Mütter von Migrant*innen auf den Spuren ihrer Kinder

von Sandra de los Santos

(Mexiko-Stadt, 16. Dezember 2013, cimac).- Seit dem Jahr 2006 macht sich regelmäßig eine Karawane zentralamerikanischer Mütter auf den Weg nach Mexiko, um nach ihren verschwundenen Söhnen und Töchtern zu suchen. Auf ihrer diesjährigen Reise sind die 48 Mütter aus Honduras, El Salvador, Guatemala und Nicaragua am Sonntag, den 15. Dezember in der mexikanischen Gemeinde Arriaga angekommen – hier, am Rande des Bundesstaates Chiapas, beginnt das „Minenfeld“ für die Zentralamerikaner*innen, die versuchen, in die USA zu gelangen.

Die Mütter liefen entlang der Bahngleise und durch mehrere Straßen von Arriaga, wo viele Zentralamerikaner*innen Unterschlupf suchen. Von dieser Gemeinde an der chiapanekischen Küste startet alle zwei Tage der Frachtzug Richtung Norden, auf den die Migrant*innen klettern, um Mexiko in Richtung der USA zu durchqueren. Auf die Waggons haben die Mütter Fotos ihrer Söhne und Töchter geklebt in der Hoffnung, etwas über ihr Schicksal zu erfahren.

Martha Sánchez Soler, die Koordinatorin der Mesoamerikanischen Migrantischen Bewegung (Movimiento Migrante Mesoamericano) erklärte: „Vorher dachten wir, dass Chiapas und Oaxaca die gefährlichsten Gebiete für Migrant*innen in Mexiko sind, aber jetzt finden wir, dass alle Orte, durch die der Zug kommt, ein Minenfeld für Migrant*innen sind: Man bringt sie um, man wirft sie auf die Gleise.“

25.000 nicht identifizierte Leichen

Nur eine Woche zuvor hatte die mexikanische Regierung der honduranischen Regierung eine Nachricht über den Verbleib von neun honduranischen Migrant*innen übermittelt. Ihre Leichen waren in geheimen Gräbern in den nördlichen Gemeinden Cadereyta Nuevo León und San Fernando Tamaulipas gefunden und von dem Argentinischen Team für Forensische Anthropologie EAAF identifiziert worden. „In den mexikanischen gerichtsmedizinischen Instituten liegen 25.000 Leichen, die noch nicht identifiziert worden sind. Wie wissen nicht, wie viele Tote es gibt, viele bleiben auf den Feldern, auf den Gleisen, niemand sucht sie und niemand findet sie“, so die Aktivistin.

Auf dem Friedhof von Arriaga haben die Mütter der Verschwundenen zum ersten Mal auf ihrer Reise ein Massengrab besucht. Dort liegen viele Migrant*innen begraben, ohne Namen und ohne Kreuz, die unterwegs gestorben sind und nicht identifiziert werden konnten. Die Mütter hatten zum letzten Mal Kontakt zu ihrem Sohn oder ihrer Tochter gehabt, als diese in Mexiko waren. Nun legte jede von ihnen Gladiolen auf den verwilderten Boden des Massengrabes nieder, in dem die Körper der Migranten und Migrantinnen liegen, die nicht identifiziert werden konnten. „Wir haben nicht mal einen Grabstein, zu dem wir zum Weinen gehen können“, sagte eine der Mütter unter Tränen.

„Wir suchen sie lebend, nicht tot“

Der letzte Stopp der Tagesetappe war an jenem Sonntag eine zukünftige Migrantenherberge in Huixtla. Der Priester Heiman Vázques erklärte den Müttern, dass die Herberge in Huixtla ab 2014 funktionieren soll. Diese Herbergen geben den Migrant*innen die Möglichkeit, sich auszuruhen, nachdem sie tagelang nach Arriaga gelaufen sind, um von dort den Zug zu nehmen.

Auf dieser Reise hat die Karawane bislang das Schicksal von sechs Verschwundenen aufgeklärt; seit 2006 waren es bereits 200. Die diesjährige Karawane war Emeteria Martínez gewidmet. Die Honduranerin verstarb Anfang 2013; sie hatte 20 Jahre lang nach ihrer verschwundenen Tochter gesucht und sie 2010 schließlich in Ecatepec im Bundesstaat Mexiko gefunden. Am 16. Dezember zog die Karawane weiter nach Tapachula.

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