Von Katalina Vásquez Guzmán
(Fortaleza, 15. März 2018, Adital/poonal).- Álvaro Uribe hat bei den Parlamentswahlen am 11. März 2018 massiv an Zustimmung verloren. Die Zahl der Wählerstimmen ging von mehr als zwei Millionen auf ungefähr 800.000 zurück. Von den momentan 102 Senator*innen verloren 27 ihren Sitz, unter ihnen wichtige Mitglieder der Ultrarechten wie José Obdulio Gaviria, Cousin von Pablo Escobar. Die rechten Parteien behalten trotzdem die Mehrheit. Die Partei Demokratisches Zentrum (Centro Democrático) des ehemaligen Staatspräsidenten Uribe behält die Mehrheit der Sitze im Senat, gefolgt von der Partei Radikaler Wandel (Cambio Radical) des aktuellen Präsidenten Santos. Er ist für viele der große Gewinner, da er die Anzahl der Sitze im Senat um sieben erhöhen konnte.
Der Uribismus steht verstärkt mit vielfachen Verstößen gegen die Menschenrechte in Zusammenhang; besonders bei den außergerichtlichen Hinrichtungen oder den sogenannten „falschen Positiven“ (ermordete Zivilist*innen, um Erfolge gegen die Guerillas vorzutäuschen). Das wirkt sich auch auf den Ruf des Ex-Präsidenten Uribe aus, denn die Menschenrechtsverletzungen sind während seiner Amtszeit als Präsident, als Gouverneur von Antioquia und Bürgermeister von Medellín geschehen. Der Rückgang des Uribismus könnte mit den Gerichtsprozessen gegen Uribe und seiner Familie zu tun haben, die wegen mutmaßlichen Verbindungen zur Mafia und paramilitärischen Gruppen angeklagt sind. Aber während einige gehen müssen, wie die liberale Sofía Gaviria, deren Familie im Verdacht steht, nach dem Eindringen der Paramilitärs Land an der Küste von Urabá gekauft zu haben, kommen andere, um den durch die mannigfachen Korruptionsskandale reichlich delegitimierten Gruppen wieder auf die Beine zu helfen.
Trotz rechter Mehrheit, feiern alternative Parteien Einzug ins Repräsentantenhaus
Von insgesamt 102 Senator*innen, die von 2018 bis 2022 den Kongress bilden werden, sind 65 Neue dabei. Unter ihnen sorgen verschiedene Namen der Linken für Überraschung, da man nicht erwartet hatte, dass ihr Wählerpotential für einen Sitz im Parlament ausreichen würde. Dies ist der Fall bei der erst kürzlich aufgestellten Liste der Anständigkeit (Lista de la Decencia), die von Mitgliedern verschiedener Parteien aufgestellt wurde und insgesamt vier Sitze im Senat gewann. Damit zog auch die vor einem Jahr wiederbelebte sozialistische Partei Patriotische Union (Unión Patriótica) ein. Darüber hinaus schaffte es die Grüne Partei (Partido Verde), ihre Sitze im Senat von fünf auf zehn zu erhöhen, während die Oppositionspartei Demokratisch Alternative Achse (Polo Democrático Alternativo) ihre fünf Sitze im Senat behielt. So zählt auch der Kandidat Gustavo Petro zu den Gewinnern, der die Liste der Anständigkeit anführt, ebenso wie Sergio Fajardo von der Koalition Kolumbien (Coalición Colombia), der von den Grünen und der demokratischen Achse unterstützt wurde.
Besonders die alternativen Parteien feierten den Einzug ins Repräsentantenhaus, auch wenn hier im Gesamten die Rechten den größten Zuwachs verzeichneten. Von den 166 Sitzen für die regionalen Abgeordneten und ethnischen Gruppen gingen 35 an die sozialdemokratische Kolumbianische Liberale Partei PLC (Partido Liberal Colombiano), die im Gegenzug im Senat mehrere Sitze verlor. Ihnen folgte die 2013 gegründete uribistisch-rechtskonservative Partei des Demokratischen Zentrums (Centro Democrático) mit 32 Sitzen und die rechtsliberale Partei Radikaler Wandel (Cambio Radical) mit 30 Sitzen. Die Soziale Partei der Nationalen Einheit (Partido Social de Unidad Nacional , kurz: Partido de la U) von Präsident Santos erhielt 25 und die christdemokratische Konservative Partei (Partido Conservador Colombiano) 21 Sitze. Die Grünen vereinten neun Sitze auf sich, während die Parteien Unabhängige Absolute Erneuerungsbewegung MIRA (Movimiento Independiente de Renovación Absoluta), die Alternative Achse, die rechtskonservative Partei Bürgerliche Option (Opción Ciudadana) und die Liste der Anständigkeit jeweils zwei Sitze für sich verbuchen konnten.
FARC schneidet schlecht bei denn Wahlen ab
Die Grünen, mit denen Gustavo Petro von der Liste der Anständigkeit zu Beginn der Woche hinsichtlich einer Koalition bei den Präsidentschaftswahlen kokettierte, zeigten sich hocherfreut, dass es einigen Vertreter*innen gelungen sei, die traditionelle politische Klasse zu verdrängen, indem sie die Verbindungen zur Mafia und Paramilitärs aufgezeigt hatten. Das ist der Fall bei León Fredy Muñoz, der einen Sitz im Repräsentantenhaus erhielt, während Olga Suárez Mira nicht die notwendige Anzahl der Stimmen für den Senat bekam: Die gesamte Familie Suárez Mira wird von Justiz und Presse beobachtet, wegen möglicher Verbindungen zu Gesetzeswidrigen, ihr Bruder ist momentan auf der Flucht.
Eine der großen Herausforderungen des neuen Kongresses wird sein, die Vereinbarungen des Friedensabkommens aufrechtzuerhalten. Laut der Wahlbeobachter*innen der Organisation Amerikanischer Staaten, sei es die ruhigste Wahl in der Geschichte Kolumbiens gewesen – ohne bewaffnete FARC-Rebellen und die ELN mit zur Zeit ruhenden Gewehren. Und, natürlich, zum ersten Mal mit der FARC als politische kraft im Parlament. Zehn Mitglieder der jetzigen politischen FARC-Partei Alternative Revolutionäre Kraft der Allgemeinheit (Fuerza Alternativa Revolucionaria del Común) werden in das Kapitol einziehen: fünf in das Repräsentantenhaus und fünf in den Senat. Für diese gerade entstehende Organisation waren die Wahlergebnisse nicht besonders ermutigend, da sie keine 100.000 Stimmen im ganzen Land erhielten. Israel Zúñiga “Benkos”, der einen Sitz im Senat innehat, sagte zur argentinischen Tageszeitung Página/12, dass er am Wahltag, den er zum ersten Mal als demokratischen Tag ohne Waffen und als Bürger erlebe, die gleiche Erwartungshaltung habe, wie alle Kolumbianer*innen, die ein gerechtes, souveränes und friedliches Kolumbien wünschen. Hinsichtlich des schlechten Abschneidens der FARC an den Wahlurnen sagte er, dass „diese Stimmabgabe die ungünstigen Konditionen widerspiegelt, mit denen wir in den Wahlkampf gegangen sind, mit klaren Nachteilen und inmitten eines feindlichen Umfeldes der bestehenden Parteien. Wir haben von mehr als 400.000 ungültigen Stimmen für unsere Partei gehört, die im ganzen Land abgegeben wurden und wir haben keine Möglichkeit, das zu überprüfen, da man es uns nicht erlaubt. Auf der Basis dieser Ergebnisse wird unsere Partei sich darauf konzentrieren, die Umsetzung des Friedensabkommens abzusichern und zu versuchen, die Lebensbedingungen der kolumbianischen Bevölkerung zu verbessern“.
Linke Überraschungen, Rechte Mehrheit – Parlamentswahlen in Kolumbien von Nachrichtenpool Lateinamerika ist lizenziert unter Creative Commons Namensnennung-Weitergabe unter gleichen Bedingungen 4.0 international.
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