Frische Impulse für die feministische Debatte

Feminismus Transphobie
Jung, stark, rebellisch: die feministische Autorin Dahlia De la Cerda bei der Buchmesse in Aguascalientes, 2022
Foto: Luis Alvaz via wikimedia
CC BY-SA 4.0 Deed

(Pereira, 08. März 2024, npla).- Carolina Robledo Silvestre, Akademikerin und Menschenrechtsaktivistin, betreibt mit ihrem Partner Pablo die Buchhandlung Savia in Pereira in Kolumbien. Savia hat sich vor allem auf unabhängige Verlage mit einem ethischen Bewusstsein spezialisiert. Der Buchladen ist ein Treffpunkt rund um Bücher, aber auch um Pflanzen, Worte, Poesie und Politik. „Wir möchten Widerstandsprozesse fördern und alternative Zugänge zu Wissen und Lesen eröffnen“, erklärt Carolina. Drei Bücher, erschienen 2023 und geschrieben von Frauen, möchte sie uns besonders ans Herz legen.

Widersprüche der Care-Arbeit

Ihr erster Lesetipp ist „Fruto“, erschienen in bei Ediciones Antílope. Die mexikanische Autorin Daniela Rea Gómez hinterfragt darin das Konzept der Pflege und die damit verbundenen Belastungen für Frauen. Sie eröffnet die Diskussion über politische Ökonomie, Pflegearbeit und den Anteil, den Frauen an der Aufrechterhaltung der kapitalistischen Wirtschaft in den Ländern Lateinamerikas haben. In diesem sehr persönlichen Buch beschreibt Gómez ihre Erfahrungen als Mutter, Tochter und pflegende Angehörige ebenso wie ihren Werdegang als Journalistin. Die Widersprüche der Care-Arbeit werden durch vierzehn Stimmen thematisiert, die zu einem generationenübergreifenden Buch verwoben sind. „Ich mag dieses Buch, weil ich denke, dass es einen großen Teil des unabhängigen feministischen Journalismus in Lateinamerika vereint, der sich mit sozialen Themen beschäftigt und zugleich sehr intime und private Erfahrungen von Frauen aufarbeitet“, erzählt Carolina.

Eine starke, respektlose und rebellische Stimme des lateinamerikanischen Feminismus

Carolinas zweite Empfehlung „Desde los Zulos“ von Dahlia de la Cerda ist beim Verlag Sexto Piso in Mexiko erschienen. Dahlia schreibt über Rassismus, Klassismus und Transphobie innerhalb der Frauenbewegung und darüber, wie die „Werkzeuge der Herrschenden“ gleich trojanischen Pferden die emanzipatorische Bewegungen überrollen und entzweien. „Ich mag Dahlias Stimme, es ist eine junge Stimme im Feminismus, eine starke, respektlose und rebellische Stimme, die vieles in Frage stellt, was wir als Feministinnen von der Literatur des globalen Nordens und dem weißen Feminismus gelernt haben. Während Virginia Woolf die Bedeutung des eigenen Zimmers formulierte, stellt Dahlia de la Cerda dagegen Klassenzugehörigkeit und Prekarität in den Mittelpunkt der Diskussion. Und sie thematisiert die rassistische Idealisierung des lateinamerikanischen Frauenkörpers. Dieses Buch liefert eine sehr interessante theoretische Diskussion für alle, die die lateinamerikanischen Debatten über Feminismus und Antirassismus verstehen wollen. Und es bietet auch einen sehr guten Einstieg in Themen wie das Recht auf kostenlose und sichere Abtreibung, Gewalt gegen Frauen*, Sexualität und Gendervielfalt und die Beziehungen zwischen Männern* und Frauen*.“

Nachhaltigkeit, Kommunikation, Bildung und Kreativität zusammendenken

Und hier die Nummer Drei: „Niñapájaroglaciar“ von Mariana Matija ist in Kolumbien wurde vom Verlag Rey Naranjo herausgebracht. Die Arbeit der Ökologin und Designerin entwickelt sich an den Schnittpunkten zwischen Nachhaltigkeit, Kommunikation, Bildung und Kreativität. „Ich mag dieses Buch, weil es sich wie ein Brief liest. Es ist ein sehr intimer Essay, eine Ode an die Natur, an die Beziehung, die Mariana seit ihrer Kindheit zu den Bergen, den Tieren und der Natur hat. Es ist auch ein Aufruf an die Menschheit, ihre Beziehungen zu anderen nicht-menschlichen Spezies zu intensivieren. In dem Wissen, dass wir als Menschen ebenfalls Teil dieser Natur sind, sollten wir unsere Fähigkeit vertiefen, Tieren und Pflanzen zuzuhören. Und obwohl sich Mariana selbst nicht als Feministin bezeichnet, findet man viele ihrer Ideen in den Ansätzen des lateinamerikanischen Feminismus und des globalen Ökofeminismus wieder, und das spricht vor allem junge Frauen an.“

Wir hoffen, uns und Carolina Robledo Silvestre ist es gelungen, bei unseren Leser*innen die Neugier auf die Neuerscheinungen der lateinamerikanischen feministischen Literatur zu wecken und wünschen allen einen schönen und kraftvollen Frauen*kampftag.

Einen Audio-Beitrag über Carolinas Buch- und Leseladen findet ihr im neuen onda-Info.

CC BY-SA 4.0 Frische Impulse für die feministische Debatte von Nachrichtenpool Lateinamerika ist lizenziert unter Creative Commons Namensnennung-Weitergabe unter gleichen Bedingungen 4.0 international.

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