In Gedenken an Luis Sepúlveda, chilenischer Schriftsteller und Aktivist

(Reus, 26.04.2020, Cambio Político) Am 16. April verstarb der chilenische Autor Luis Sepúlveda in der spanischen Stadt Oviedo. Zwei Monate zuvor war er an einer schweren Lungenentzündung erkrankt, die die Infektion mit dem Coronavirus begünstigte. In den 70er Jahren hatte Sepúlveda wie viele andere Chilen*innen sein Land  verlassen müssen. In mehreren Ländern Lateinamerikas wurden mit Unterstützung der Regierung der USA Militärdiktaturen etabliert, die die Einführung des Neoliberalismus mit Gewalt vorantreiben sollten. Bereits mit 24 Jahren hatte Sepúlveda in der kulturellen Bewegung der sozialistischen Regierung Salvador Allendes mitgewirkt und zahlreiche Artikel und Berichte veröffentlicht. Nach dem Putsch Pinochets im Jahr 1973 wurde er festgenommen und in ein Militärgefängnis transportiert. Dort verbrachte er mehr als zwei Jahre in Gefangenschaft, bis er mit Hilfe von Amnesty International ins Exil gehen konnte.

Politische und literarische Arbeit im Exil

Sepúlvedas lebte von nun an in verschiedenen lateinamerikanischen Ländern, wo er sich jeweils dem Widerstand gegen die Diktatur in Chile anschloss. 1979 trat er den Internationalen Brigaden zur Unterstützung der nicaraguanische Guerilla bei, die den Sturz des Diktators Somoza herbeiführte. Schließlich ließ er sich in Deutschland nieder, wo er als Journalist arbeitete. Politisch engagierte er sich für den Umweltschutz und nahm an Greenpeace-Aktionen teil. Außerdem näherte er sich den indigenen Bewegungen an und erforschte die verschiedenen Kulturen Lateinamerikas. Seine Mutter, die als Krankenschwester gearbeitet hatte, stammte aus dem Volk der Mapuche. 1997 ließ er sich in Gijón (Asturien) nieder. Seine literarische Arbeit brachte ihm internationale Anerkennung, seine Werke wurden unter anderem in Frankreich, Italien, Deutschland und Chile ausgezeichnet. Er veröffentlichte mehr als 20 Bücher, Romane, zahlreiche Artikel und Essays, die in verschiedene Sprachen übersetzt wurden.

Literatur für Groß und Klein

„Un viejo que leía novelas de amor“ (Der Alte, der Liebesromane las) ist einer seiner bekanntesten Romane. Doch auch als Verfasser von Kindergeschichten war er erfolgreich. „Historia de una gaviota y del gato que le enseñó a volar” (Wie Kater Zorbas der kleinen Möwe das Fliegen beibrachte) wurde als Zeichentrick verfilmt. Es war mein Hang zu Geschichten für die Kleinen, der mich vor drei Jahren dazu veranlasste, mit Luis in Kontakt zu treten. Leider haben wir es nicht geschafft, einander persönlich kennenzulernen, dennoch tauschten wir uns – von einer Seite der Anden zur anderen – über die Mapuche-Kultur aus. Er war ein höflicher und zuvorkommender Mann mit der Geduld eines Menschen, der viele Schwierigkeiten erfahren, aber dennoch sehr intensiv gelebt hat. Luis sah sich selbst als Kämpfer für eine bessere Welt, der mit seinen Büchern den Verlierer*innen eine Stimme geben wollte.

Luis Sepúlveda hinterlässt fünf Kinder und zahlreiche Enkelkinder. Vor einigen Jahren publizierte er im Kulturteil der Zeitschrift „Clarín“ (Buenos Aires) eine wunderbare Schilderung seiner familiären Beziehungen: „De cómo un buen padre puede cometer errores“ (Darüber, wie ein guter Vater Fehler macht). Es lohnt sich, den Text auf der Website der Zeitschrift aufzurufen. Schlicht und zugleich berührend zeigt sich der Autor in seiner gesamten Menschlichkeit, die sich in vielen seiner literarischen Werke spiegelt und, was noch viel bedeutsamer ist, seinen Lebensweg bestimmte. Sein Tod ist ein unersetzlicher Verlust für die chilenische und lateinamerikanische Kultur.

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