Poonal Nr. 764

Deutsche Ausgabe des wöchentlichen Pressedienstes lateinamerikanischer Agenturen vom 08. Mai 2007

Inhalt


MEXIKO

GUATEMALA-USA

KOLUMBIEN

VENEZUELA

ECUADOR

BRASILIEN

LATEINAMERIKA


MEXIKO

Jahrestag der Polizeiübergriffe in Atenco

Von Gerold Schmidt

(Mexiko-Stadt, 3. Mai 2007, npl).- Am vierten Mai jährte sich zum ersten Mal der Tag, der für viele politische Beobachter die endgültige Abkehr der konservativen mexikanischen Regierung von der versprochenen Menschenrechtspolitik bedeutete. Am 3. und 4. Mai 2006 gingen Bundes- und Länderpolizei gemeinsam brutal gegen militante Proteste von Bewohnern des nahe Mexiko-Stadt gelegenen Dorfes San Salvador Atenco vor. Zwei Tote unter der Bevölkerung, vergewaltigte und sexuell mißbrauchte Frauen, Dutzende brutal zusammen geschlagene Menschen, wahllose Verhaftungen, sowie nicht autorisierte Hausdurchsuchungen mit anschließender Verwüstung und Diebstahl gehörten zu den Folgen dieses Einsatzes.

Obwohl die Übergriffe der 3000 Polizisten umfassend dokumentiert wurden und sogar die staatliche Menschenrechtskommission in deutlichen Worten eine intensive Aufklärung forderte, ist kaum etwas geschehen. Auch die vom mexikanischen Verfassungsgericht im Februar dieses Jahres einberufene richterliche Untersuchungskommission sammelt eifrig Papiere, hält sich ansonsten aber bedeckt. Die direkt Verantwortlichen für den Tod eines erschossenen 14-jährigen Jungen und eines durch Einwirkung einer Tränengasbombe später seinen Verletzungen erlegenen Studenten sind bis heute nicht öffentlich bekannt.

Es wird mit zweierlei Maß gemessen: Etwa 15 niederrangige Polizisten wurden in der Zeit der heftigsten nationalen und internationalen Proteste als Sündenböcke einige Tage bzw. Wochen vom Dienst suspendiert. Während sie inzwischen längst wieder im normalen Einsatz sind, laufen gegen 165 tatsächliche und mutmaßliche Demonstranten weiterhin Strafverfahren. 29 der vor einem Jahr festgenommenen Personen befinden sich immer noch in Haft. Drei von ihnen sind wie Schwerverbrecher in einem Hochsicherheitsgefängnis untergebracht.

Die Vorgänge von Atenco, die wenig später folgende Schmutzkampagne gegen die linksgemäßigte Opposition im Präsidentschaftswahlkampf sowie die in vielem an Atenco erinnernenden Einsätze lokaler und nationaler Polizeitruppen gegen die rebellierende Bevölkerung im südmexikanischen Bundesstaat Oaxaca sind nach verbreiteter Einschätzung nicht voneinander zu trennen. Abraham González, Staatssekretär im Innenministerium der seit Dezember amtierenden neuen konservativen Regierung unter Präsident Felipe Calderón, sprach sich in diesem Sinne bereits vor Monaten für Kontinuität aus: „Wir wollen weniger Bewegungen, die den sozialen Frieden stören.“

Miguel Concha, Direktor des in der Hauptstadt ansässigen Menschenrechtszentrums Fray Vitorio schreibt in der Tageszeitung La Jornada von „einer klaren Tendenz, den sozialen Protest zu kriminalisieren“. Um ein Gegenzeichen zu setzen, verleihen seine und 40 weitere Organisationen am 5. Mai den Nationalen Menschenrechtspreis Don Sergio Méndez Arceo an Ignacio del Valle. Del Valle ist führendes Mitglied des „Volksbündnisses zur Verteidigung des Landes“ (FPDT) aus Atenco und eine der erwähnten Personen im Hochsichertheitsgefängnis. Seine Organisation war 2001/2002 maßgeblich dafür verantwortlich, dass die Regierung das Projekt eines neuen internationalen Großflughafens für Mexiko-Stadt auf Bauernland aufgeben musste. Seitdem war speziell Del Valle den Autoritäten ein Dorn im Auge.

Preisverleihung, geplante Proteste vor Gefängnissen und dem Innenministerium sowie die scharfe Verurteilung der „Straffreiheit“ in Mexiko durch amnesty international und die Internationale Menschenrechtsbeobachterkommission zu Atenco werden die mexikanische Regierung voraussichtlich nicht besonders beeindrucken. Sie hat eine Grundsatzentscheidung getroffen. Der mexikanische Historiker Carlos Montemayor schrieb bereits vor knapp einem Jahr anläßlich der Polizeiübergriffe: „Die soziale Botschaft, die von solchen Interventionen ausgeht, hat eine solche Bedeutung, dass sie nicht ohne ein Mandat der politischen Autoritäten durchgeführt werden können.“

Journalisten leben immer gefährlicher

(Mexiko-Stadt, 3. Mai 2007, cimac-poonal).- Wie das MexikanischeNetzwerk zum Schutz der Pressefreiheit (Red Mexicana de Protección a Periodistas y Medios de Comunicación) anlässlich des Internationalen Tags der Pressefreiheit am 3. Mai bekannt gab, sind in den Jahren 2000-2007 in Mexiko 32 Journalisten ermordet worden und fünf verschwunden. Darüber hinaus wurden gegen sieben Medieneinrichtungen Attentate verübt.

Rogaciano Méndez von der Nationalen Gewerkschaft der Pressearbeiter (Sindicato Nacional de Redactores de la Prensa) wies auf einer Protestkundgebung anlässlich des Internationalen Tags der Pressefreiheit vor dem Gebäude der Mexikanischen Generalstaatsanwaltschaft darauf hin, dass Mexiko hinter Kolumbien auf Grund der gestiegenen Anzahl ermordeter Journalisten mittlerweile zum zweit gefährlichsten Land für die Ausübung dieses Berufs geworden ist und dass bisher keiner der erwähnten Fälle, in denen Journalisten ermordet wurden oder verschwanden, aufgeklärt worden ist. Méndez forderte wie die anderen Kundgebungsteilnehmer Mexikos Präsident Felipe Calderón dazu auf, sein Wort zu halten, so schnell wie möglich Licht in die Fälle zu bringen und die Verantwortlichen der Verbrechen zu bestrafen.

Ebenfalls am 3. Mai stellte die Organisation Reporter ohne Grenzen ihre neue Liste „Die größten Feinde der Pressefreiheit“ vor. Sie umfasst 34 Feinde, darunter in diesem Jahr zum ersten Mal auch die mexikanischen Drogenkartelle, die für Morde an mehreren Journalisten verantwortlich gemacht werden.

Kirchlicher Widerstand gegen liberales Abtreibungsgesetz

Von Gerold Schmidt

(Mexiko-Stadt, 2. Mai 2007, npl).- Auch wenn der Vatikan jüngst die Vorhölle abschaffte, so sehen konservative mexikanische Kirchenkreise die Seelen von Hauptstadt-Bürgermeister Marcelo Ebrard und zahlreicher Ratsabgeordneter in höchster Gefahr. Eine Woche, nachdem eine breite Mitte-Links-Mehrheit der Lokalparlamentarier ein li
berales Abtreibungsgesetz für Mexiko-Stadt verabschiedete, schlagen die Wogen immer noch hoch. Viele Gegner der Reform, allen voran Erzbischof Kardinal Noberto Rivera, wollen sich mit ihrer Niederlage nicht abfinden.

Die Kirche droht denjenigen, die für die Straffreiheit der Abtreibung in den ersten zwölf Schwangerschaftswochen stimmten, mit der Exkommunikation. Ein Bischof sprach gar von „Hitlerianern“. Das Personal im Gesundheitssektor der Hauptstadt wird offen zur Dienstverweigerung aus Gewissensgründen aufgefordert. Bürgermeister Ebrard, der das Votum der Stadtversammlung so schnell wie möglich umsetzen will und Informationskampagnen unter anderem an Schulen angekündigt hat, ist von der Kirchenhierachie zum „kleinen Diktator“ befördert worden. Er miniere das Recht.

Doch die Mexiko-Stadt regierende links-gemäßigte Partei der Demokratischen Revolution (PRD) weiß in der Abtreibungsfrage den größeren Teil der Bevölkerung und fast alle Oppositionsparteien hinter sich. Anders als noch vor Jahren steckt sie diesmal nicht zurück. Ebrard erwiderte dem Kardinal: „Wir sind im 21. Jahrhundert, nicht im 16. Einmal in der Offensive, überlegt die Stadtverwaltung, mehrere Grundstücke von der Kirche zurück zu fordern. Sie waren dem Erzbistum vor fünf Jahren für nie ausgeführte Erweiterungsbauten im Umfeld der Basilika von Guadalupe, der wichtigsten Pilgerstätte Mexikos, überlassen worden.

Dieses Beispiel zeigt, dass es beim aktuellen Konflikt um mehr als die Abtreibungsfrage geht. Seit dem Jahr 2000 stellt die klerikal-konservative Partei der Nationalen Aktion (PAN) den mexikanischen Präsidenten. Die katholische Kirche hat das zu Versuchen genutzt, an Einfluss zu gewinnen und die in der Verfassung klar festgeschriebene Trennung zwischen Kirche und Staat aufzuweichen. Ihr eiferndes Engagement gegen die Abtreibungsreform ist durchaus ein weiterer Testballon, der von der PAN durch Spots in den Medien begleitet wurde.

Allerdings könnte ein Boomerang daraus werden. Obwohl fast 90 Prozent der mexikanischen Bevölkerung Katholiken sind, folgen sie der Kirche in Fragen der Doktrin nur sehr bedingt. Die Partei der Demokratischen Revolution, in der Hauptstadt wegen ihres Pragmatismus und häufiger Scheu vor heißen Eisen zunehmend der Profillosigkeit angeklagt, hat Stärke und Geschlossenheit zurück gewonnen. Besonders gefährlich für die PAN: In Mexiko-Stadt stellten sich auf der lokalen Ebene auch Parteien gegen sie, auf deren für die absolute Mehrheit notwendigen Stimmen sie sich im Bundesparlament meistens verlassen kann.

Die konservative Partei scheint ihre Lehren daraus gezogen zu haben. Zwar schließt sie eine Verfassungsklage gegen die Abtreibungsreform nicht völlig aus. Zudem hat der PAN-Gesundheitsminister erklärt, Hauptstadt-Krankenhäuser unter Verantwortung der Zentralregierung seien nicht verpflichtet, abtreibungswillige Frauen zu behandeln. Doch andererseits gehen Parteimitglieder auf vorsichtige Distanz zur Kirche und rufen zu rhetorischer Mäßigung auf.

Proteste gegen neues Rentengesetz

(Buenos-Aires, 2. Mai 2007, púlsar-poonal).- In ganz Mexiko istes am 2. Mai zu Streiks und Protestmärschen gekommen, bei denen Arbeiter, Studenten und soziale Organisationen das von der Sozialversicherungsbehörde Mexikos (Instituto de Seguridad y Servicios Sociales de los Trabajadores del Estado, ISSSTE) vorgelegte und vom Parlament im vergangenen März verabschiedete neue Rentengesetz zurückwiesen.

Das neue Gesetz beinhaltet u.a. eine Teilprivatisierung des Rentenwesens, indem die Renten der beim Staat angestellten und über das ISSSTE versicherten Arbeiter*innen künftig in Fonds angelegt werden. Zudem befürchten die Arbeiter*innen, dass die öffentliche Gesundheitsversorgung, die das ISSSTE seinen Versicherten bietet, langfristig privatisiert werden soll.

Die mexikanischen Gewerkschaften forderten die Regierung Calderón dazu auf, für bessere Arbeitsbedingungen zu sorgen und ihre Rechte zu achten. Die Protestaktionen, die Streiks v.a. im Bildungssektor und Straßenblockaden, mehrheitlich in Mexiko-Stadt, beinhalteten, wurden von der Gewerkschaft der Erziehungsarbeiter organisiert.

Kein Einwanderungsabkommen mit USA in Sicht

Von Hypatia Velasco Ramírez

(Mexiko-Stadt, 3. Mai 2007, cimac-poonal).- Auch wenn die mexikanische Regierung dazu  verpflichtet ist, die Rechte der mexikanischen Migranten in den USA zu verteidigen, gibt es derzeit keine Verhandlungen Mexikos mit den USA über ein Einwanderungsabkommen, auch wenn in der vergangenen Regierungsperiode unter Vicente Fox das Gegenteil behauptet wurde. Das gab der Regierungsberater für internationale Beziehungen in Michoacán, Carlos Heredia, bekannt und fügte hinzu: „Die Erklärung dafür haben die politisch Verantwortlichen zu liefern“.

In den Vereinigten Staaten leben rund 100 Millionen Mexikaner, die Mehrheit von ihnen in Kalifornien und Texas (39 bzw. 23 Prozent). Nach Angaben der Internationalen Organisation für Migration verfügen mehr als die Hälfte der in den USA lebenden mexikanischen Migranten, nämlich54 Millionen, über keinen Zugang zum Gesundheitssystem. Der Prozentsatz liegt bei Migranten anderer Herkunft und den US-Amerikanern selbst bedeutend niedriger, nämlich bei 25% bzw. 13%.

GUATEMALA-USA

Kongress der USA fordert Untersuchung von Frauenmorden

(Guatemala-Stadt, 2. Mai 2007, cerigua-poonal).- DasRepräsentantenhaus der USA hat eine Resolution verabschiedet, die die Regierung Guatemalas dazu auffordert, die rund 2000 Morden an Frauen, die in Guatemala seit 2001 dokumentiert worden sind, aufzuklären.

Die jetzt verabschiedete Resolution 100 war im Dezember 2006 von der kalifornischen Kongress-Abgeordneten Hilda Solís eingebracht worden. Hilda Solís zeigte sich überzeugt davon, dass die Ratifizierung ihrer Resolution für die guatemaltekische Bevölkerung von Nutzen sei, denn jetzt stünden die zuständigen Behörden und Beamt*innen unter größerem Druck, die bislang registrierten Fälle aufzuklären.

In einer Mitteilung des Pressebüros von Solís heißt es, dass die Regierung Guatemalas in der Resolution ermahnt wird, Untersuchungen darüber durchzuführen, welche Ursachen und Folgen die Frauenmorde haben. Zudem wird an die internationale Gemeinschaft appelliert, die betroffenen Familien in ihrem Kampf für Gerechtigkeit zu unterstützen. Weiterhin fordert die Resolution die guatemaltekische Regierung dazu auf, häusliche Gewalt als Straftat zu verfolgen. Die staatlichen Stellen werden dazu angehalten, Gender-Aspekte in ihre jeweilige Arbeit mit einzubeziehen und es wird die Notwendigkeit unterstrichen, finanzielle Mittel für die Untersuchung des Phänomens der Frauenmorde bereit zu stellen. Zudem sollen die im Fall von Frauenmorden ermittelnden Beamt*innen speziell für das Thema Gewalt gegen Frauen sensibilisiert werden. Schließlich verurteilt die Resolution die guatemaltekische Regierung dafür, keine wirksamen Maßnahmen zum Schutz der Frauen zu ergreifen sowie die bisherigen Morde nicht umfassend aufgeklärt zu haben.

Die Resolution war von zahlreichen Menschenrechtsorganisationen unterstützt worden, darunter Amnesty International, das Washington Office on Latin America (WOLA) und das Central American Resource Center (Centro de Recursos Centroamericanos, CARECEN).

KOLUMBIEN

Uribe bittet US- Kongress um Verabschiedung des Freihandelsabkommens

(Buenos Aires, 5. Mai 2007, púlsar).- Der kolumbianischePräsident Álvaro Uribe hat während einer Reise in die Vereinigten Staaten den us-amerikanischen Kongress darum gebeten, das von beiden Ländern unterzeichnete Freihandelsabkommen (Tratado de  Libre Comercio, TLC) noch vor den kolumbianischen Regionalwahlen im Oktober diesen Jahres zu ratifizieren.

Es ist das erste Mal, dass der kolumbianische Staatschef eine Frist für die Verabschiedung des Vertrags erwähnt. Uribe, der in den Vereinigten Staaten einen offiziellen dreitägigen Staatsbesuch absolvierte, wies darauf hin, dass die Gesetzgeber „bedenken müssen, dass es richtige Momente gibt, um richtige politischen Entscheidungen zu treffen“.

Auch US-Präsident Bush forderte bei einer gemeinsamen Pressekonferenz mit Uribe den Kongress dazu auf, das Freihandelsabkommen mit Kolumbien zu bestätigen. Er erweiterte diese Aufforderung auch auf die mit Peru und Panama unterzeichneten Freihandelsabkommen und versicherte, dass alle drei Freihandelsabkommen „strategische Bedeutung“ für die Vereinigten Staaten hätten.

Massengräber gefunden

(Buenos-Aires, 27. April 2007, púlsar).- Nach Hinweisen einesehemaligen Anführers einer paramilitärischen Einheit sind im Osten der kolumbianischen Provinz Meta 52 Massengräber entdeckt worden. Wie die kolumbianische Generalstaatsanwaltschaft in einer ersten Erklärung bekannt gab, wurden in den Gräbern die Knochenreste von 78 Opfern paramilitärischer Gruppen gefunden.

Im weiteren Verlauf der Untersuchungen stieg die Anzahl der Leichen auf 500 an, ohne dass die Exhumierungen für abgeschlossen erklärt werden konnten. Aus diesem Grund bat Generalstaatsanwalt Mario Iguarán für die Suche nach weiteren Opfern um internationale Hilfe. Iguarán erklärte, der Fund zeige, dass “jene, die die paramilitärischen Aktivitäten unterstützt haben, nicht ihre Sicherheit erkauft, sondern den Terrorismus finanziert haben”.

Im Verlauf der Exhumierungen erhob der Interamerikanische Menschenrechtsgerichtshof Anklage gegen den kolumbianischen Staat, nachdem in den Massengräbern auch die Überreste von fünf Kindern und zwei Jugendlichen im Alter von 15 und 17 Jahren entdeckt worden waren. Es wurde weiterhin bekannt, dass es sich bei den Leichenfunden um die sterblichen Überreste von Bauern handelt, die durch die paramilitärische Gruppe „Héroes del Meta y Guaviare“ – „Helden von Meta und Guaviare“ – ermordet worden sind.

VENEZUELA

Staat übernimmt Kontrolle über Ölförderung im Orinoco-Becken

(Buenos Aires, 2. Mai 2007, púlsar).- Der venezolanische Staathat offiziell die Kontrolle über die Erdölförderanlagen im Orinoco-Becken übernommen und damit die in den 90er Jahren eingeleiteten Privatisierungen der venezolanischen Erdölindustrie beendet.

In den letzten Wochen hatten die in der Region aktiven transnationalen Unternehmen beim Energie- und Erdölministerium Einverständniserklärungen unterschrieben, in denen festgelegt wird, dass sich die neuen Betreiberfirmen künftig aus unterschiedlichen Kapitaleignern zusammen setzen müssen. So werden die neuen Betreiberfirmen zu Tochtergesellschaften des staatlichen venezolanischen Erdölkonzerns PDVSA, der mindestens 60% der Aktien halten wird. Diese Vorgaben sollen bis spätestens zum 26. Juni umgesetzt werden.

Das im Osten des Landes gelegene Orinoco-Becken verfügt weltweit über die größten Rohöl-Vorkommen.

ECUADOR

Ecuador erklärt Weltbankvertreter zur “Persona non grata”

(27. April 2007, alai-poonal).- Die Regierung von Rafael Correa hat denVertreter der Weltbank in Ecuador, Eduardo Somensantto, zur “Persona non grata” erklärt. Der ecuatorianische Wirtschaftsminister Ricardo Patiño gab bekannt, die Ausweisung Somensanttos verdeutliche Ecuadors Ablehnung der Weltbankpolitik. Somensantto, der sich zum Zeitpunkt der Veröffentlichung der Erklärung nicht in seinem Büro in Ecuador, sondern in Washington aufhielt, wird Ecuador künftig nicht mehr betreten dürfen.

Nachdem am 15. April die Bevölkerung Ecuadors in einer Volksabstimmung mehrheitlich für Correas Projekt der Einberufung einer Verfassungsgebenden Versammlung zur Ausarbeitung einer neuen Verfassung gestimmt hatte, kündigte der Präsident legale Schritte gegen die Weltbank an. Zuvor hatte Correa die Weltbank dazu aufgefordert, eine befriedigende Erklärung darüber abzugeben, warum die Weltbank im April 2005 die Auszahlung eines von ihr bewilligten Kredits über 100 Millionen US-Dollar für Ecuador verweigerte. Zu diesem Zeitpunkt war Correa Finanzminister in der Regierung von Alfredo Palacio.

Hintergrund der Weigerung der Weltbank, den Kredit auszuzahlen, war eine Entscheidung des ecuatorianischen Kongresses, die Konditionen des Wirtschafts- und Investitionsfonds FEIREP, der 2002 geschaffen wurde und nicht Teil des ecuatorianischen Staatshaushaltes war, neu zu definieren. Der FEIREP legte in seiner ursprünglichen Version fest, dass die Einnahmen aus Ecuadors Ölverkäufen zu 70% für die Erbringung des Schuldendienstes, zu 20% für den Wiederaufbau nach Naturkatastrophen und lediglich zu 10% für Investitionen im Sektor Bildung und Gesundheit zu verwenden seien. Durch die von Correa im Jahr 2005 vorgeschlagene und den Kongress bewilligte Reform wurde festgelegt, dass künftig 40% der Fondsgelder in Investitionen im Wirtschaftssektor und zur Begleichung der Auslandsschulden, 30% in Investitionen im Bildungs- und Gesundheitssektor, 20% in die Katastrophenhilfe und 10% in Investitionen im Wissenschafts- und Technologiebereich fließen.

Neben der Sperrung des schon zugesagten Kredits über 100 Millionen US-Dollar hatte die Weltbank als Antwort auf die damals im Kongress verabschiedete Reform des FEIREP auch Druck auf die ecuatorianische Regierung ausgeübt, Correa als Finanzminister zu entlassen. Vor diesem Hintergrund erklärte Eric Toussaint, belgischer Präsident des Komitees für den Schuldenerlass der Dritten Welt, dass die jetzige Entscheidung der ecuatorianischen Regierung „sehr wichtig ist, denn die Weltbank hat systematisch den vierten Artikel ihrer Statuten verletzt, der ihr eine Einmischung in das politische Geschehen eines Landes oder ein Urteil über die dortigen Regierungen verbietet“.

Ecuador schuldet der Weltbank derzeit 748,2 Millionen US-Dollar. In diesem Jahr muss das Land 80 Millionen Dollar an die Weltbank überweisen. Correa hat jedoch verfügt, dass Ecuador bei der Weltbank keine neuen Kredite mehr beantragen wird. Auch vom Internationalen Währungsfonds wird Ecuador keine Kredite mehr erhalten, nachdem das Land früher als festgeschrieben an den IWF 11,4 Millionen US-Dollar überwiesen hatte, um so die Schulden des letzten vom IWF vergebenen Kredits aus dem Jahr 2003 zu begleichen. Ähnliche Maßnahmen hatten zuvor schon Brasilien, Argentinien und Venezuela ergriffen und so eine Einmischung des IWF in ihre Wirtschafts- und Finanzpolitik zurückgewiesen.

BRASILIEN

Landarbeiter in Pará getötet

(Buenos Aires, 2. Mai 2007, adital-poonal).- Am vergangenenMittwochmorgen wurde ein Camp der Landlosenbewegung MST (Movimento dos Trabalhadores Rurais Sem Terr
a) im Bundesstaat Pará überfallen. Das Camp befindet sich auf der vom MST besetzten Fazenda São Felipe in der Gemeinde Irituia, 140 km von Belém, der Hauptstadt des Bundesstaates Pará, entfernt. 50 bewaffnete Männer, unter ihnen sollen sich nach Angaben des MST aus Pará auch Militärpolizisten aus Irituia befunden haben, drangen bei dem Überfall am 2. Mai in das Lager des MST ein und schossen auf die dort Anwesenden. Dabei wurden der Landarbeiter Antonio Santos de Carmo durch Schüsse in die Brust und den Hals getötet und mindestens drei weitere Personen verletzt.

Die Besetzung der circa 12 Tausend Hektar großen Fazenda durch den MST hatte am 3. Januar begonnen. Seitdem wurden die dort campierenden Landarbeiter immer wieder von Schlägerbanden, der Militärpolizei und von Zé Anísio, einem Angestellten der Fazenda, bedroht. Zé Anísio, der vom MST auch als „Grundbuchfälscher“ bezeichnet wird, soll auch der Anführer des Überfalls vom vergangenen Mittwoch sein.

Nach dem Überfall informierte der MST, dass die verletzten Arbeiter von der örtlichen Polizei mitgenommen worden seien, bis zum Moment sei jedoch unklar, in welchem Krankenhaus sie sich befänden. Sprecher des MST forderten „von der Regierung des Bundesstaates die sofortige Festnahme der Verantwortlichen und des Grundbuchfälschers Zé Anísio sowie die Bestrafung der Militärs, die in diesen Vorfall involviert gewesen sind“. Darüber hinaus bestand die Landlosenbewegung auf die sofortige Schaffung eines Besiedelungsplans für das Gebiet der Fazenda.

Der Großgrundbesitz São Felipe ist Teil eines Komplexes von öffentlichen Ländereien und wurde schon vor über fünf Jahren von der staatlichen Behörde für Landbesiedlung und Agrarreform(Instituto Nacional de Colonização e Reforma Agrária, INCRA) im Hinblick auf eine Enteignung geprüft, diese ist jedoch bis heute nicht vollzogen worden.

Debatte über Legalisierung von Abtreibung

(Buenos-Aires, 30. April 2007, púlsar).- In BrasiliensÖffentlichkeit wird seit einigen Tagen eine Debatte über Schwangerschaftsabbrüche geführt, nachdem der brasilianische Gesundheitsminister José Gomes Temporão erklärt hatte, dass eine nationale Diskussion über die Legalisierung von Abtreibung notwendig sei und seine Äußerungen für Schlagzeilen auf den Titelseiten der Tageszeitungen sorgten.

Unmittelbar nach seinen Äußerungen wurde José Gomes Temporão im Bundesstaat Ceará von katholischen und evangelische Gruppen mit Protesten und Demonstrationen empfangen. Laut Verteidiger der Legalisierung von Abtreibung stellen sich die konservativen Sektoren Brasiliens gegen eine profunde Diskussion über das Thema und verhindern im Kongress seit nunmehr 16 Jahren die Umsetzung eines Gesetzesvorhabens zur Legalisierung von Abtreibung. Auch jetzt gibt es noch keine Entscheidung darüber, wann und wie ein angekündigtes Plebiszit zum Thema durchgeführt werden soll.

Die Weltgesundheitsorganisation schätzt, dass die Hälfte der Schwangerschaften in Brasilien ungeplant sind und ein Drittel von ihnen unterbrochen wird. Im Jahr 2006 wurden in öffentlichen Gesundheitszentren Brasiliens zwei Millionen legale Abtreibungen vorgenommen. Diese geschahen bei Schwangerschaften nach Vergewaltigungen oder wenn Gefahr für das Leben der Mutter bestand, die einzigen Gründe, aus denen in Brasilien legal abgetrieben werden darf.

Festnahmen nach Besetzung eines kommerziellen Radiosenders

(Buenos-Aires, 30. April, púlsar-poonal).- In Brasilien wurdenam vergangenen Freitag 50 Mitglieder der Bewegung für freie Basisradios festgenommen, nachdem sie den kommerziellen Radiosender AM San Roque in Faxinal do Soturno im Bundesstaat Rio Grande do Sul besetzt hatten. Der Radiosender ist Eigentum des Präsidenten der Regionalen Telekommunikationsvereinigung (Associação regional de telecomunicações). Unter den verhafteten Besetzern befand sich auch der Koordinator des Südbereichs der Brasilianischen Vereinigung für Community-Radios (Associação Brasileira de Radiodifusão Comunitária, Abraço), Antonio Marques dos Santos.

Die Besetzung geschah aus Protest gegen die willkürliche Zuteilung von Radiofrequenzen und sollte auf die fehlende Demokratie in der brasilianischen Medienlandschaft hinweisen.

Aus Anlass der Protestaktion erklärte der Abgeordnete der Arbeiterpartei PT, Raul Pont, dass die Nationale Agentur für Telekommunikation (Agencia Nacional de Telecomunicações, Anatel) „eine Agentur ist, die die Monopole und großen Unternehmen der Medienbranche verteidigt“.  Pont erklärte zudem, dass die kommerziellen Sender nicht wie die Community-Radios verfolgt würden. So dulden die Autoritäten, dass 209 kommerzielle Radiosender als Piratensender arbeiten, während täglich jedoch mindestens ein Community-Radio dazu gezwungen wird, die Sendung abzusetzen. Allein im Jahr 2005 schloss die Brasilianische Vereinigung für Radio und Telekommunikation mehr als 1800 Community-Radios.

LATEINAMERIKA

Erster Gipfel von Migrant*innen

Von Torge Löding

(San José, 8. Mai 2007, voces nuestras).- Über Migration geredet wird viel, aber selten kommen die Betroffenen selbst zu Wort. Das soll sich nun ändern: Zum ersten Mal treffen sich vom 10. – 13. Mai im mexikanischen Morelia Verteter von Migrantengruppen, um Erfahrungen auszutauschen und gemeinsame Forderungen zu formulieren: von Migrant zu Migrant.

„Beim ersten Gipfeltreffen der Migranten erwarten wir mehr als 400 Teilnehmer aus Lateinamerika und der Karibik. Darunter zum Beispiel Bolivianer, die in Argentinien leben, Mittelamerikaner aus den USA oder Mexikaner aus Spanien. Gemeinsam wollen wir eine lateinamerikanische Vision entwickeln“, sagt Quxabel Cárdenas. Die aus Honduras stammende Nicaraguanerin lebt in Costa Rica und gehört zu den Organisatoren des Gipfeltreffens.

„Unser Kontinent ist ein Kontinent der Migranten. In praktisch allen Gesellschaften der Länder Amerikas spielt Migration eine große Rolle. Genau wie Migration in den vergangenen Jahrzehnten zugenommen hat, sind in allen Ländern Organisationen von Migranten entstanden. Diese Organisationen teilen die Perspektive zum Aufbau gesunder Gemeinden, sowohl in dem Land in dem sie heute leben als auch in ihrem Herkunftsland“, heißt es in dem Aufruf zum Gipfeltreffen, in dessen Organisationskomitee sich 18 Migrantenorganisationen aus verschiedenen Ländern zusammen geschlossen haben.

Unterstützt wird das Treffen aus Costa Rica von Organisationen wie der lutherischen Kirchengemeinde aus dem Migrantenviertel La Carpio oder der Vereinigung der Hausangestellten ASTRADOMES. In Costa Rica sind mehr als die Hälfte der Hausangestellten Migrantinnen, sehr oft Nicaraguanerinnen. Auf dem Gipfeltreffen werden sie einen ersten Erfolg vorstellen können: Kürzlich beschloss das Parlament ein neues Gesetz, nach dem die maximale tägliche Arbeitszeit für Hausangestellte von 17 Stunden auf 12 Stunden gesenkt wurde. „Das sind immer noch Zustände wie vor mehr als 100 Jahren, nun kämpfen wir für den 8-Stunden-Tag. Aber es ist ein erster Erfolg“, sagt Quxabel Cárdenas, die das nicaraguanische Netzwerk für Migration in Co
sta Rica im Organisationskomitee vertritt. „Auf dem Gipfeltreffen wird die nicaraguanische Migration in andere Länder Mittelamerikas eine wichtige Rolle spielen. Bisher ging der Diskurs eher nur um die Folgen der Migration in die USA, alles andere wurde vernachlässigt“, sagt Cárdenas.

Cárdenas berichtet aber auch von Schwierigkeiten bei der Organisierung des Gipfels: „Vielen Organisationen, die zum Thema Migration arbeiten, aber nicht selbst Migrantenorganisationen sind, ging der Grad unserer Selbstorganisation dann doch zu weit. Sie zogen sich zurück und stellen auch keine Mittel zur Verfügung.“ Als einzige internationale Organisation unterstützt die niederländische Entwicklungsagentur HIVOS den Gipfel.

Weitere Informationen: www.cumbredemigrantes.org

Herausgeber: Nachrichtenpool Lateinamerika e.V. Köpenicker Straße 187/188, 10997 Berlin, Tel.: 030/789 913 61 e-mail: poonal@npla.de, Internet: http://www.npla.de/

Redaktion in Mexiko: Kristin Gebhardt, Wolf-Dieter Vogel Tel./Fax.: 0052-55-55541480, e-mail: poonalmex@npla.de

Koordination in Berlin: Eva Völpel

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