Traditionelle Medizin im Kampf gegen Covid-19

(Oaxaca, 9. April 2021, npla).- Vor mehr als einem Jahr hat die Covid-19-Pandemie Lateinamerika erreicht. Ihre Auswirkungen sind katastrophal, gekennzeichnet durch hohe Ansteckungs- und Sterberaten. Besonders hart hat es indigene Gemeinden getroffen. Denn sie liegen meist in abgelegenen Regionen und haben kaum Zugang zu sauberem Trinkwasser und zu Sanitäreinrichtungen. Oft fehlt auch jegliche staatliche Gesundheitsversorgung.

Mit Matico gegen Covid-19

Auf sich selbst gestellt, haben sich die Indigenen organisiert. Im peruanischen Amazonasgebiet gründeten zwölf junge Menschen das Comando Matico Covid-19. Ihr Ziel: die Pandemie mit den Mitteln bekämpfen, die sie in der Region vorfinden.

Comando Matico kombiniert traditionelle und westliche Medizin. Der Schwerpunkt liegt dabei auf der Behandlung der Symptome. So soll verhindert werden, dass es zu schweren Krankheitsverläufen kommt. Bei der Behandlung setzt die Gruppe die im Amazonas vorkommende Heilpflanze Matico ein.

In der Region Ucayali, wo Comando Matico aktiv ist, sind die Krankenhäuser überlastet. Es gibt kaum noch medizinischen Sauerstoff. Deshalb wünscht sich Jorge Soria, Mitbegründer und Koordinator von Comando Matico, mehr staatliche Unterstützung für den Kampf gegen die Pandemie. Bislang wird die Gruppe nur mit kleinen Geld-, aber auch Kräuterspenden durch die Familien der Patienten unterstützt.

Benachteiligung Indigener durch staatliches Gesundheitssystem

Die indigenen Gemeinschaften Mexikos haben mit den gleichen Problemen zu kämpfen, von denen Comando Matico berichtet. Doktor Roberto Campos Navarro ist Arzt, Anthropologe und Forscher an der Universidad Nacional Autónoma de México (UNAM). Er ist eine der führenden Kapazitäten auf dem Gebiet der traditionellen Medizin im städtischen Raum und setzt sich für die staatliche Anerkennung der indigenen Medizin sowohl in Mexiko, als auch in Bolivien ein.

Campos Navarro führt die schlechte Gesundheitsversorgung von indigenen Gemeinden darauf zurück, dass das staatliche Gesundheitssystem Indigene ausschließe und diskriminiere. Die traditionelle indigene Medizin kommt im westlich geprägten, staatlichen Gesundheitssystem überhaupt nicht vor.

Handbuch zur Behandlung von Covid19

Im südmexikanischen Chiapas veröffentlichte das Kollektiv Nichim Otanil Mitte 2020 ein Handbuch zur Behandlung von Covid-19. Aufbauend auf dem Jahrtausende alten Wissen der Maya bietet es Strategien zur Vermeidung von Covid-19-Erkrankungen, beschreibt einheimische Heilkräuter und erklärt, wie diese angewendet werden.

Lucía Pérez Santis stammt aus einer Familie von Heiler*innen. Als Mitglied von Nichim Otanil widmet sie sich der Bewahrung des traditionellen Wissens der Tzeltal-Maya über Heilkräuter. Viele Menschen wissen nicht mehr, wofür die Pflanzen gut sind welchen sie im Wald und auf dem Feld begegnen, erklärt Pérez Santis. Doch die meisten haben einen Nutzen, fügt sie hinzu.

Stärkung von Körper und Seele

Sei es in Tees, bei der Herstellung von Hustensaft oder zum Inhalieren, die im Handbuch beschriebenen Heilpflanzen lassen sich vielseitig einsetzen. Sie helfen bei der Stärkung des Immunsystems, durch emotionale und spirituelle Stimulation und sorgen für Linderung bei den Symptomen.

Das Handbuch unterstreicht immer wieder, dass ein integraler Ansatz zur Gesunderhaltung wichtig ist: „Alle, die ihren Körper mit Liebe und Zuversicht behandeln, die jeden Moment des Lebens und ihre Gesundheit zu schätzen wissen, besitzen die Kraft und die Mittel, nicht nur Krankheiten, sondern allen Widrigkeiten des Lebens zu trotzen.“

Pandemie: Chance für traditionelle Medizin

Doktor Campos Navaro sieht sich durch die vielfältigen Ansätze der traditionellen indigenen Medizin, Covid-19 entgegenzutreten, in seiner Engagement für deren gesellschaftliche und staatliche Anerkennung bestätigt. Er sieht in der Pandemie eine große Chance für die traditionelle Medizin, denn sie kann jetzt unter Beweis stellen, dass sie wirkt.

Zu diesem Artikel gibt es auch einen Podcast bei Radio onda.

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