von Tatiana Félix
(Fortaleza, 13. Mai 2011, adital).- Kinder und Jugendliche erleben auch weiterhin in vielen Ländern Lateinamerikas sexuelle Gewalt. Die Bedrohung sei für Eltern, Expert*innen und Behörden besorgniserregend. Das erklärte Katherine Romero, Leiterin des Programms für sexuelle und reproduktive Rechte in Lateinamerika der Organisation Women’s Link World Wide. Die Menschenrechtsexpertin nahm Ende April an einer Konferenz in Mexiko teil und bezeichnete die sexuelle Gewalt als ein konstantes Phänomen in öffentlichen Schulen des Kontinents.
Dabei sei, so Romero, gerade die Aufklärung von Eltern und Kindern ein wichtiges Instrument, um sexuelle Gewalt im Schulbereich zu verhindern und Gefahren rechtzeitig erkennen zu können. Abgesehen von gravierenden Fällen von Missbrauch und Vergewaltigung sei es für die Lehrkräfte wichtig, schon bei Berührungen, Schlägen, Beschimpfungen oder Angeboten aufmerksam zu sein. Diese Anzeichen können oftmals schon auf eine Gefährdung hinweisen.
Keine Ansprechpartner*innen außerhalb der Schulen
Jorge Luis Silva Méndez, Professor an der Juristischen Fakultät des Technisches Instituts von Mexiko erklärte bei dieser Konferenz, dass ein erschwerender Faktor die Behandlung des Problems innerhalb desselben schulischen Umfeldes sei. Außerhalb der Schule fehle es den Opfern an Ansprechstrukturen. Schüler*innen in Mexiko können Übergriffe bei der Beratungsstelle zu Misshandlung und sexuellen Missbrauch von Kindern der Bundeschulbehörde in Mexico D.F. anzeigen. Erst kürzlich wurde in Mexiko der Fall des vierjährigen Luis aus Oaxaca bekannt. Er wies deutliche Spuren sexueller Gewalt auf. Es wird vermutet, dass ein Lehrer und ein weiterer Mann die Tat an einer Schule in Oaxaca begangen haben.
Als weitere exemplarische Fälle für Lateinamerika werden zudem die Beispiele von Patricia Flores aus Bolivien und Paola Guzmán aus Ecuador genannt. Das Mädchen Patricia Flores wurde ermordet, nachdem sie vergewaltigt, gefoltert und stranguliert worden war. Paola Guzmán beging Selbstmord, nachdem sie zwei Jahre lang vom stellvertretenden Schuldirektor sexuell missbraucht worden war.
Expert*innen beklagen zudem, dass die zuständigen Gerichtsbehörden in ihrem Handeln weiterhin durch Geschlechterstereotypen geleitet werden, wenn die Opfer Mädchen oder Frauen sind. Zu diesen Stereotypen zählen, die Schuld für die Tat den Opfern oder ihren Familien zuzuweisen, die Übergriffe nicht mit der notwendigen Priorität zu verfolgen, sowie eine mangelhafte Qualifizierung der Justizbeamten.
Unsicherheit an Schulen in El Salvador
In El Salvador sind sich Regierung und Polizei uneins, wie die Sicherheit der Schüler*innen garantiert werden soll. Vor einigen Wochen war eine Minderjährige verhaftet worden, die bewaffnet in eine Schule in San Miguel gegangen war. Sowohl Eltern als auch das Lehrpersonal befürchten, dass sich solche Fälle wiederholen. Obwohl nach Aussagen der Polizei bereits sowohl in den Schulen selbst wie auch in deren Umfeld Maßnahmen vorgeschlagen wurden, um die Sicherheit zu verbessern, sind diese Vorschläge den Schulbehörden bislang unbekannt. Auch die Lehrergewerkschaft BMES (Bases Magisteriales de El Salvador) forderte die Polizei auf, die Sicherheitslage in den Schulen zu verbessern. Insbesondere in den Randgebieten seien besondere Maßnahmen notwendig, um die Kriminalität einzugrenzen.
Sensibilisierungskampagne in Guatemala
Nachdem die guatemaltekische Staatsanwaltschaft 45 Fälle von sexueller Gewalt in schulischen Einrichtungen des Landes registriert hatte, wurde seitens der Interinstitutionellen Koordinatorin gegen sexuelle Gewalt in Alta Verapaz eine Kampagne lanciert, um die Schüler*innen auf diese Form der Gewalt aufmerksam zu machen und sie zu sensibilisieren. In Abstimmung mit dem Büro für Öffentlichkeitsarbeit im Präsidialamt werden über 5.000 Schüler*innen aus Cobán und Carchá an einer Sensibilisierungskampagne zu den Risiken sexueller Gewalt teilnehmen. Eine der Hauptforderungen dieser Kampagne ist es, Frauen zu respektieren.
Die Kampagne ist eine gemeinsame Maßnahme des Gesundheits- und Sozialministeriums, der Polizei, des Instituts für öffentlichen Rechtsschutz und der Behörde für Mentale Gesundheit. Sie wird in verschiedenen öffentlichen wie privaten schulischen Einrichtungen umgesetzt. Standardisierte Lerneinheiten sollen dazu dienen, den Schüler*innen eine Orientierung über sexuelle Gewalt zu geben. Die Kampagne ist gleichzeitig Teil einer Strategie der Interinstitutionellen Koordinatorin gegen sexuelle Gewalt in Alta Verapaz. So sollen wiederkehrende Faktoren für sexuelle Gewalt identifiziert und die Erkenntnisse auf weitere schulische Einrichtungen in Guatemala angewendet werden.
(Mit Informationen von Cerigua, Notiese und La Prensa Gráfica)
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