(Mexiko-Stadt, 17. Juli 2018, la jornada).- Ja, Andrés Manuel López Obrador (AMLO) räumte auch auf dem Land ab. Von den fast 17,7 Millionen Stimmen, die die ländliche Gesellschaft bei der Präsidentschaftswahl abgab, fielen mehr als 8,7 Millionen dem Kandidaten der Koalition zu „Juntos Haremos Historia“ (Zusammen Schreiben Wir Geschichte) zu. Es ist alles andere als selbstverständlich, dass fast die Hälfte der ländlichen Wahlbevölkerung, 49,94 Prozent, sich entschlossen hat, ihre Stimme für die Veränderung der eigenen Lebensbedingungen und des Landes abzugeben.
Traditionell gingen die Stimmen auf dem Land mehrheitlich an die Partei an der Macht. Dafür sorgten die offiziellen Programme, die klientelmäßig auf die Wähler*innen abzielten. Zementsäcke, Blechdächer, Düngemittel, Lebensmittelpakete oder Geld, die in der Vergangenheit ausreichten, die Stimmen für die zur Wahl stehenden Ämter zu kaufen, wurden auch diesmal eingesetzt. In bestimmten Gegenden erfanden sich die Kaziken, die Lokalfürsten, neu und sind heute Teil des organisierten Verbrechens, das weite Landstriche kontrolliert. Die Morde an verschiedenen Kandidat*innen, viele davon aus Landregionen, zeigen, was dort auf dem Spiel steht. Sie belegen ebenso den Widerstand verschiedener Kräfte, die erreichte Kontrolle zu verlieren.
Drohungen und mögliche Repressalien hatten im Moment der Stimmabgabe in Gemeinden Gewicht, in denen jeder jeden kennt. Viele Menschen wollten ihre Orte nicht verlassen, um Zwischenfälle vor dem Wahltag zu vermeiden. Andere mussten hindernisreiche Wege zurücklegen, um bis zur Wahlkabine zu kommen. Eine große Mehrheit zog das Schweigen vor, machte ihre Wahlentscheidung nicht öffentlich. Andere führten Wahlkampf, suchten sich zu organisieren, um Wahlbetrug zu vermeiden, brachten ihre eigenen Mittel ein: Kleintransporter, Benzin, Kopien, Flugblätter, Zeit. Mit der Vorgeschichte der Wahlbetrügereien gab es keine Garantie.
Hoffnung auf dem Land
Darum ist die Zufriedenheit auf dem Land heute groß. Nichts hat sich bisher geändert, aber das Gefühl, das Land von dem Zwangsgriff befreit zu haben, in dem es die Oligarchie hielt, bedeutet einen Hoffnungsschimmer. Es ist eine große gesellschaftliche Energie spürbar. Die Menschen wissen, dass es ihr Triumph ist und zeigt sich begierig, zu arbeiten, zu organisieren und zu partizipieren.
Dennoch läuten einige Alarmglocken, was die Ausrichtung der neuen Regierung angeht. Der künftige Kabinettschef Alfonso Romo hat erklärt, Mexiko müsse ein Paradies für private Investitionen sein. In dieselbe Kerbe hat stets die Regierung des noch amtierenden Präsidenten Enrique Peña Nieto geschlagen. Darum hat er die Reformen im Energie- und Extraktivismussektor durchgeführt. Die Interessen der Konzerne wurden über die Umwelt, die Natur, die Entscheidungen der Besitzer*innen und Eigentümer*innen des Land, der von den indigenen Völkern eingeforderten Autonomie gestellt. Den Kleinbäuer*innen und indigenen Gemeinden gehört mehr als die Hälfte des nationalen Territoriums. Sie haben Bergbau- und Erdölvorhaben, Wasser- und Windkraftwerke sowie weitere Mega-Projekte als einen autoritären Raub erlebt. Diese Projekte sind gegen den kollektiven Willen durchgesetzt worden. Sie sind von politischer Gewalt und organisiertem Verbrechen begleitet worden. Das hat in vielen Regionen das Leben durcheinander gebracht und unmöglich gemacht. Die Zerstörung von kleinbäuerlichen und indigenen Dörfern und Gemeinden ist dokumentiert. Das darf nicht weitergehen. Neue Wasserkraftprojekt und auch kleine Stauwerke bedrohen die am meisten erhaltenen Zonen wie die Chinantla, den lakandonischen Urwald, die Sierra Norte von Puebla, die Einzugsgebiete des Papagayo-Flusses im Bundesstaat Guerrero und in San Pedro, Bundesstaat Nayarit. Es gibt viele Beispiele mehr, die nicht auf das Einverständnis der indigenen Bevölkerungsgruppen zählen können, denen diese Territorien als Besitzer*innen und Eigentümer*innen gehören. Dieses Einverständnis gibt es ebensowenig für die Windkraftkonzerne auf dem Land der Zapoteken und solche Vorhaben in den Maya-Regionen und weiteren indigenen Gebieten.
Weiterhin drohen Privatinvestitionen und Großprojekte
Die Erweiterung der Wirtschaftssonderzonen in Guerrero, Oaxaca und Chiapas, wie es ebenfalls der zukünftige Chef des Präsidentenbüros vorschlägt, findet keine Zustimmung der kleinbäuerlichen und indigenen Bevölkerung, die in diesen Bundesstaaten die Mehrheit des Landes besitzen und bewohnen. Sie haben ihre eigenen Pläne für das Gute Leben. Sie gaben ihre Stimme ab, damit diese Pläne anerkannt und unterstützt werden.
Die erwähnten Projekte scheinen zudem dem Oberziel der Befriedung des Landes und der Kontrolle der kriminellen Wirtschaft zu widersprechen. In vielen Fällen ist letztere benutzt und ermutigt worden, um Vorhaben durchzusetzen. Die Organisationen der Kleinbäuer*innen und landwirtschaftlichen Produzent*innen verlangen, die Agrarpolitik mitbestimmen zu können. Statt ein Investitionsparadies erhofft sich die Landbevölkerung ein Land, das ein Paradies für die Demokratie, die Inklusion und die Selbstbestimmung ist. Sie setzt auf das Versprechen „Ich werde Euch nicht enttäuschen“, das AMLO auf dem Zócalo, dem zentralen Platz der Hauptstadt, gegeben hat.
Amlo und die Wahlen auf dem Land von Nachrichtenpool Lateinamerika ist lizenziert unter Creative Commons Namensnennung-Weitergabe unter gleichen Bedingungen 4.0 international.
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