Dall’Anese gibt Vorsitz der Kommission gegen Straffreiheit ab

von Luis Ovalle und Markus Plate

(San José, 04. Juni 2013, cerigua/voces nuestras).- Wie am 28. Mai bekannt wurde, wird Francisco Dall’Anese, Leiter der Internationalen Kommission gegen Straflosigkeit in Guatemala (CICIG), seinen im September auslaufenden Vertrag unter Berufung auf persönliche Gründe nicht verlängern. In den letzten Monaten ist alllerdings sowohl seitens der Regierung Guatemalas, wie auch aus Kreisen der UNO Kritik an Dall’Anese laut geworden.

Guatemalas Außenminister Fernando Carrera erklärte, eine guatemaltekische Delegation habe im April am Sitz der Vereinten Nationen in New York Kritik an Wortmeldungen des Kommissars im Rahmen des Prozesses gegen Ex-Juntachef Efraín Rios Montt geäussert, auch wenn es sich dabei um keine formelle Beschwerde gehandelt habe. Dall’Anese hatte im April mehrere ehemalige hochrangige Regierungsbeamte scharf kritisiert, weil diese in bezahlten ganzseitigen Zeitungsanzeigen vor einer Verurteilung Ríos Montts wegen Völkermord gewarnt hatten.

Zwischen allen Stühlen

Dall’Anese hatte wohl nicht nur zum Missfallen der guatemaltekischen Regierung hinzugefügt, die Unterzeichner hätten das Vertrauen der internationalen Gemeinschaft verloren. Am 10. Mai war Ríos Montt zu 80 Jahren Haft wegen Völkermordes und Verbrechen gegen die Menschlichkeit verurteilt worden, das Urteil wurde jedoch zehn Tage später vom Verfassungsgericht kassiert. Bereits im Vorfeld war berichtet worden, dass die Richter*innen unter dem massiven Druck durch den Unternehmerverband CACIF und rechte Politker*innen standen, das Urteil gegen Rios Montt aufzuheben. Nach Dall’Aneses Äusserungen war der Kontakt zu Guatemalas Präsident Otto Pérez Molina abgebrochen.

Diego Alvarez, Pressechef der CICIG Pressestelle, stellte klar, dass Dall’Anese keineswegs seinen Rücktritt eingereicht, sondern gegenüber der UNO seinen Wunsch erklärt habe, seinen im September auslaufenden Vertrag aus persönlichen Gründen nicht zu verlängern. Dagegen hatte Zeitschrift Contrapoder unter Berufung auf der CICIG und der Regierung nahestehenden Quellen berichtet, dass die guatemaltekische Regierung sogar die Möglichkeit diskutiert habe, Dall’Anese zur persona non grata zu erklären und somit vorzeitig aus dem Amt zu jagen. In UNO-Kreisen soll vor allem die Kommunikationspolitik Dall’Aneses kritisiert worden sein, die zu Verschlechterung der Kontakte zur guatemaltekischen Regierung geführt hätten.

Wenig Substanzielles geleistet

Im Radioprogramm “A Primera Hora” der Vereinten Nationen in Guatemala äusserte Carmen Aída Ibarra von der Bewegung Pro Justicia (Pro Gerechtigkeit) die Hoffnung, dass sich der neue oder die neue KommisarIn verstärkt auf die Erfüllung des Mandats der CICIG konzentrieren möge. Dall’Anese hingegen habe wenig Substanzielles im Kampf gegen die Straflosigkeit in Guatemala geleistet, sondern habe stattdessen “sein Buch geschrieben, gutes Geld kassiert und Englisch studiert”, fügte Ibarra hinzu.

Auch Jorge Santos, Direktor des Internationalen Zentrums für Menschenrechte, vertritt die Meinung, dass die CICIG unter ihrem costa-ricanischen Präsidenten mehr Schatten als Licht habe. Dass Dall’Anese den Aufruf der zwölf „Intellektuellen“ kritisierte, hält Santos zwar für richtig, aber kritisiert den CICIG-Präsidenten dafür, in der Vergangenheit nicht viel öfter an die Öffentlichkeit gegangen zu sein, um Skandale und nach internationalen Standards mangelhafte Ermittlungen und Gerichtsverfahren anzuprangern. Francisco Dall’Anese ist seit dem 1. August 2010 im Amt und folgte dem Spanier Carlos Castresana, der seit Amt zuvor mit dem Verweis auf Komplottabsichten gegen ihn und das CICIG Personal niedergelegt hatte.

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