von Torge Löding, San José
(San José, 09. Dezember 2008, voces nuestras).- Kommt in Honduras das Aus für das ALBA, die Bolivarische Alternative für die Völker Unseres Amerikas, bevor die Mitarbeit im progressiven Staatenbund überhaupt begonnen hat? Mit Mauricio Villeda setzte sich am Donnerstag in der Liberalen Partei (PLH) des regierenden Präsidenten von Honduras, Manuel Zelaya Rosales, ein rechter Kandidat für das höchste Staatsamt durch, der den Kurs der jetzigen Regierung nicht fortführen will. Darin ist er sich einig mit dem am gleichen Tag gekürten Spitzenmann der konservativen Nationalistischen Partei Porfirio Lobo. Einer der beiden wird die Wahlen im April gewinnen, daran gibt es kaum einen Zweifel, denn eine linke Wahlalternative fehlt in Honduras.
Anfang Oktober ratifizierte der Nationalkongress einmütig den Beitritt des Landes zum ALBA. Die damit verbundene Unterstützung aus Venezuela kommt mehr als gerufen, denn die Armutsstatistik in Honduras ist fatal. Die Hilfe ist dann wohl auch der wahre Grund für den Beitritt in das Wirtschaftsbündnis, denn auch der amtierende Präsident Manuel Zelaya Rosales ist kein Linker. Er gewann die Präsidentschaftswahl vor allem mit einer Kampagne gegen kriminelle Jugendbanden (die sogenannten Maras sind ein großes Problem, genau wie in den Nachbarländern Guatemala und El Salvador), in der er den „starken Staat“ beschwörte. Wenn auch in nicht ganz so brachialer Haudrauf-Manier wie sein konservativer Konkurrent.
Bis zu 80 Prozent der Menschen leben in Honduras unter der Armutsgrenze, das Land ist nach Haiti und Nicaragua eines der ärmsten der Region. Außer Textil-Maquiladoras gibt es kaum Industrie und selbst diese sind aufgrund der Konkurrenz aus China unter starken Druck geraten. Viele Anbauflächen für Bananen und Kaffee sind verwaist, seitdem der Weltmarktpreis für diese Produkte in den Keller gesunken ist. „Es gibt kaum reguläre Arbeitsplätze in Honduras, außer im schlecht bezahlten öffentlichen Dienst oder in den Maquilas mit Arbeitsbedingungen, die an Sklaverei erinnern. Wer kann, verkauft irgendwie irgendwas auf der Straße. Aber Exportprodukt Nummer Eins sind Arbeitskräfte, die es vor allem in die USA zieht“, erklärt Edith Zavala vom Netzwerk der honduranischen MigrantInnennorganisationen.
Mehr als eine Million der gut 7,5 Millionen Honduraner*innen migrierte in die USA, nach El Salvador oder Spanien. Die Überweisungen der Migrant*innen an ihre Familien machen fast ein Viertel des Bruttoinlandsprodukts aus; kein anderes Land der Region hängt wirtschaftlich so sehr am Tropf der „Remesas“ (Geldüberweisungen aus dem Ausland). Aufgrund der Wirtschaftskrise in den USA sind diese Zahlungen derzeit rückläufig, insbesondere weil viele Honduraner im Baugewerbe arbeiten und dieses von der Immobilienkrise besonders stark betroffen ist. Venezuela wird im Rahmen der ALBA-Mitgliedschaft nun Kredite für Campesinos in Höhe von 30 Millionen US-Dollar gewähren, 100 Traktoren liefern sowie Programme im Bildungs– und Gesundheitssektor fördern. Zudem profitiert das Land bereits durch die Petrocaribe–Mitgliedschaft davon, dass es die Hälfte seiner Rohölrechnung bei Venezuela nicht sofort, sondern erst in 25 Jahren zahlen muss. Dabei gilt ein Zinssatz von nicht mehr als einem Prozent, das Land kann zudem in Nahrungsmitteln oder in Form anderer Exportprodukte zahlen.
Präsident Zelaya hat zumindest den Zungenschlag etwas geändert. Als der Staatschef im August erklärte, warum er für den ALBA-Beitritt seines Landes sei, fragte er rhetorisch: „Wer hat behauptet, dass Honduras vorankommt, wenn das Wasser, die Luft und der öffentliche Dienst privatisiert werden?“ Stattdessen sei der Aufbau eines alternativen Modells zur Bekämpfung der Ausgrenzung und der Armut wichtig. „Wenn das System, welches in Honduras 40 Jahre lang den Ton angegeben hat, diese Probleme gelöst hätte, dann würden wir uns nicht für den Sozialismus Südamerikas interessieren“, fügte er hinzu. Zelaya sieht die Alternative für sein Land in einem „sozialistischen Liberalismus“, der Privatwirtschaft und ArbeitnehmerInneninteressen gleichermaßen respektiere. Für den Vertreter einer Partei, die wie die deutsche FDP der Liberalen Internationale angehört, sind das radikale Worte. Und es gibt in Honduras auch starke politische Kräfte, die ihm das übel nehmen. Zum Beispiel der Unternehmerverband COHEP, dessen Vorsitzender erklärte, Honduras trete mit der Ratifizierung einer „ideologischen, politischen und militärischen Allianz bei, die der Geschichte, den Werten und Verpflichtungen von Honduras widerspricht“.
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