von Markus Plate
(San José, 22. Dezember 2012, voces nuestras).- In einem beispiellosen Urteil hat der Interamerikanische Gerichtshof für Menschenrechte CorteIDH (Corte Interamericana de Derechos Humanos) am 20. Dezember Costa Rica dazu verurteilt, die künstliche Befruchtung als Verfahren zur Herbeiführung einer Schwangerschaft wieder zuzulassen. Diese Methode war in dem mittelamerikanischen Land im Jahr 2000 als nicht verfassungskonform verboten worden.
Gesundheitssystem muss Kosten tragen
Der Menschenrechtsgerichtshof, pikanterweise mit Sitz in Costa Ricas Hauptstadt San José, hat den costa-ricanischen Staat dazu verdonnert, die künstliche Befruchtung als Verfahren gegen Unfruchtbarkeit so schnell wie möglich wieder zuzulassen. Dazu gehört auch, dass das staatliche Gesundheitssystem die künstliche Befruchtung anbieten und die Kosten dafür tragen muss.
Achtzehn Betroffenen des costaricanischen Verbotes sprach der Gerichtshof eine Entschädigung von insgesamt 400.000 US-Dollar zu. Unter anderem muss Costa Rica acht Elternpaaren, die eine künstliche Befruchtung im Ausland durchführen ließen, die Kosten dafür erstatten.
Das Urteil schließt einen jahrelangen Kampf von Menschen mit Kinderwunsch in Costa Rica ab. Bereits im Jahr 2001 beschwerten sich Paare bei der Interamerikanischen Menschenrechtskommission CIDH (Comisión Interamericana de Derechos Humanos) über das costa-ricanische Verbot. 2010 wurde dieses Verbot von der CIDH als „Verletzung fundamentaler Menschenrechte“ eingeschätzt.
Urteil stellt stellt Kinderwunsch in den Vordergrund
In der Folge hatten sich Regierung und Parlament bemüht, ein Verfahren vor dem Menschenrechtsgerichtshof zu vermeiden indem sie den Forderungen der CIDH Rechnung tragen und eine Gesetzesgrundlage für die Wiederzulassung der künstlichen Befruchtung erarbeiten. Dieser Prozess wurde allerdings im Mai dieses Jahres durch den neuen Vorsitzenden des parlamentarischen Menschenrechtsausschusses, den evangelikalen Abgeordneten Justo Orozco auf Eis gelegt.
Die costa-ricanische Politik reagierte umgehend auf den Urteilsspruch und sagte zu, dass die Forderungen des Gerichtes zügig umgesetzt würden. In diese Richtung äußerten sich der Kommunikationsminister Francisco Chacón und via Twitter auch Präsidentin Laura Chinchilla. Auf der anderen Seite bemängelte Costa Ricas Oberstaatsanwältin Ana Lorena Brenes, die die Interessen ihres Landes bei der Verhandlung vertreten hatte, dass „Costa Rica für den Schutz des Embryos verurteilt“ worden sei.
Nach Auffassung vor allem gläubiger Gegner*innen der künstlichen Befruchtung entstehe Leben im Moment der Befruchtung. Die Praxis der künstlichen Befruchtung, bei der bereits befruchtete Eizellen eingefroren würden, sei mit dem Schutz des Lebens nicht vereinbar. Just diese Auffassung führte vor zwölf Jahren zum Verbot dieser Methode in Costa Rica. Der Menschenrechtsgerichtshof folgte dieser Argumentation nicht und stellte den Kinderwunsch von Paaren in den Vordergrund.
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