Poonal Nr. 642

Deutsche Ausgabe des wöchentlichen Pressedienstes lateinamerikanischer Agenturen vom 5. Oktober 2004

Inhalt


 

Mazahua-Frauen gründen zapatistisches

GUATEMALA

NICARAGUA

VENEZUELA

Ombudsmann für Menschenrechte

ECUADOR

BRASILIEN

BOLIVIEN

URUGUAY

CHILE

LATEINAMERIKA


 

MEXIKO

Mazahua-Frauen gründen zapatistisches

(Buenos Aires, 29. September 2004, púlsar).- Vertreterinnen der indigenen Mazahuas haben sich zum "Heer der zapatistischen Frauen zur Verteidigung des Wassers" (Ejército de Mujeres Zapatistas por la Defensa del Agua) zusammengeschlossen. Sie fordern von der mexikanischen Regierung eine Reform, durch die natürliche Ressourcen als Angelegenheit der nationalen Sicherheit eingestuft werden.

Die Mazahua-Frauen aus dem Bundesstaat Mexiko klagen Zahlungen für Ernteausfälle ein, die durch die Überflutung des Staudamms Villa Victoria verursacht wurden. Sie verlangen auch die Wiedergutmachung von Umweltschäden, die durch den Betrieb der Wasserverteiler in der Ortschaft Cutzamala entstanden sind. Weiter fordern sie eine Entschädigung von zwei Millionen Pesos (ca. 142.000 Euro) und die Rückgabe von 34 Hektar Gemeindeland an den Ort San Isidro. Das Land wurde vor 25 Jahren zugunsten der Staatlichen Wasserkommission CONAGUA (Comisión Nacional del Agua) enteignet.

Außerdem fordern sie, dass die nötigen Infrastrukturmaßnahmen ergriffen werden, um eine Trinkwasserversorgung in ihren Gemeinden einzuführen. Zudem sollen Agrar- und Ökotourismusprojekten im Bundesstaat Mexiko staatlich unterstützt werden.

Darüber hinaus baten sie um eine Anhörung beim Verteidigungsminister Clemente Vega, um das Thema des Wassers als Angelegenheit der nationalen Sicherheit zu behandeln. Für Victoria Martínez Arriaga, eine der 25 Mazahua-Kommandantinnen, ist die in Artikel 27 der Verfassung verankerte staatliche Wasserpolitik ungerecht, da sie ausschließlich die Bewohner der großen Städte begünstige. Die Verarmung, die diese Politik in Gemeinden erzeuge, denen das Wasser entzogen wird, werde nicht berücksichtigt. Zudem fordert Arriaga im Namen der Mazahuas eine neue Wasserversorgungspolitik, die eine nachhaltige Entwicklung der indigenen Gemeinden beinhaltet.

GUATEMALA

Journalist ermordet

(Guatemala-Stadt, 29. September 2004, cerigua-poonal).- Die Kommission für Pressefreiheit der Vereinigung Guatemaltekischer Journalisten APG (Comisión de Libertad de Prensa de la Asociación de Periodistas de Guatemala) verurteilte den Mord am Generalsekretär des Nationalen Pressekreises CNP (Círculo Nacional de Prensa) Miguel Ángel Morales und die Drohungen gegen den Journalisten César Augusto Lopez Valle aufs Schärfste.

Nach aktuellen Informationen wurde Morales am 28. September nachts erschossen, während er mit seiner Frau Haidé Herlinda de León auf dem Weg in den Bezirk Izabal war, um persönliche Angelegenheiten zu regeln. Der Mord trug sich auf der Höhe des Kilometers 36 der zum Atlantik führenden Landstrasse zu. Morales Frau sagte, dass ein von mehreren Männern gefahrenes weißes Auto ohne Nummernschild angefangen habe, zickzack zu fahren. Als sie den Fahrzeug Vorfahrt gewährt hätten, im Glauben, dass der Fahrer unter Alkoholeinfluss stünde, stieg nach wenigen Metern ein Mann aus und erschoss Ángel Morales, ohne ein Wort zu verlieren.

Die APG prangerte weiterhin an, dass der Journalist und Leiter des Magazins "Panorama de Retalhuleu" Cesar Augusto López am 25. September eine Morddrohung von Militärs erhalten habe, die der Vereinigung der Militärveteranen Guatemalas AVEMILGUA (Asociación de Veteranos Militares de Guatemala) zuzuordnen sei. Die Drohung wurde im Rahmen einer Gemeindeversammlung im Dorf Sibaná, El Asintal, Retalhuleu ausgesprochen.

Aurelio Pérez, Schatzmeister einer Unterabteilung von AVEMILGUA näherte sich López, packte ihn am Hals und sagte ihm, dass er ihn eliminieren würde. López Valle glaubt, dass der Grund für den Angriff ein von ihm verfasster und in seinem Magazin veröffentlichter Artikel ist, in dem er die Nutzung einer Schule für ein Treffen der Mitglieder der Zivilpatrouillen PAC (Patrullas de Autodefensa Civil) mit dem General und derzeitigen Kongressabgeordneten Otto Pérez Molina kritisiert.

Außerdem wurde bekannt gemacht, dass Journalisten in der Region Retalhuleu nach der gewaltsamen Räumung der Finca Nueva Linda verunsichert seien und Angst vor Repressalien hätten. Bei Auseinandersetzungen zwischen Bauern und der Polizei während der Räumung Ende August starben elf Personen, sieben Journalisten wurden verletzt.

Familiäre Geldsendungen aus dem Ausland sind Hauptdevisenquelle

(Guatemala, 30. September 2004, cerigua-poonal).- Die Geldsendungen von guatemaltekischen Migranten aus dem Ausland, vor allem aus den USA, haben in der Zeit von Januar bis August 2004 den Wert von einer Milliarde Dollar überschritten. Damit übersteigen sie die Höhe der Deviseneinkünfte des Landes aus Exportgeschäften mit Zucker, Kaffee, Kardamom, Erdöl und nicht traditionellen Produkten.

Diese Geldsendungen sind die Hauptdevisenquelle des Landes. Damit wird deutlich, dass der Staat selbst nicht in der Lage ist, ausreichend Beschäftigung und Gehälter für ein würdiges Leben seiner Bürger bereit zu stellen, sagte Eduardo Velásquez, Dekan der Fakultät für Wirtschaftswissenschaften der Universität San Carlos de Guatemala (USAC).

Velásquez erklärte, durch diese Einkünfte verfüge die Bevölkerung über größere Möglichkeiten, um ihr Leben zu verbessern, das Studium, die Wohnung und Kleidung zu bezahlen und sogar eigene Geschäfte zu eröffnen. Laut einer Untersuchung der Internationalen Organisation für Migration (OIM) erhält der Südwesten des Landes die größte finanzielle Unterstützung und ist damit die bei weitem meistbegünstigte R
egion des ganzen Landes.

Der beschleunigte Anstieg der Überweisungen in den letzten Jahren lässt sich auf die gesunkenen Transaktionskosten, die Erweiterung des Services der Banken, die Investitionen und Steuervergünstigungen für Kleinstunternehmen sowie auf die Beteiligung von Migrantenvereinigungen zurückführen, ergab die Untersuchung von OIM.

Menschenrechtsvertreter erklärten, dass abgesehen von diesen signifikanten Folgen der Geldsendungen die Regierung bisher nicht in der Lage war, konkrete Vorschläge für eine Garantie der Rechte der Migranten zu entwickeln. Dies gelte hauptsächlich für Menschen, die ohne Dokumente in die Vereinigten Staaten einreisen.

Antikorruptions-Staatsanwälte bedroht

(Guatemala-Stadt, 17. September 2004, cerigua-poonal).- Wenige Tage, nachdem die Antikorruptionsabteilung der Staatsanwaltschaft Untersuchungen über zweifelhafte Kapitalbewegungen beim Militär begonnen hatte, erhielten mehrere in die Untersuchungen involvierte Anwälte Drohanrufe und fühlen sich von Autos verfolgt.

So berichtete nach Darstellung einer lokalen Tageszeitung einer der betroffenen Anwälte, dass Mitglieder der Staatsanwaltschaft, die die Fälle untersuchen, zu Fuß und im Auto verfolgt worden seien. Zuvor waren sie am Telefon bedroht worden.

Der Grund ist, dass die Staatsanwaltschaft (Ministerio Público) zum aktuellen Zeitpunkt mehrere Fälle von Korruption in der Armee untersucht, die in der Amtsperiode der ehemaligen Regierung aufgetreten waren. Zu den Verdächtigen in den Korruptionsfällen gehören unter anderem die Ex-Verteidigungsminister Eduardo Arévalo Lacs und Álvaro Lionel Méndez Estrada sowie der frühere Chef des Obersten Präsidentenstabes Enrique Ríos Sosa.

Streit um neue Staudämme und Wasserkraftwerke

Von Jill Replogle und Roberto Roa

(Guatemala-Stadt, 28. September 2004, npl).- In Guatemala wird über das Für und Wider von Staudammprojekten gestritten. Jüngster Anlass ist das Vorhaben der Regierung, in der Region Rio Hondo im Südosten des mittelamerikanischen Landes ein neues Wasserkraftwerk zu errichten.

Gestaut werden soll der Rio Colorado, der einen Grossteil der Region mit Trinkwasser versorgt und die Bewässerung der Felder ermöglicht. Die Bevölkerung ist mehrheitlich gegen das Staudammprojekt, viele fürchten um ihre Existenzgrundlage. Sie verweisen auf das benachbarte Stauwerk Pasabién, das vor vier Jahren in Betrieb genommen wurde: Seitdem klagen Anwohner über Wasserknappheit und eine dramatische Verschlechterung der Wasserqualität.

"Früher hatten wir hier genug und sauberes Wasser," sagt Eliazar Castañeda, der in einer kleinen Gemeinde unterhalb des Pasabién-Staudamms lebt. "Heute sind wir alle gezwungen, unser Trinkwasser bei Pepsi zu kaufen." Sauberes Wasser gibt es seitdem nur noch aus den Kanistern, die bei dem US-Getränkeriesen abgefüllt wurden.

Angesichts dieser Erfahrung gibt es in Rio Hondo wenig Bereitschaft, einem weiteren Staudammprojekt zuzustimmen. Misstrauisch macht auch, dass es die Betreiber von Pasabién – das US-Unternehmen Hydro West Group und sein guatemaltekischer Partner – sind, die Rio Hondo II errichten wollen. Der Aktivist Mauricio Vázquez Mirín macht geltend, dass die potentiellen sozialen, ökologischen wie auch ökonomischen Folgen des Projektes zu groß seien. "Hier regnet es gerade mal 400 Millimeter im Jahr. Das ist so wenig, dass wir auf das Flusswasser angewiesen sind," so Vázquez. Landesweite Umweltorganisationen befürchten zudem, dass das Rio Hondo-Projekt das ökologische Gleichgewicht von Flora und Fauna in der gesamten Region beeinträchtigen werde.

Für Barriento Mejía von der Hydro West entbehren die Befürchtungen jeder Grundlage. Eine Wasserknappheit sei keinesfalls zu befürchten, und die Probleme mit Pasabién seien weit übertrieben. Wenn es Schwierigkeiten gebe, seien diese auf ausbleibenden Regen und einen verantwortungslosen Umgang seitens Behörden und Konsumenten mit dem Wasser zurückzuführen.

Der Streit um Rio Hondo hat zu einer Debatte um die Ausrichtung der guatemaltekischen Energiepolitik geführt. Die Regierung verspricht sich von der bisher wenig genutzten Wasserenergie positive Wirtschaftseffekte und neue Investoren. Zugleich würde die Abhängigkeit von fossilen, zumeist importierten Brennstoffen abnehmen.

Auch einige Ökologen und Politiker vor Ort sehen Vorteile bei modernen, umweltschonenden Staudammprojekten. So würden die Gemeinden von den Investitionen profitieren. Zugleich würde die lokale Industrie mit kostengünstigem Strom versorgt werden. Doch immer wieder zeigt sich, dass es zu Protesten kommt, wenn die betroffene Bevölkerung nicht an den Entscheidungsprozessen beteiligt wird.

Auch Hydro West-Sprecher Barrientos räumt ein, das nicht genug Überzeugungsarbeit geleistet wurde. Für den Ökologen Òscar Núñez ist der Konflikt eine logische Konsequenz mangelnder Transparenz: "Es war ein entscheidender Fehler seitens der Staudamm-Betreiber und der Investoren, dass sie sich in sozialer und ökonomischer Hinsicht nicht an die Gemeinde in Rio Hondo gewandt hat."

NICARAGUA

Verbraucherschutzinitiative kritisiert Trinkwasserprivatisierung

(Buenos Aires, 27.September 2004, púlsar).- In Nicaragua hat das landesweite Netzwerk für Verbraucherschutz die Regierung beschuldigt, das Trinkwasser privatisieren zu wollen. Die Koordinatorin der Verbraucherschutzinitiative Ruth Selma Herrera sagte, dass das Staatliche Unternehmen für Aquädukte und städtische Kanalisation (ENACAL) mit Einwilligung des Präsidenten Enrique Bolaños zum Verkauf stehe.

Die Leiterin der Organisation meinte, dass der Präsident dabei als Komplize auftrete, "die Bedürfnisse der Bevölkerung zu ignorieren und stattdessen das Verkaufsangebot unterstützt", das ausländischen Unternehmen gemacht worden sei. Zur Unterstützung ihrer Vorwürfe präsentierte Herrera das Ausschreibungspapier, auf dem mit der Modernisierung der Betreiberstruktur für das Trinkwasser und der städtischen Kanalisation geworben wird.

Laut Herrera hat die Interamerikanische Entwicklungsbank ein Darlehen von 13.900.00 US-Dollar zur Verfügung gestellt. Davon seien 11.600.000 US-Dollar für Investitionen in die ENACAL vorgesehen. Mit dem Verkauf seien verschiedene operative, kommerzielle und administrativ-finanzielle Prozesse sowie Werbung verbunden. Er würde einen Zeitraum von mindestens fünf Jahren in Anspruch nehmen.

Wenn der Plan in Kraft trete, so Herrera, könnten sich über 250.000 Nicaraguaner und Nicaraguanerinnen kein Trinkwasser mehr leisten. Das Wasser würde dann wie schon die Stromversorgung, die sich in den Händen eines spanischen Unternehmens befindet, zu einem Luxusartikel werden. Weil der Staat keine Mittel für den Bau von Wasserversorgungssystemen auf dem Land habe, sei nur 47 Prozent der Bevölkerung, etwa 2,5 Millionen Menschen, mit Trinkwasser versorgt.

VENEZUELA

Ombudsmann für Menschenrechte

(Fortaleza, 24. September 2004, adital-poonal).- Die venezolanische Menschenrechtsorganisation Provea (Programa Venezolano de Educación-Acción en Derechos Humanos) klagt den Ombudsmann für Menschenrechte Germán Mundaraín an, der Öffentlichkeit ihr garantiertes Recht auf Informationsfreiheit zu verweigern. Aus diesem Grund hat Provea den Nationalen Gerichtshof angerufen, um ihn zur Herausgabe der Informationen zu zwingen, auf die die Organisation seit dem 27. Mai dieses Jahres wartet. Es ist bereits das vierte Mal, dass Provea den höchsten Gerichtshof anruft, um die Einhaltung dieses von der Verfassung garantierten Rechts zu erreichen.

Marino Alvarado, der Anwalt der Menschenrechtsorganisation, erklärte, dass seine Organisation dem Ombudsmann bereits im Mai einen schriftlichen Antrag zugesandt habe, in dem Provea um Informationen bezüglich der folgenden Themen bittet: Verletzung des Rechts auf persönliche Integrität sowohl im zivilen als auch im militärischen Sektor; registrierte Übergriffe auf Menschenrechtsaktivisten oder Personen, die Menschenrechtsverletzungen bekannt gemacht haben sowie auf deren Angehörige im Zeitraum von September 2003 bis April 2004; eine Beurteilung dieser Fälle im Zusammenhang mit dem Handeln der Behörde für Menschenrechte sowie eine Beurteilung ihrer eigenen Rolle angesichts der Situation der Asylsuchenden, die von Kolumbien in die Gebirgsregion der Sierra de Perijá flüchten mussten und letztlich eine Analyse der Auswirkungen dieser Migrationsbewegung auf die lokale indigene Bevölkerung.

Mit dem Antrag sollten die für die Zusammenstellung des "Jährlichen Berichts von Provea zur Situation der Menschenrechte in Venezuela" benötigen Informationen beschafft werden. Dieser Bericht analysiert die Menschenrechtslage im Land auf der Grundlage von Informationen, die sowohl von staatlichen als auch von privaten Stellen stammen. Der Sprecher von Provea berichtete, dass sie sich "bereits seit Jahren offizieller Informationen bedienen. Seit 2002 hat der Ombudsmann für Menschenrechte jedoch seinen jährlichen Bericht nicht mehr herausgebracht, dem die Organisation die nötigen Informationen hätte entnehmen können. Und das, ohne extra einen Antrag stellen zu müssen."

ECUADOR

Meinungsfreiheit in Gefahr

(Quito, 25.September 2004, recosur-poonal).- Das Basisradio Radio FM La Luna aus Quito läuft Gefahr, von der Regierung Gutiérrez zensiert zu werden. Paco Velasco, Leiter des Senders, versicherte, innerhalb der Regierung gebe es Kräfte, die versuchten eine Einstellung des Sendebetriebes zu erreichen. Die Sanktionen sollten über die Ecuadorianische Rundfunkvereinigung durchgesetzt werden.

Die Drohungen finden im Rahmen einer verstärkten Kampagne der Regierung gegen kritische Medien statt. Präsidentensprecher Iván Oña verkündete, wer schlecht über die Regierung spreche oder "lüge", müsse sich vor der Justiz verantworten. Außerdem solle diesen Medien die Lizenz entzogen werden. Schon früher suchte der Präsident die Konfrontation mit der Presse: 2003 sandte er ein "Knebel-Gesetz" in den Kongress, welches dort abgelehnt wurde. Ferner beschuldigte er Journalisten der Verschwörung, widerrief dies jedoch später. Ecuador befindet sich derzeit im landesweiten Wahlkampf um 22 Gouverneursmandate.

Luis Dávila, Generalsekretär des lateinamerikaweiten Dachverbandes für Radio-Bildung ALER (Asociación Latinoamericana de Educación Radiofónica), dem auch der betroffene Sender aus Quito angehört, stellte sich hinter Radio La Luna. Die Pressefreiheit in Ecuador dürfe nicht angetastet werden. Dávila sagte dazu "die Versuche des Regimes, ein Radio zum Schweigen zu bringen, sind nichts weiter als ein verzweifelter Versuch einer autoritären Regierung, die keinerlei Rückhalt mehr in der Bevölkerung mehr genießt."

BRASILIEN

Kooperation zwischen Null-Hunger-Programm und Nestlé kritisiert

(Fortaleza, 28. September 2004, adital-poonal).- Eine der wichtigen Fragen, die während der "Woche des mütterlichen Stillens" (Semana del Amamantamiento Materno) vom 13. bis 17. September in Brasilien aufgekommen sind, betrifft die Zusammenarbeit zwischen dem Regierungsprogramm "Null Hunger" und dem Nestlé-Unternehmen.

Dem multinationalen Konzern wird in vielen Teilen der Welt vorgeworfen, nicht das internationale Regelwerk zum Handel mit Muttermilch-Substituten einzuhalten. Darüber hinaus wird Nestlé angeklagt, Hauptverursacherin für frühzeitiges Abstillen zu sein. Das internationale Netzwerk zum Schutz des Rechts auf Stillen IBFAN (Red Internacional en Defensa del Derecho de Amamantar) hat einen Brief an den brasilianischen Präsidenten Ignacio "Lula" da Silva geschickt. Dort wird dem Konzern Nestlé inkohärentes Verhalten vorgeworfen.

Für Luciana Peregrino, Repräsentantin des Netzwerkes IBFAN in Pernambuco, besteht der Grund für die Kritik in der eindeutigen Unvereinbarkeit der Ziele des Programms "Null Hunger" und denen von Nestlé. "Die Evaluierung des Konzerns fällt äußerst negativ aus, zumal Nestlé eine willkürliche Marketingstrategie für seine Milchpulver-Produkte entwickelt hat. Wenn die Regierung ein Projekt im Rahmen des Regierungsprogramms machen möchte, um Ernährungssicherheit für die Bevölkerung zu gewährleisten, muss sie beachten, dass das Stillen die wichtigste Form von Ernährungssicherheit darstellt. Eine Zusammenarbeit mit dem Konzern Nestlé ist ethisch nicht zu vertreten", betont die Beraterin.

Der Nestlé-Konzern seinerseits verteidigt sich, in dem er die günstigen Zahlen im Zuge des Null- Hunger-Programms hervorhebt, die seit 2003 von Nestlé unterstützt werden. Dazu gehört zum Beispiel die Auftaktkampagne der Vereinigung Junta Brasil, wo 248 Häuser verlost wurden. Die Firma Nestlé stellte für jedes geschenkte Haus dem Programm "Null Hunger" 40.000 Reales in Naturalien zur Verfügung. Laut Nestlé konnten davon 443.000 brasilianische Kinder profitieren.

Der vom Netzwerk IBFAN unterschriebene Brief an den Präsidenten Lula macht darauf aufmerksam, dass die Schenkung von kommerziellen Milchprodukten (sei es pulverförmig oder flüssig) zur falschen Anwendung in der Ernährung mit Milchprodukten führen kann. "Im allgemeinen sind Mütter, die in prekären Verhältnissen leben, gezwungen, die Pulvermilch zu stark zu verdünnen, um auf diese Art und Weise zu sparen". Diese Art des Haushaltens führt dann zu Unterernährung und zum Tod von Tausenden von Kindern, denen das Recht auf das mütterliche Stillen in den ersten Lebensmonaten genommen wurde.

BOLIVIEN

Koka-Bauer von Militärs erschossen

(Buenos Aires, 29. September 2004, púlsar-poonal).- Am 28. September wurde der Kokabauer Juan Choque von der so genannten Fuerza de Tarea Conjunta, einer für die Vernichtung von Koka-Pflanzen zuständigen militärischen Einheit, erschossen. Beim Versuch, ihre Pflanzungen zu schützen, wurden fünf weitere Campesinos verletzt. Choque wurde von einer Kugel in den Nasenbereich getroffen und starb sofort. Der Vorfall
ereignete sich, als er zusammen mit anderen Kokabauern vor einer Gruppe Uniformierter der "Fuerza de Tarea Conjunta" protestierte. Diese hatte den Auftrag, die Koka-Felder bei Isidoro Sécure in der Region Chapare zu vernichten. In der Gegend gibt es drei militärische Lager der Spezialeinheit.

Choque gehörte zur Gruppe "15. Dezember" der Gewerkschaft in der Provinz Aroma. Dies teilte der Anführer der Koka-Bauern Julio Salazar mit. Er kritisierte zudem, dass die Militärs die Leiche Choques mitgenommen hätten. Der Gewerkschafter berichtete, dass die "Fuerza de Tarea" Koka-Produzenten gewalttätig unterdrücke, die unter Einsatz aller Kraft verhindern wollen, dass ihre Felder vernichtet werden. "Sie haben Tränengas und kleinkalibrige Munition abgefeuert und sie haben Kriegsmunition benutzt, durch die auch unser Freund Juan Choque starb. Außerdem haben wir einige Verletzte zu beklagen", sagte er. Die Anführer der sechs Föderationen von Koka-Produzenten des Tropengebiets von Cochabamba gewährten den Uniformierten eine Frist, um die Felder zu räumen. Sollte das nicht geschehen, werde sich der Konflikt verschärfen.

Ein Nachbar erzählte, dass die Militärs unmittelbar auf die Schule Bustillos geschossen hätten. Etliche Kinder seien gerade beim Unterricht gewesen. Die Uniformierten hätten die Kinder bis mittags in den Klassenräumen festgehalten. "Es gibt einige Verletzte, einige sind verschwunden und einige werden in den Klassen festgehalten. Wir sind besorgt. Die Fenster der Klassenräume sind vollkommen zerstört, genau wie die Häuser der Gemeindemitglieder", sagte er.

Kokagipfel fordert Entkriminalisierung der Nutzung der Kokapflanze

(Buenos Aires, 27. September 2004, púlsar).- Zum Abschluss des Kokagipfels in Bolivien kündigten die Organisationen der Produzenten eine internationale Kampagne an. Sie wollen ein Institut gründen, das sich für die Entkriminalisierung der Nutzung der Kokapflanze aufgrund ihrer medizinischen Wirkung einsetzen soll.

Beim landesweiten Kokagipfel trafen sich die Vereinigungen der Kokabauern aus der nördlichen Region Yungas und aus der Zentralregion Chapare. In diesen beiden Regionen konzentriert sich der Anbau der Pflanze im Land. Bei dem Treffen wurde die Kriminalisierung der Pflanze, die bei natürlicher Verwendung heilend wirkt, scharf kritisiert. Erst durch chemische Behandlung entstehe Kokain. Und dies geschehe, weil es in den USA entsprechende Nachfrage gebe. Die Organisationen verteidigten das Kokablatt auch als wesentlichen Entwicklungsfaktor in ihren Regionen durch die Industrialisierung und die Verarbeitung der Derivate.

Zudem wurde die Gründung eines Instituts oder einer Universität beschlossen. Dort solle ein Entkriminalisierungsentwurf initiiert werden. Die geplante Institution soll sich auch für die Streichung der Pflanze von der vom UN-Suchtstoffkontrollrat herausgegebenen Liste der verbotenen Substanzen einsetzen. Damit soll die Bedeutung der medizinischen Wirkung des Blattes politisch gefördert werden. Das Kokablatt wird hauptsächlich gekaut, bringt Energie und dient als Nahrungsmittelergänzung. Als Tee verabreicht hilft es bei Magenproblemen. Die Produzenten argumentierten auch damit, dass die Kokapflanze kein Synonym für Kokain sei und der Drogenkonsum auf die Nachfrage und nicht auf den Anbau des Blattes zurückzuführen sei.

Die Ankündigung der Kampagne fiel mit dem Abbruch der Gespräche zwischen Ministern und Anführern der Organisationen der Kokabauern im Chapare zusammen. In den Gesprächen sollte der Frieden in der Zone wieder hergestellt werden, nachdem es zu Zwischenfällen zwischen militärischen und polizeilichen Kräften mit Kokabauern gekommen war. Die Uniformierten waren in die Zone geschickt worden, um Kokaanpflanzungen zu vernichten und die Kokabauern zu vertreiben. Bei den Zwischenfällen wurden 30 Menschen verletzt.

URUGUAY

Cordero nach wie vor nicht aufgetaucht

(Montevideo, 30. September 2004, comcosur).- Hohe Beamte der "Abteilung für schwere Vergehen" der Untersuchungsbehörde des Polizeipräsidiums in Montevideo" haben Ende September die Suche nach dem Oberst a. D. Manuel Cordero eingeleitet. Cordero wird nicht wegen der vielfachen Verbrechen gesucht, die er in den Jahren der Diktatur begangen hat, sondern weil er sich einer Anhörung wegen Beamtenbeleidigung entzieht, obwohl er seit Monaten dazu aufgefordert wurde. Die Beamten stellten fest, dass sich Cordero derzeit nicht in seinem Haus aufhält. Dort hatten sie nämlich mit der Suche begonnen.

In der Tat brachten die Polizisten den ganzen gestrigen Tag (29. September) damit zu, unter Familienangehörigen, Freunden und anderen Nahestehenden des Menschenrechtsverletzers zu ermitteln. Dennoch konnten sie nichts über den möglichen Aufenthaltsort Corderos in Erfahrung bringen. Alle Familienangehörigen, Freunde und Nahestehenden sagten aus, keinerlei Informationen über seinen Aufenthaltsort zu haben. Der Befehl zur "Überführung und Festnahme in Einzelhaft" von Corderos wurde vergangenen Montag (27. September) von Strafrichter Pedro Hackenbruch erlassen.

Der Folterer wird im Rahmen eines Verfahrens gesucht, das auf der Anzeige des Richters José Balcaldi sowie des Staatsanwaltes Rafael Ubiría fußt. Balcaldi und Uribía beschuldigten Cordero der Beamtenbeleidigung. Sie wollen ein Verfahren gegen ihn eröffnen, weil er in einem Interview Aussagen getroffen hatte, um die Legitimität der Folterung von Verhafteten während der Verhöre zu rechtfertigen.

Polizei von Montevideo in der Krise

(Montevideo, 30. September 2004, comocosur).- Nach Angaben mehrerer Zeugen, die sich in unterschiedlichen Bereichen der Polizei bewegen, ist die Polizeibehörde von Montevideo unfähig, ihre gravierenden Schwächen zu beheben. Der Grund ist die finanzielle Not, mit der sie leben muss. Für diese Krise sind die mehr als 300 Millionen Pesos (rund 11 Millionen Dollar) Schulden verantwortlich, die verschiedene von den Beamten bewachte Einrichtungen bei der Behörde haben.

Die Polizei von Montevideo kann nicht gegen Taschendiebe in den Bussen vorgehen, weil den Beamten kein Geld für Fahrkarten zur Verfügung steht. Sie können die "unstetige Bevölkerung" aus den Hotels und Pensionen nicht kontrollieren, weil die zwei Computer, die sie dafür zur Datenverwaltung zur Verfügung gestellt bekommen hat, defekt sind. Es gibt kein Geld, um die Geräte zu reparieren. Die Angestellten der "Brigada de Asaltos" (Abteilung zur Verfolgung von Überfällen) müssen trampen, da man ihnen nur zwei Autos zur Verfügung gestellt hat, von denen eines fast unbrauchbar ist.

CHILE

Verteidigungs- und Außenministerin entlassen

(Santiago de Chile, 30. September 2004, anchi-poonal).- Die Präsidentschaftswahlen im kommenden Jahr kosteten bereits jetzt die Posten der zwei höchsten Minister im offiziellen Regierungsbündnis Concertación. Präsident Ricardo Largos hat die "linke" Verteidigungsministerin Michelle Bachelet (Partido Socialista) und die christdemokratische Außenministerin Soledad Alvear (Partido Demócrato Cristiano) entlassen. Beide stehen nun als potenzielle Kandid
aten wieder ohne Einschränkungen am Ausgangspunkt der Vorpräsidentschaftswahl. In den nächsten Monaten muss Lagos selbst im Präsidentschaftspalast La Moneda eine Entscheidung über seine Kandidatur vorlegen.

Zwei Faktoren beeinflussten die Entscheidung des Präsidenten: Einerseits wollte er das Regierungsbündnis öffnen, andererseits auf die Kritik der rechten Parteien reagieren. Diese hatten die beide Ministerinnen unter Druck gesetzt und deren Führungs- und Verwaltungsstil kritisiert.

Bachelet hat seit Monaten den ersten Platz in Umfragen zur Kandidatur inne, gefolgt von Alvear, die zuvor auf dem ersten Platz lag. In der letzten bekannt gewordenen Umfrage lag Michelle Bachelet mit 43 Prozent der Stimmen noch vor Soledad Alvear (35,3 Prozent). Joaquín Lavín, der Bürgermeister Santiagos und Anführer der Rechten, erhielt 35,1 Prozent.

Theoretisch muss nun der Präsident zwei neue Mitglieder des Kabinetts ernennen. Unruhe in der Wählerschaft, die Lagos Regierung schädigen könnte, wird so vermieden. Dem rechten Flügel der Regierung wird eine Antwort gegeben und die beiden am besten positionierten in dieser Etappe der Vorpräsidentschaft werden in "Handlungsfreiheit" entlassen. Die nächsten Präsidentschaftswahlen in Chile finden im Dezember nächsten Jahres statt.

LATEINAMERIKA

Via Campesina kritisiert Freihandelsangebot an die EU

Von Andreas Behn

(Berlin, 29. September 2004, npl).- Das jüngste Angebot der Staaten des Gemeinsamen südamerikanischen Marktes MERCOSUR an die Europäische Union in Sachen Freihandel ist bei Globalisierungskritikern des Subkontinents auf scharfe Kritik gestoßen. Insbesondere der internationale Bauernverband, der unter anderem die einflussreiche Landlosenbewegung MST in Brasilien repräsentiert, kritisiert den Stand der Verhandlungen als Ausverkauf der Interessen Südamerikas.

Am Montag (27. September) hatte der MERCOSUR, dem als Vollmitglieder Brasilien, Argentinien, Uruguay und Paraguay angehören, der EU ein überraschend weitgehendes Angebot gemacht. Damit sollten die seit Monaten stagnierenden Verhandlungen zwischen beiden Wirtschaftblöcken über ein Freihandelsabkommen belebt werden. Zuletzt trafen sich beide Seiten vom 20. bis 24. September in Brüssel. Geplant ist nach wie vor, bis zum 31. Oktober ein erstes Abkommen unter Dach und Fach zu bringen.

Streit gab es vor allem in Bereich Landwirtschaft, wo sich die EU bislang weigerte, ihre Handelsbarrieren anzubauen. In Gegenzug weigerte sich der MERCOSUR, im Bereich Dienstleistungen und Patente den weitgehenden Forderungen der Europäer entgegenzukommen. Der Handel zwischen beiden Regionen hat derzeit einen Umfang von 37,7 Milliarden Euro, der vor allem mit landwirtschaftlichen Erzeugnissen erzielt wird.

"Wir begrüßen das Angebot des MERCOSUR, es ist eine gute Grundlage für einen Kompromiss," freute sich die EU-Sprecherin Arancha González. Die EU sagte zu, noch diese Woche ein Gegenangebot einzureichen. Brasiliens Wirtschaftsminister erklärte, das vorgelegte Angebot, das eine Senkung der südamerikanischen Importzölle um 90 Prozent vorsieht, sei ein "wichtiger Fortschritt" in den Verhandlungen.

Via Campesina kritisierte in einem am Dienstag (28. September) veröffentlichten Dokument das MERCOSUR-Angebot als Armutszeugnis: Im Fall der Gesamtamerikanischen Freihandelszone ALCA hätten die brasilianischen Diplomaten noch Selbstvertrauen bewiesen; in den Gesprächen mit der EU seien sie "wie Händler zweiter Klasse" aufgetreten. Lediglich der zum linken Flügel der brasilianischen Regierungspartei PT gezählte Agrarreformminister Miguel Rossetto habe die Verhandlungen aus Protest verlassen.

Der Bauernverband kritisiert vor allem, dass die einheimischen Kleinbauern durch die 90-prozentige Zollsenkung im MERCOSUR schnell ihrer Existenz beraubt werden könnten. Der Vorlage zufolge gebe es kaum noch sensible Produkte, für die Sonderregelungen gelten. Zum Beispiel würde in Brasilien der Importzoll für Milch von 27 auf null Prozent fallen. Damit wären die knapp 1,5 Millionen Familienbetriebe, die 80 Prozent der brasilianischen Milchproduktion liefern, der europäischen Konkurrenz schutzlos ausgeliefert, argumentiert Via Campesina.

Im Gegensatz dazu würde die EU den südamerikanischen Fleischexporteuren lediglich zollfreie Quoten in Höhe von 116.000 Tonnen jährlich anbieten, was deutlich unter der heutigen Exportmenge liegt. Generell wird in dem Dokument moniert, dass die EU zu keinen Zugeständnissen bereit ist, während Südamerika zudem auch noch seinen Markt für Dienstleistungen, beispielsweise im Telekommunikations- und im Finanzsektor, vollkommen der internationalen Konkurrenz öffnen wolle.

Basisbewegungen mobilisieren gegen den Freihandel

Von Andreas Behn

(Berlin, 4. Oktober 2004, npl).- Der kommende Dienstag, der Jahrestag der Eroberung Amerikas am 12. Oktober, ist für die sozialen Bewegungen in allen lateinamerikanischen Ländern Anlass zu breiter Mobilisierung. Zentrales Thema wird dieses Jahr der Kampf gegen Freihandelsabkommen, gegen die Gesamtamerikanische Freihandelszone ALCA und gegen den Ausschluss der sozial Schwachen sein. Dies wurde auf mehreren kontinentalen Treffen beschlossen, unter anderem auf dem lateinamerikanischen Sozialforum in Quito wie auf Versammlungen von Kampagnen gegen Militarisierung, gegen die Zahlung der Auslandsschulden sowie weiterer Netzwerke.

In Ecuador hat die Mobilisierung bereits eine Woche zuvor begonnen: Seit dem 5. Oktober rufen Basisbewegungen und einige Gewerkschaften dazu auf, eine Million Unterschriften zu sammeln. Damit soll beim Obersten Gerichtshof eine Volksbefragung darüber beantragt werden, ob die Regierung mit den Vereinigten Staaten ein Freihandelsabkommen schließen darf. Aus Sicht der Politiker ein unnötiges Unterfangen. Für sie handelt es sich dabei lediglich um "technische" Fragen, die die Mehrheit sowieso nicht versteht. Die Verfechter eines Referendums hingegen machen geltend, dass es sich dabei um eine für zukünftige Generationen richtungsweisende Entscheidung handelt, weswegen eine Volksbefragung notwendig sei.

Auch in Paraguay geht es der Initiative "No al ALCA" um die Verhinderung von Freihandelsabkommen. Hier soll der Jahrestag dazu genutzt werden, nicht nur Protest deutlich zu machen. In Veranstaltungen und Debatten wird es darum gehen, Alternativen zu den gängigen Freihandelsthesen zu entwickeln und – jenseits der theoretischen Diskurse – mit allen Betroffenen zu diskutieren.

Hier wie in den anderen drei Ländern des Gemeinsamen südamerikanischen Marktes MERCOSUR – Brasilien, Uruguay und Argentinien – werden die jüngsten Gespräche mit der Europäischen Union über ein Freihandelsvertrag besonders heftig debattiert. Nachdem die Verhandlungskommission der Südamerikaner Ende letzten Monats den weitgehenden EU-Vorstellungen entgegen kam, hagelte es Proteste seitens der Basisbewegungen: Ein solcher Vertrag "gefährdet unsere Souveränität, unsere Zukunft und die Chancen für eine wirkliche Integration zwischen den Staaten der Region und auch mit den Staaten Europas," so eine Erklärung der Globalisierungskritiker. Bevor der Vertrag bis zum 31. Oktober unterschriftsreif ist, s
o die Forderung der Basisbewegungen, müssten die Argumente der Kritiker gehört werden und in die Verhandlungsführung einfließen.

Jährlich sterben 5.000 Frauen bei Abtreibungen

(Fortaleza, 28 September 2004, adital-poonal).- Am Tag der Entkriminalisierung der Abtreibung startete das peruanische Frauenzentrum Flora Tristan eine Kampagne, um die fatale Folgen illegaler Abtreibungen zu reduzieren. Jährlich sterben 5.000 Frauen in Lateinamerika und der Karibik aufgrund von Komplikationen bei Abtreibungen unter schlechten Bedingungen.

Die Kampagne steht unter den Mottos: "Die Frauen entscheiden, die Gesellschaft respektiert und der Staat unterstützt" und "Verhütungsmethoden zur Vermeidung von Abtreibungen. Legalisierung der Abtreibung zur Verhinderung von Todesfällen" und wurde von Organisationen aus 21 Ländern aus diesen zwei Regionen unterstützt. Die Organisatoren wollen damit die Bürger und Bürgerinnen der Welt für das Thema sensibilisieren, da es in vielen Ländern noch Kontroversen darüber gibt.

Die Daten der gesamtamerikanischen Gesundheitsorganisation fordert konkrete Lösungen für das Problem: Die Abtreibung ist die Haupttodesursache von gebärfähigen Frauen in Ländern wie Argentinien, Chile, Guatemala, Panama und Paraguay.

Die Gründe der Organisationen für eine Legalisierung der Abtreibung sind die bereits bekannten: Abtreibungen, die in illegalen Kliniken oder unter schlechten Bedingungen durchgeführt worden sind, können nicht zu guten Ergebnissen führen; das medizinische Personal ist nicht spezialisiert; das Leben der Frauen wird aufs Spiel gesetzt und diese Praktiken stehen der freien Ausübung des ärztlichen Berufes entgegen.

In Brasilien werden jährlich 800.000 Abtreibungen durchgeführt. Aufgrund der schlechten Bedingungen der illegalen Kliniken müssen nach der Abtreibung 250.000 Frauen in den öffentlichen Krankenhäusern behandelt werden. Nach Angaben des Gesundheitsministeriums Paraguays starben letztes Jahr 37 Frauen an den Folgen von Abtreibungen. Dies bedeutet ein Tod alle zehn Tage. Allerdings spiegeln diese Angaben nicht die Realität wider, da viele Fälle von den Gesundheitsämtern überhaupt nicht registriert werden.

Die Frauen in Nikaragua kämpfen weiter für die Änderung des Abtreibungsgesetzes. Momentan ist eine Abtreibung dort nur im Fall einer Vergewaltigung erlaubt. Andere Gründe können eine bis zu sechsjährige Freiheitsstrafe nach sich ziehen. Letztes Jahr gab es in dem mittelamerikanischen Land einen großen Streit wegen einer praktizierten Abtreibung bei einem neunjährigen Mädchen, das vergewaltigt worden war. Die Bischofskonferenz Nikaraguas reagierte entsetzt und erklärte, dass das Thema ausgenutzt worden sei, um die Abtreibung zu legalisieren.

 

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