Poonal Nr. 310

Deutsche Ausgabe des wöchentlichen Pressedienstes lateinamerikanischer Agenturen Nr. 310 vom 9. Oktober 1997

Inhalt


PANAMA

GUATEMALA

KUBA

NEOLIBERALISMUS

ARGENTINIEN/USA

BRASILIEN

MEXIKO/KANADA

KOLUMBIEN

NICARAGUA/USA


PANAMA

Gehen die USA oder bleiben sie? Teil 1

Von Jesús Q. Aemancia und Herasto Reyes

(Panama, September 1997, alai-Poonal).- Im folgenden präsentieren wir eine Zusammenfassung des Artikels „Was es mit dem multilateralen Zentrum für den Kampf gegen den Drogenhandel auf sich hat“, der die Konzepte und Strategien der Vereinigten Staaten analysiert, um ihren Aufenthalt in der Panama-Kanalzone zu verlängern. Die Autoren sind Mitglieder des „Panamaischen Zentrums für Studien und Soziale Aktion“ (CEAPSA).

„Kein Land kann diesen Kampf im Alleingang mit Aussicht auf Erfolg führen. (…) der umfassende Charakter des Phänomens erfordert eine ebenso umfassende Betrachtungsweise. Die Globalisierungstendenz der Ökonomien und des Handels bringt bedauerlicherweise auch die Globalisierung des Drogenhandels mit sich. (…) Im Bewußtsein dessen, daß es sich um ein interamerikanisches Problem handelt, schlägt Panama vor (…) ein mulitlaterales Zentrums für den Kampf gegen den Drogenhandel und die damit verbundenen Delikte zu gründen.“ (Ernesto Pérez Balladares, Präsident der Rebublik Panama)

Wie es zu dieser Idee kam

Mit den oben zitierten Worten präsentierte der Präsident auf dem IX. Gipfeltreffen der Staats- und Regierungschefs der Rio-Gruppe am 4. und 5. September 1995 in der ecuadoreanischen Hauptstadt Quito den Vorschlag, ein „Multilaterales Zentrum für den Kampf gegen den Drogenhandel“ zu gründen. Es ist auch bekannt als „Multilaterales Anti-Drogenzentrum“ (CMA), um das sich die nationale Debatte über das Verbleiben der US-amerikanischen Militärbasen in Panama nach dem Jahr 2.000 dreht. Seit der Invasion in Panama im Dezember 1989 ist die Militärpräsenz der Vereinigten Staaten in unterschiedlicher Intensität Thema in Presse, Rundfunk und Fernsehen gewesen. Gleichzeitig begannen Panama und die Vereinigten Staaten, informelle Gespräche aufzunehmen. Doch erst am 15. Juli dieses Jahres, als schließlich die offiziellen Verhandlungen zwischen beiden Regierungen angekündigt wurden, wandelte sich die Diskussion um das CMA, „die versteckte Militärpräsenz“, zum Thema wirklich intensiver Auseinandersetzungen.

Die Informationen von offizieller Seite auf nationaler Ebene über Ursprung, Aushandlung, Eigenart und Vorgehensweise des CMA waren von Beginn an der „Erkundungsgespräche“ und der ihnen folgenden „formellen Verhandlungen“ spärlich und wenig detailliert. Man rechtfertigte sich mit der Begründung, daß „Gespräche zwischen Repräsentanten verschiedener Länder einen gewissen Grad an Privatheit benötigen“. Das panamaische Volk würde von den Ergebnissen der Gespräche „nach Abschluß des Prozesses“ erfahren. Trotz dieser Einschränkungen gelang es der einheimischen Presse, über einige Aspekte des CMA zu informieren. Unter anderem darüber, wie die Idee für das Zentrum geboren wurde. Nach journalistischen Quellen, die sich auf einen Bericht des US-Senates stützen, entstand das CMA auf der Grundlage eines „informellen Einverständnisses“ zwischen dem damaligen panamaischen Aussenminister Gabriel Lewis Galindo und dem Botschafter der Vereinigten Staaten in Panama, William J. Hughes über den Verbleib der US-Militärbasen in dem mittelamerikanischen Land. Die einvernehmlichen Punkte waren dem zitierten Bericht nach die folgenden:

1) Die Vereinigten Staaten sollten die Basen Howard, Rodman, Kobe und Isla Galeta weiterhin betreiben, ohne dafür ökonomische Gegenleistungen erbringen zu müssen und

2) Panama würde voraussichtlich etwas als Gegenleistung für den Verbleib der Basen erhalten.

Weiterhin heißt es, die geschickteste politische Form – von Außenminister Lewis Galindo vorgeschlagen – die weitere Präsenz der US-Militäreinrichtungen zu verdecken, sei die Gründung eines multilateralen Anti-Drogenzentrums. Heute stellt sich das anders dar. Das Außenministerium behauptet, es gebe eine „panamaische Konzeption“ für das CMA, nach der sich „das Zentrum nur streng zivilen Aufgaben widmen darf“. Und „weder die Organisationsstruktur, noch die Art der Einrichtungen werden das Verbergen einer Militärbasis zulassen“. Dennoch fügt das Ministerium hinzu: „Da einige ausgeklügelte Ausrüstungen benutzt werden müssen, die nur von Militärs bedient werden, und außerdem in einigen Ländern die Militärs die Hauptverantwortlichen im Kampf gegen die Drogen sind, ist es für Panama klar, daß das Zentrum eine militärische Komponente benötigen könnte, um so sensible Aufgaben wie den Kampf gegen den Drogenhandel erfüllen zu können.“

Die Gründe für diesen Widerspruch – einerseits ein „strikt ziviles“ Zentrum zu sein, zum anderen aber möglicherweise militärische Hilfe zu benötigen – sind in den unterschiedlichen Vorstellungen vom Kampf gegen den internationalen Drogenhandel zu finden. Das Aussenministerium selbst weist auf die Ursprünge dieser Zweideutigkeit hin, wenn es die noch zu lösenden Probleme des CMA skizziert: die Verwechslung mit Militärbasen sowie das Ausmaß und die Rolle der militärischen Komponente des Zentrums. Wenn diese Sorgen existieren, dann darum, weil die USA sie zum Verhandungsthema gemacht haben.

Der derzeitige US-Botschafter William J. Hughes nennt als Gründe für das Thema Militärpräsenz im CMA, nur das militärische Personal des „Südkommandos“ der USA besitze die ausreichenden elektronischen Systeme, die Ausstattung und Bedienungsfähigkeit, um bestimmte begrenzte, aber wesentliche Funktionen im Kampf gegen den Drogenhandel zu erfüllen. Hinter diesem einzigen genannten Argument verschleiern sich natürlich ganz andere Interessen des us-amerikanischen Militärs. Der General Maxwell Thurman, ehemaliger Chef des Südkommandos hat erklärt, der Krieg in Lateinamerika gegen die Drogen sei der einzige, „der uns bleibt, es ist ein neuer unkonventioneller Krieg, der Krieg der dritten Welle.“ Dieser neue Krieg drückt die Sorge der Militärs aus, ihre Daseinsberechtigung, ihren Etat und ihren Einfluß in einem internationalen Kontext zu verlieren, der von ihnen Veränderungen verlangt und ihnen Bedingungen auferlegt. Im zweiten Teil (der in der kommenden Woche folgt; die Red.) werden wir uns der Geschichte und den Ursachen dieser neuen Militärstrategie der USA sowie den Auswirkungen und der Logik für das multilaterale Anti- Drogenzentrum zuwenden.

GUATEMALA

URNG und andere Opppositionelle angegriffen

(Guatemala-Stadt, 1. Oktober 1997, cerigua-Poonal).- Ein Schußwaffenanschlag auf die Schwester von URNG-Führer Jorge Soto (Ex-Kommandant Pablo Monsanto) sowie mehrere Überfälle auf zurückgekehrte Flüchtlinge und Mitglieder von Volksorganisationen sind die jüngsten Vorkommnisse, die bei der allgemein hohen Kriminalität in Guatemala besonders auffallen. Sie nähren den Verdacht einer Rachekampagne gegen die jetzt unbewaffneten Guerilleros und andere Oppositionelle. Am 30. September kehrte Jorge Sotos Schwester Gilda Soto Garcia mit ihrem Mann und ihrem elfjährigen Sohn von Mexiko aus mit dem Auto nach Guatemala zurück. Drei Stunden nach dem Grenzübertritt versuchten in der Provinz Escuintla 15 schwerbewaffnete Männer, die schußsichere Westen trugen und sich auf den Ladeflächen von zwei Kleinlastern befanden, die Reisenden zu stoppen. Als diese ihren Wagen nicht anhielten, eröffneten die Männer das Feuer. Gilda Sotos Sohn erhielt einen Schuß in den Arm. „Dies könnte eine Botschaft an die Revolutionäre Nationale Einheit Guatemalas (URNG) sein“, so ein ehemaliger Gürillaführer gegenüber der Zeitung „El Periodico“. Am 28. September kamen schwerbewaffnete Männer nachts in die von zurückgekehrten Flüchtlingen gegründete Gemeinde „Nueva Guatemala“ in der Provinz Petén. Sie schoßen um sich und versuchten vergeblich, in das Büro der dortigen Genossenschaft einzubrechen. Es gab keine Opfer bei dem Überfall, aber die Bewohner*innen berichten immer wieder über nächtliche Schüsse von Unbekannten. Aus anderen Regionen werden ähnliche Vorfälle gemeldet. Der frühere Guerilla-Aktivist Cesar Montes ist aufgrund der Art der Angriffe überzeugt, diese könnten „nur von Personen mit militärischer Erfahrung durchgeführt sein“. Er widersprach der Ansicht, Menschenrechtsverletzungen durch Mitglieder staatlicher Institutuionen hätten abgenommen.

Steuerpacket von allen Seiten kritisiert

(Guatemala-Stadt, 1. Oktober 1997, cerigua-Poonal).- Nach monatelangem Zögern hat die Regierung ihr Steuerpacket enthüllt, das sie in diesem Monat im Kongreß einbringen will. Das Finanzministerium geht von Mehreinnahmen von 1,5 Milliarden Quetzales (250 Millionen US-Dollar) in kommenden Jahr aufgrund der Veränderungen aus. Mit einer Kombination von Verbrauchs- und Vermögenssteuern soll die Reform helfen, Guatemals Verpflichtung durch die Friedensabkommen im Dezember 1996 zu erfüllen. Bis zum Jahr 2000 soll das jährliche Steuereinkommen auf 12 Prozent des Bruttosozialproduktes steigen. Das Koordinationskomitee der Kammern für Handel, Industrie, Landwirtschaft und Finanzwesen (CACIF), das in die Ausarbeitung des Steuergesetzes eingeweiht war, weist das Packet zurück. Komiteepräsident Danilo Midence nennt es „zusammengewürfelt“. Von den neun vorgeschlagenen Steueränderungen werde das CACIF nur zwei unterstützen: den Anstieg der Ausgabensteuern und eine neue Benzinsteuer. „Nichts Gründliches wird getan, die Steuerbasis auszuweiten oder den informellen Markt zu bekämpfen““, so Midence.

Die besonders konservativen Großgrundbesitzer*innen gingen noch einen Schritt weiter und beklagen, die neue Grundsteuer „bestraft die erfolgreichen Geschäftsleute“. Die Hauptänderung bei dieser Steuer ist, daß sie nicht mehr länger auf der freiwilligen Wertschätzung der Landbesitzer*innen beruhen soll. Stattdessen ist eine gestaffelte Bewertung pro Hektar je nach landwirtschaftlichem Potential des Landes vorgesehen. Bauten und städtische Grundstücke sollen nach unabhängigen Schätzungen über ihren Marktwert bewertet werden. „Wer will festlegen, in welche Kategorie das Land fällt und worauf sich die Kategorien gründen“, fragt Humberti Preti, der Präsident der Landwirtschaftskammer. Sie sieht Korruption als Folge der neuen Maßnahmen voraus.

Die Kritik kommt aber nicht nur von der Seite der reichen Geschäftsleute. Volksorganisationen sorgen sich um die Auswirkungen von mehr Steuern auf die ohnehin schon schwachen Familieneinkommen. Neue Steuern auf Alkohol, Soft Drinks und Tabak sowie eine Steuer von 1 Quetzal (16 US-Cents) pro Gallone (3,78 Liter) Benzin würden zu höheren Preisen für die Verbraucher*innen führen, argumentieren sie. Zusätzlich ist vorgesehen, die zehnprozentige Mehrheitsteuer auf die bisher von ihr befreiten Importgüter auszuweiten. „Es handelt sich um ein schlampig ausgearbeitetes Packet, daß weiterhin das große Kapital schützt“, sagt der linke Ökonom Eduardo Velázquez. Rigoberto Dueñas von der Allgemeine ArbeiterInnenzentrale Guatemalas (CGTG) stimmt zu. Er glaubt, am Ende werden die ärmsten Guatemaltek*innen für die Veränderungen zahlen.

Es gibt aber auch Zustimmung zu einigen Aspekten des vorgeschlagenen Steuerpackets. Die Vereinigung der Universitätsstudent*innen (AEU) begrüßte die Maßnahmen, die Ausnahmeregelungen abschaffen, Steuerflucht bekämpfen und Grundstücksvermögen stärker besteuern. Dagegen lehnt sie die neuen Verbrauchssteurn ab. Das Verhältnis von Einkommenssteuer, die (derzeit) 20 Prozent ausmacht und den Verbrauchssteuern, die 80 Prozent (der Einnahmen) ausmachen sollte ausbalanziert werden. Das ist der Unterschied zwischen einer Steuerverstärkung, die die Regierung vorschlägt, und einer wirklichen Steuerreform“, meint die AEU.

KUBA

Warum die Einheitspartei?

Von Rafael Calcines

(Havanna, 2. Oktober 1997, pl-Poonal).- Die Kubaner*innen bleiben starrsinnig und werden auf einer einheitlichen politischen Kraft bestehen. Das legen zumindest die Vorbereitungen für den V. Kongreß der Kommunistischen Partei (PCC) vom 8. bis 10. Oktober nahe. Sie scheinen taub zu sein gegenüber den ausländischen Aufrufen, sich in ihrer Regierungspraxis den Modellen der Mehr- Parteien-Demokratie anzuschließen, die in vielen Teilen des Planeten so in Mode sind. Aber für die Kubaner*innen hat ihre scheinbare Trotzhaltung zahlreiche Erklärungen, von historischen Gründen bis hin zu praktischen Notwendigkeiten der Gegenwart. Die Autoritäten der Insel bestehen darauf, daß die Existenz einer Einheitspartei, mehr als das Monopol der politischen Kontrolle des Landes, die Garantie einer souveränen und unabhängigen Existenz als Nation darstellt.

Sie erinnern rückblickend an den blutigen Unabhängigkeitskrieg von 1868 bis 1878, der am Ende wegen der fehlenden Einheit der aufständischen Kräfte scheiterte. Ähnliches geschah später im sogenannten Kleinen Krieg. Der am 24. Februar 1895 begonnene Kampf befand sich gerade deswegen auf einem siegreichen Weg, weil alle Unabhängigkeitsverfechter*innen sich um die Figur von José Martí scharten. Um den von ihm so bezeichneten „notwendigen Krieg“ voranzubringen, gründete dieser Mann mit ausserordentlicher politischer Vision 1892 die Revolutionäre Kubanische Partei (PRC), um die Befreiung Kubas von der spanischen Herrschaft zu erreichen, zu der von Puerto Rico beizutragen, den Appetit der USA auf sein Land zu bremsen und eine Republik „mit allen und zum Wohle aller“ zu gründen.

Die kubanischen Kommunist*innen sehen sich als die Nachfolger*innen jener Partei, die zerschlagen wurde, als die USA, die schließlich in dem Konflikt intervenierten, ihre politische und ökonomische Herrschaft über die grösste der Antilleninseln durchsetzten. Außerdem versichern die kubanischen Autoritäten, wenn sie das Mehrparteien-System umarmen würden, bedeutete dies, sich auf eine Formel zu beziehen, die sich auf Kuba mehr als ein halbes Jahrhundert lang verbrauchte. Denn mit der Republik und dem Schatten des nordamerikanischen Einflusses etablierte sich ein Zweiparteien-System mit Konservativen auf der einen und Liberalen auf der anderen Seite, ohne wahrnehmbare Unterschiede zwischen beiden – ganz ähnlich dem politischen Spiel in den Vereinigten Staaten mit Republikanern und Demokraten. Die Nachahmung ging so weit, daß in Havanna ein Capitol existiert, das mit dem von Washington fast identisch ist. Es wurde in den 30er Jahren mit denselben Zielen eingeweiht, wie das in der Stadt am Potomac. Mit den Jahren entstanden andere politische Gruppierungen, die in bestimmten Zeitabständen die ganze Insel mit ihren Schmähschriften und Versprechen überzogen. Es gründeten sich sogar Organisationen revolutionären Zuschnitts wie die kommunistische Partei – immer illegal trotz der Demokratie – in ewigem Nachteil angesichts der Feindseligkeit der demokratischen Regierung, dem Argwohn der nordamerikanischen Botschaft und der nicht eben seltenen Verfolgung durch die Polizeikräfte. Trotzdem unterstützen mit Ausnahme der (kommunistischen) PSP die übrigen Parteien die aufständischen Kräfte, die von Fidel Castro angeführt wurden, nicht. Damit verloren sie die Gelegenheit, eine relevante Rolle in einem entscheidenden Moment der Geschichte Kubas zu spielen.

Das ging so weit, daß nach dem Sieg vom 1. Januar 1959 die revolutionären Kräfte keinen Befehl gaben, der die politischen Parteien abgeschafft hätte, aber alle verschwanden. Sie konnten nicht auch nur auf den elementarsten Rückhalt bauen, um sich als Opposition zu erheben. Ihre Führungspersönlichkeiten endeten fast ausnahmslos in Miami. Vom Exil aus versuchten sie mit der Einwilligung der nordamerikanischen Autoritäten ihre Kräfte neu zu gründen, um die kubanische Revolution durch eine lange Reihe von Aktionen zu zerstören, die bald schon 40 Jahre währen. Das rechtfertigt vielleicht, daß die Mehrheit der Kubaner*innen ihr System als das einzige schätzt, das ihnen Zugang zu erreichten Dingen verschaffte, die ihnen das politische Mehrparteien-System nie bot. Und vor allem sehen sie es als etwas Mitentscheidendes für die Existenz der Insel als eigenständige Nation an.

Für sie ist die Gleichung sehr einfach: diejenigen, die am meisten Änderungen in Richtung einer repräsentativen Demokratie fordern sind dieselben, die keine Gelegenheit ausgelassen haben, ihnen ihr Leben auf alle erdenklichen Arten beschwerlicher zu machen. Sollte es sich etwa um ein ganz anderes Modell handeln, zu dessen Annahme sie gedrängt werden sollen? Bleibt hinzuzufügen, daß die 1965 gegründete Kommunistische Partei (PCC) nicht aus dem Nichts auftauchte, sondern nach einem beschwerlichen Einigungsprozeß aller der Kräfte, die in dem gnadenlosen Kampf gegen die Tyrannei des Generals Fulgencio Batista übereingestimmt hatten. Der Weg zur Einheit war nicht einfach und in bestimmten Momenten traten sogar sektiererische und diskriminierende Merkmale auf. Am Ende herrschte jedoch die Suche nach den gemeinsamen Ideen aller vor, bei der – mehr als hinreichend bekannt – die charismatische Figur von Fidel Castro eine wesentliche Rolle spielte.

Zweifellos ist keine Partei von politischer Abnutzung frei, mehr noch in einem Land, das allem möglichen Druck ausgesetzt ist. Doch selbst so zählen die kubanischen Kommunist*innen auf unleugbare Unterstützung in der Bevölkerung. Seit Gründung der PCC ist diese um das 20fache gewachsen. Bei den vergangenen Abgeordnetenwahlen im Jahr 1993 waren 90 Prozent der Kandidat*innen Kommunist*innen in einem Land, in dem die Partei nicht (Kandidat*innen) aufstellt und auswählt, sondern die Bevölkerung dies macht. Genauso wird es als Praxis gehandhabt, den Nicht-Mitgliedern eine wachsende Beteiligung bei den wichtigsten Entscheidungen der Partei zu geben und in deren Reihen einem breiteren Personenkreis einschließlich Gläubigen einen Platz zuzugestehen, um eine grössere Repräsentativität zu erreichen. Vielleicht liegen in all diesen Faktoren einige der Gründe, warum die Kubaner*innen der Welt sagen, daß sie ihr System nicht ändern müssen. Es mag das beste sein oder nicht, ihnen hat es Ergebnisse gebracht.

Parteitag verspricht keine umwälzenden Änderungen

(Havanna, 8. Oktober 1997, pulsar-Poonal).- Zu Beginn des V. Kongresses der Kommunistischen Partei hat die kubanische Regierung ihr Festhalten am sozialistischen System bekräftigt. Sie sprach sich jedoch für eine schrittweise Öffnung der Wirtschaft Wirtschafts- und Planungsminister José Luis Rodríguez erklärte, der Staat werden in den kommenden Jahren seine Hauptrolle behalten und die stärkste Kraft der Wirtschaft bleiben. Allerdings soll das Land dem Auslandskapital offener stehen und der Privatinitiative einen größeren, aber begrenzten Spielraum geben. Der Minister sprach von einem graduellen Wachstum der vom Staat unabhängigen Arbeit. Die kleinen und mittleren Privatunternehmen würden als nicht als die wichtigsten bei der Entwicklung des Landes angesehen. Änderungen wird es beim Landbesitz geben. Die Mehrheit der staatlichen Böden wird an landwirtschaftliche Genossenschaften und etwa 60.000 private BäuerInnenfamilien übergeben werden. Auf dem Kongress werden auch Maßnahmen zur Sanierung der internen Finanzen und weitere kleine Wirtschafts- und Finanzreformen beraten.

NEOLIBERALISMUS

Interview mit Franz Hinkelammert, Teil III

(San José, September 1997, alai-Poonal).- Mit diesem dritten Teil schließt das Interview ab. Hinkelammert vertieft hier die Problematik der privaten Bürokratie und stellt seine Sichtweise des „Territoriums“ vor.

Frage: Die offizielle Diskussion über die Regierbarkeit geht nicht darüber hinaus, eine Diskussion über die Form der Verwaltung zu sein.

Hinkelammert: Sicherlich, das ist das Kriterium der Ultrarechten. Die denkt, das, was regierbar sein soll, muß sehr viel besser verwaltet werden. Aber dahinter steckt etwas, was nicht erwähnt wird. So wurde beispielsweise in den 70er und 80er Jahren von der Korruption in der öffentlichen Verwaltung gesprochen und diese Korruption besteht fort. Aber die heutige Sorge um die Korruption betrifft die private Bürokratie. Die korrumpiert sich. Das Unternehmen ist korrupt, aber es braucht für seine internen Beziehungen korrupte Angestellte. Genauso wie die öffentliche Verwaltung korrumpiert sich auch die private Verwaltung, sie hat dasselbe Niveau. Will sagen, die Korruption ist ein Problem der Bürokratie an sich.

Die Nicht-Regierbarkeit wandelt sich in das, was die Korruption der aktuellen Bürokratie genannt wird. Sie wollen das als moralisches, ethische Problem angehen, aber das nützt ihnen nichts. Es zeigt vielmehr auf, daß sie Probleme haben und sie über die Probleme nachdenken müssen… sogar der Generalsekretär des Internationalen Währungsfonds greift auf theologische Argumente zurück. Er hält theologische Diskurse, weil er merkt, er kann sich nirgendwo diese Grundmoral wieder herholen die auch die Bürokratien benötigen. Sie greifen zu jedem Mittel, um die von ihnen so genannte „Unternehmensethik“ zu stützen. Das ist die Ethik der privaten Bürokratie und sie können sie genauso wenig organisieren.

Frage: Bei den globalen Problemen erwähnten Sie die Marginalisierung von Bevölkerungsteilen. Wie können Gesellschaften gebildet werden, in denen alle Platz haben?

Hinkelammert: Die Organisation der ganzen derzeitigen Wirtschaft dreht sich um das Unternehmen und das Unternehmen funktioniert mit den Leuten, die es hat. Wenn es diese Leute nicht braucht, wirft es sie weg. Das Unternehmen ist nicht verantwortlich für diese Leute, und ebensowenig ist ein anderes Unternehmen für sie verantwortlich. Wenn ein anderes Unternehmen Leute braucht, kann es sie unter Vertrag nehmen. Praktisch bleiben die Leute also ihrem Schicksal überlassen und müssen sich aus eigener Kraft in die Gesellschaft integrieren. So kommt es zu den informellen Sektoren, dem Überleben in Armut, den Migrationen. Das heißt, der Exodus beginnt.

Das Unternehmen ist eine Macht ohne Bürger*innen, in ihm arbeiten die Nicht-Bürger*innen. In einem Staat dagegen ist jeder Bürger und niemand kann Dich wegwerfen, denn Du gehörtest zu einem Territorium. Das Unternehmen hat keine Bürger*innen, es hat gewisse Verträge. Wenn sie Dich nicht brauchen, geben sie Dir einen Tritt und werfen Dich weg. Diese Unternehmen sind eine Art Staat ohne Bürger*innen.

Demgegenüber muß das BürgerInnenrecht wiedergewonnen werden. Und zwar gegenüber den Unternehmen, den Unternehmen, die sich nicht dem Standpunkt der Bürger*innen unterordnen. In letzter Instanz dem Standpunkt der Bürger*innen in der ganzen Welt, nicht irgendeines Landes. Ich meine, es müßte so etwas geben wie eine Charta der Bürger*innen der Welt. Das Unternehmen muß diesen Bürger*innen gegenüber verantwortlich sein statt den nicht mehr gebrauchten Leuten Tritte zu versetzen. Diese Art, die Leute wegzuwerfen, ist nicht mehr haltbar und kennzeichnet die Krise der Regierbarkeit dieser Staaten. Ebenso glaube ich, muß jede Alternative die individuellen Freiheitsrechte und territoriale Prinzipien beinhalten. Vom Territorium (Hinkelammert versteht Territorium immer auch im Sinn von „einen Platz haben“; die Red.) aus gesehen trägt es mehr. Alle haben Territorien, alle befinden sich im Territorium, einige haben viele Quadratmeter zur Verfügung, andere sehr wenige. Aber alle sind innerhalb des Territoriums eingebettet. Es wird ein territoriales Kriterium benötigt, das mir die Möglichkeit garantiert, auf dem Territorium zu leben, wo ich mich befinde. Die Migration ist nicht nur Bewegung, sondern sie ist ein territoriales Problem geworden. Das territoriale Kriterium muß über dem Kriterium Staat stehen, denn vom Territorium Welt kann niemand weggeworfen werden.

Eine Gesellschaft, in der alle Platz haben, muß also eine vom Territorium ausgehende Vision haben. Das Unternehmen muß sich dem Territorium anpassen, es muß den Menschen verantwortlich machen und gleichzeitig für ihn verantwortlich sein. Die Unternehmen werden niemals akzeptieren, daß die Krise der Regierbarkeit eine andere [als von ihnen erkannte] ist. Sie wollen sie durch Druck, Zwang lösen. Und so rufen sie die Kirchen auf, die Predigt zu halten und das Werteproblem zu lösen. Heute wird soviel vom Werteverlust gesprochen, aber die Wertekrise ist eine Krise aller Dimensionen des menschlichen Lebens. Sie wollen sie aber in eine einfache Wertekrise verwandeln, wie im jüngsten Diskurs von Clinton zur Lage der Nation sichtbar wird, in dem er von der Wertekrise spricht. Zum Beispiel von der Erziehung als Instanz, Werte zu produzieren, als ob die Erziehung Werte produzieren würde wie ein Fabrik Würste.

Frage: Und mit dieser Reduzierung des Problems gewinnen die Fundamentalisten an Spielraum…

Hinkelammert: Natürlich. Überall gibt es Fundamentalismus, aber am fundamentalistischen sind die USA: religiöser Fundamentalismus, neoliberaler Fundamentalismus, Fundamentalismus jeglicher Art. Ich habe keinen Zweifel: die USA sind die Avantgarde des Fundamentalismus.

Frage: Was schlagen Sie gegenüber dieser Wertekrise vor?

Hinkelammert: Es ist definitiv eine Diskussion um das Gemeinwohl. Es geht nicht darum, Werte zu produzieren, es geht darum das Gemeinwohl auf der Ebene der Rechte neu festzulegen. Das setzt einen neuen Sinn der Ethik bezüglich den Lehrmeinungen der positivistischen Tradition voraus. Über die Wertekrise muß im Kontext der Lebensmöglichkeiten der Leute, der Gesellschaften nachgedacht werden. In einer Situation, in der fast die Hälfte der Bevölkerung ausgeschlossen, an den Rand gedrängt ist, müssen wir uns fragen, ob wir wollen, daß diese Hälfte der Bevölkerung eine Möglichkeit zum Leben haben soll. Der Aufruf zum Gemeinwohl ist nicht etwas Abstraktes, es ist ein Aufruf über etwas Bestehendes nachzudenken, es zu stärken, umzubauen, neuzubauen. Es ist die Verwirklichung als menschliches Wesen, das in einer Identität mit anderen menschlichen Wesen und der Natur lebt. Das bedeutet nicht, mich für den anderen aufzuopfern, sondern zu merken, daß ich mich nicht als menschliches Wesen, das ich bin, verwirklichen kann, ohne das zusammen mit den anderen oder gegen sie machen kann.

ARGENTINIEN/USA

CIA packt aus

(Montevideo, Oktober 1997, comcosur-Poonal).- Nachdem der US- Geheimdienst CIA einige Figuren an der Spitze der Diktaturen in Lateinamerika förderte und an der Macht hielt, plaudert er jetzt Details über sie aus. So im Fall des Generals Leopoldo Galtieri, dessen Persönlichkeit als „messianisch“, „zerstörend“ und „negativ“ bezeichnet wird und zwar von Douane Clarridge, dem ehemaligen Leiter der Lateinamerika-Abteilung des CIA. Clarridge unterstützte unter anderem die Aktionen der „Contras“ zu Zeiten der sandinistischen Regierung in Nicaragua. Zum 50. Geburtstag des US-Geheimdienstes erzielt er wie einige andere frühere CIA- Mitglieder, die Memoiren und Biografien veröffentlichen, Dividenden aus seiner Arbeit. In seinem Buch „Mein Leben im CIA“ schilderte Clarridge unter anderem die Versuche von Angehörigen der argentinschen Diktatur, die sandinistische Regierung zu sabotieren und andere Volksaufstände in der Region zu unterdrücken.

BRASILIEN

Boff kritisiert Papstbesuch

(Montevideo/Rio de Janeiro, Oktober 1997, comcosur-Poonal).- Der brasilianische Theologe Leonardo Boff hat Johannes Paul II. als „großen Papst mit kleiner Vision“ bezeichnet. Dessen Besuch in Rio de Janeiro bewertet Boff als „triumphalen Akt“ mit dem Ziel, die Kirche zu „befrieden“. 1980 sei der Papst als Ankläger der Diktatur nach Brasilien gekommen und 1991 in seiner Rolle als Kirchenreformer zurückgekehrt. „Jetzt kommt er, seinen Sieg zu genießen, nachdem er alle antagonistischen Gruppen eingebürgert hat“, so der Befreiungstheologe, der sich seit einigen Jahren von der katholischen Kirche fernhält. Boff sieht die Strategie des Papstes als „höchst schädlich für Lateinamerika“ an, „wo es jedesmal mehr Elend, Ungerechtigkeit und Unterdrückung gebe. Er klagt den Papst an, die Kirche in eine Festung gewandelt zu haben, da er „ihren Klerikalismus verstärkte, das Priesterseminar verschanzte und ihre Strukturen aus Politik und sozialen Konflikten heraushielt“. Der Theologe kritisierte weiter: „Heute haben die Mitglieder der Kirche keine Bedeutung, denn der Papst, der mit seinem großen Kreuz durch die Welt reist, ist der große Bischof. Die Gläubigen kennen vielleicht den Bischof ihrer Stadt, aber sie werden nie vergessen, wer Johannes Paul II. ist“. In der Vergangenheit bestrafte der Vatikan Boff mit einem einjährigen Redeverbot, das dieser auch einhielt. Jetzt läßt er seiner Meinung freien Lauf.

MEXIKO/KANADA

Kanadischer Botschafter tritt zurück

(Mexiko-Stadt/Ottawa, 8. Oktober 1997, pulsar-Poonal).- Kanadas Botschafter in Mexiko, Mark Peron, wird in Kürze wieder in seinem Heimatland sein. Er selbst hatte offiziell um seine Versetzung in den diplomatischen Innendienst gebeten, nachdem seine Äußerungen den Unmut der mexikanischen Regierung erregt hatten. Gegenüber der Zeitschrift „Milenio“ hatte Peron erklärt, niemals zuvor ein so hohes Maß an Korruption wie in Mexiko erlebt zu haben. Die Drogenbekämpfung der mexikanischen Regierung bezeicnete er ganz undiplomatisch (aber deswegen nicht falsch; die Red.) als eine „Farce“. Zudem sei der Druck der USA gegen Mexiko in der Drogenfrage ein „Spiel“. Für einen Botschafter sind solche Erklärungen ungewöhnlich. Mark Peron legte den Finger in die Wunde und mußte dafür zurücktreten.

KOLUMBIEN

Angespannte Lage nach jüngsten Massakern

(Bogotá, 7. Oktober 1997, pulsar-Poonal).- In Kolumbien wird nicht mehr ausgeschlossen, daß der Ausnahmezustand ausgerufen wird. Präsident Ernesto Samper führt intensive Beratungen mit dem Militär und seinem Kabinett durch. Ursache sind die zwei Militäraktionen, bei denen innerhalb weniger Stunden zuerst 11 Mitglieder einer Gerichtskommission und danach 17 Polizisten in der Provinz Meta ermordet wurden. Im ersten Fall sind Paramilitärs verantwortlich, im zweiten Fall die Revolutionären Streitkräfte Kolumbiens (FARC). Die FARC waren wenige Tage zuvor nur knapp mit dem Versuch gescheitert, den Streitkräftechef General Manuel Bonett bei einem Anschlag in die Luft zu sprengen. Für viele politische Beobachter*innen werden weder Erklärungen noch repressive Maßnahmen die derzeitige Situation im Land ändern können. Die Aussichten für reguläre Kommunalwahlen in drei Wochen sind damit noch weiter gesunken.

Militäroffensive trifft die Zivilbevölkerung

Von Eduardo Tamayo G.

(Bogotá, 29. September 1997, alai-Poonal).- Die am 4. September begonnene Militäroffensive der kolumbianischen Bundesarmee gegen die Revolutionären Streitkräfte Kolumbiens (FARC) hat schwerwiegende Folgen für die Zivilbevölkerung. Besonders betroffen sind die Regionen im Urwaldgebiet Yari, das die Provinzen Meta, Caquetá und Guavire umfaßt. Die Armee greift den ZeugInnenaussagen nach auch die Indígena-Gemeinden der Pijao, Tucano und Pirapuyo an, die in den Tiefebenen von Yari leben. In dem Reservat in der Provinz Caquetá berichten die Pijao über ständige Bombardierungen durch die Luftwaffe. Die Militärs vernichten außerdem Ernten, töten Tiere und fragen die Kinder nach den Aufenthaltsorten der Guerilla. Diese wiederum betritt das Territorium der Pijao nach Belieben. Die Nationale Indígena- Organisation Kolumbiens (ONIC) sowie der Indígena-Nationalrat von Tolima (CRIT) haben den staatlichen Menschenrechtsbeauftragten, die präsidentielle Büro für Menschenrechtsfragen, das Internationale Rote Kreuz und alle Menschenrechtsorganisationen zur Intervention aufgerufen, damit das Leben dieses Volkes respektiert wird. Die Pijao leben seit mehr als drei Jahrzehnten im Tiefland von Yari.

Auch Mitglieder Indígena-Nationalrates von Cauca (CRIC) berichteten über den wahllosen Beschuß von Häusern durch die Bundesarmee ohne Rücksicht auf Zivilist*innen. Dabei kam beispielsweise in La Concepción ein minderjähriges Mädchen ums Leben. In der südöstlichen Provinz Putumayo sind die Campesinos in Nachbarprovinzen wie Nariño, Huila und Cauca oder sogar nach Ecuador geflohen, weil sie sich dort sicherer wähnen. Bei all dem handelt es sich nur um weniger der vielen Fälle, die die Zivilbevölkerung als Konsequenz der Gewalttätigkeiten von Bundesarmee, Paramilitärs und auch der Guerillagruppen erleidet. Die erzwungene Vertreibung hat einen massiven Charakter bekommen. Derzeit dürfte es mehr als eine Million Vertriebene im Land geben. Drohungen und Feindseligkeiten gegen die Führungspersönlichkeiten von sozialen Gruppen und Menschenrechtsorganisationen nehmen zu. Nur in drei Prozent der Fälle werden die Täter bestraft. Jeden Tag gibt es durchschnittlich zehn politische Morde, sogenannte „soziale Säuberungen“ sind an der Tagesordnung und fordern im Durchschnitt jeden Tag ein Opfer. Alle 24 Stunden wird eine KolumbianerIn gefoltert, alle 48 Stunden verschwindet eine Person auf gewaltsame Weise.

NICARAGUA/USA

US-Regierung droht

(Managua, 6. Oktober 1997, pulsar-Poonal).- Die Vereinigten Staaten haben angekündigt, die Wirtschaftshilfe für Nicaragua zu kürzen, falls nicht auf die Forderungen der US-Bürger*innen eingegangen wird, deren Besitz unter der sandinistischen Regierung konfisziert wurde. Botschafter Lino Gutiérrez versichert, zu dieser Maßnahme sähe sich sein Land „gezwungen“, wenn das zukünftige Eigentumsgesetz die Situation der etwa 1.000 Nordamerikaner*innen, die die Rückgabe ihres Vermögens einklagen, nicht berücksichtige. Er nannte aber keine Summe. Die US-Gesetze sehen die Suspendierung von Finanzhilfen für die Länder vor, die im Streit mit Bürger*innen der Vereinigten Staaten wegen Eigentumsfragen liegen. Die Sandinisten hatten nach dem Sieg ihrer Revolution den Besitz der Familie des Diktators Somozas und den seiner engsten Mitarbeiter*innen beschlagnahmt. Darunter befanden sich auch viele US-Bürger*innen. Das nicaraguanische Parlament wird in den kommenden Tagen ein Gesetz über das schwierige Thema diskutieren, um eine juristische Lösung zu finden. Im Vorfeld hat es eine Absprache zwischen Regierung und Sandinisten gegeben, so daß das Gesetz voraussichtlich eine Abstimmungsmehrheit finden wird.

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