(Bogotá, 16. März, Prensa Latina).- Die Anzahl an gewaltsamen Vertreibungen in Kolumbien hat sich im Januar und Februar 2021 im Vergleich zum Vorjahreszeitraum verdoppelt. So gab es in den ersten beiden Monaten des vergangenen Jahres 18 Vorfälle, denen 2.426 Familien zum Opfer fielen. Hingegen kam es in diesem Jahr bereits zu 31 Vorfällen, die 4.157 Familien betrafen, wie der Staatsanwalt Carlos Camargo gegenüber der Tageszeitung El Tiempo bestätigte.
Demnach werden jeden Tag im Durchschnitt 168 Personen vertrieben. Jede Woche kommt es in Kolumbien zu vier massenhaften Vertreibungen. Camargo fordert daher die Regierung Iván Duque auf, entsprechende Maßnahmen zu ergreifen. Als wesentliche Strategie, um auf diese Situation angemessen zu reagieren, betont Camargo die Notwendigkeit von Maßnahmen zum Schutz und zur Risikominderung für die Kolumbianer*innen, die akut von Vertreibungen bedroht sind.
Vor allem kleinbäuerliche, indigene und afrokolumbianische Gemeinschaften betroffen
Außerdem fordert Camargo die Exekutive auf, humanitäre Hilfe einzuleiten und die Rechte derjenigen Gemeinden wiederherzustellen, die vertrieben wurden und an ihren Ursprungsort zurückkehren möchten. Sie brauchen dafür ausreichende Sicherheitsgarantien. Das Phänomen der Vertreibungen bringt die kleinbäuerlichen, indigenen und afrokolumbianischen Gemeinschaften erneut in eine Opferrolle. Sie leiden ohnehin bereits unter den ständigen Konfrontationen, Bedrohungen und dem Risiko der gewaltsamen Rekrutierung durch verschiedene illegale Gruppen.
Laut den Daten des Staatsanwalts sind die am stärksten betroffenen Regionen derzeit der Süden des südkolumbianischen Bundesstaates Cauca, die Region Bajo Cauca sowie die Region Urabá im Bundesstaat Antioquia und Chocó. Außerdem sind Vertreibungen in den Regionen Buenaventura und Alto Baudó (Pazifikküste) und Catatumbo (östliches Bundesland Norte de Santander) stark verbreitet.
Kolumbien weltweit das Land mit der höchsten Zahl an Binnenflüchtlingen
Im Jahr 2020 zählte die Staatsanwaltschaft insgesamt 28.509 Opfer gewaltsamer Vertreibungen, was einen Durchschnitt von täglich 78 Vertriebenen ausmacht. Der kürzlich erschiene Bericht der UN-Flüchtlingshilfsorganisation verortet Kolumbien inzwischen wieder als Land mit der weltweit höchsten Anzahl an Binnenflüchtlingen. Seit 1985 mussten etwa 8 Millionen Kolumbianer*innen (etwa 16 Prozent der Gesamtbevölkerung) ihre Häuser aufgrund des Konflikts verlassen.
Auch wenn in Kolumbien bereits 2016 einen Friedensvertrag mit der Guerilla-Organisation FARC (Fuerzas Armadas Revolucionarias de Colombia) geschlossen wurde, besteht das Phänomen der Vertreibungen weiter. Denn Akteure wie der Clan del Golfo, La Local, Dissidenten der Front Oliver Sinisterra und die Front 30, die möglicherweise hinter den Verbrechen stehen, sind weiterhin aktiv.
Gewaltsame Vertreibungen haben sich 2021 verdoppelt von Nachrichtenpool Lateinamerika ist lizenziert unter Creative Commons Namensnennung-Weitergabe unter gleichen Bedingungen 4.0 international.
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