein Theaterstück sind: Wir sollten die Kommunikation des Schadens, der Bestrafung und des Terrors, den wir dem Feind zufügten, in Szene setzen. Das war Teil der Strategie, um denjenigen, die wir bekämpften, Angst und Schrecken einzujagen“, sagte Mancuso aus dem Gefängnis in den Vereinigten Staaten, wo er eine Haftstrafe absitzt. Mancuso wird für mehrere der schlimmsten Massaker in der jüngeren Geschichte Kolumbiens verantwortlich gemacht.

Die Existenz der Massengräber in dem Grenzgebiet zu Venezuela wurde im Juni bestätigt, als die UBPD in der Gegend von Juan Frío, an der Grenze zum venezolanischen Bundesstaat Táchira, Knochenreste und Kleidungsstücke fand.

Hunderte Getötete auf Friedhof von Cúcuta

Im August dehnte die JEP die Untersuchungen auf den Zentralfriedhof von Cúcuta aus, wo Zeugenaussagen zufolge Hunderte Menschen begraben sind, die Opfer des gewaltsamen Verschwindenlassens durch die Armee und Paramilitärs wurden sowie Menschen, die von den Streitkräften im Rahmen der kriminellen Praxis der „Falsos Positivos“ (als angebliche Guerilleros hingerichtete Zivilisten) getötet wurden.

Das kolumbianische Außenministerium hat sich verpflichtet, gemeinsam mit Venezuela die notwendigen Schritte zu unternehmen, um die Suche nach weiteren Massengräbern fortzusetzen, in denen sich nach den Aussagen des ehemaligen Paramilitärs rund 200 Verschwundene befinden sollen.

In seinen Aussagen gegenüber der JEP wurde das Ausmaß der Koexistenz und Komplizenschaft staatlicher Beamter mit dem Paramilitarismus deutlich, der damals als AUC (Autodefensas Unidas de Colombia) bekannt war.

Übersetzung: Hendrik Heiermann

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