Garantiepreise und offener Markt

(Mexiko-Stadt, 31. Januar 2019, La Jornada).- Die wieder eingeführten Garantiepreise für Mais, Bohnen, Reis und Weichweizen markieren einen Wendepunkt nach 30 Jahren neoliberaler Reformen im Landbau. Zwischen 1989 bis 1994 waren die Garantiepreise abgeschafft, um dem Nordamerikanischen Freihandelsvertrag NAFTA den Weg zu ebnen. Die Landwirt*innen, die ihre Ernten der staatlichen Aufkaufeinrichtung Conasupo zu festen Preisen übergaben, sahen sich dieser Möglichkeit von einem Tag auf den anderen beraubt. Und sie fanden keine Käufer*innen mehr für ihre Produkte.

Ihre Antwort darauf waren riesige Demonstrationsmärsche, die sie vom Norden bis ins Zentrum des Landes führten. Sie initiierten Hungerstreiks, schlossen internationale Grenzübergänge, besetzten die zentralen Plätze in den Städten und organisierten Karawanen mit Traktoren. Trotz ihrer Anstrengungen verloren sie den Krieg um die Nahrungsmittelproduktion und deren Markt. NAFTA setzte sich durch und multinationale Unternehmen übernahmen die Kontrolle über den mexikanischen Nahrungsmittelsektor. Dr. Zedillo (Mexikos Präsident von 1994 bis 2000) schaffte die Conasupo 1998 ab. Gleichzeitig überließ er den Markt für Mais den Konzernen, die den Weltmarkt kontrollieren. Die nun zollfreien Maisimporte überschwemmten den Binnenmarkt. Regierung auf Regierung rechtfertigte die Nahrungsmittelabhängigkeit als einen unvermeidlichen Zustand im Globalen Dorf.

Subventionen nur für die Großen

Die Kleinbauern und -bäuerinnen flüchteten sich in die Selbstversorgung. Zwei Millionen Arbeitsplätze im Landbau gingen verloren. Die mittelständischen landwirtschaftlichen Produzent*innen, die über ihre Organisation und genossenschaftlich strukturierte Unternehmen versuchten, die Vermarktung ihrer Produkte zu kontrollieren, wurden von der Regierung zunichte gemacht. Der Weg sollte für die Großproduzent*innen frei gemacht werden, die etwa zehn Prozent aller Produzent*innen darstellten, und für die multinationalen Vermarkter. Für diese gab es -im Gegensatz zu den kleinen und mittleren Produzent*innen- sehr wohl Subventionsprogramme in den Bereichen Versicherungen, Transport, Kredite, Zielpreise, Vermarktung sowie die Befreiung von Importzöllen.

Der Anstieg der Nahrungsmittelabhängigkeit geschah allmählich und systematisch und wurde als zwangsläufiger Umstand des freien Handels betrachtet. Fast 3,8 Milliarden Dollar wurden 2017 für den Import von Grundnahrungsmitteln bezahlt. Stolz erklärte Präsident Peña Nieto, dies werde durch den Verkauf von Avocados und Beerenfrüchten an die USA finanziert.

Garantiepreise ja, aber innerhalb eines offenen Marktes

Angesichts dieses Szenariums markiert die Wiedereinführung der Garantiepreise unter der Regierung López Obrador einen Wendepunkt. Doch sie werden in einem offenen Markt zur Anwendung kommen. Der neu verhandelte Vertrag zwischen Mexiko, USA und Kanada (der sogenannte T-MEC) verbietet jede Art von Zöllen oder Handelsbarrieren für Importe. Die Garantiepreise dürfen weder die Binnenmarktpreise noch die multinationale Kontrolle der Märkte beeinträchtigen und können von daher auch nicht als Regulierungsinstrument dienen.

Die neuen Garantiepreise für Mais und Bohnen, die von der Mehrheit der Kleinbauern und -bäuerinnen angebaut werden, sollen die Einkommen der Campesines unterstützen, die Selbstversorgung der Familien mit Nahrungsmitteln stärken und erreichen, dass sie einen kleinen Überschuss erwirtschaften, den sie auf den Markt bringen können. Gezahlt werden die Garantiepreise an Landwirt*innen, deren Anbauflächen die fünf Hektar nicht übersteigen. Die Obergrenze für den Aufkauf zu Garantiepreisen liegt bei 15 Tonnen Bohnen und 20 Tonnen Mais. Den Transport zu den Anlieferungszentren wird die Regierung bezahlen.

Die neu geschaffene Einrichtung der Mexikanischen Ernährungssicherheit (Segalmex) wird die Tonne Bohnen zum Preis von 14 500 Pesos abnehmen, derzeit werden dafür auf dem freien Markt 9 000 Pesos bezahlt. Für die kommende Maisernte im Herbst und Winter ist ein Garantiepreis von 5 610 Pesos zugesagt, derzeit bekommen die Bauern und Bäuerinnen 4 200 Pesos. Da die Infrastruktur von Conasupo privatisiert wurde, wird Segalmex auf andere vorhandene öffentliche und private Kapazitäten zurückgreifen.

Einfuhren sollen gesenkt werden

Zwar erhofft sich die Regierung zurückgehende Importe bei diesen beiden Grundnahrungsmitteln – zehn Prozent beim Bohnenkonsum und 45 Prozent beim Mais – aber es ist unwahrscheinlich, dass dies geschieht. Denn die Importe sind nicht fehlender mexikanischer Produktion geschuldet, sondern den Vorteilen bei Preisen, Subventionen und Finanzierungsmechanismen, die bei den Importen greifen und deswegen besonders attraktiv für die weiterverarbeitende Industrie sind. Beim Mais ist der Fall besonders kompliziert. Ohne eigene Verteilungskanäle und unter den Bedingungen eines offenen Marktes wird die Regierung den Mais, den sie zu Garantiepreisen aufgekauft hat zum internationalen Preis verkaufen müssen. Das betrifft etwa die Hälfte der gesamten mexikanischen Maisproduktion. Außerdem nutzen die Campesines mit weniger als fünf Hektar Land einen großen Teil ihrer Produktion zur Selbstversorgung. Wenn sie aber ihren Mais oder ihre Bohnen nicht verkaufen, erhalten sie die Subvention nicht.

Die Garantiepreise für Weichweizen und Reis zielen vor allem darauf ab, das Einfuhrvolumen zu senken. Darum gibt es keine Beschränkungen bei der Parzellengröße pro Landwirt*in, sondern nur Mengenbegrenzungen. Diese Produkte werden direkt von der Agroindustrie aufgekauft werden, die Regierung wird den Produzent*innen die Preisdifferenz zahlen.

Nach offiziellen Berechnungen werden zwei Millionen Landwirt*innen von den Garantiepreisen profitieren. Doch indem der Verkauf individualisiert vonstatten geht, ohne die Rolle der Organisationen der Produzent*innen zu berücksichtigen, wird die schwache Stellung der Campesines auf dem Markt reproduziert.

Die Autorin Ana de Ita ist Leiterin des Studienzentrums für den Wandel im Mexikanischen Landbau (Ceccam)

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