von Laura Zierke und Laura Mc Quiddy
(San José, 09. Dezember 2010, voces nuestras).- Seit mehr als 15 Jahren haben Anwohner*innen und Umweltschützer*innen gegen das Bergbauprojekt „Las Crucitas“ in San Carlos, im Norden Costa Ricas, gekämpft. Und es hat sich gelohnt. In einem beinahe acht Wochen andauernden Gerichtsverfahren wurde entschieden, dem Bergbauunternehmen Infinito Gold Ltd. die Konzession für das Goldminentagebauprojekt in Crucitas zu entziehen.
Der kanadische Konzern hatte zuvor die Lizenz zum Goldschürfen in Crucitas für zehn Jahre vom costa-ricanischen Staat erworben. Das Unternehmen plante, pro Jahr 85.000 Unzen Gold abzubauen. Der Verkaufswert des Goldes wird auf 800 Millionen US-Dollar geschätzt, die vom Staat einzunehmenden Royalties hätten elf Prozent betragen. Minengegner*innen warnten vor der drohenden Umwelt- und insbesondere Wasserverschmutzung durch das zur Goldgewinnung einzusetzende Zyanid. Außerdem hätten für das Projekt Waldflächen gerodet werden müssen; zudem wäre die einzigartige Biodiversität der Region verloren gegangen.
Unregelmäßigkeiten festgestellt
Auf eine Klage der Umweltorganisationen APREFLOFAS und Frente Norte por la Vida war schließlich das Gerichtsverfahren gegen das Unternehmen und den Staat eingeleitet worden. Während der Anhörungen traten immer mehr Unregelmäßigkeiten auf. So stellte die Biologin Yamileth Astorga, die als Zeugin in dem Gerichtsverfahren auftrat, fest: “Im Laufe des Prozesses wurde deutlich, dass sich das aktuelle Vorhaben sehr von dem unterscheidet, für welches Infinito Gold die Rechte erlangt hatte.“
Expert*innen bemängelten die von dem Unternehmen vorgelegten Machbarkeitsstudien. So erwähnt die Studie über die Artenvielfalt der Region lediglich Spezies, die auch in anderen Regionen Costa Ricas und weiteren lateinamerikanischen Ländern vorkommen. Der Anwalt der Minengegner*innen, Edgardo Araya, erklärte hingegen, dass einzigartige Mangrovenwälder und Moore dem Megaprojekt zum Opfer hätten fallen müssen. Auch entsprechende Angaben über den Einsatz von Chemikalien blieben undeutlich. Hinzu kam, dass Untersuchungen, die den Boden auf die Verträglichkeit von säurehaltigem Sickerwasser prüften, auf das Jahr 1996 zurückgingen und zudem unklar blieb, ob sich jene Studie überhaupt auf die Böden in Crucitas beziehe. Expert*innen verwiesen außerdem darauf, dass es an Angaben über die Auswirkungen des Goldminentagebaus auf die Umwelt fehle.
In dem Gerichtsverfahren wurde auch die Zulässigkeit des Dekretes 34.801-MINAET, untersucht. Das Dekret erklärte die Goldmine „Las Crucitas“ zu einem Projekt von öffentlichem Interesse und nationalem Nutzen und war im Jahr 2008 vom ehemaligen Präsidenten Oscar Arias erlassen worden. Das Staatsoberhaupt hatte damit dem Unternehmen das Recht eingeräumt, Wälder abzuholzen, das per Verfassung lediglich Infrastrukturprojekten wie Straßen oder Flughäfen zugesprochen werden kann. Nach dem Inkrafttreten des Dekretes hatte Infinito umgehend mit den Abholzungsarbeiten begonnen.
Erlaubnis per Dekret war illegal
Die Richter stuften nun das Dekret 34.801-MINAET als illegal ein und rieten der Staatsanwaltschaft, einen Gerichtsprozess gegen das ehemalige Staatsoberhaupt und die zuständigen Beamten zu eröffnen. Zudem erklärte Claudio Monge, Abgeordneter der Mitte-Links-Partei Bürgeraktion (PAC) unlängst in einem Interview, Arias und der derzeitige Präsident Nicaraguas, Daniel Ortega, würden bezichtigt, Aktien bei dem Unternehmen Infinito Gold Ltd. zu haben. Die PAC lancierte daraufhin eine Untersuchung, die derzeit den Verdacht prüft. Nach dem Entschluss des Verwaltungsgerichts muss das Unternehmen Infinito Gold nun eine Entschädigungssumme für die bereits angerichteten Umweltschäden durch die Abholzungen und Bauarbeiten aufwenden. Genaue Zahlen sind noch nicht bekannt.
Der gesamte Prozess gelangte vor allem durch Protestaktionen von Umweltschützer*innen in die Öffentlichkeit. Sie hatten mit einem Hungerstreik die Regierung Laura Chinchilla aufgefordert, das Dekret 34.801-MINAET aufzuheben. Damit vertraten sie einen Großteil der Bevölkerung. Umfragen hatten ergeben, dass 90 Prozent der Costa-Ricaner*innen gegen Goldminenprojekte in ihrem Land sind. Trotz der Nichtbeachtung durch das Staatsoberhaupt während des 600 Stunden währenden Hungerstreiks beendeten die Umweltschützer*innen den Streik optimistisch: „Die Notwendigkeit gegen Goldtagebau Widerstand zu leisten, ist wieder verstärkt ins öffentliche Bewusstsein gedrungen,“ erklärt Andrés Guillén, einer der Hungerstreikenden.
Berufung angekündigt
Und tatsächlich votierte dann eher unerwartet das costa-ricanische Parlament nach der Beendigung des Hungerstreiks im November einstimmig für einen Gesetzesentwurf, der neue Projekte von Tagebau für Metalle in Costa Rica verbietet. Das neue Gesetz tastet jedoch nicht bereits bestehenden Tagebau an. Deswegen blieb letztlich abzuwarten, wie das Verwaltungsgericht im Fall „Las Crucitas“ entscheiden würde.
Das Unternehmen Infinito Gold will nun in Berufung gehen und kündigte an, Expert*innen, Universitätsprofessor*innen, Journalist*innen und Umweltschützer*innen für die Verbreitung von falschen Informationen zu verklagen. Die Freude bei den Minengegner*innen bleibt aber vorerst. Anwohner*innen, Umweltschützer*innen und Expert*innen bewerten die Entscheidung als historisch. Dr. Jorge Lobo Segura, Professor für Biologie, erklärte: “Das war ein geschichtsträchtiges Gerichtsverfahren. Es stand so viel auf dem Spiel: der Schutz der Umwelt und eben auch das ‚grüne‘ Bild, das Costa Rica in der Welt vertritt.“
Gericht entscheidet gegen Goldminentagebau „Las Crucitas“ von Nachrichtenpool Lateinamerika ist lizenziert unter Creative Commons Namensnennung-Weitergabe unter gleichen Bedingungen 4.0 international.
Schreibe einen Kommentar