(México, 02. September 2013, púlsar/la jornada/cerigua/poonal).- In der Nacht auf den 4. September hat der mexikanische Senat in einem Schnellverfahren mit großer Mehrheit das umstrittene „Gesetz zur Beschäftigung von Lehrkräften“ (Ley del Servicio Profesional Docente) mit nur kleinen Änderungen verabschiedet. Zuvor, am 1. September hatte bereits das Abgeordnetenhaus ähnlich eilig das Gesetz durchgewunken. Es muss jetzt nur noch von Präsident Enrique Peña Nieto (PRI) unterschrieben werden, der sich gegenwärtig auf einer Auslandsreise befindet.
Dieses Gesetz, dass Teil der ebenfalls umstrittenen Bildungsreform der PRI-Regierung ist, sieht unter anderem regelmäßige Kontrollen und Tests der Lehrer*innen vor. Sollten sie diese Qualifikationstests trotz obligatorischer Fortbildungsmaßnahmen nicht bestehen, können sie entlassen werden. Befürworter*innen sehen in diesen Fortbildungsmaßnahmen eine Verbesserung der Bildungschancen. Regierungschef Peña Nieto hatte am 2. September in seiner ersten Regierungserklärung noch einmal auf die Fortschritte hingewiesen, die seine Regierung in den letzten neun Monaten bei den Reformen im Telekommunikations- und Bildungsbereich gemacht habe.
Organisationen sollen geschwächt, Lehrer*innen eingeschüchtert werden
Viele Lehrer*innen sehen das anders. Seit Wochen laufen sie gegen die Änderungen Sturm. Am 4. September blockierten sie wichtige Straßen in der Hauptstadt und versuchten, den Senat zu umzingeln. Sie sehen in dem Gesetz einen Rückschritt, der aus Lehrkräften „Verwaltungsobjekte“ mache. Das neue Gesetz sehe vor, die Kontrolle über die Lehrer*innen zu verändern, schreibt Luis Hernández Navarro in La Jornada. Von einer Kontrolle, „die sich auf korrupte Gewerkschaftsführer*innen wie Esther Esther Gordillo stützt, hin zu einem, das auf Unsicherheit, Prekariat und dem Ende der Gegenseitigkeit basiert. Wo es zuvor einen Korpsgeist in den Gremien gab, wird es jetzt eine Mischung aus Marktwirtschaft, Deregulierung der Arbeit und Autoritarismus seitens der Funktionäre in den Bildungsbehörden geben.“
Doch es gehe nicht darum, korrupte Gewerkschaftsbosse loszuwerden und schon gar nicht um die Demokratisierung der Gewerkschaft für Bildung, so Hernández Navarro weiter. Vielmehr solle der Spielraum für Arbeitsverträge und Entlassungen erweitert, Arbeitssicherheit reduziert, Entscheidungsspielraum eingeschränkt und Organisierung erschwert werden. So sollten die Lehrer*innen ängstlich und unterwürfig gemacht werden.
Proteste und Festnahmen
Seit Wochen machen Student*innen, Lehrer*innen und der Dachverband der Arbeiter*innen im Bildungssektor CNTE (Coordinadora Nacional de Trabajadores de la Educación) im ganzen Land gegen das Reformpaket mobil. Neben den Protesten am 3. Und 4. September war es bereits am 1. September in Mexiko-Stadt zu Großdemonstrationen und Auseinandersetzungen gekommen. Dabei wurden Dutzende Menschen verletzt und mindestens 23 Personen zum Teil brutal festgenommen. Organisationen wie Reporter ohne Grenzen und Articulo 19 protestierten energisch gegen die Verhaftung von vier Journalist*innen, welche die Auseinandersetzungen dokumentierten. Ihnen wurde von der Hauptstadtpolizei vorgeworfen, den öffentlichen Frieden zu stören und die Polizeiarbeit zu behindern.
In sozialen Netzwerken wurde der Fall einer jungen Studentin bekannt, die noch vor der Demonstration festgenommen wurde, weil sie schwarze Kleidung trug. Der Aktivistin, die mit Freund*innen eine Performance vorbereitet hatte, wurden die mitgeführten Gegenstände als „zum Angriff geeignet“ ausgelegt. Sie kam erst einen Tag später auf Kaution frei.
Regulierungsgesetz für Lehrkräfte trotz massiver Proteste verabschiedet von Nachrichtenpool Lateinamerika ist lizenziert unter Creative Commons Namensnennung-Weitergabe unter gleichen Bedingungen 4.0 international.
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