Es bleibt dabei: Honduras kündigt erste Modellstadt an

von Ofraneh

(Honduras, 14. Februar 2014, otramérica).- Die Regierung von Honduras hat angekündigt, dass die erste sogenannte Charter-Stadt im südlichen Departamento Choluteca errichtet wird. Diese ‘Städte’, die gesetzlich und beschönigend als Sonderwirtschaftszonen zur Beschäftigungsförderung und Wirtschaftsentwicklung bezeichnet werden, werfen erneut die Fragen nach der Souveränität und der demokratischen Rechte auf.

Das aktuelle “Gesetz der Sonderwirtschaftszonen zur Beschäftigungsförderung und Wirtschaftsentwicklung” ZEDE (Ley de Zonas de Empleo y Desarrollo Económico) hat das “Gesetz der Sonderwirtschaftszonen” RED (Ley de Regiones Especiales para el Desarrollo) ersetzt, welches im Oktober 2012 vom Obersten Gerichtshof als verfassungswidrig erklärt worden war. Im Anschluss an diese Erklärung folgte die Amtsenthebung von vier der fünf Richter durch das Parlament, (welchem zu dieser Zeit der aktuelle Präsident Juan Orlando Hernández vorstand). Womit bewiesen wäre, dass es in Honduras keine Unabhängigkeit von Exekutive, Legislative und Judikative gibt.

Geheimniskrämerei um Modellstadt 2.0

Die neue Version der Modellstädte bleibt auch weiterhin ein Mysterium – in einem Land, welches sich mit einem Schleier aus restriktiver Informationspolitik verhüllt. Leider ist die honduranische Bevölkerung anfällig für die Illusion der Arbeitsplatzbeschaffung und des Wirtschaftswachstums, öffentlich angepriesen durch die politisch-unternehmerische Elite, die an der Quelle des zu verteilenden Hab und Gutes sitzt, besonders nach dem Staatsstreich aus dem Jahr 2009. Die Medien – in der Hand der Machtelite – haben schließlich eingestimmt in die Idee der Notwendigkeit, Landstreifen gegen ausländisches Kapital herzugeben – als einzigen Ausweg aus der Wirtschaftskrise. Dies allerdings ohne nähere Angaben zu machen, wie denn die Zauberformel gegen die schwere Krise lautet, in die Honduras gestürzt wurde.

Von dem US-amerikanischen Wirtschaftswissenschaftler Paul Romer, welcher die inländischen Rechtsextremist*innen mit seiner Idee in große Aufruhr versetzt hat, bis hin zur Version von den der guatemaltekischen Universität Francisco Marroquín nahestehenden Libertären – man hat in den letzten Jahren versucht, die Landvergabe an ausländische Investoren als Anreiz für die gewünschte wirtschaftliche Investition zu verkaufen, als Vorstufe zur ‘Entwicklung’. Jedoch bestehen die Zauberkünstler*innen mit ihrem bevorzugten Trick der ‘Modellstädte’ darauf, dass die unumstößliche Bedingung für das Anlocken von Investor*innen die Abspaltung die Justiz sei.

Die Modellstädte und der UN-Ausschuss zur Beseitigung rassistischer Diskriminierung

Am 4. Februar 2014 untersuchte der UN-Ausschuss zur Beseitigung rassistischer Diskriminierung CERD (Comité para la Eliminación de la Discriminación Racial) den vom Staat Honduras vorgelegten Bericht und erhielt von einigen Bevollmächtigten Kenntnis über die fehlende Gewaltenteilung nach dem erwähnten Übergriff der Legislative auf den Obersten Gerichtshof vom 12. Dezember 2012. Letztgenannter hatte das Gesetz der Modellstädte für verfassungswidrig erklärt. Der UN-Ausschuss erklärte seine Besorgnis über die Einführung des Gesetzes der Sonderwirtschaftszonen RED-ZEDE und die Bestrebung, im Jahr 2012 mehr als die Hälfte des Gebietes der indigenen Garífuna an ausländische Investor*innen zu übergeben.

CERD kritisierte außerdem, dass der Staat Honduras dem Recht auf vorherige, freie und aussagekräftige Befragung und Bitte um Zustimmung (Consulta-consentimiento, previo, libre e informado CPLI) nicht nachgekommen sei, einem der juristischen Basisinstrumente, welches den indigenen Völkern zu ihrem Schutz zusteht. Die vorherige Befragung CPLI wurde von den verschiedenen honduranischen Regierungen schon oft ignoriert, womit diese gegen internationale Verträge und Abkommen verstießen. Im Falle der Modellstädte hielt die Behörden der Regierung von Präsident Porfirio Lobo bis zum letzten Moment die Information zurück, wo genau sich der Standort des neuen, neokolonialen Projektes befinden würde. Jedoch hält sich seit der Verabschiedung des Gesetzes RED das hartnäckige Gerücht über eine mögliche Lage zwischen der Bucht von Trujillo und dem Fluss Sico. Dies wiederum sorgte für eine Reihe von Übergriffen und Immobilienspekulationen auf dem Gebiet dieser honduranischen Gemeinden.

Erzkonservative sollen Modellstädte umsetzen

Zur Umsetzung der ursprünglichen Version der Modellstadt schuf die Regierung eine Honoratioren-Kommission aus fünf Personen; plus Paul Romer, dem US-amerikanischen Wirtschaftswissenschaftler. Der Honoratioren-Kommission wohnte auch Harry Strachan bei, dessen Name immer wieder in Zusammenhang mit den Todesschwadronen in El Salvador fällt. Die Kommission löste sich auf, als der Staat Honduras eine Interessenerklärung mit dem radikalliberalen Michael Strong unterzeichnete. Gleichzeitig tauchte der umstrittene politische Berater Mark Klugmann als Prophet der Modellstädte auf.

Mitglied der vermeintlich neuen Kommission soll nach der knappen Information, die am Amtssitz des Präsidenten herausgegeben wurde, auch die Tochter des verstorbenen ultra-konservativen US-Präsidenten Ronald Reagan sein. Man kann davon ausgehen, dass die Namen der übrigen Mitglieder demnächst in der Tageszeitung Gaceta Nacional veröffentlicht werden.

Umstrittenes südkoreanisches Unternehmen weiter beteiligt

Die Modellstadt 2.0 behält die Grundlage der ursprünglichen von Romer befürwortete Idee bei. Beteiligt ist auch weiterhin das südkoreanische Unternehmen POSCO, welches vermutlich eine Machbarkeitsstudie durchführen wird, die „einen detaillierten Masterplan mit allen Umweltschutzmaßnahmen für die Bevölkerung enthält“. POSCO hat im Jahr 2011 vorab eine Absichtserklärung mit der Administration des Präsidenten Lobo als Abkommen in gegenseitigem Einverständnis unterschrieben, damit die Studien für den Bau einer Modellstadt in Honduras beginnen konnten. Die südkoreanische Firma sah sich jedoch in die Geschehnisse Madagaskars verwickelt, wo es zu Aufständen der Bevölkerung kam, die zur Absetzung der Regierung von Marc Ravalomanana führten, einige Monate vor dem Putsch in Honduras. Das Unternehmen DAEWOO, eine Niederlassung von POSCO, welches von Romer beraten wird, erhielt von dem abgesetzten Präsidenten gratis 1,3 Millionen Hektar für eine vermeintliche landwirtschaftliche Nutzung.

POSCO ist eines der weltweit größten Unternehmen der metallverarbeitenden Industrie. Vorwürfen gegenüber dem Unternehmen hinsichtlich der Verletzung von Menschenrechten wurden mehrfach laut. Außerdem war POSCO in einen heftigen Streit über ein Stahlunternehmen verwickelt, welches das Unternehmen im indischen Odisha bauen wollte. Gleich acht Sonderberichterstatter*innen der Vereinten Nationen beantragten die Einstellung des Projekts.

Wenn auch die aktuelle honduranische Regierung sich auf das südliche Departamento Choluteca konzentriert, so wird sie wohl in naher Zukunft ihre Begehrlichkeiten hinsichtlich des Gebietes der Garífuna geltend machen. Es sieht so aus, als wollte sie das Gebiet in ein Bordell unter dem Namen ‘Banana Coast’ verwandeln.

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