Regierung verschärft Repression – Student*innen brechen Gespräche ab

von Kristin Schwierz

(08. Oktober 2011, amerika21.de/poonal).- Am Donnerstag wurde erneut eine Bildungsdemonstration mit über 200.000 Teilnehmer*innen in Santiago de Chile mit Wasserwerfern und Tränengas kurz nach dem Auftakt aufgelöst. Es gab über 130 Festnahmen und etliche Verletzte. Die Demonstration war die 35. seit Beginn der Proteste im Frühjahr. Wie schon bei früheren Demonstrationen verweigerten Regierung und lokale Behörden auch dieses Mal eine offizielle Demonstrationserlaubnis.

Plebiszit zu Forderungen der Protestbewegung

Inhaltliche Gespräche mit der Regierung waren von den Studierenden- und Schülervertreter*innen am Mittwoch ergebnislos abgebrochen worden. Regierungsvertreter hatten zuvor klar gemacht, dass es eine kostenlose Bildung – eine der Hauptforderungen der Protestbewegung – nicht geben wird.

Verschiedene Organisationen und Gewerkschaften wie der Studierendenverband, die LehrerInnenvereinigung, die Vereinigung der Mitarbeiter*innen des Fiskus ANEF (Agrupación Nacional de Empleados Fiscales, der Gewerkschaftsdachverband CUT (Central Unitaria de Trabajadores de Chile) und andere Organisationen rufen für den 7. und 8. Oktober zu einem selbst organisierten Plebiszit auf, bei dem alle Bürger*innen älter als 14 über die zentralen Forderungen der Protestbewegung abstimmen können.

Die Befragung findet an verschiedenen Orten, wie z.B. Gewerkschaftslokalen, Schulen, Universitäten und öffentlichen Plätzen statt. Auch im Internet kann abgestimmt werden.

Regierung verschärft Repression

Die Regierung verschärft die Repression gegen die Protestierenden indes weiter: So zahlte sie in diesem Monat keine Stipendien an Studierende, die ihr Semester nicht bis zum nicht 7. Oktober abgeschlossen hätten und bestrafen damit diejenigen, die sich am Protest beteiligten.

Gleichzeitig will sie die Kriminalisierung der Proteste mit einem langen Katalog von Rechtsverschärfungen auch institutionell weiter verschärfen: So will sie Besetzungen im Strafrecht als Straftatbestand mit Haftfolge festschreiben. Zudem sollen spontane Demonstrationen und Straßenblockaden härter sanktioniert werden. Die Polizei soll mehr Befugnisse bekommen, bzw. bisher bereits gängige Polizeipraxis soll nun legalisiert werden. Präsident Piñera erklärte dazu: „Wer den Frieden des normalen Lebens der Bürger angreifen will oder das öffentliche oder private Eigentum, wird einer härteren, festeren Rechtsprechung begegnen, welche Strafen festsetzen wird, die denen von Straftaten entsprechen.“

Kaum noch Zustimmung für Piñera

Repräsentant*innen der Protestbewegung protestierten heftig und denunzierten diese Verschärfung als Mittel zur Niederschlagung des Protests, aus Reihen der Opposition wurde das Vorhaben in eine Kontinuität mit der Diktatur gestellt. Es werde versucht die Polizei zu adeln, aus deren Reihen vor etwas mehr als einem Monat tödliche Schüsse auf einen Demonstranten abgefeuert wurden.

Neuesten Befragungen zufolge fallen die Umfragewerte für die rechts-konservative Regierung erneut: Ein Umfrageinstitut ermittelte, dass Präsident Sebastian Piñera nur noch 20 Prozent der Zustimmung in der Bevölkerung erhält, 66 Prozent stehen ihm ablehnend gegenüber. Laut einem mexikanischen Umfrageinstitut, das die Regierungsumfragen von 20 lateinamerikanischen Ländern verglich, erzielt Piñera damit das schlechteste Ergebnis in ganz Lateinamerika. Nach wie vor unterstützt eine überwältigende Mehrheit – neun von zehn ChilenInen – die Forderungen der Protestbewegung.

Aufruf zu Generalstreik am 19. Oktober

Für den 19. Oktober mobilisieren Schüler, Studierende, Lehrer*innen und Gewerkschaften für einen landesweiten Generalstreik. In einer Pressekonferenz rief Studierendensprecherin Camila Vallejo „alle Organisationen, die gegen die Repression sind“ zu weiteren Protesten auf.

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